Coimbra-Protokoll: Unterschied zwischen den Versionen

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In den dreissiger und vierziger Jahren des 20. Jahrhundert waren Hochdosis Therapien mit D3 Gegenstand der Forschung. Hochdosiertes Vitamin D kam zum Einsatz bei Asthma (60.000 bis 300.000 IE), rheumatoider Arthritis (200.000 bis 600.000 IE) und Tuberkulose (100.000 bis 150.000 IE). Oft kam es dabei jedoch zu unerwünschten (Neben-)wirkungen und einige Patienten entwickelten nach längerer Gabe eine Hyperkalzämie, was auch zu mehreren Todesfällen führte.
 
In den dreissiger und vierziger Jahren des 20. Jahrhundert waren Hochdosis Therapien mit D3 Gegenstand der Forschung. Hochdosiertes Vitamin D kam zum Einsatz bei Asthma (60.000 bis 300.000 IE), rheumatoider Arthritis (200.000 bis 600.000 IE) und Tuberkulose (100.000 bis 150.000 IE). Oft kam es dabei jedoch zu unerwünschten (Neben-)wirkungen und einige Patienten entwickelten nach längerer Gabe eine Hyperkalzämie, was auch zu mehreren Todesfällen führte.
  
In späteren Studien wurde die Einnahme von Vitamin D im Zusammenhang mit Herz- Kreislauferkrankungen den Blutdruck und die Knochendichte untersucht. In beiden Anwendungsgebieten konnte kein Nutzen einer Hochdosistherapie mit Vitamin D in Studien festgestellt werden.<ref>Robert Scragg, Alistair W. Stewart, Debbie Waayer, Carlene M., M. Lawes, Les Toop, John Sluyter, Judy Murphy, Kay-Tee Khaw, Carlos A. Camargo Jr, Effect of Monthly High-Dose Vitamin D Supplementation on Cardiovascular Disease in the Vitamin D Assessment Study, JAMA Cardiol. 2017;2(6):608-616. doi:10.1001/jamacardio.2017.0175</ref><ref>Robert Scragg, Sandy Slow, Alistair W. Stewart, Lance C. Jennings, Stephen T. Chambers, Patricia C. Priest, Christopher M. Florkowski, Carlos A. CamargoJr, David R. Murdoch, Long-Term High-Dose Vitamin D3 Supplementation and Blood Pressure in Healthy Adults, Hypertension, 2014;64:725–730</ref><ref>Terry J Aspray, Thomas Chadwick, Roger M Francis, Elaine McColl, Elaine Stamp, Ann Prentice, Alexander von Wilamowitz-Moellendorff, Inez Schoenmakers, Randomized controlled trial of vitamin D supplementation in older people to optimize bone health, American Journal of Clinical Nutrition, Vol 109, I 1, Januar 2019, S. 207–217, https://doi.org/10.1093/ajcn/nqy280</ref>
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In späteren Studien wurde die Einnahme von hohen Dosen Vitamin D im Zusammenhang mit Herz- Kreislauferkrankungen den Blutdruck und die Knochendichte untersucht. In beiden Anwendungsgebieten konnte kein Nutzen einer Hochdosistherapie mit Vitamin D in Studien festgestellt werden.<ref>Robert Scragg, Alistair W. Stewart, Debbie Waayer, Carlene M., M. Lawes, Les Toop, John Sluyter, Judy Murphy, Kay-Tee Khaw, Carlos A. Camargo Jr, Effect of Monthly High-Dose Vitamin D Supplementation on Cardiovascular Disease in the Vitamin D Assessment Study, JAMA Cardiol. 2017;2(6):608-616. doi:10.1001/jamacardio.2017.0175</ref><ref>Robert Scragg, Sandy Slow, Alistair W. Stewart, Lance C. Jennings, Stephen T. Chambers, Patricia C. Priest, Christopher M. Florkowski, Carlos A. CamargoJr, David R. Murdoch, Long-Term High-Dose Vitamin D3 Supplementation and Blood Pressure in Healthy Adults, Hypertension, 2014;64:725–730</ref><ref>Terry J Aspray, Thomas Chadwick, Roger M Francis, Elaine McColl, Elaine Stamp, Ann Prentice, Alexander von Wilamowitz-Moellendorff, Inez Schoenmakers, Randomized controlled trial of vitamin D supplementation in older people to optimize bone health, American Journal of Clinical Nutrition, Vol 109, I 1, Januar 2019, S. 207–217, https://doi.org/10.1093/ajcn/nqy280</ref>
  
