Krebsdiät

Version vom 6. Mai 2017, 13:28 Uhr von Convaincu (Diskussion | Beiträge) (Zitat Krebsinformationsdienst, Ergänzung Grundlagen)
Unbelegte phantastische Behauptungen auf der ersten Seite der Bildzeitung[1]

Unter einer Krebsdiät wird eine Ernährungsempfehlung verstanden, die kausal bei Krebserkrankungen die Prognose (Überlebensdauer nach Therapie) verbessern soll. Auch Ernährungsempfehlungen und Diäten, die ausschließlich palliativ den Gesundheitszustand und die Lebensqualität eines Krebspatienten verbessern sollen, ohne jedoch seine Prognose zu beeinflussen, können in einem weiteren Sinne als Krebsdiät verstanden werden.

Hinzu kommt, dass die Vorstellungen von Patienten über die Entstehung von Tumorerkrankungen häufig auch von einer Fehlernährung ausgehen oder ihnen wird dies vermittelt. Diesem hohen Bedürfnis der Patienten gegenüber steht eine relativ bescheidene Evidenzlage zur gesunden Ernährung bei Krebs gegenüber. Dieses wird sich aufgrund der Komplexität der Fragestellungen vermutlich auch in den kommenden Jahren nicht wesentlich ändern. Auch dies ist ein Grund dafür, weshalb Krebsdiäten, die Tumorpatienten Heilung oder zumindest wesentliche Verbesserungen und/oder ein besseres Ansprechen der Tumortherapien versprechen, auf fruchtbareren Boden fallen.

Tatsächlich spielen Ernährungsinterventionen im Kontext onkologischer Behandlungen durchaus einen Rolle, da der grundsätzliche Ernährungszustand auf Ablauf und Erfolge Auswirkungen haben kann. So muss die Ernährung oft an Veränderungen des Organismus anzupassen, welche durch die Therapie hervorgerufen wurden. Es müssen gegebenenfalls die veränderten oder reduzierten Möglichkeiten der Nahrungsaufnahme, Transport, Verarbeitung und Ausscheidung berücksichtigt werden. Laut dem European Palliativ Research Collaborativ gibt es ausreichend Fachlitertaur, welche grundsätzlich eine positive Korrelation zwischen dem Ernährungszustand, der Intervention und der Lebensqualität Betroffener zeigt. Kurative Effekte werden nirgendwo belegt.

Auch kann keine der im pseudomedzinischen Bereiche angebotenen Krebsdiäten, die im Hinblick auf die Auswirkungen und Erfolge notwendigen Fragen zufriedenstellend beantworten oder mit klinischen Arbeiten gar belastbar belegen. Für Betroffene wäre zu beachten:

  • 1. Werden die für den gesamten Energiebedarf und Bedarf notwendigen essenziellen Makro- und Mikronährstoffen ausreichend gedeckt?
  • 2. Enthält die Ernährungsform Nährstoffe entsprechend den Empfehlungen, welche dem Krankheitsbild, Verlauf und dem Status angemessen sind?
  • 3. Sind die Anforderungen tatsächlich zu realisieren? Ist die Diät für Patienten nachhaltig und einfach umzusetzen?
  • 4. Werden die Erwartungen des Patienten nachvollziehbar erfüllt?
  • 5. Sind belastbare seriöse Publikationen zu finden, bei der für die Diätform eine wissenschaftlich bewiesene Heilwirkung belegt ist? Wurde dies redpoduziert?
  • 6. Hat der Patient messbare Vorteile, wie z. B. eine Verbesserung der Lebensqualität, des Ernährungszustands oder eine Senkung der Morbidität bzw. Mortalität?
  • 7. Ist die Diät risikofrei? Ist gesichert das laufende Behandlungsmaßnahmen nicht be- oder gar verhindert werden.
  • 8. Ist die Diät mit Kosten verbunden, die der Patient auf jedem Fall selbst tragen muss.(z. B. durch unnötige teure Lebensmittel bzw. Nahrungsergänzungsmittel, welche von Kassen nicht übernommen werden.[2]

Dennoch vermitteln Anbieter bestimmter Krebsdiäten immer wieder den Eindruck, dass genau ihr Angebot dies alles berücksichtigt und kann. Prinzipiell sind Krebsdiäten im engeren Sinne bis heute pseudomedizinische Praktiken geblieben. Die meisten Krebskranken wenden jedoch zusätzlich zu etablierten Therapien auch Maßnahmen der Pseudomedizin an. Studien, welche sich mit dem Thema beschäftigten, kamen zu dem Ergebnis, dass bis zu 77 % der Patienten dem behandelnden medizinischen Team diese Krebsdiäten verschweigen.[3])

Dezidierte Krebsdiäten gehen über allgemein gehaltenen Empfehlungen hinaus und enthalten oft hervorgehobene, ungewöhnliche Komponenten, etwa die Einnahme bestimmter pflanzlicher Substanzen oder das prinzipielle Weglassen bestimmter Nahrungsmittel. Häufig werden dabei zur Begründung rein theoretische Angaben gemacht, die wissenschaftlich wenig oder gar nicht abgesichert sind.
In diesem Zusammenhang warnt der Krebsinformationsdienst des deutschen Krebsforschungszentrums vor der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln.[4]
Ebenso wird gewarnt vor sogenannten Superfoods und unausgewogenen Ernährungsempfehlungen, alles Aspekte, die bei den angeboten Alternativ-Diäten mit großen Versprechungen, bedingt durch die häufige Einseitigkeit der Nährstoffe, auftreten können.[5]

