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[[image:Lyprinol.jpg|Perna canaliculus - Ernte in Neuseeland|320px|thumb]]
 
[[image:Lyprinol2.jpg|Diätetisches Lebensmittel "Lyprinol" mit Extrakten von Perna canaliculus|300px|thumb]]
 
[[image:Lyprinol2.jpg|Diätetisches Lebensmittel "Lyprinol" mit Extrakten von Perna canaliculus|300px|thumb]]
 
'''Grünlippmuschel-Produkte''' (Grünschalmuschel-Extrakte) enthalten Extrakte aus Grünlippmuscheln (Perna canaliculus) und werden in der [[Alternativmedizin]]szene zur Behandlung von entzündlichen Erkrankungen wie (rheumatoider) Arthritis und Asthma beworben. Wirksam sollen dabei Glykosaminoglykane (langkettige Aminozuckerverbindungen) sein, die auch in der Gelenkflüssigkeit (Synovialflüssigkeit) vorkommen.
 
'''Grünlippmuschel-Produkte''' (Grünschalmuschel-Extrakte) enthalten Extrakte aus Grünlippmuscheln (Perna canaliculus) und werden in der [[Alternativmedizin]]szene zur Behandlung von entzündlichen Erkrankungen wie (rheumatoider) Arthritis und Asthma beworben. Wirksam sollen dabei Glykosaminoglykane (langkettige Aminozuckerverbindungen) sein, die auch in der Gelenkflüssigkeit (Synovialflüssigkeit) vorkommen.
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Etwa 20% der Ernte wird als [[Nahrungsergänzungsmittel]], diätetisches Lebensmittel und Zusatzstoff für Tiernahrung (insbesondere Hundefutter) angeboten. Dabei wird aus 40 kg Muscheln etwa 1 kg Extrakt gewonnen. Im Internet werden Nahrungsergänzungsmittel auf Basis dieser Extrakte als gefriergetrocknetes Muschelfleisch-Pulver und Muschelfleischöl unter Bezeichnungen wie Lyprinol oder Perna zur Therapie diverser Erkrankungen angeboten. 1 kg Extraktrohware ist ab 75 Euro erhältlich.
 
Etwa 20% der Ernte wird als [[Nahrungsergänzungsmittel]], diätetisches Lebensmittel und Zusatzstoff für Tiernahrung (insbesondere Hundefutter) angeboten. Dabei wird aus 40 kg Muscheln etwa 1 kg Extrakt gewonnen. Im Internet werden Nahrungsergänzungsmittel auf Basis dieser Extrakte als gefriergetrocknetes Muschelfleisch-Pulver und Muschelfleischöl unter Bezeichnungen wie Lyprinol oder Perna zur Therapie diverser Erkrankungen angeboten. 1 kg Extraktrohware ist ab 75 Euro erhältlich.
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Trotz einiger vielversprechender Studienergebnisse gibt es zur Zeit kein zugelassenes Arzneimittel, das Inhaltsstoffe aus Perna canaliculus enthält (Stand 2012). Dies ist erstaunlich, da bereits auf dem Markt befindliche und seit langem etablierte entzündungshemmende Arzneimittel (insbesondere [http://de.wikipedia.org/wiki/Nichtsteroidales_Antirheumatikum NSAR] und kortisonhaltige Mittel) ein nicht zu vernachlässigendes Nebenwirkungsspektrum haben wie vermehrte Blutungsneigung (Gerinnungshemmung), Auslösung von Asthmaanfällen oder Magengeschwüre. Potentielle Anwender von Grünlippmuschelextrakten sind daher gezwungen, auf Lebenmittel und diätetische Lebensmittel zurückzugreifen und müssen sich dabei auf die Angaben der jeweiligen Hersteller zum Inhalt der Produkte verlassen, die jedoch als Lebensmittel keinem Zulassungsverfahren analog zu Arzneimitteln unterworfen sind. Insbesondere muss der Käufer dem Hersteller in Bezug auf Konzentrationsangaben, Abwesenheit kontaminierender Mikrooganismen und Schwermetallgehalt vertrauen.
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Trotz einiger vielversprechender Studienergebnisse gibt es zur Zeit kein zugelassenes Arzneimittel, das Inhaltsstoffe aus Perna canaliculus enthält (Stand 2012). Dies ist erstaunlich, da bereits auf dem Markt befindliche und seit langem etablierte entzündungshemmende Arzneimittel (insbesondere [http://de.wikipedia.org/wiki/Nichtsteroidales_Antirheumatikum NSAR] und kortisonhaltige Mittel) ein nicht zu vernachlässigendes Nebenwirkungsspektrum haben wie vermehrte Blutungsneigung (Gerinnungshemmung), Auslösung von Asthmaanfällen oder Magengeschwüre. Potentielle Anwender von Grünlippmuschelextrakten sind daher gezwungen, auf Lebensmittel und diätetische Lebensmittel zurückzugreifen und müssen sich dabei auf die Angaben der jeweiligen Hersteller zum Inhalt der Produkte verlassen, die jedoch als Lebensmittel keinem Zulassungsverfahren analog zu Arzneimitteln unterworfen sind. Insbesondere muss der Käufer dem Hersteller in Bezug auf Konzentrationsangaben, Abwesenheit kontaminierender Mikrooganismen und Schwermetallgehalt vertrauen.
    
