Chemweb

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Chemweb bei "Sauberer Himmel" von Dominik Storr
Bericht über Chemweb-Fäden bei Mystery (Kopp Verlag(2025)
typischer Chemweb-Hoax (Bild: GWUP)
Sendung mit Christian Oesch (links) mit Hansjörg Grether über "Chemtrail - Fäden" (Chemweb) bei Hoch2 TV im Januar 2025
imposant aussehende reine Spekulationen auf Seiten des Oesch-Vereins WIR
Bericht über "Chemtrailregen" bei Fake-News Webseite News For Friends
beeindruckte Leser phantasieren über Spinnenfäden im Heft 117 von Nexus

Chemweb (auch Engelshaare, spiderwebs, Chemtrail-Regen oder Chemtrail fallout, nicht zu verwechseln mit der Chemie-Datenbank chemweb) ist die in der Chemtrail-Szene geläufige Bezeichnung für hypothetische fadenartige Strukturen nicht natürlichen Ursprungs, denen in dieser Szene eine für den Menschen schädliche Wirkung nachgesagt wird. Der Hypothese nach sollen die gemeinten Chemweb-Fäden vom Himmel fallen, wenn am Himmel Kondensstreifen von Flugzeugen zu sehen sind. Mitunter wird auch von einem "Chemtrail-Regen" gesprochen. In der Szene ist in diesem Zusammenhang auch von einem Chemtrail-Fallout die Rede. Der Hypothese nach soll es sich um "Bündel von Polymerfasern" handeln. Faktenchecks und Analyse haben ergeben, dass es sich entweder um Fäden von Spinnennetzen der Baldachinspinnen (oder anderer Spinnenarten) sowie um Nylonfäden handelt, wie sie beispielsweise in der Landwirtschaft verwendet werden.[1] Es existieren Spinnenarten, die sehr lange Fäden produzieren und sich dann vom Wind über grosse Entfernungen fortbewegen können und sogar in den Jetstream gelangen können. Dieses Phänomen tritt typischerweise im Altweibersommer auf. Die Spinnfäden erinnern ja an die weissen Haare alter Frauen. Diese Naturerscheinung wird auch als „balooning“ bezeichnet.

Vertreten wird die Verschwörungstheorie der Chemweb insbesondere von Hoch2 TV (Hohle Gift-Transporter), der Organisation "Sauberer Himmel" von Dominik Storr, Pravda TV, News For Friends, vom Jakob Lorber-Anhänger Gerd Gutemann aus Hagnau am Bodensee und dem Schweizer Verein WIR von Christian Oesch. Werner Altnickel spricht in diesem Zusammenhang von angeblichen "Chemtrail-Polymeren". Unkritisch begeistert berichten über Chemweb die Esoterikblätter Mystery (Kopp Verlag, Feb. 2025) und Nexus (Hefte 116 und 117). Nexus berichtet als Folge der sensationell-unkritischen Berichterstattung über Leser, die die gemeinten "Spinnenfäden" als vom Himmel gefallen gesehen hätten, dass Tiere auf Koppeln mit Spinnenfäden Hustenanfälle hätten, andere Leser phantasierten drauf los über mögliche gefährliche Bakterien im Inneren der Fäden oder einen Zusammenhang zur Strahlfäule bei Pferden.

Nachdem ein Unbekannter sich 2012 beim deutschen Umweltbundesamt nach den Chemweb-Polymerfasern erkundigte, veröffentlichte das Amt eine Mitteilung in der es hieß, dass das Amt keine Hinweise auf Polymerfasern hat:

"Über Polymerfasern in Niederschlag liegen uns keine Erkenntnisse vor (…) Einen Hinweis auf so genannte „chemtrails“ – auch in Bezug auf Polymerfasern – können wir in diesem Zusammenhang nicht feststellen, weil unsere eigenen Messungen sowie die uns bekannten Luftuntersuchungen anderer Institutionen (Bundesländer, Forschung) keinerlei Anhaltspunkte für die Existenz von sog. „chemtrails“ ergeben haben."

Chemweb und Verein WIR (Christian Oesch)

Christian Oesch vom Verein WIR (Verein Wirksamkeit – Intuition – Respekt) ist einer der Verbreiter von Erzählungen zu Chemweb Sichtungen. Oesch regte mit WIR eine Untersuchung, bei der der Chemiker Hansjörg Grether und der Physiker Philipp Zeller beteiligt waren. Das Resultat ergab dass es sich um synthetische Polymere (wie etwa Nylon) handelte, wie sie beispielsweise in Teppichen oder Verpackungen verwendet werden. ZUvor hatte Oesch versucht den SRF für seine angeblichen dramatischen Funde zu interessieren. Der SRF interpretierte die Fäden als Spinnweben von Baldachinspinnen. Ein Labor in Basel untersuchte die Proben und stellte fest dass es sich um Nylonfäden handelte, die offenbar Abfallprodukte aus der Landwirtschaft bei der Verpackung von Siloballen waren.