 
Unabhängig von Coimbra gibt es aktuell (2020) zahlreiche andere Befürworter einer Hochdosis Vitamin D Therapie. Zu nennen sind:
 
Unabhängig von Coimbra gibt es aktuell (2020) zahlreiche andere Befürworter einer Hochdosis Vitamin D Therapie. Zu nennen sind:

Version vom 9. Januar 2020, 14:32 Uhr

Cicero Galli Coimbra (Youtube)
begeisterte Anwenderinnen aus Brasilien

Das Coimbra Protokoll (br. protocolo Coimbra, engl. Coimbra protocol) ist eine in Teilen geheim gehaltene, umstrittene und markenrechtlich geschützte[1] Behandlungsmethode des brasilianischen Arztes Cicero Galli Coimbra, die auf der hochdosierten Anwendung von Vitamin D basiert, welches der Erfinder teilweise richtig als "Hormon" bezeichnet. Coimbra wendet sich mit seinem Behandlungskonzept an Patienten die an Multipler Sklerose (MS) erkrankt sind. Allerdings soll seine Methode bei sämtlichen Autoimmunerkrankungen hilfreich sein. Anwendern seines Coimbra Protokolls wird im Sinne einer Wundertherapie das Ausbleiben von MS-"Schüben" versprochen sowie ein Rückgang der bisher eingetretenen Symptome. Etwa 95% der MS-Patienten sollen unter Anwendung des Coimbra-Protokolls eine dauerhafte Remission aufweisen. Im deutschsprachigen und im internationalen Internet finden sich in großer Zahl positive Stimmen sowie begeisterte Rückmeldungen von Anwendern, die an die Begeisterung für das Liberation Treatment der CCSVI erinnern.

Coimbra ist der Ansicht, dass Patienten mit der Autoimmunerkrankung MS eine (epi-)genetisch bedingte Resistenz gegen Vitamin D (Vitamin D-Resistenz) aufweisen. Dadurch soll es zu einer „Th17 Reaktion“ kommen. Th17-Zellen sind eine Untergruppe von T-Lymphozyten (Zellen des Immunsystems) die den Botenstoff Interleukin IL-17 produzieren, der bei der Pathogenese der MS eine Rolle spielt.

Zum Coimbra-Protokoll liegen (im Januar 2020) keine belastbaren wissenschaftlichen Studien vor. Insbesondere fehlen kontrollierte klinische Studien am Menschen. Seine Methode entspricht daher nicht den Anforderungen, die heute an Therapiemethoden zu stellen sind, insbesondere nicht in der Therapie der Multiplen Sklerose. Folgerichtig finden sich das Coimbra Protokoll oder eine gleichwertige Empfehlung nicht in den Leitlinien von medizinischen Fachgesellschaften. Gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Kosten der Behandlung nicht.

Die Kosten der Methode sind relativ hoch. Im ersten Anwendungsjahr sind etwa 400 bis 1000 € für Laboruntersuchungen und die Behandlungsstunden bei sogenannten "zertifizierten Protokollärzten" (so genannte CP-Ärzte) zu zahlen, die kartellartig organisiert sind. Danach reduzieren sich die Kosten auf 100 – 300 Euro pro Jahr. Das benötigte Vitamin kostet zwischen 20 und 200 Euro pro Monat. Mit Stand von Anfang 2020 soll es seit 2017 weltweit 140 zertifizierte Protokollärzte geben, davon 15-18 in Deutschland, 3 in Österreich, 3 in der Schweiz und einen deutschsprachigen in Luxemburg. Über die Zertifizierung ist wenig in Erfahrung zu bringen. Offenbar müssen die auszubildenden Ärzte persönlich nach Brasilien reisen, um sich von Coimbra ausbilden zu lassen. Neben den so genannten CP-Ärzten existiert auch ein Kreis CP-unabhängiger Selbstanwender und Therapeuten, die sich - quasi unerlaubt - der Hochdosis-Vitamin-D-Therapie der MS widmen und dabei auch den markenrechtlich geschützten Namen Coimbra Protokoll nutzen oder sich auf CG Coimbra berufen. Diese tauschen ihre Erfahrungen insbesondere über facebook aus, und nutzen dazu eigene facebook-Gruppen.

