Numerologie
Numerologie ist eine antike Pseudowissenschaft, die Zahlen weitere Bedeutungen zuweist als nur den Zahlenwert im Sinn der Mathematik. Es gibt keine universelle Theorie der Numerologie: Die Numerologie der jüdischen Kabbala, die chinesische Numerologie, die arabische Numerologie und die im westlichen Kulturkreis verwendeten Deutungen einer Zahl sind unterschiedlich. Die meisten Systeme der Numerologie gehen mit der Annahme einher, dass Zahlenverhältnisse die tatsächliche Struktur der natürlichen Welt abbilden und Zahlenkombinationen Ereignisvorhersagen und -erklärungen ermöglichen. Insofern erhebt die Numerologie den Anspruch auf wissenschaftliche Erkenntnis, der jedoch den Kriterien an wissenschaftliche Theorien nicht genügt, u. a., weil zu viele Ereignisse vorhersagbar sind und numerologisch begründete Hypothesen daher nicht hinreichend empirisch scharf sind (d. h., zu wenige empirisch testbare Einschränkungen für zukünftige Ereignisse fassen). Aus derartigen Gründen ist die Numerologie eine prototypische Pseudowissenschaft.
Häufig wird auch unter Numerologie die Umwandlung von Wörtern in Zahlenwerte verstanden. Diesbezüglich existieren verschiedene Arten der Umrechnung, dazu gehören Chaldäisch, Pythagoräisch, Hebräisch, Helyn Hitchcocks Methode, Phonetisch, Arabisch, Japanisch und Indisch. Dazu werden einzelnen Buchstaben Zahlenwerte zugeordnet, die dann gemäß verschiedener Rechenverfahren, die in der Regel die Bildung der Quersumme beinhalten, in Ergebniszahlen resultieren. Die Bedeutung dieser Ergebniszahlen wird aus Tabellen entnommen, die an die Bedeutungen des Tarot erinnern.
Verwandt mit der Numerologie ist die Gematrie, die Namen in Zahlen umwandelt und zur Deutung von Charakter und Schicksal verwendet.
Wichtige Systeme der Numerologie in der Esoterik sind:
- Das westliche System, in dem die 13 eine Unglückszahl ist.
- Das chinesische System, das auch in Feng-Shui eingeflossen ist.
- Das westlich-astrologische System, in dem die Zahlen 10 Himmelskörpern im Sonnensystem zugeordnet sind.
Zudem kommen viele verschiedene regionale Systeme vor.
Parodiert wurde die Numerologie unter anderem durch die Radosophie und das 23 Enigma in der Discordianischen Religion.
Numerologie nach Reichstein
Im deutschen Sprachraum gilt Herbert Reichstein als Begründer der klassischen Numerologie. Herbert Reichstein (geb. 25. Januar 1892 in Haynau, heute Chojnów; gest. 1944 in Freiburg) war ein okkulter rassistischer Autor und Verleger verschiedener esoterischer und ariosophischer Schriften. Er arbeitete ab Mitte der 1920er-Jahre eng mit Jörg Lanz von Liebenfels zusammen. Über seine Kindheits- und Jugendbiographie ist wenig bekannt, so dass erste bekannte Aktivitäten aus der Zeit ab 1925 datieren. Seit dem Beginn seiner schriftstellerischen Tätigkeiten gelten die Publikationen Guido von Lists als wichtiger Einfluss.
Im Herbst 1925 entstand der Kontakt zu verschiedenen Mitgliedern (und späteren Mitarbeitern) einer Berliner Okkultistengruppe, welche sich intern „Svastika-Zirkel“ nannte, in der sich verschiedene esoterische Lehren wie Chiromantik oder Astrologie trafen, die auch Teil des weltanschaulichen Konlgomerats waren, welches Reichstein noch im Oktober 1925 mit seiner neu gegründeten „Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Menschenkenntnis und Menschenschicksal“ beziehungsweise dem offiziellen Organ der Organisation verbreitete. Gleichzeitig trat während dieser Zeit Jörg Lanz von Liebenfels, welcher nach einem neuen Verleger suchte, an ihn heran.
Seine Umrechnungsmethode der 26 Buchstaben des lateinischen Alphabets basiert auf deren Zuordnung zu den 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets. Nach Reichstein haben die Zahlen 1 bis 22 folgende Bedeutung:
1 = Wille | 9 = Weisheit | 17 = Wahrheit, Glaube, Hoffnung |
2 = Wissen | 10 = Wechsel des Glücks | 18 = Falschheit, Krankheit |
3 = Ehe, Gemeinschaft | 11 = Spirituale Macht | 19 = Harmonie, Freunde |
4 = Tat | 12 = Opferung, Sühne | 20 = Erwachen, Wiedergeburt |
5 = Religion, Heilung | 13 = Transformation | 21 = Erfolg |
6 = Versuchung, Sex | 14 = Aktivität, Selbstzucht | 22 = Illusionen, Misserfolge |
7 = Sieg | 15 = Wirkungskraft, Magie | |
8 = Gerechtigkeit | 16 = Probleme, Katastrophen |
Die Unglückszahl 13
In einigen Ländern, wie beispielsweise den USA, wird es vermieden, ein dreizehntes Stockwerk auszuweisen. Stattdessen wird dieses z.B. mit 12A oder mit 14 beziffert. Ähnlich ist es auch in Flugzeugen oder auf Kreuzfahrtschiffen, wo es ebenfalls keine 13. Sitzreihe bzw. kein 13. Deck gibt. Auch in Krankenhäusern wird auf ein Zimmer Nr. 13 verzichtet, im Formel-1-Motorsport auf die Startnummer 13. In Wellington, der Hauptstadt Neuseelands, sind oft Regierungsbüros im 13. Stock anzutreffen, weil diese nicht an Geschäftsleute vermietbar sind, die anscheinend Bedenken haben, diese Adresse könne geschäftsschädigend wirken.