Christian Oesch verbreitete im Juni 2025 zusammen mit "Schweizerzeit" eine Chemweb-Erzählung über das Portal Kontrafunk (Corinna Zigerli). Bei dieser Gelegenheit erzählte Oesch grotesk absurde Verschwörungstheorien mit dem Titel "Unbemerkt von der Öffentlichkeit – Schweiz betreibt einziges WHO-Biolabor", die zunächst bei Kontrafunk unkommentiert verbreitet wurden. Oesch ging es in diesem Zusammenhang um das weltweit renommierte "Labor Spiez" (Eidgenössisches Institut für ABC-Schutz), welches unter anderem durch die Nachweismöglichkeit des russischen Nervengifts Nowitschok bekannt wurde (siehe Mordversuch an Sergei Skripal), und daher auch Ziel russischer Desinformation und eines fehlgeschlagenen Abhörangriffs durch einen russischen Geheimdienst bekannt wurde. In der Erzählung von Oesch solle am Labor Spiez an biologischen "Fäden" geforscht werden, die 2022 irgendwo in der Natur gefunden worden seien. Oeschs Verein WIR beauftragte eine Untersuchung der Fäden, mit dem Resultat dass es sich um synthetische Polymere handelt, wie sie beispielsweise in Teppichen verwendet werden. Oesch sah in den Fäden gefährliche "Nanofasern" und die unkontrolliert freigesetzt worden seien und eine Gefahr für die Bevölkerung darstellten. In einem wirren pseudowissenschaftlichen Kauderwelsch beschreibt Oesch seine an Laien gerichtete Hypothese und erfindet bei dieser Gelegenheit Krankheitserreger, die in der Lage seien wie ein Computer Rechenoperationen durchzuführen:

..Also hier sehen wir jetzt die mögliche Verbindung, was in einem Labor Spiez entwickelt wird, der Fokus, und was wir selber und unabhängig im Labor bei uns bestätigen konnten. Also hier sehen wir jetzt wirklich eine unglaubliche Verbindung und Möglichkeiten, die wir da hier wahrnehmen können ... Nach den Patenten muss es irgendwie durch die Luft ausgetragen werden. Das können Drohnen sein, das könnte durch Flugzeuge sein. Also das hat mit Elektrolyse zu tun. Das wird mit einem positiven und einem negativen Frequenzkonzept so ausgetragen. Wir haben nicht bestätigen können, wer das macht...
...Erreger, auch Pilze und so, wir haben heute die technologischen Möglichkeiten, dass wir quasi einen Computer, also ein Nanopartikel, mit KI versehen, in einen Erreger einbauen können...

Kontrafunk-Herausgeber Burkhard Müller-Ullrich löschte den Beitrag, nachdem Leser auf den verbreiteten Unsinn hinwiesen.

Recherche und "Debunking" von Fairmedia

Fairmedia (FairmediaWATCH) befasste sich mit der von Christian Oesch propagierten Verschwörungstheorie zu den Chemweb - Fäden. Fairmedia schreibt dazu:

In Verschwörerkreisen verbreitet sich ein Video, in dem behauptet wird, dass ein Angriff auf die Landbevölkerung drohe. Dabei wird ohne belastbare Erkenntnisse eine Bedrohungskulisse konstruiert.
Am 18. und 19. Januar erschienen bei «Hoch2TV» und auf der Webseite des «Verein Wir» Inhalte zu «mysteriösen Fäden». Beide Organisationen sind dem verschwörungsideologischen Milieu zuzuordnen. Das Kernstück der Inhalte bildet ein 46-minütiges Video, in dem «Hoch2TV» Moderatorin Regina Castelberg mit «Verein Wir»-Präsident Christian Oesch und Chemiker Hansjörg Grether über das Thema spricht.
Während die ersten mutmasslichen Funde der «mysteriösen Fäden» auf den Oktober 2022 zurückgehen sollen, geben Oesch und Grether nun an, dass eine chemische Untersuchung von Proben dieser Fäden aus der Schweiz neue Erkenntnisse offenbart habe, die auf eine Bedrohung schliessen lassen sollen. Oesch spekuliert im weiteren Verlauf, dass es sich bei den Fäden um Trägersysteme für Chemikalien handeln könnte, mit denen die Landbevölkerung vergiftet und in die sogenannten 15-Minuten-Städte (hier erklärt bei «Watson») getrieben werden soll. Dort solle sie dann in «digitale Gefängnisse» gesperrt werden.

Fairmedia kam zum Ergebnis, dass es Oesch und Hoch2 TV nicht gelungen sei, eine plausible Bedrohung für die Bevölkerung durch die gemeinten Fäden zu belegen. Fairmedia beruft sich dabei auch auf den Chemiker Daniel Häussinger der Universität Basel.

Siehe auch

Weblinks

Quellennachweise