Atlasprofilax

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Atlasprof. Schümperli

Atlasprofilax (R) ist eine umstrittene Methode (mit einem Knacks gesund) zur Behandlung angeblicher oder tatsächlicher Fehlstellung oder Luxation des ersten Halswirbels (Atlas), die seit 1993 auf den Schweizer Atlasprof. René-Claudius Schümperli (geb. 16. Februar 1940) zurückgeht und wissenschaftlich nicht anerkannt ist. Die Krankenkassen erstatten die Kosten wegen fehlendem Wirksamkeitsnachweis nicht. Von Schümperli ist bekannt, dass er als Hilfsarbeiter, Kurtaxenkassierer, Skiliftmitarbeiter und Kellner arbeitete. Eine evtl. medizinische Qualifikation ist nicht bekannt geworden.

Bezüge bestehen zur Vitalogie (Vitalpraktiker), Vitametik und Chiropraktik. Ein ähnliches Konzept verfolgen die Verfahren Atlastherapie nach Arlen, Atlantotec, Atlaslogie, Atlasrepos, Atlasreflex, Atlas-Orthogonal und H.I.O. (Hole in one). Den genannten Verfahren um den Atlas ist gemein, dass die "Atlas-Spezialisten" keine medizinische Ausbildung haben und keine Diagnosen stellen können, es sei denn, sie wären gleichzeitig Ärzte. Regelmäßig werden medizinische Laien zu den entsprechenden Ausbildungskursen angeworben.

Beworben wird das Atlasprofilax-Konzept im rechts-scientologischen Neue Impulse Treff sowie in der esoterischen Zeitenschrift, aber auch im Internet.

Schümperli-Vermutung

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Nach Schümperli soll bei fast allen Menschen (99%) der erste Halswirbel (Atlas) bereits ab der Geburt komplett ausgerenkt sein. Damit kann jedoch nicht der medizinische Begriff der Ausrenkung gemeint sein, da eine Ausrenkung auch gerissene Bänder beinhaltet, was hier nicht der Fall ist. Die beiden, den Kopf tragenden Gelenke (zum Schädel hin mit dem Hinterhauptsbein und nach unten mit dem Axis), wären zusammen mit dem ersten Halswirbel (Atlas) also eine Art Fehlkonstruktion der Natur. Der ausgerenkte Wirbel soll nach Schümperli eine Verminderung des Volumens des Schädellochs und des Wirbelkanals auslösen. Dadurch würden das Rückenmark, verschiedene Hirnnerven und andere Nervenbahnen einem Dauerdruck ausgesetzt, erklärt Schümperli. Die Folge wären, dass Die vom Hirn zum Körper und zurück fließenden Nervenimpulse werden so reduziert, verfälscht und sogar unwirksam gemacht und daraus resultierten dann angeblich chronische Müdigkeit, Depressionen, Migräne sowie natürlich Nacken- und Rückenschmerzen. Der luxierte Atlas führe auch sogar zum Beckenschiefstand durch einseitig verkürzte Beine und zu Bandscheibenbeschwerden. Schümperli geht davon aus, dass der Atlaswirbel in der Regel so ausgerenkt sei, dass er auf einer Seite hinter den Processus styloideus zu liegen kommt. Das sei der Grund, weshalb laut Schümperli der Atlas nicht von selbst wieder in die korrekte Position zurückkehren könne. Bis heute gibt es für diese Behauptung keinerlei Belege, etwa in Form von CT-Aufnahmen.

Nach Schümperlis Methode könne nun der Atlas mittels einmaliger (!) Anwendung für alle Zeiten völlig risikolos und sanft in die richtige Lage zurück versetzt werden.

Schümperli nutzt hier die Tatsache aus, dass bei nicht wenigen Menschen Verspannungen im Bereich der Halswirbelsäule zu beobachten sind, die jedoch nichts mit einer etwaigen Luxation des Atlas zu tun haben.

Die Atlasprofilax-Methode ist ein typisches Beispiel einer alternativmedizinischen Krankheitserfindung.

Methode

mechanischer Activator aus der Chiropraxis
elektrischer Activator
Elektrisches "Atlantotec-Massagegerät" (Bildquelle: Webseite Atlantotec)

Pseudodiagnostisch weist Schümperli seine Ausrenkungen durch eine Palpation sowie einen umstrittenen Beintest nach.

Therapeutisch handelt es sich im eigentlichen Sinne um eine Massage der kurzen Nackenmuskulatur, die möglicherweise bestehende Verspannungen lösen und angeblich die Selbstheilungskräfte stärken soll. Der Kopf des Kunden wird mit einer Hand Richtung Bauch gedrückt und der obere Hals mit einem geheimnisvollen Vibrator-Massagestab aus Metall (auch bekannt als Activator) traktiert, der elektrisch über ein Kabel versorgt sein soll. Von Kunden der Atlasprofilax-Methode ist bekannt, dass diesen der Massagestab nicht gezeigt, sondern nur hinter ihrem Rücken verborgen angewandt wird. Die Geheimnistuerei um dieses Instrument soll offenbar den Nimbus dieser Methode erhöhen.

