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Manche Autoren unterscheiden zwischen den Begriffen '''Kranksein''' und '''Krankheit'''. Kranksein ist persönliche Reaktion auf die pathologische Veränderung, also der Krankheit. Krankheit ist objektivierbar, Kranksein, die empfundenen Beschwerden, wird von vielen subjektiven Faktoren beeinflusst (Kultur, Persönlichkeit usw.) und kann unabhängig vom Bestehen eines objektiven Befundes registriert werden. Umgekehrt kann natürlich auch Krankheit ohne Kranksein auftreten.  
 
Manche Autoren unterscheiden zwischen den Begriffen '''Kranksein''' und '''Krankheit'''. Kranksein ist persönliche Reaktion auf die pathologische Veränderung, also der Krankheit. Krankheit ist objektivierbar, Kranksein, die empfundenen Beschwerden, wird von vielen subjektiven Faktoren beeinflusst (Kultur, Persönlichkeit usw.) und kann unabhängig vom Bestehen eines objektiven Befundes registriert werden. Umgekehrt kann natürlich auch Krankheit ohne Kranksein auftreten.  
 
Placebos helfen nur gegen Kranksein. Eine Beeinflussung der Krankheit ist zwar denkbar, wohl aber auf die klinische Situation zurückzuführen.
 
Placebos helfen nur gegen Kranksein. Eine Beeinflussung der Krankheit ist zwar denkbar, wohl aber auf die klinische Situation zurückzuführen.
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In der Naturheilkunde- und [[Esoterik]]szene wird dem Placebo gelegentlich eine eigenständige Wirkung zugemessen. Es wird zu einem vermeintlichen Verum hochstilisiert. Dabei wird regelhaft der Effekt einer Scheinbehandlung (Placebobehandlung) von jenem einer für den Patienten offensichtlichen Nichtbehandlung nicht ausreichend abgegrenzt. Auch wird oft der Effekt der Selbstheilung, die bei allen Erkrankungen zu einer (teilweisen oder vollständigen) Gesundung führt, mit dem Placeboeffekt verwechselt.
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In den 1950er Jahren wurde durch '''Beecher'''<ref>Beecher HK: the powerful placebo. J Am Med Assoc, 159, 1602-1606, 1955</ref> die These aufgestellt, dass das Placebo selbst eine medizinische Wirkung habe: ''It is evident that placebos have a high degree of therapeutic effectiveness in treating subjective responses, deciding improvement, interpreted under the unknown technique as a real therapeutic effect, being produced in 35.2 +/- 2.2% of cases''. Damit stellte er die Behauptung auf, dass in jedem dritten Behandlungsfall mit Placebo das Placebopräparat zu einer Heilung führen würde. Diese These hielt sich über Jahrzehnte und wurde sogar in führenden Medizinjournalen immer wieder nachgebetet, ohne dass dafür jemals ein glaubhafter Beweis erbracht worden wäre.
    
Placebos wirken ferner bei Probanden völlig anders als bei Patienten.
 
Placebos wirken ferner bei Probanden völlig anders als bei Patienten.
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Ob man sich selbst Placebos verordnen kann, gilt als umstritten. Morton Hunt hielt dies aufgrund der menschlichen Bereitschaft zur Ausschaltung des Zweifels für möglich.  Nach diesem Autor läge in diesem Fall Selbstsuggestion vor.
 
