Urkost ist eine Ernährungslehre von Franz Konz, die er als "finale Lehre" und "erste evolutionsgeschichtlich basierte Gesundheitslehre" bezeichnet. Verbreitet wird sie durch Konz' Verein Bund für Gesundheit (BFG) und dessen Zeitschrift Natürlich leben, durch das Buch Der Große Gesundheits-Konz, sowie im Internet vor allem durch Brigitte Rondholz. Von ihren Befürwortern wird die Urkost auch Urmethodik genannt, da sich ihre Empfehlungen nicht auf die Ernährung beschränken.

Urkost und Urmensch

Mit der Bezeichnung "Urkost" spielt Konz auf eine von ihm willkürlich definierte "Urzeit des Menschen" an, "in der die Natur noch in Ordnung und Krankheit nicht bekannt war".[1] Als Zeitraum legt er die Spanne von "vor etwa 30 1/2 Millionen Jahren [...] bis vor 500.000 Jahren" fest. Später habe mit dem Gebrauch des Feuers die Zivilisation begonnen, und der Mensch habe von da an Dinge getan, die "nicht natürlich" sind.

Bestandteile

 
Urköstliche Delikatesse Seetang
 
Rondholz beim Urtraining
 
Urköstliche Universalmedizin

Die Urkost zeigt Parallelen zur Rohkost-Lehre von Helmut Wandmaker, z.B. die Ablehnung von Getreide. Auch Konz' dogmatischer, teils belehrender, teils drohender Schreibstil ähnelt dem von Wandmaker. Gekochtes Essen ist als "Schlechtkost" tabu, Fleisch und andere Tierprodukte ebenfalls.[2] Die Urkost entspricht damit einer [Veganismus|veganen]] Rohkost, nur dass zusätzlich Wert auf wildwachsende Kräuter gelegt wird, die ungewaschen gegessen werden sollen. Im Winter sind wegen des eingeschränkten Angebotes Brombeerblätter und Vogelmiere obligatorisch. Es wird auch zum Verzehr von Moosen, Flechten und Seetang geraten. Die Nahrung soll möglichst wenig zerkleinert werden. Man solle auch regelmäßig etwas Erde essen, z.B. von Maulwurfshügeln. Kaffee und Alkohol werden abgelehnt. Auch Trinken an sich ist als überflüssig verpönt, da man mit Früchten und Kräutern genug Flüssigkeit aufnehme, selbst bei körperlichen Höchstleistungen. Rondholz meinte dazu, "als Urmethodiker schwitzt man nicht mehr".[3]

Da sich der Energiebedarf mit einheimischen Wildkräutern und -früchten kaum decken lässt, wird der Verzehr exotischer Früchte wie Safu, Pagodenfrucht, Jackfrucht oder Durian propagiert. Diese sind bei darauf spezialisierten Versandhändlern erhältlich, allerdings sehr teuer, da sie aus tropischen Ländern eingeflogen werden, hauptsächlich aus Südostasien. Von Rondholz wird dazu aber Widersprüchliches geäußert. Einerseits seien die Früchte vom "Versender" zur "regelgerechten Urkost" (beides von Rondholz und anderen Urkostanhängern oft benutzte Ausdrücke) nötig. Andererseits, und offenbar um den Eindruck zu zerstreuen, Urkost wäre nur für Wohlhabende geeignet, könne man aber auf die teuren Versandfrüchte verzichten und den Kalorienbedarf z.B. durch Nüsse decken. Behauptet wird außerdem wenig glaubhaft, dass Urköstler mit sehr viel weniger Nahrung als "Schlechtköstler" auskommen.

Die Urkost beschränkt sich nicht auf Regeln zur Ernährung. Zur Urkost gehört außerdem das "Urtraining", darunter wird hauptsächlich Joggen und Wandern verstanden, ergänzt durch den "Urschrei" und durch, von Rondholz erdachte, gymnastische Übungen. Nach Konz, der die Urkost auch UrMedizin nennt, ist ein weiterer wichtiger Bestandteil das "Singen". Dazu propagiert er aus seiner Sicht geeignete Volkslieder, die er mit neuen Texten versehen hat.[4]

