Verschwörungstheorien um das LHC

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(Autorin Ayse Meren, Heilpraktikerin aus Rosengarten)

In pseudowissenschaftlichen Kreisen kursieren zahlreiche Verschwörungstheorien um das LHC (Large Hadron Collider, deutsche Bezeichnung Großer Hadronen-Speicherring), einen ringförmigen Teilchenbeschleuniger für Hadronen am Europäischen Kernforschungszentrum CERN bei Genf. Die Anhänger hegen die Befürchtung, durch das LHC könnten Schwarze Löcher erzeugt werden, die die Erde verschlingen. Typische Vertreter sind der deutsche Chemiker Otto E. Rössler und Gabriele Schröter. Rössler bezeichnete im Juni 2008 den LHC-Start als das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte.[1] Auch Dieter Broers beteiligte sich im Herbst 2020 an der Verbreitung von katastrophistischen Verschwörungstheorien um das LHC.

Verschwörungstheorien um das LHC

Im LHC werden in Vakuumröhren Hadronen gegenläufig auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und zur Kollision gebracht, um unterschiedliche Elementarteilchen zu erzeugen. Weil dabei eventuell schwarze Mini-Löcher oder seltsame Materie erzeugt werden könnten, gibt es vereinzelte Warnungen vor möglichen Gefahren durch die Experimente am LHC. Es wird die These vertreten, bei der Kollision hochenergetischer Teilchen könnten zunächst kleine Schwarze Löcher entstehen, die ins Erdinnere wandern, dabei Energie und Materie einsaugen, immer größer werden und so über einen längeren Zeitraum die gesamte Erde verschlingen, also den Weltuntergang herbeiführen. Auch der Sachbuchautor Rolf Froböse äußerte ähnliche Befürchtungen als Werbung für seinen Roman Sekunde Null. Das Urknall-Experiment.[2][3]

Eine Gruppe um den Chemiker Otto E. Rössler und Gabriele Schröter reichte beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine Klage gegen die Inbetriebnahme des LHC ein. Der damit verbundene Eilantrag wurde vom Gericht abgewiesen. Das Hauptsacheverfahren steht noch aus. Das deutsche Bundesverfassungsgericht lehnte die Annahme einer Verfassungsbeschwerde am 18. Februar 2010 ab.[4][5] Das Gericht führte in seiner Begründung unter anderem aus:

Ein schlüssiger Vortrag der Beschwerdeführerin (Gabriele Schröter), der von ihr befürchtete Schaden werde eintreten, fehlt. Für die Darlegung der Möglichkeit eines solchen Schadenseintritts genügt es insbesondere nicht, Warnungen auf ein generelles Misstrauen gegenüber physikalischen Gesetzen, also gegenüber theoretischen Aussagen der modernen Naturwissenschaft zu stützen. Praktisch vernünftige Zweifel setzen wenigstens die Auseinandersetzung mit Gegenbeispielen, also Widerlegungsversuchen der jeweiligen Aussagen voraus. Namentlich im Bereich der theoretisch weit fortgeschrittenen Naturwissenschaften erfordern vernünftige Zweifel zudem ein hinreichendes fachliches Argumentationsniveau.

Wissenschaftliche Erklärungen

Nach Stellungnahmen von internationalen Experten auf dem Gebiet der Allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein, wie Prof. Dr. Hermann Nicolai, Direktor am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam, beruhen Rösslers Behauptungen auf grundlegenden Missverständnissen der Einsteinschen Theorie. Rössler benutzt zwar Formeln der Allgemeinen Relativitätstheorie, wendet sie aber so an, dass sie im Widerspruch zu experimentellen Ergebnissen stehen. Seine Interpretationen wurden schon 1915 teilweise experimentell widerlegt. [6]

Sollte es am LHC zur Entstehung von sehr kleinen schwarzen Löchern kommen, wären diese nicht mit den im Kosmos existierenden Schwarzen Löchern vergleichbar. Letztere sind mindestens mehrere Sonnenmassen schwer, die Schwarzen Löcher am LHC hingegen leichter als ein Milliardstel eines Milliardstel Gramms. Stephen Hawking folgerte aus den Grundlagen der heutigen Physik, dass diese kleinen Schwarzen Löcher innerhalb kürzester Zeit zerstrahlen (Hawking-Strahlung). Rössler negiert dies hingegen und folgert aus seinem falschen Verständnis der Allgemeinen Relativitätstheorie, dass die Hawking-Strahlung nicht existiere. Damit widerspricht er sich allerdings selbst, denn aus seinen Annahmen folgt auch, dass überhaupt keine Schwarzen Löcher produziert werden können.

Ferner hätte solch ein kleines Schwarzes Loch, wie es bei den Experimenten im LHC entstehen könnte, nur sehr wenig Energie und damit auch zu wenig Kraft, um umgebende Materie zu verschlucken.[7]

Dazu kommt, dass auch in der Atmosphäre ähnliche Prozesse stattfinden, wenn energiereiche Teilchenstrahlung aus dem Weltall dort auftrifft. Würden dabei stabile Schwarze Löcher entstehen, wäre die Erde längst verschwunden.

Weblinks

Quellennachweise