Widom-Larsen-Theorie

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Allan Widom und Lewis Larsen
Ansichten von Lewis Larsen (Firma Lattice LLC) über Biologische Transmutation und mögliche Goldherstellung durch Kernfusion in Bakterien

Die Widom-Larsen-Theorie (W-L theory oder WLT) ist eine in der akademischen Physik nicht anerkannte Theorie zu Kernreaktionen, bei denen die Coulomb-Barriere keine Rolle spielen soll. Sie wird gelegentlich herangezogen, um ansonsten physikalisch nicht erklärbare Kernreaktionen bei angenommenen kalten Fusionsprozessen plausibel zu machen. Eine praktische Umsetzung oder ein experimenteller Nachweis der Widom-Larsen-Theorie sind nicht bekannt. (Stand 2013)

Die Theorie wurde 2005 von Allan Widom und Lewis Larsen[1] (verstorben am 25. Oktober 2019) formuliert und im European Physical Journal C veröffentlicht.[2] Demnach soll es sich bei der diskutierten Kalten Fusion nicht um tatsächliche Fusionsprozesse handeln, sondern um Vorgänge, bei denen die schwache Wechselwirkung (zumindest beim ersten Reaktionsschritt) eine Rolle spiele.

Nach der Theorie sollen sich dabei zwei Reaktionen zeitlich hintereinander abspielen:

  1. Zuerst sollen sich Elektronen und Protonen zu Neutronen und einem Neutrino verwandeln können (e- + p –> n + neutrino). Laut Widom-Larsen-Theorie sollen die Neutronen "ultrakalt" und somit in der Wellenbeschreibung riesig sein, da sie kaum Energie oberhalb ihrer Ruhemasse hätten. Demnach hätten sie mit 2 nm (sogar bis bis 10 µm) mindestens die zwanzigfache Größe eines Atoms. Dieser Schritt wird auch "inverser Betazerfall" oder Elektroneneinfang genannt, bei dem ein Neutrino die Umwandlung eines Protons bewirkt, p + n + e+ (also umgekehrt wie beim Betazerfall). Damit dieser Schritt ablaufen kann, ist eine Zufuhr von Energie notwendig, mindestens 782 keV, wahrscheinlich aber eher deutlich über 1 MeV. Anhängern der Widom-Larsen Theorie ist der Umstand bekannt, dass hier Energie zugeführt werden muss. Das Problem versuchen einige von ihnen dadurch zu lösen, dass sie hypothetische "schwere Elektronen" ins Spiel bringen, die experimentell aber nie nachgewiesen wurden. Andere bringen weitere Hypothesen vor, die jedoch die Energiedifferenz nicht überbrücken können (surface plasmon polariton Theorie[3] oder kohärente Effekte auf bestimmten Metalloberflächen) oder bzw. kombiniert mit dem Tunneleffekt. Dieser Schritt würde mit extremer Unwahrscheinlichkeit über die schwache Wechselwirkung vermittelt, ein Beispiel für diese extreme Unwahrscheinlichkeit ist die bekannt extrem seltene Interaktion von Neutrinos mit Masse. Dieser erste Schritt spielte während der ersten Sekunde nach dem Urknall eine Rolle und kann derzeit bei Supernovae, aber nicht auf der Erde beobachtet werden.
  2. Danach sollen sich die gebildeten Neutronen (Ultra Low Momentum Neutron) nach kurzer Zeit an benachbarte Atomkerne binden. Der Neutroneneinfang bei Atomkernen ist physikalisch gut untersucht. Er führt zu einem Energieüberschuss des Atomkerns, der sich über eine Abstrahlung von Gammastrahlen bemerkbar macht. Daher wären die gemeinten Reaktionsschritte stets von Gammastrahlung begleitet, die sich gut mit Geigerzählern oder anderen Mitteln nachweisen lässt. Aus der Energie der Strahlung (bzw. Spektrum) lässt sich zudem auf das aussendende Nuklid schließen. Bislang konnte bei den vorgestellten LENR-Experimenten, die nach der WLT ablaufen sollen, eine solche Strahlung nicht beobachtet werden. WLT-Befürworter führen hier im Sinne des umgekehrten Ockhamschen Rasiermessers wiederum eine neue, bislang unbekannte, Hypothese ein, nämlich die einer "Superabsorption von Gammastrahlen" in Atomkernnähe.

Die Widom-Larsen-Theorie soll das Problem der "drei Wunder nach Huizenga"[4] ("Three Miracles of Cold Fusion" - 1993: das Fehlen einer messbaren Neutronenstrahlung, Vermeidung der Coulomb-Barriere und das Fehlen einer energiereichen Gammastrahlung) vermeiden helfen, bei vorgeblicher Beachtung etablierter physikalischer Gesetze. Reaktionen unter Einbeziehung der schwachen Wechselwirkung werden durch W-Bosonen vermittelt, die 1983 experimentell in einem Teilchenbeschleuniger (CERN) nachgewiesen wurden. W-Bosonen haben eine rund 80-fache Protonenmasse und eine sehr kurze Reichweite.