Urkost und Gesundheit

Arztbesuche und vor allem Pharmazie seien unnötig und schädlich ("Ärztemafia", "Marionetten der Pharmaindustrie", "Vergiftung durch Chemie"). Impfungen jeder Art werden als "Angstmache" bezeichnet. Wer sich dennoch impfen lässt, ist "dumm" und dem "Pharmakartell" aufgesessen. Kritiker oder Skeptiker der Urkost werden als "Schlechtköstler" bezeichnet. Sollte es trotz urköstlicher Lebensweise einmal zu körperlichen Beschwerden kommen, so lassen sich diese mit Heilerde kurieren. Heilerde (mineralogisch gesehen Löß), innerlich oder äußerlich angewendet, ist praktisch das einzige tolerierte "Medikament". In hartnäckigen Fällen wird das "Erdfasten" empfohlen, bei dem der Patient nichts außer täglich ein paar Teelöffeln Heilerde zu sich nimmt. Personen, die besorgt sind, weil sie auch nach einer Weile dieser Prozedur keine Besserung feststellen, bekommen von Konz und Rondholz zu hören, dass sie entweder zu ungeduldig sind oder zu viel Gift im Körper haben auf Grund von früherer Fehlernährung.

Bei strikt urköstlicher Lebensweise winke eine Lebenserwartung von mindestens 120 Jahren. Neben vorzüglicher Gesundheit gäbe es weitere Vorteile, zum Beispiel mache die Art der Ernährung Toilettenpapier überflüssig.

Checkliste für Urkost

Mit der Urkost sei man vor jeglicher Krankheit gefeit und sie sei auch geeignet, jede bestehende Krankheit zu heilen. Wird ein Urköstler trotzdem krank (oder wird er nicht gesund), läge das daran, dass er die Regeln nicht genau beachtet. Insofern ist das ein sektentypisches Gedankengebäude, da es schlicht unmöglich ist, nicht irgendwann gegen eine der Regeln zu verstoßen. Im Krankheitsfall ist man damit immer selber schuld. Die Unfehlbarkeit seiner Lehre zementiert Franz Konz mit einer "Checkliste":

  • Isst Du ausschließlich reifes Obst, frisches Bio-Gemüse?
  • Alles ohne Ausnahme ungekocht?
  • Isst Du ohne angeregte Unterhaltung, möglichst ruhig für Dich und ohne irgendetwas dabei zu lesen, Fernsehen zu sehen oder Sprechtexte im Radio zu hören?
  • Trinkst Du nichts anderes als reines Wasser, Kokosnuss- oder Palmensaft? Wenn Du überhaupt bei salzloser UrKost einmal Durst bekommst!
  • Schläfst Du bei geöffnetem Fenster? Auch im Winter?
  • Deckst Du Dich mit Naturstoffen zu und ruhst nicht auf Metallfedern?
  • Machst Du täglich mindestens 2 Stunden Dein NaturTraining?
  • Meidest Du ohne Ausnahme alle Pharmazeutika?
  • Hast Du keine ärztliche Praxis aufgesucht, keinen Rat von einem Mediziner oder deren Gehilfen angenommen?
  • Hast Du Deine Seele von allem alten Unrat befreit?
  • Füllst Du die Bedürfnisse Deiner Seele an Freunde täglich mit Singen und Musik auf?
  • Hast Du das Landleben dem in der Stadt vorgezogen?
  • Dein Kind ist kränklich geboren? Hattest Du wirklich in der Schwangerschaft urgesund gelebt? Und während dieser Zeit keinen Arzt oder ein medizinisches Gerät an Dich herangelassen?
  • Wenn Du eine einzige Frage nicht mit "Ja" beantworten kannst, so weiß Du, warum Du keinen vollständigen Erfolg mit der UrMedizin erzielt hast. Pack Dich also an Deine eigene Nase.

Siehe auch: Zitate von Franz Konz

Probleme und Gefahren

Man kann die Urkost nicht als harmlose Schrulligkeit sehen, da langfristig von einer Mangelernährung ausgegangen werden muss. Besonders gefährlich ist sie bei Kleinkindern. Zwar betont Rondholz in vorgeblicher Korrektheit stets, dass sie keine medizinischen Ratschläge erteilen dürfte. Die dogmatische Ablehnung von Ärzten und Medikamenten, über die von den Protagonisten der Urkost stets in verächtlichem Tonfall gesprochen wird, sowie beleglose Behauptungen, dass bestimmte Erkrankungen bei urköstlicher Ernährung selbstverständlich nicht aufgetreten wären, können jedoch Personen dazu verleiten, eine dringend geratene ärztliche Behandlung bei sich selbst oder bei ihren Kindern zu verschleppen.