Zahl 666 und Anthroposophie
Ostasiatische Zahlensymbolik
Eine zentrale Rolle spielt(e) die Numerologie auch im alten wie modernen China. Von besonderer Bedeutung sind etwa die Drei als Grundlage zahlreicher Triaden, die Fünf, die Acht, sowie schließlich die Zwölf als Determinante des Kalenders wie des Tierkreises. Die Vier (chin. 四, sì) gilt als Unglückszahl, weil sie im Chinesischen ähnlich wie „sterben“ und „Tod“ (chin. 死, sǐ) klingt. Die Acht (chin. 八, bā) ist aufgrund einer Lautähnlichkeit (zu chin. 发, fā „gedeihen“, „Reichtum“) die Glückszahl. Daher wird die Zahl 4 in China und Japan möglichst vermieden oder ersetzt. Das Automodell Alfa Romeo 164 wurde in Japan als Alfa Romeo 168 angeboten.
Im ostasiatischen Raum herrscht eine Interpretation, die z.B. in die dortige ganzheitliche Baubiologie gemäß der Feng-Shui-Lehre eingeflossen ist. Ein verwandtes Thema ist hier unter anderem die auf Yin und Yang basierende Sichtweise der Welt.
Numerologie und "altes Wissen"
Da einige Verschwörungstheoretiker die Neigung haben, Zahlen eine große Bedeutung beizumessen, basieren viele Verschwörungstheorien auch auf einer Zahlenmystik. Dabei wird auf Zahlenverhältnisse zurückgegriffen, welche mit Berechnungen zustandekommen, die zufällige Resultate erzeugen, die dann als sogenanntes "altes Wissen" interpretiert werden. Vielfach wird dabei, ähnlich wie in der Pseudomedizin, von einem angeblichen Wissen alter Kulturen ausgegangen, welches beinahe verloren gegangen sei und gegenwärtig von verschiedenen Interessengruppen unterdrückt werde, während einige wenige Eingeweihte es bewahrten und überlieferten. Dieses "alte Wissen" soll z.B. den alten Ägyptern Zugang zu Technologien ermöglicht haben, welche unseren heutigen überlegen seien, dabei sollen sie außerirdischen Ursprungs sein. Somit wird induziert, dass die beispielsweise angeführten alten Ägypter Kontakt oder sogar einen Technologieaustausch mit Außerirdischen hatten. In der Numerologie wird vielfach mit teilweise fehlerhaften Angaben gearbeitet. An einigen Beispielen zur Pyramide von Gizeh, welche der ägyptischen Hochkultur in der Antike altes Wissen zuschreiben, soll dies aufgezeigt werden:
- Der Umfang der Cheops-Pyramide soll insgesamt 365.342 ägyptische Ellen betragen, die perfekte Anzahl an Tagen in einem Jahr (daraus lassen sich auch Schaltjahre und deren Aussetzer berechnen). Addiert man folgende, korrekte Angaben zusammen: Nordkante 230.328m - Ostkante 230.369 m - Südkante 230.372 m - Westkante 230.372 m, ist die Summe: 921.441 m. Die alten Ägypter rechneten mit Königsellen, wobei eine Königselle 0.524 m beträgt. Dies ergibt jedoch 1758.47519084 Königsellen.
- Die ursprüngliche Höhe der Cheops-Pyramide soll 146,7 m betragen haben. Multipliziert man diese Zahl mit einer Milliarde, erhält man die Entfernung zur Sonne: 146.7 * 106 km (146.7 Millionen km). Die tatsächliche Entfernung zur Sonne beträgt durchschnittlich 149.6 * 106 km (149.6 Millionen km); die tatsächliche, ursprüngliche Höhe der Cheops-Pyramide betrug 146.59m. Dieses auf den ersten Blick unlogische Maß entspricht exakt 280 Königsellen.
- Die falsche Höhe der Pyramide (146,7 m) multipliziert mit den Sekunden eines Tages (86.400 s) soll den exakten Erddurchmesser ergeben: 12674.88 km. Der tatsächliche Erddurchmesser an den Polen beträgt 12714 km, am Äquator 12756 km, im Durchschnitt 12735 km.
- Der Abstand vom Erdmittelpunkt zur Cheops-Pyramide soll genau so lang wie der Abstand vom Nordpol zur Pyramide sein.
- Die Pyramiden verhalten sich in Umfang und Höhe wie eine Halbkugel. Der Umfang durch die doppelte Höhe soll die Zahl Pi (3.1415...) ergeben.
Galerie
666-Spass von Thorsten Schulte mit Heinrich Fiechtner
Quellennachweise
Dieser Text ist teilweise oder vollständig der deutschen Wikipedia entnommen