Obwohl die Widom-Larsen Theorie in der akademischen Physik so gut wie nicht diskutiert wird, findet sich eine Kritik in einem arxiv-paper von Ende September 2012.[5]

Allan Widom trat in der Vergangenheit auch als Anhänger der Idee der Existenz so genannter "biologischer Transmutationen" in Erscheinung und behauptete in diesem Zusammenhang, dass die gemeinten Transmutationen Biophotonen freisetzen würden.[6] Biologische Transmutationen sind hypothetisch gebliebene Kernumwandlungen in biologischen Systemen und Lebewesen, die an ältere alchemistische Vorstellungen erinnern.

Interesse bei zwei NASA-Beschäftigten

Joseph Zawodny (Bild: [1])
postulierter Li Be He Zyklus (Bild aus einer Diareihe von Joseph Zawodny, 12.8.2012 [2])

Wie der Journalist und LENR-Aktivist Steven Krivit von Widom Larsen im Rahmen einer Recherche erfuhr[7], begannen ab etwa 2008 zwei NASA-Mitarbeiter des Langley Research Center in Hampton, Virginia, sich für die WLT zu interessieren: der Ingenieur Dennis Bushnell und der Physiker Joseph. M. (Joe) Zawodny. Letzterer ist in der NASA-Klimaforschung tätig. Bushnell gilt als Anhänger des Focardi-Rossi-Energiekatalysators. Beide sind Autoren von an Laien gerichteten Artikeln und Videos zum Thema LENR und auch zur WLT. 2008 teilte Zawodny Lasrsen mit, dass die NASA kurzfristig ein eigenes Experiment zur WLT durchführen wollte, um diese Theorie experimentell zu stützen und die WLT durch ein NASA-Good Housekeeping seal of approval aufzuwerten; finanzielle Mittel stünden zur Verfügung. Auch sei es geplant darüber zu publizieren. Bis heute (Februar 2013) ist jedoch keine wissenschaftliche Veröffentlichung von NASA-Mitarbeitern erfolgt. Larsen unterrichtete Zawodny in Gesprächen über die WLT. Zawodny war offenbar an einem wärmefreisetzenden Prozess interessiert, während Larsen sich mehr für mögliche WLT-Transmutationen (von Fusionen wird in diesem Umfeld ungern gesprochen) interessierte. 2011 machte Zawodny einige Angaben zu einem Experiment, über Ergebnisse ist jedoch nichts bekannt. 2012 zeigte er in einem Video ein wenige Zentimeter großes Gerät vor, mit dem die NASA zur WLT experimentiere. Wie Krivit herausfand, stammten Teil der verwendeten Technik vom militärischen "Naval Research Laboratory" (NRL), das selbst aber nicht an dem Experiment beteiligt war. Das NRL hatte bereits zuvor vergeblich versucht, so genannte LENR-Experimente zu replizieren. Zum Ärger von Larsen, der sich hintergangen fühlte, beantragte die NASA 2010 ein eigenes Patent zur WLT auf den Namen des Erfinders Zawodny.[8]

Patente

  • WO 2007030740. Lewis G. Larsen, Chicago, IL (US); Allan Widom, Brighton, MA (US). 22.2.2011. Apparatus and method for absorption of incident gamma radiation and its conversion to outgoing radiation at less penetrating, lower energies and frequencies.
  • US 2011/0255645 A1, Eingetragen: 24. März 2011, Method for preparing heavy electrons, inventor: Joseph Zawodny Patent

Literatur und Weblinks

Siehe auch

Quellennachweise

  1. Präsident der Lattice Energy LLC
  2. A. Widom, L. Larsen, "Ultra Low Momentum Neutron Catalyzed Nuclear Reactions on Metallic Hydride Surfaces," Eur Phys J C 46: 107–111 (2006) Volltext
  3. http://newenergytimes.com/v2/sr/WL/slides/2009June25LatticeEnergySlides.pdf
  4. http://www.chem.rochester.edu/faculty/faculty.php?name=huizenga
  5. S Ciuchi, L Maiani, AD Polosa, V Riquer, G Ruocco, M Vignati, "Low Energy Neutron Production by Inverse beta-decay in Metallic Hydride Surfaces", Volltext
  6. A. Widom, Y.N. Srivastava, S. Sivasubramanian: "Biological Nuclear Transmutations as a Source of Biophotons", ArXiv, arXiv:1102.4605, Artikel
  7. http://news.newenergytimes.net/2013/02/22/lenr-nasa-widom-larsen-nuclear-reactor-in-your-basement
  8. US 2011/0255645 A1, Eingetragen: 24. März 2011, Method for preparing heavy electrons Patent