Überhorizontradar

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Ein Überhorizontradar (englisch over-the-horizon radar, OTHR) ist eine im Kurzwellenbereich arbeitende Radaranlage. Unterschiede zu herkömmlichen Radaranlagen sind der benutzte Frequenzbereich (Kurzwelle anstatt Mikrowelle) sowie die Tatsache, dass die Antennen nicht drehbar sind und somit nur in einem bestimmten Winkelbereich funktionieren. Die Reichweite ist viel höher, typisch werden 900 bis 3000 km genannt, allerdings ist die Auflösung mit einigen 10 km recht niedrig. Vor allem wegen der erforderlichen großen Antennen ist der technische Aufwand enorm. Hauptzweck der Anlagen ist die Erkennung von fliegenden Raketen und Flugzeugen; teilweise können aber auch Schiffe detektiert werden. Heute sind diese Relikte des kalten Krieges weitgehend durch Satellitenaufklärung ersetzt und abgeschaltet.

Überhorizontradaranlagen wurden und werden von einigen Staaten zu Zwecken der militärischen Aufklärung betrieben. Dazu gehören Russland, USA, Großbritannien, Frankreich und Australien. Allein die US-Luftwaffe hatte 7 Anlagen des Typs AN/FPS-118 [1], drei an der Westküste von Nordamerika, eine in Alaska und drei an der Ostküste, die jedoch inzwischen alle außer Betrieb sind. Vor allem in Europa besser bekannt geworden ist die ebenfalls stillgelegte DUGA-3 Anlage in der heutigen Ukraine (früher betrieben von der Sowjetunion) sowie eine britische Anlage auf Zypern. Gelegentlich noch zu empfangen sind die Signale des französischen NOSTRADAMUS-Systems.

Funktionsprinzip

Abgerüstete AN/FPS-118-Anlage in Oregon

Überhorizont-Radaranlagen bestehen aus einem starken Kurzwellensender und einem typischerweise 20-200 km entfernten Empfänger. Der Sender strahlt kontinuierlich Impulsfolgen aus (Pulsfolgefrequenz beim DUGA-3: 10 Hz). Die Strahlungsleistung (effectivce radiated power ERP = Produkt aus der Leistung des Senders und dem sog. Antennengewinn) kann mehrere Megawatt betragen. An der Empfangsanlage werden diese Impulse empfangen, aber ebenso (allerdings viel schwächer) Reflexionen von allen möglichen Objekten, die in der Lage sind, Funkwellen im Kurzwellenbereich zu reflektieren. Ausgewertet wird die Signallaufzeit, also der zeitliche Verzug bis zum Eintreffen der reflektierten Welle. Der gemessene zeitliche Verzug erlaubt eine Entfernungsbestimmung zum Ziel. Überhorizontradaranlagen nutzen die Tatsache aus, dass Funkwellen an bestimmten Schichten der Atmosphäre reflektiert werden (z.B. der E-Schicht und der F-Schicht in 100 bis 400 km Höhe) und sich so über den Horizont hinweg sich ausbreiten. Es gibt allerdings auch neuere OTHR-Konzepte, bei denen die sog. Bodenwelle des Signals ausgewertet wird.

DUGA-3

Antennenanlage DUGA-3

Über diese ehemalige sowjetische Anlage nahe dem ukrainischen Tschernobyl sind relativ viele Daten bekannt [2]. Der Sender arbeitete auf wechselnden Frequenzen zwischen 7 und 19 MHz bei einer Leistung von 10&nbsP;MW ERP. Die Impulsfrequenz war 10 bis 20 Hz, die Bandbreite der Aussendungen lag bei 40 kHz. Die Signale hörten sich in Kurzwellenempfängern ähnlich wie das Klopfen eines Spechts an, daher stammt die Bezeichnung Woodpecker. Die Anlage war von 1976 bis 1989 in Betrieb und wurde von vielen Nutzern anderer Funkdienste auf Kurzwelle (z.B. Flugfunk, Seefunk, Rundfunk, Amateurfunk) wegen der häufigen Störungen als Plage empfunden.

Verschwörungstheorien um Überhorizontradaranlagen

Da derartige Anlagen ausschließlich militärisch zur Erkennung von Flugzeugen, Raketen oder Schiffen eingesetzt wurden und werden, unterlagen sie lange Zeit der militärischen Geheimhaltung. Zusammen mit den oftmals gigantischen Abmessungen war dies Zündstoff für alle möglichen Verschwörungstheorien. Behauptet wurde beispielsweise, dass die Anlagen gar nicht zu Ortungszwecken dienen würden, sondern dazu, "Gehirnwellen"' des Menschen zu beeinflussen, um diese sodann im Sinne einer Neuen Weltordnung mitttels Mind Control beliebig zu manipulieren. Es gibt jedoch keine konkreten Berichte über "geglückte" derartige Manipulationen mit Kurzwelle. Analog zur Ionosphärenforschungsstation HAARP in Alaska würden derartige Anlagen auch an entfernten Orten Zerstörungen anrichten können, heißt es gerne. Überhorizontradaranlagen können jedoch prinzipiell aufgrund der viel zu geringen Leistungen und der schlechten Bündelbarkeit der Funkwellen keine Ziele zerstören, wie dies oft quellenlos behauptet wird. Allenfalls im absoluten Nahbereich können Schäden erwartet werden.

Einigen Verschwörungstheoretikern wie z.B. Werner Altnickel zufolge soll die DUGA-3-Anlage in der Ukraine Teil eines größeren, im Aufbau befindlichen Systems gewesen sein zum Zwecke von Wetterbeeinflussung, "Mind Control" speziell in den USA, und anderer finsterer Machenschaften. Beispielsweise sollte damit 1986 ein Erdbeben in Kalifornien ausgelöst werden. Eine "kleine, geheime US-Aktionsgruppe" sei dem aber im April 1986 zuvor gekommen und habe den angeblichen Skalarwellen-Sender zerstört. Als Folge sei es zur Katastrophe von Tschernobyl gekommen, was damit zusammenhinge, dass der dortige Kernreaktor zur Stromversorgung der Anlage diente.

Weblinks

Quellenangaben