Vacuucraft

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Vacuucraft.jpg
Historisches Konzept (Lana de Terzi 1670)

Vacuucraft war der Name eines Projekts, das im Jahr 2009 damit beworben wurde, zukünftig große kugelförmige und luftleere Auftriebskörper bauen zu können, die tonnenschwere Lasten heben sollen.

Allgemeines

Für das technisch nicht realisierbare Projekt geworben und nach Investoren gesucht wurde vom deutschen Verschwörungstheoretiker und Laien Rolf Finkbeiner: "VACUUCRAFT wird außergewöhnlich hohe Renditen erbringen. Während alle anderen Bereiche im Transportwesen stagnieren oder rückläufig sind und hohe Verluste machen, wird VACUUCRAFT nach kurzer Zeit Gewinne produzieren. [...] Werden Sie Teilhaber an der neuen Gesellschaft, wer jetzt einsteigt, erlebt den Aufschwung eines völlig neuen Systems von Anfang an. Beteiligungen sind in jeder beliebigen Höhe möglich. Wenn Sie Interesse an einer soliden Geldanlage haben, melden Sie sich." Konstruktion und Fertigung von Prototypen sollten laut Werbung angeblich bereits auf hohem technischem Niveau laufen. Ein Fernsehteam zeichne die Entwicklung auf, um das Projekt weltweit der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Die am 27. Mai 2009 eingerichtete Domain vacuucraft.de ist hingegen auf den Betreiber des Ewertverlags Klaus-Dieter Ewert-Gamalo Tiozon aus Lingen angemeldet. Kontakt zu Vacuucraft erhält auch, wer der Vacuucraft-Werbung folgt und die private Telefonnummer von Dieter Ewert (edition resolut) in Lingen anruft.[1]

Um auf das Investor-Projekt aufmerksam zu machen, wurde im Internet ein Bild eines herkömmlichen Übertage-Kugelspeichers gezeigt, auf dem mit einem Bildbearbeitungsprogramm die Aufschrift VacuuCraft eingefügt ist.

Die Vacuucraft-Utopie

Folgt man den Vorstellungen Finkbeiners, so solle es sich um eine "bessere" und "genialere Idee" als die der bekannten Luftschiffe und des gescheiterten Projektes Cargolifter[2] handeln. Stattdessen verfolge Vacuucraft eine "natürlichere" Idee und wolle Luftschiffe mit fester Hülle bauen, bei denen es durch Schaffung eines inneren Vakuums dazu komme, dass die Gravitation "neutralisiert" werde. Laut Finkbeiner sei die technische Realisierung durch den Einsatz "modernster Werkstoffe" möglich. Dazu sollen Glas- und Kohlefaser-Verbundwerkstoffe eingesetzt werden, die schon verbreitet Anwendung finden, sowie moderner Kohlenstoff- und Metallschaum. Letztendlich wolle Vacuucraft nach diesem Prinzip riesige Luftschiffe bauen, die Lasten von vielen Tausend Tonnen transportieren könnten. Dadurch komme es laut Finkbeiner zu einer Revolution im Transportwesen, die dazu führe, dass der gesamte LKW- und Binnenschiffsverkehr weitgehend durch Vacuucraft-Luftschiffe ersetzt werden könne.

Laut Finkbeiner lasse sich eine Vakuumkugel mit einem Radius von 10 Meter realisieren, die rund 2.000 Kilogramm tragen könne, sowie eine Vakuumkugel mit einem Radius von 100 Metern, die mehr als 2.000 Tonnen Tragkraft habe. Es gebe "nach oben hin keine Grenze" und technisch seien Kugeln mit einem Radius von 1.000 Meter realisierbar.

Dem gleichem Autor zufolge ergebe sich dies alles aus der "Geometrie" von Kugeln. Während das Volumen einer Kugel mit der dritten Potenz des Radius zunimmt, wächst die Oberfläche nur mit dem Quadrat des Radius. Bei konstantem Flächengewicht der Hülle hieße das, dass die Tragfähigkeit eines Luftschiffes mit der Größe zunimmt, ohne dass das zunehmende Gewicht der Konstruktion hier eine Grenze setzt. Als Antrieb sollen Heißdampfrückstoßtriebwerke ohne Verschleißteile eingesetzt werden. Wasser solle dazu vor dem Start in geschlossenen Druckbehältern auf eine Temperatur von 500 bis 1.000 Grad erhitzt werden und beim Austreten über schwenkbare Düsen als Heißdampf für den Vortrieb und Auftrieb sorgen. Zur Landung sollen Ventile geöffnet werden, damit Luft dosiert einströme und Vakuumpumpen an Bord sorgten hingegen wieder für Auftrieb.

Die Realität der physikalischen Gegebenheiten

Derartige Konstruktionen lassen sich zur Zeit nicht realisieren. Relativ kleine Vakuumkugeln sind zwar realisierbar, jedoch herrscht ein ungünstiges Verhältnis von Auftrieb und Gewicht, so dass sie am Boden bleiben und sich nicht als Traglasttransportmittel eignen. Mit zunehmendem Radius muss auch die Wandstärke linear zunehmen, damit die steigende Tangentialspannung nicht zur Implosion der Kugel führt. Sehr große Kugeln würden unter ihrem eigenen Gewicht bereits zusammenfallen, selbst wenn auf der Erde kein Luftdruck herrschte. Die naive Vorstellung der Vacuucraft-Protagonisten von einer beliebig steigerbaren Tragfähigkeit durch immer größere Vakuum-Kugeln ist deshalb nicht haltbar.

Geschichte der Vakuum-Luftschiffe

Lana de Terzi
Lana de Terzi Luftschiff (1670)

Die Idee eines Vakuum-Luftschiffs ist keineswegs neu. Erstmalig wurde sie von dem italienischen Jesuiten und Mathematikprofessor Francesco Lana de Terzi (1631-1687) im Jahre 1670 propagiert, nach dessen Vorstellungen die Hülle aus sehr dünnem Kupferblech bestehen sollte. In den 1950er Jahren wurden Entwürfe vorgestellt, deren Erfinder glaubten, die erforderliche Stabilität großer Vakuum-Kugeln mit damals neuartigen Kunststoffen erreichen zu können. Dass die Idee eines solchen mit Vakuum-Kugeln arbeitenden Luftschiffes rein physikalisch nicht realisierbar ist, wies im Jahr 1710 Gottfried Wilhelm Leibniz nach, und bis heute ist ein solches auch nicht gebaut worden. Ein Nachbau von Lana de Terzis Erfindung wird im Smithsonian National Air and Space Museum in Washington (D.C.) und vom deutschen Lilienthal-Museum als Modell ausgestellt. Zum Konzept der Vakuum-Auftriebskörper existieren mindestens drei deutsche Patente [3] sowie weitere internationale Patente.

Weblinks

Quellennachweise