Ein weiteres Problem, welches bei veganer Ernährung auftreten kann, ist ein Mangel an Vitamin B12 (Cobalamin). Dies wird auch von vielen Rohköstlern eingeräumt, von Brigitte Rondholz allerdings vehement bestritten, unter anderem mit dem falschen Argument, dass der Mensch seinen Vitamin-B12-Bedarf quasi selbst deckt durch Darmbakterien, die Cobalamin erzeugen. Solche Bakterien existieren zwar, jedoch kann diese B12-Quelle vom Körper praktisch nicht genutzt werden.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) äußerte sich gegen die Rohkost. Die Gießener Rohkoststudie von 1996 bis 1998 untersuchte den Gesundheitsstatus von Rohköstlern. Als Endergebnis wurde festgestellt, dass 57% der Studienteilnehmer Untergewicht hatten, ein Drittel der Frauen unter 45 Jahren an Amenorrhö (Ausbleiben der Monatsregel) litten und die Zufuhr an Calcium, Zink, Eisen, Iod, Vitamin D und Vitamin B12 deutlich mangelhaft war.

Selbst die Gefahr von Todesfällen, die bei adäquater medizinischer Behandlung vermeidbar wären, ist durch die Urkost gegeben, da die Konz´sche Lehre ärztliche Behandlungen als überflüssig, sogar als schädlich betrachtet. Ein Todesfall wurde bekannt, als ein 52-jähriger Anhänger der Rohkost nach Konz und Wandmaker am 23. August 2010 an AIDS verstarb, nachdem er bis fast zuletzt jegliche medizinische Behandlung ablehnte und anstatt dessen den gesundheitlichen Versprechen der Ur- und Rohkost-Protagonisten glaubte.[5]

Der Einfluss von Konz' Ideologie ist schwer abzuschätzen. Im Jahr 2008 gab er in einem Interview an, der Bund für Gesundheit habe rund 10.000 Mitglieder. Wie viele davon tatsächlich Urköstler sind, ist nicht bekannt. Von vielen Befürwortern der Rohkost wird die Urkost auf Grund ihres grotesken Dogmatismus, der daraus folgenden mangelnden Glaubwürdigkeit ihrer Protagonisten und wegen deren Inkompetenz in medizinischen Fragen abgelehnt.

Weltbild und Verschwörungstheorie

Der Große Gesundheits-Konz verbreitet mit der Urkost nicht nur eine Außenseiter-Ernährungslehre, sondern bietet auch ein abgeschlossenes Weltbild an. Von der Impf- und Ärztekritik ("Weißkittelmafia") über Verschwörungstheorien wie Chemtrails und einem neuen Verständnis der im menschlichen Körper ablaufenden Prozesse der Nahrungsverwertung ("Entgiftung") sowie der Ur-Bewegungslehre ("Ur-Training") wird alles aufgeboten.

Quellen

  1. Der Große Gesundheits-Konz, Kapitel 4.4: Was haben wir unter der Urzeit zu verstehen?
  2. Ablehnung und Spott erntete Konz allerdings in der veganen Bewegung, als er entgegen der strengen Lehre den Genuss von "rohen, glitschigen Kaulquappen", "klebrigen Schnecken" und "Kleingetier in rohem Zustand" empfahl. Er fügte hinzu: "Wenn Du hin und wieder mal zu rohem Fleisch greifen möchtest, dann solltest Du es salzlos essen". Im Internet kursiert eine Videodokumentation über Konz aus dem Jahr 2008, in der er Ameisen vom Waldboden aufsammelt und verspeist.
  3. urkostforum.de, 10. Oktober 2011. In ihrem Blog räumte Rondholz allerdings mehrfach ein, dass auch Urköstler schwitzen, "zwar viel weniger als Rohköstler, aber immerhin" (z.B. Urkost-Blog vom 25. Juli 2010)
  4. Beispiel: Auf, auf ihr Urzeitleut, / zum Gesang jetzt kömmt die Zeit. / Tut Euch nit lang besinnen, / die UrMedizin heißt Singen! / So sie uns zu Herzen geht / die Seele aufwärts schwebt. // Ihr lieben Freunde mein, / Franz lädt zum Singen ein. / Damit er euch kann geben / ein glücklich-freud’ges Leben. / So merkt jetzt mal für kurze Zeit / Wie Gesang das Herz erfreut. // Der Tau vom Himmel fällt, / hell wird das Firmament. / Die Vöglein in der Höhen / wenn sie vom Schlaf aufstehen / so singen sie zu unsrer Freud: / auf, auf Ihr Urzeitleut’. Natürlich leben 1/2009, S.14
  5. http://forum.mysnip.de/read.php?27820,107593