Studien, die die Wirkung spezieller Krebsdiäten eindeutig belegen, fehlen. Grundsätzlich weiß man heute: Jede sehr einseitige Form der Ernährung schadet eher, als dass sie etwas nutzt. Das gilt auch für die sogenannten Superfoods; das sind Lebensmittel, denen aufgrund ihres hohen Anteils an Vitaminen, Mineralstoffen und Antioxidantien eine besondere gesundheitlich positive Wirkung zugeschrieben wird – Chia-Samen, [[Grüntee|Matcha-Tee] oder Rote Beete zum Beispiel.[6]

Ebenfalls fast allen Krebsdiäten ist zu beobachten, dass Maßnahmen, die gegebenenfalls präventiv vor einer Krebserkrankung schützen könnten, mit kurativen Maßnahmen verwechselt werden. Diesem Irrglauben wird von Anbietern auch nicht ausreichend widersprochen. Und ein vom Krebs betroffenen Patienten interessiert weniger die Frage, ob er zukünftig an einem weiteren Tumor erkranken könnte, sondern für ihn steht meist der aktuelle Zustand und seine Prognose im Vordergrund. Im Gegenteil sind sich viele Krebspatienten bewusst, dass eine in Anspruch genommene Strahlentherapie oder Chemotherapie selbst krebsauslösend sein kann.

Häufig anzutreffende Erklärungsmodelle sind:

  • Eine angebliche "Entgiftung" oder Entschlackung des Organismus von meist nicht genau beschriebenen Giften oder Schlacken.
  • Stärkung der körpereigenen Abwehrkräfte / des Immunsystems
  • Andere Ansätze hoffen die Krebszellen "auszuhungern" (siehe Breuß-Kur) oder selektiv zu vergiften, was einer bildhaften Vorstellung entspricht, die jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrt und Gefahren in sich birgt.
  • Hypothesen auf der Basis der Warburg-Hypothese zum Energiestoffwechsel

Bekannte Krebsdiäten

 
Boulevardpresse: Gong-Artikel zur Krebsdiät nach Coy[7]

Kritik

Die einzelnen Empfehlungen widersprechen sich häufig und präventive Effekte werden häufig mit kurativen Effekten verwechselt.

Für keine Krebs-Diätform wurde bisher nach den Maßstäben der evidenzbasierten Medizin die Wirksamkeit nachgewiesen. Und es ist nicht belegt, dass alle diese Diäten wenigstens nicht schaden, wenn sie schon nicht nutzen. Im Gegenteil kann eine sehr einseitige Kost, etwa die Makrobiotische Kost in der höchsten Anwendungsstufe, bei Gesunden und Kranken zu Mangelerscheinungen führen. [8]

Literatur und Zeitungsartikel

  1. Ansgar Mertin:Ernährung: Die Scharlatanerie mit Krebsdiäten, Spiegel Online, 20.3.2015
  2. Obst und Gemüse schützen (kaum) vor Krebs Deutsche Ärzteblatt 7. April 2010
  3. Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Tumorentstehung – hemmende und fördernde Ernährungsfaktoren DGEInfo 05/2005, Teil 3, Kapitel 5
  4. Stellungnahme zur ketogenen und kohlenhydratarmen Diät, Arbeitgemeinschaft Prävention und Integrative Onkologie (PRiO) in der Deutschen Krebsgesellschaft
  5. Kasper H, Bartram P, Scheppach W (1992) Tumorentstehung - hemmende und fördernde Effekte von Ernährungsfaktoren. In: Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg) Ernährungsbericht 1992. Frankfurt: Eigenverlag, S. 251-286
  6. Dötsch R (1994) Die Bewertung von Außenseitermethoden (”Krebsdiäten”) in der Onkologie. Akt Ernähr-Med 19: 322
  7. Ollenschläger, G: Welchen Nutzen haben sogenannte "Krebsdiäten"? Zusammenfassung, in: Der informierte Arzt - Gazette Médicale 1996; 17: 213-220
  8. Jungi WF (1986) Krebsdiäten. In: Jungi WF, Senn HJ (Hrsg) Krebs und Alternativmedizin. Aktuelle Onkologie, Bd. 32. München: Zuckschwerdt Verlag, S: 284-294
  9. Kasper H (1991) Tumordiät - Fakt oder Phantasie. In: Schauder P (Hrsg) Ernährung und Tumorerkrankungen. Basel: Karger, S. 440-453
  10. Halliwell B (1994) Free radicals, antioxidants and human disease: curiosity, cause, or consequence. Lancet 344: 721-724
  11. Bitsch R, Sinnhuber, Oberritter H, Großklaus R, Müller MJ, Wolfram G (1994) Alternative Diäten - Wunderdiäten? Akt Ernähr-Med 19: 195-211
  12. Birkhan B (1993) Unkonventionelle Konzepte in der Diätetik. In: Oepen I (Hrsg) Unkonventionelle medizinische Verfahren. Stuttgart: Gustav Fischer, S. 221-241
  13. Strube H (1995) Außenseiterdiäten. In: Biesalski HK et al (Hrsg) Ernährungsmedizin. Stuttgart: Thieme, S. 483-493
  14. Ollenschläger G, Thomas W, Konkol K, Diehl V, Roth E (1992) Nutritional behaviour and quality of life during oncological polychemotherapy: Results of a prospective study on the efficacy of oral nutrition

Siehe auch

Anderssprachige Psiram-Artikel

Weblinks

Quellennachweise