Schümperli ist davon überzeugt, dass ein von seiner Methode richtig korrigierter Atlas sich in der Zukunft nicht wieder ausrenken könne. Nach der Korrektur des Atlas kann auch das Gehirn endlich ungestört wirken, so Schümperli.

Als Nebenwirkung werden von Patienten Hämatome durch die Einwirkung des Vibrators angegeben.

Berufsbezeichnung Diplom Atlas-Spezialist

Die Werbung mit der eigenen Berufsbezeichnung "Diplom Atlas-Spezialist" (Atlas Academy Switzerland nach Schümperli) gilt rechtlich als irreführende Werbung mit Diplom[1], weil er den unzutreffenden Eindruck erweckt, dass das "Diplom" aufgrund feststehender Prüfungsanforderungen und durch eine staatliche Stelle verliehen worden sei. Unerheblich ist, ob die Bezeichnung nach Schweizer Recht verliehen werden, oder ob die Bezeichnung nach Schweizer Recht in der Schweiz geführt werden darf. Dieses Urteil wurde vor dem LG Frankfurt a. M. von einer Verbraucherschutzorganisation erstritten. Die Berufsbezeichnung "diplomierter Atlas-Spezialist" darf daher in der Werbung nicht verwendet werden. Nach der Auffassung des Gerichts kann eine private Akademie zwar ihre Abschlüsse als "Diplom" bezeichnen. Geworben werden dürfe aber damit nicht.

Ein "Diplom" ist in aller Regel ein akademischer Grad, der von Hochschulen und Fachhochschulen verliehen wird, die eine akademische Ausbildung erwarten lassen. Ein Abschluss an einer privaten Akademie, bei deren Ausbildungsabschlüssen keine amtliche Stelle mitwirkt, genügt diesen Anforderungen nicht. Solch ein "Diplom" darf allein im Innenverhältnis der Akademie verwendet werden. Siehe UWG § 5 Abs. 1.

Kosten

Die von den GKV nicht getragenen Kosten für die wenige Minuten dauernde Behandlung liegen bei 180 Euro.

Atlantotec

Behandler Alfredo Lerro mit zwei elektrischen "Activatoren" (Bildquelle: Webseite Atlantotec)

Eine mit Atlasprofilax eng verwandte Methode nennt sich Atlantotec. Nach unbestätigten Angaben aus dem Internet soll die Methode auf den in der Schweiz lebenden Italiener Alfredo Lerro zurückgehen (zuvor Geschäftsführer Lerrotec GmbH), der diese von René Claudius Schümperlis Atlasprofilax ableitete. [2] Anbieter der Methode geben an, über ihre Kunden Fragebögen zur gesundheitlichen Gesamtsituation anzulegen. Auch behaupten sie, eine länger andauernde Behandlung als die Atlasprofilax-Behandler durchzuführen (bis zu 80 Minuten). Bei Atlantotec kommt, wie bei Atlasprofilax, eine Massage der kurzen Nackenmuskeln und ein oder zwei (siehe Bild) vibrierende und elektrisch betriebene Activatoren zur Anwendung, von dem Lerro behauptet, diese selbst als "Weltneuheit" erfunden und unter der Patentnummer N00422/10 patentiert zu haben. Es ist jedoch kein Patent unter dieser Nummer bekannt.

Laut Atlantotec-Webseite seien bei seinen Massagen zwei "Behandlungsgeräte" derart eingestellt, dass sich eine Frequenzmodulation mit sich kontinuierlich verändernden Frequenzen sowie daraus resultierende "Mikrobewegungen" ergäben, gegen welche sich die Muskeln nicht wehren können, so Lerro. Ziel sei es, eine "Mobilisation der Wirbel" zu erreichen sowie nicht näher erläuterte "Blockaden im Nackenbereich" und den Atlas zu bearbeiten. Folge dieser Einwirkung sei auch eine Entspannung bis hin zur Schläfrigkeit.

Der Disclaimer der atlantotec-Webseite klärt auf, dass die "Atlantotechniker" von atlantotec nicht beabsichtigen, Krankheiten oder Symptome zu diagnostizieren oder zu heilen. Auch zu dieser Methode liegen keinerlei wissenschaftlich zu nennende Erkenntnisse vor. Atlantotec weist hingegen auf eine Fragebogenauswertung eines Martforschungs- und Marketinginstituts namens INKAM (Institut für Kundenzufriedenheits- Analysen und Marketing Prof. Dr. Theis GmbH) in Marburg hin.

Quellennachweise