Befürworter des Coimbra-Protokolls erfahren Unterstützung durch die im Oktober 2019 gegründete CoimbraProtokoll gUG mbH. Sie wurde von den Patientinnen Christina Kiening und Britta Maier-Peveling gegründet. Organisiert werden unter anderem Online - Kongresse zur Multiplen Sklerose.

Hinweis: Psiram gibt keine medizinischen Ratschläge. Von der Eigenmedikation mit ultrahochdosiertem Vitamin D ist außerhalb von kontrollierten Studien in jedem Fall abzuraten

Methode

Verlauf der Vitamin D3 und PTH Konzentrationen bei 16 Patienten mit Hauterkrankungen (Psoriasis), die mit täglichen Gaben von 35.000 IE zusätzlich zur bestehenden Therapie über sechs Monate behandelt wurden. Das Behandlungsprotokoll von vor 2012 entsprach in etwa dem hier thematisierten Coimbra Protokoll und wurde in Sao Paulo/Brasilien durchgeführt.(Quelle: [1])

Das Coimbra Protokoll ist als solches nicht öffentlich genau beschrieben oder publiziert. Hier kann vermutet werden, dass für diesen in der Medizin unüblichen Umstand geschäftliche Gründe eine Rolle spielen. Dennoch lässt sich aus mehreren Quellen die Methode rekonstruieren.

Die Patienten müssen zunächst ihren Parathormonspiegel im Blut bestimmen lassen. Das Parathormon (PTH) ist ein Hormon, welches den Kalziumspiegel reguliert. Die Freisetzung von PTH wird von Vitamin D gehemmt, sodass der PTH-Spiegel als Indikator für die biologische Aktivität von Vitamin D genutzt wird. Das Messergebnis ist sodann ausschlaggebend für die täglich einzunehmende Menge an Vitamin D. Täglich sollen bis zu 200.000 IE eingenommen werden (20.000 bis 200.000 IE), was üblicher Weise als "ultrahohe Dosierung" bezeichnet wird. Eine Internationale Einheit IE oder IU entspricht dabei 200 µg, 1 µg entspricht 40 I.E) Nach Angaben der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) sollen allerdings im Rahmen des Coimbra Protokolls nur bis zu 60.000 IE eingenommen werden.[2] Eine andere Quelle nennt einen Wert von 1000 Einheiten pro Kilogramm Körpergewicht. Ziel ist offenbar ein Blutspiegel von 375 nmol/l für Vitamin D, ein Wert, der weit über üblichen Werten der allgemeinen Bevölkerung von 30 – 150 ng/l liegt (Unterversorgung: <50-80 ng/l, Mangel bei <10 ng/l). Es gibt Berichte über Werte von 400 bis 4000 nmol/l unter dieser Therapie. Der PTH-Spiegel soll durch die Einnahme von Vitamin D auf einen Wert nahe an der unteren Grenze des Normalbereichs eingestellt werden. Das ist jedoch ein Wert, der mitunter erst bei toxischen Dosen von Vitamin D erreicht wird. (Wegen fehlender Veröffentlichung des Protokolls sind sämtlichen Angaben zur Methode ungenau) Zusätzlich muss eine spezielle Kalzium-arme Diät eingehalten werden. Auf Milchprodukte soll verzichtet werden und viel Wasser getrunken werden. Die MS-Patinten sollen zudem Sport treiben, um einem therapiebedingten Knochenabbau und Osteoporose entgegen zu wirken. Auch sollen sich die Behandelten viel in der Sonne aufhalten. Die hohen Vitamin-D-Einnahmen sollen nach Coimbra zu einer Heilung der Multiplen Sklerose führen, ein derzeit nicht realisierbares Therapieziel in der Medizin. Wegen der möglichen toxischen Wirkungen von Vitamin D und einem zu hohen Kalziumspiegel im Blut sind häufigere Kontrollen durch Ärzte notwendig, insbesondere wegen der Gefahr von Knochenbrüchen.