==Grünlippmuschelextrakte und der Arachidonsäure-Stoffwechsel==
 
==Grünlippmuschelextrakte und der Arachidonsäure-Stoffwechsel==
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In Neuseeland ist das Problem der Algentoxinbelastung seit Jahren bekannt. Seit 1992 wird die saisonale Meerwasserbelastung mit  marinen Biotoxinen konsequent registriert, weil immer wieder Lebensmittelvergiftungen u.a. nach Muschel- oder Fischkonsum auftreten, die auf Algentoxine zurückgeführt werden konnten. Ein Report des neuseeländischen Gesundheitsministeriums (MarineBiotoxinReportDec2000.pdf) gibt hierzu einen Überblick. Bisher wurde nur über wenige ernste Schadenfälle in der Literatur berichtet. Im Jahr 2008 wurde jedoch über eine tödliche Vergiftung einer Patientin berichtet, die über einen längeren Zeitraum ein Nahrungsergänzungsmittel, das u. a. Grünlippmuschelkonzentrat enthielt, eingenommen und eine toxische Hepatitis entwickelt hatte. Die Patientin verstarb an den Folgen der Leberparenchymschädigung und Multiorganversagen. Ein Zusammenhang zwischen der Noxe und der aufgetretenen Symptomatik ist möglich<ref>http://www.bfr.bund.de/cm/238/aerztliche_mitteilungen_bei_vergiftungen_2008.pdf, Seite 64f</ref>.
 
In Neuseeland ist das Problem der Algentoxinbelastung seit Jahren bekannt. Seit 1992 wird die saisonale Meerwasserbelastung mit  marinen Biotoxinen konsequent registriert, weil immer wieder Lebensmittelvergiftungen u.a. nach Muschel- oder Fischkonsum auftreten, die auf Algentoxine zurückgeführt werden konnten. Ein Report des neuseeländischen Gesundheitsministeriums (MarineBiotoxinReportDec2000.pdf) gibt hierzu einen Überblick. Bisher wurde nur über wenige ernste Schadenfälle in der Literatur berichtet. Im Jahr 2008 wurde jedoch über eine tödliche Vergiftung einer Patientin berichtet, die über einen längeren Zeitraum ein Nahrungsergänzungsmittel, das u. a. Grünlippmuschelkonzentrat enthielt, eingenommen und eine toxische Hepatitis entwickelt hatte. Die Patientin verstarb an den Folgen der Leberparenchymschädigung und Multiorganversagen. Ein Zusammenhang zwischen der Noxe und der aufgetretenen Symptomatik ist möglich<ref>http://www.bfr.bund.de/cm/238/aerztliche_mitteilungen_bei_vergiftungen_2008.pdf, Seite 64f</ref>.
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Da es bei der Herstellung der Grünlippmuschelextrakte zu einer Anreicherung dieser Algengifte kommen kann, besteht bei einer dauerhaften Einnahme von Grünlippmuschel-Extrakten durchaus die Gefahr einer chronischen Algentoxin-Vergiftung. Im Gegenzug besteht aber ebenfalls die Möglichkeit, dass Anbieter entsprechender Nahrungsergänzungsmittel vorher geprüftes und nichtkontaminiertes Muschelmaterial verwenden. Bei geplanter Einnahme von Grünlippmuschelextrakt ist es daher empfehlenswert, sich glaubhafte Laboranalysen vorlegen zu lassen, die eine geringe oder am besten fehlende Toxinbelastung der Rohware beweist. Die Analyse sollte von einem staatlichen Lebensmittelprüflabor stammen und mittels einer LC-MS/MS-Methode durchgeführt worden sein.
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Da es bei der Herstellung der Grünlippmuschelextrakte zu einer Anreicherung dieser Algengifte kommen kann, besteht bei einer dauerhaften Einnahme von Grünlippmuschelextrakten durchaus die Gefahr einer chronischen Algentoxin-Vergiftung. Im Gegenzug besteht aber ebenfalls die Möglichkeit, dass Anbieter entsprechender Nahrungsergänzungsmittel vorher geprüftes und nichtkontaminiertes Muschelmaterial verwenden. Bei geplanter Einnahme von Grünlippmuschelextrakt ist es daher empfehlenswert, sich glaubhafte Laboranalysen vorlegen zu lassen, die eine geringe oder am besten fehlende Toxinbelastung der Rohware beweist. Die Analyse sollte von einem staatlichen Lebensmittelprüflabor stammen und mittels einer LC-MS/MS-Methode durchgeführt worden sein.
    
Grünschalmuscheln können auch Schwermetalle anreichern. In einer Studie wurde jedoch festgestellt, dass die Schwermetallbelastung vertretbar gering ist und unter den gesetzlichen Grenzwerten liegt. Ein gelegentlicher Verzehr der Muscheln soll demnach nicht zu einer unzumutbaren Schwermetallbelastung führen. Einzig die Ureinwohner Neuseelands, die regelmäßig große Mengen der Muscheln konsumieren, sind möglicherweise einer übergrenzwertigen Schwermetallaufnahme ausgesetzt.<ref>Whyte AL, Hook GR, Greening GE, Gibbs-Smith E, Gardner JP. "Human dietary exposure to heavy metals via the consumption of greenshell mussels (Perna canaliculus Gmelin 1791) from the Bay of Islands, northern New Zealand.", Sci Total Environ. 2009 Jul 1;407(14):4348-55.</ref>
 
Grünschalmuscheln können auch Schwermetalle anreichern. In einer Studie wurde jedoch festgestellt, dass die Schwermetallbelastung vertretbar gering ist und unter den gesetzlichen Grenzwerten liegt. Ein gelegentlicher Verzehr der Muscheln soll demnach nicht zu einer unzumutbaren Schwermetallbelastung führen. Einzig die Ureinwohner Neuseelands, die regelmäßig große Mengen der Muscheln konsumieren, sind möglicherweise einer übergrenzwertigen Schwermetallaufnahme ausgesetzt.<ref>Whyte AL, Hook GR, Greening GE, Gibbs-Smith E, Gardner JP. "Human dietary exposure to heavy metals via the consumption of greenshell mussels (Perna canaliculus Gmelin 1791) from the Bay of Islands, northern New Zealand.", Sci Total Environ. 2009 Jul 1;407(14):4348-55.</ref>
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