Zu Behandlungsbeginn soll angeblich eine höhere Dosierung für die Dauer von zwei Monaten gewählt werden. Eine Kombination mit herkömmlichen Therapie sei möglich, heißt es aus Kreisen von Befürwortern.

Es bleibt unklar, wie lange die Therapie nach Coimbra durchgeführt werden soll. Aus Befürworterkreisen ist zu erfahren, dass sie nicht lebenslang durchgeführt werden soll. Irgendwann "vergesse" das Immunsystem die jeweilige Autoimmunerkrankung. Dies gelte jedoch nicht für bereits weit fortgeschrittene Fälle einer MS.

Zum Coimbra Protokoll kursieren auch weitere Empfehlungen, bei denen aber unklar ist, ob sie zum "Protokoll" im engeren Sinn dazu gehören. So solle Stress vermieden werden; auf Zigaretten und Alkohol sollen verzichtet werden, ebenso wie auf heiße Bäder. Infektionen sollen ebenfalls vermieden werden. Es gibt auch von Befürwortern die Empfehlung, im Rahmen des Protokolls zusätzlich Magnesium oder Riboflavin (Vitamin B2) einzunehmen.

Mögliche unerwünschte Wirkungen - Nebenwirkungen

Das Coimbra Protokoll soll auch Autismus heilen

Hohe Vitamin D Aufnahmen sind toxisch und führen zur Hypervitaminose D. Insbesondere können die Kalziumwerte stark ansteigen, was zu Hyperkalzämie mit Tachykardie, Hypertonie, Beinödemen, unstillbarem Durst, Erschöpfung und Nierenschäden führen kann. Daher soll auch auf Milchprodukte verzichtet werden, um Kalziumwerte zu begrenzen. Es droht die Gefahr einer Demineralisierung der Knochen mit der möglichen Folge von Osteoporose und häufigeren Knochenbrüchen.

Ein amerikanischer Laien-Befürworter hoher Vitamin D - Einahmen ist Gary Null, der selbst Vitaminpräparate verkauft. Er zog sich durch den Konsum seines eigenen Produkts "Gary Null's Ultimate Power Meal" eine Vitamin-D-Vergiftung zu. Null zeigte ab Dezember 2009 schwere Symptome, nachdem er täglich 2 Einheiten seines "Vitaminmehls" zu sich genommen hatte und glaubt, dass er fast an Nierenversagen gestorben wäre. Er verklagte daraufhin den Hersteller seiner eigenen Produkte, da das Produkt 1.000 mal so viel Vitamin D enthielt wie angegeben.[3][4][5]

Studienlage und Veröffentlichungen

Cicero G. Coimbra lehnt selbst die Durchführung von kontrollierten Studien zu seiner Methode ab, wobei er es richtigerweise als unethisch ansieht, eine Kontrollgruppe von Patienten mit einem Placebopräparat zu behandeln. In der Medizin wird in vergleichbaren Fällen eine neue Therapie zunächst in Vorstudien auf ihre Verträglichkeit hin in "Reagenzglas-Zell-Studien" und später an gesunden Probanden erforscht. Danach erst kann nach Klärung durch eine Ethikkommission eine klinische Studie erfolgen, bei der verblindet zwei Therapieformen verglichen werden: der besten bekannten Standardtherapie (also nicht Placebo) und der zu testenden alternativen Therapie, falls Vorstudien mögliche positive Effekte einer alternativen Therapie vermuten lassen.

Vor Coimbra und unabhängig von ihm ist bereits über die Rolle des Vitamin D bei der Entstehung der MS geforscht worden. Studien haben Vitamin D als wichtigen Umweltfaktor identifiziert und legen einen Zusammenhang zwischen Vitamin D und Autoimmunität nahe, auch wenn dieser Zusammenhang noch nicht vollständig verstanden ist.[6] So ging man der Frage nach, ob die Unterversorgung mit Vitamin D ein Risikofaktor für die MS ist. Die meisten MS-Patienten weisen tatsächlich einen Vitamin-D-Mangel auf. Mehrere Studien berichten, dass Menschen mit einem hohen Vitamin-D-Spiegel ein geringeres Risiko haben, später im Leben an Multipler Sklerose zu erkranken. Eine geringere MS-Aktivität (geringere Schubrate; weniger schwere Schübe) wurde bei höheren Vitamin-D-Spiegeln beobachtet. Die meisten dieser Studien konnten jedoch nicht klären, ob der Vitamin D-Mangel eine Folge oder die Ursache der MS ist oder ob es konfundierende Variablen gibt (Vitamin-D-Mangel als sog. Epiphänomen). Auch das breitengradabhängige Auftreten der MS wird mit Vitamin D in Zusammenhang gebracht, wobei der Sonderfall Inzidenz von MS bei in der Aktis lebenden Inuit zu berücksichtigen ist.

Die bislang größte durchgeführte Studie zum therapeutischen Effekt einer Vitamin-D-Supplementation, die SOLAR-Studie, ist aus wissenschaftlicher Sicht negativ ausgegangen. Das Studienziel einer völligen Remission konnte nicht erreicht werden. Für den Einsatz von Vitamin D als Intervention bei MS gibt es momentan (Januar 2020) keine klare medizinische Evidenz.[7]

2019 erschien in der alternativmedizinischen Erfahrungsheilkunde (Haug Verlag) eine Arbeit des CP-Arztes Kai Reichert mit dem Titel "Vitamin-D-Gabe in Hochdosis – Therapieoption bei Multipler Sklerose?".[8] Der Autor berichtet retrospektiv über positive Behandlungsergebnisse bei 500 eigenen Patienten, die er in einem Zeitraum von höchstens 18 Monaten nach dem Coimbra Protokoll behandelt haben will (Einführung von CP-Ärzten 2017, Veröffentlichung August 2019). Unter anderem berichtet er von einem Patienten, der 180.000 IE/Tag erhielt. Bei von ihm berichteten Krankengeschichten bleibt unklar, ob die Patieten zusätzlich eine andere Behandlung in Anspruch nahmen. Ob der Autor die drei Krankengeschichten wegen eines positiven Verlaufs nennt oder ob diese repräsentativ für das gesamte Kollektiv sein sollen, bleibt auch unklar.

Angeblich soll der deutsche Psychologe Harald Walach zusammen mit der anthroposophie-nahen Universität Witten-Herdecke an einem Artikel über das Coimbra Protokoll arbeiten. Titel der Arbeit soll "There is no harm in Vitamin D highdose therapy" werden. Nach anderen Angaben soll der Titel jedoch "Walach H: Safety and clinical effects of vitamin D high dose therapy (Coimbra Protocol) - a retrospective audit study: Protocol and rationale. (publishing in progress)" heißen.

Cicero Galli Coimbra

CG Coimbra beim Kongress für menschliche Medizin 2018 (AMM) von Jörg Spitz

Cicero Galli Coimbra ist ein Arzt aus der Stadt São Paulo in Brasilien. Er ist Dozent für Neurologie und Neurowissenschaften an der Escola Paulista De Medicina (Universidade Federal De São Paulo - Unifesp).[9] Die Publikationsliste von Coimbra geht von 1987 bis 2011, danach finden sich nur noch wenige Veröffentlichungen. Er publizierte bisher wissenschaftlich nicht zum Thema MS.[10] Nur in einer Veröffentlichung von 2012 ist er Mitautor eines Artikels zum Thema Vitamin D, in der über eine nichtkontrollierte Pilotstudie mit 25 Patienten berichtet wird, die in etwa dem Coimbra-Protokoll entspricht. Behandelt wurden Patienten mit Schuppenflechte und Vitiligo, nicht aber mit MS. Eingesetzt wurde Vitamin D3 mit täglichen 35.000 IU Gaben für sechs Monate, wobei eine vorherige Therapie gleichzeitig beibehalten wurde.[11] (Volltext der Studie)

Coimbra engagiert sich in einer Bewegung, die im Hirntod des Menschen nicht den Individualtod des Menschen sieht. (siehe Psiram-Blog [2])

In der Vergangenheit setzte Coimbra auch hohe Vitamin-D-Dosen (10.000 IE / Tag) bei Parkinson-Patienten ein, obwohl die Parkinson-Krankheit nicht zu den Autoimmunerkrankungen gehört. Auch empfahl er Vitamin B2 (Riboflavin) und die Meidung von "rotem Fleisch" bei der Parkinson-Krankheit.

Sein Coimbra - Protokoll entstand in den Jahren 2008 bis 2012. Seit 2016 sind Anwendungen in Deutschland zu beobachten, 2017 gab es die ersten Zertifizierungen so genannter CP-Ärzte. Bereits 2002 verschrieb Coimbra 10.000 IE Vitamin D / Tag bei Autoimmunerkrankungen.

Vitamin D Hochdosistherapie und Höchstdosistherapie allgemein

In den dreissiger und vierziger Jahren des 20. Jahrhundert waren Hochdosis Therapien mit D3 Gegenstand der Forschung. Hochdosiertes Vitamin D kam zum Einsatz bei Asthma (60.000 bis 300.000 IE), rheumatoider Arthritis (200.000 bis 600.000 IE) und Tuberkulose (100.000 bis 150.000 IE). Oft kam es dabei jedoch zu unerwünschten (Neben-)wirkungen und einige Patienten entwickelten nach längerer Gabe eine Hyperkalzämie, was auch zu mehreren Todesfällen führte.

In späteren Studien wurde die Einnahme von hohen Dosen Vitamin D im Zusammenhang mit Herz- Kreislauferkrankungen den Blutdruck und die Knochendichte untersucht. In beiden Anwendungsgebieten konnte kein Nutzen einer Hochdosistherapie mit Vitamin D in Studien festgestellt werden.[12][13][14]

Unabhängig von Coimbra gibt es aktuell (2020) zahlreiche andere Befürworter einer Hochdosis Vitamin D Therapie. Zu nennen sind:

  • Jörg Spitz mit seiner Akademie für menschliche Medizin (AMM-Organisation). Spitz ist auch Befürworter des Coimbra - Protokolls
  • Gary Null, US-amerikanischer Autor, Moderator einer Radioshow, Medizinkritiker und Nahrungsergänzungsmittel-Unternehmer ("Gary Null & Associates, Inc.")
  • Der Ernährungswissenschaftler Nicolai Worm ist unter anderem Verfasser eines Buches zum Thema Vitamin D und betreibt mehrere Internetseiten zu diesem Thema. Er behauptet unter anderem: "Das Sonnenhormon schützt gegen alle Zivilisationskrankheiten".
  • Hochdosiertes Vitamin D ist auch Bestandteil des SWISS protocol (20.000 IE / Tag)
  • Zu den weiteren Befürwortern gehört auch beispielsweise ein hamburger Heilpraktiker (in der Praxis arbeiten wir deshalb mit der Vitamin D Hochdosis-Kur). Dieser setzt seine Hochdosis Vitamin D Therapie bei einem Erschöpfungs-Syndrom / "burnout", Depressionen, KPU/HPU (eine Krankheitserfindung), Krebserkrankungen, Autoimmunerkrankungen z.B. wie Hashimoto und Morbus Crohn, "Rheuma", Allergien und bei Infekanfälligkeit ein.

Im Gegensatz dazu wird beim so genannten Marshall-Protokoll nach Trevor G. Marshall auf Vitamin D verzichtet. Während seiner Zeit als Dozent für Elektrotechnik machte Marshall die Beobachtung, dass sich seine Sarkoidose unter Sonnenbestrahlung verschlechterte. Er begann sich daher für die Rolle des Vitamin D zu interessieren, welches als Vitamin D3 (Cholecalciferol) nach Sonnenbestrahlung in der Haut des menschlichen Körpers durch die UV-Strahlung der Sonne gebildet wird. 2001 interessierte sich Marshall für eine Theorie, nach der eine Sarkoidose bei gleichzeitiger Infektion oder Besiedelung durch Bakterien der Art Rickettsia helvetica vorkomme. Rickettsien sind nach ihrem Entdecker Howard Taylor Ricketts benannt und haben nichts mit Rachitis (engl. "rickets") zu tun, die bei Vitamin D-Mangel entstehen kann. 2004 formulierte Marshall eine Hypothese, nach der Autoimmunerkrankungen (und so genannte "Th1 - Erkrankungen") durch eine Fehlregulierung des Vitamin D bedingt seien und sich in Folge bestimmte Bakterien im menschlichen Körper vermehrten. Er entwickelte aus seiner Hypothese das Marshall-Protokoll zur Behandlung. Das Protokoll sieht die Eliminierung sämtlicher Vitamin D-Zufuhr vor. Vermieden werde solle Sonnenbestrahlung sowie intensive Lichtbestrahlung. Hinzu kommt eine niedrig dosierte Antibiotikabehandlung.

Zitate

  • Fazit
    Eine Behandlung nach dem Coimbra-Protokolls als Zusatztherapie für MS-Patienten ist nach unserer Ansicht nur im Rahmen eines Studienprotokolls zu rechtfertigen, um weitere Erkenntnisse über diesen Ansatz zu erlangen. Bislang gibt es aus wissenschaftlicher Sicht jedoch noch keine Erkenntnisse, die den Einsatz des Coimbra-Protokolls befürworten: randomisierte kontrollierte Studien sind ganz klar notwendig, um den Einsatz von ultrahochdosiertem Vitamin D zu rechtfertigen und um mögliche schädliche Auswirkungen sehr hoher Vitamin D-Dosen ausschließen zu können.

    Quelle: DMSG, HOCHDOSIERTES VITAMIN D ALS ZUSATZTHERAPIE IN DER BEHANDLUNG DER MULTIPLEN SKLEROSE? – EIN UPDATE- 28.9.2017[15]
  • “When we started with vitamin D and found out that it was effective, we made a life choice. We left academia behind – this thing of drugs here, drugs there, launches of drugs, testing of new drugs, allegedly satisfactory successes. We put it all aside and thought only of the interest of the patient who was there, at our office, in that moment.” Cicero G. Coimbra

Galerie

Literatur

  • J-C. Tutor, Vitamin D supplementation in multiple sclerosis-Can be done something more?, Medical Hypotheses (2019), doi: https://doi.org/10.1016/j.mehy.2019.109256
  • Kai Reichert: "Vitamin-D-Gabe in Hochdosis – Therapieoption bei Multipler Sklerose?", Erfahrungsheilkunde 68(04):194-198, August 2019
  • Hawkes C, Giovannoni G, Lechner-Scott J, Levy M, Waubant E. Multiple sclerosis and vitamin D. Caviar or a dog's dinner?. Mult Scler Relat Disord. 2019, 28, A1-A2
  • Martinsen I, Burian N. Adherence to the Coimbra Protocol in Adults with Autoimmune Disease. Bachelor Thesis, University College Copenhagen. 2019 (accesed March, 25, 2019): Volltext
  • Fragoso YD, Adoni T, Damasceno A, de Albuquerque-Damasceno CA, Brito-Ferreira ML, Finkelzsteijn A, et al. Unfavorable outcomes during treatment of multiple sclerosis with high doses of vitamin D. J Neurol Sci. 2014; 346: 341-342.
  • Kimball S, Hanwell HE, Burton JM, Heaney RP, Holick MF, Hollis B, et al. Vitamin D supplementation in multiple sclerosis: Making a case for clarity. J Neurol Sci 2014; 347: 391-392
  • Berezowska M, Coe S, Dawes H. Effectiveness of vitamin D supplementation in the management of multiple sclerosis: A systematic review. Int J Molec Sci. 2019; 20: 1301
  • Häusler D, Weber MS. Vitamin D supplementation in central nervous system demyelinating diseaseEnough is enough. Int J Molec Sci. 2019; 20: 218
  • Goischke HK. Vitamin D supplementation as add-on therapy in multiple sclerosis-Balance between benefit and risk?: A comentary on Vitamin D supplementation in central nervous system demyelinating disease-Enough is enough. Int J Molec Sci 2019; 20: 1553.
  • Mclaughlin L, Clarke L, Khalilidehkordi E, Butzkueven H, Taylor B, Broadley SA. Vitamin D in the treatment of multiple sclerosis: A meta-analysis. J. Neurol. 2018; 265: 2893-2905

Publikumsliteratur

  • Ana Claudia Domene: Multiple Skleros und (sehr viel) Vitamin D. Meine achtjährige Behandlung mit dem Coimbraprotokoll für Autoimmunerkrankungen, Deutsche Übersetzung von Christina Kiening & Sandra Kupfer Odyssey Publishing, 2018
  • Christina Kiening, in: Es geht auch anders, in: stern. Gesund Leben. Das Magazin für Körper, Geist und Seele, 02/2017, S. 22-23
  • Kai Reichert: Einen Versuch ist es allemal wert. Vitamin D gegen Multiple Sklerose. Ein Arzt berichtet über seine Erfahrungen, in: stern. Gesund Leben. Das Magazin für Körper, Geist und Seele, 04/2017, S. 66-67
  • Raimund von Helden: Gesund in sieben Tagen. Erfolge mit der Vitamin-D-Therapie. Ein Leitfaden für die Praxis, Hygeia-Verlag, Dresden 2016.
  • Jeff T. Bowles: Hochdosiert. Die wundersamen Auswirkungen extrem hoher Dosen von Vitamin D3, Mobiwell Verlag, Immenstadt 2015.

Video

Weblinks


Quellennachweise

  1. Deutsche eingetragene Marke COIMBRA PROTOKOLL mit Nr 017557752, Anmeldetag 4.12.2017, Tag der Eintragung im Register: 20.4.2018, Inhaber: GRAEF Rechtsanwälte, 20149, Hamburg, DE
  2. https://www.dmsg.de/multiple-sklerose-news/ms-therapien/hochdosiertes-vitamin-d-als-zusatztherapie-in-der-behandlung-der-multiplen-sklerose-ein-update/
  3. http://latimesblogs.latimes.com/booster_shots/2010/04/supplements-guru-sues-over-his-own-product.html
  4. http://theness.com/neurologicablog/index.php/gary-null-hoist-with-his-own-petard/
  5. https://scienceblogs.com/insolence/2010/04/29/too-deliciously-ironic-for-words-gary-nu
  6. https://www.ms-docblog.de/multiple-sklerose/vitamin-d-das-coimbra-protokoll/
  7. https://www.dmsg.de/multiple-sklerose-news/ms-therapien/hochdosiertes-vitamin-d-als-zusatztherapie-in-der-behandlung-der-multiplen-sklerose-ein-update/
  8. Kai Reichert: "Vitamin-D-Gabe in Hochdosis – Therapieoption bei Multipler Sklerose?", Erfahrungsheilkunde 68(04):194-198, August 2019
  9. https://scholar.google.com.br/citations?user=T8czYsEAAAAJ&hl=en
  10. https://scholar.google.de/citations?user=T8czYsEAAAAJ&hl=en&oi=ao
  11. Finamor DC, Sinigaglia-Coimbra R, Neves LC, Gutierrez M, Silva JJ, Torres LD, Surano F, Neto DJ, Novo NF, Juliano Y, Lopes AC, Coimbra CG. A pilot study assessing the effect of prolonged administration of high daily doses of vitamin D on the clinical course of vitiligo and psoriasis. Dermatoendocrinol. 2013 Jan 1;5(1):222-34. doi: 10.4161/derm.24808 - PMID: 24494059
  12. Robert Scragg, Alistair W. Stewart, Debbie Waayer, Carlene M., M. Lawes, Les Toop, John Sluyter, Judy Murphy, Kay-Tee Khaw, Carlos A. Camargo Jr, Effect of Monthly High-Dose Vitamin D Supplementation on Cardiovascular Disease in the Vitamin D Assessment Study, JAMA Cardiol. 2017;2(6):608-616. doi:10.1001/jamacardio.2017.0175
  13. Robert Scragg, Sandy Slow, Alistair W. Stewart, Lance C. Jennings, Stephen T. Chambers, Patricia C. Priest, Christopher M. Florkowski, Carlos A. CamargoJr, David R. Murdoch, Long-Term High-Dose Vitamin D3 Supplementation and Blood Pressure in Healthy Adults, Hypertension, 2014;64:725–730
  14. Terry J Aspray, Thomas Chadwick, Roger M Francis, Elaine McColl, Elaine Stamp, Ann Prentice, Alexander von Wilamowitz-Moellendorff, Inez Schoenmakers, Randomized controlled trial of vitamin D supplementation in older people to optimize bone health, American Journal of Clinical Nutrition, Vol 109, I 1, Januar 2019, S. 207–217, https://doi.org/10.1093/ajcn/nqy280
  15. https://www.dmsg.de/multiple-sklerose-news/ms-therapien/hochdosiertes-vitamin-d-als-zusatztherapie-in-der-behandlung-der-multiplen-sklerose-ein-update/