Ob man sich selbst Placebos verordnen kann, gilt als umstritten. Morton Hunt hielt dies aufgrund der menschlichen Bereitschaft zur Ausschaltung des Zweifels für möglich.  Nach diesem Autor läge in diesem Fall Selbstsuggestion vor.
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In der Naturheilkunde- und [[Esoterik]]szene wird dem Placebo gelegentlich eine eigenständige Wirkung zugemessen. Es wird zu einem vermeintlichen Verum hochstilisiert. Dabei wird regelhaft der Effekt einer Scheinbehandlung (Placebobehandlung) von jenem einer für den Patienten offensichtlichen Nichtbehandlung nicht ausreichend abgegrenzt. Auch wird oft der Effekt der Selbstheilung, die bei allen Erkrankungen zu einer (teilweisen oder vollständigen) Gesundung führt, mit dem Placeboeffekt verwechselt.
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In den 1950er Jahren wurde durch '''Beecher'''<ref>Beecher HK: the powerful placebo. J Am Med Assoc, 159, 1602-1606, 1955</ref> die These aufgestellt, dass das Placebo selbst eine medizinische Wirkung habe: ''It is evident that placebos have a high degree of therapeutic effectiveness in treating subjective responses, deciding improvement, interpreted under the unknown technique as a real therapeutic effect, being produced in 35.2 +/- 2.2% of cases''. Damit stellte er die Behauptung auf, dass in jedem dritten Behandlungsfall mit Placebo das Placebopräparat zu einer Heilung führen würde. Diese These hielt sich über Jahrzehnte und wurde sogar in führenden Medizinjournalen immer wieder nachgebetet, ohne dass dafür jemals ein glaubhafter Beweis erbracht worden wäre.
      
Hröbjartsson und Gotzsche<ref>Hröbjartsson A, Gotzsche PC: Is the placebo powerless? An analysis of clinical trials comparing placebo with no treatment. N Engl J Med, 344, 1594-1602, 2001</ref> trugen 2001 die Beecher'sche These zu Grabe. Sie analysierten 114&nbsp;klinische Studien, in denen Placebos bezüglich ihrer angeblichen Wirksamkeit untersucht wurden. Im Vergleich zu einer Nichtbehandlung konnte auf der Basis von 3.795&nbsp;Patienten die Aussage getroffen werden, dass im Vorher-Nachher-Vergleich zwischen beiden Studienarmen kein signifikanter Unterschied bestand. Somit wirkte Placebo nicht eigenständig, sondern war so 'effektiv' wie eine Nichtbehandlung. In kleineren Studien mit geringen Patientenzahlen viel gelegentlich ein scheinbares Überwiegen von Placebo gegenüber Nichtbehandlung auf, was vor allem bei der Behandlung von Schmerzen der Fall war. Wurden diese Effekte aber in größeren Studien untersucht, verschwanden sie. Zu erklären ist dieser scheinbare Placeboeffekt dadurch, dass in kleineren Studien bereits wenige Patienten, die sich gegenläufig verhalten, zu einem geringen, positiven Placeboeffekt führen können. Dieser methodisch bedingte Fehler verschwindet aber in umfangreicheren Patientenkollektiven.
 
Hröbjartsson und Gotzsche<ref>Hröbjartsson A, Gotzsche PC: Is the placebo powerless? An analysis of clinical trials comparing placebo with no treatment. N Engl J Med, 344, 1594-1602, 2001</ref> trugen 2001 die Beecher'sche These zu Grabe. Sie analysierten 114&nbsp;klinische Studien, in denen Placebos bezüglich ihrer angeblichen Wirksamkeit untersucht wurden. Im Vergleich zu einer Nichtbehandlung konnte auf der Basis von 3.795&nbsp;Patienten die Aussage getroffen werden, dass im Vorher-Nachher-Vergleich zwischen beiden Studienarmen kein signifikanter Unterschied bestand. Somit wirkte Placebo nicht eigenständig, sondern war so 'effektiv' wie eine Nichtbehandlung. In kleineren Studien mit geringen Patientenzahlen viel gelegentlich ein scheinbares Überwiegen von Placebo gegenüber Nichtbehandlung auf, was vor allem bei der Behandlung von Schmerzen der Fall war. Wurden diese Effekte aber in größeren Studien untersucht, verschwanden sie. Zu erklären ist dieser scheinbare Placeboeffekt dadurch, dass in kleineren Studien bereits wenige Patienten, die sich gegenläufig verhalten, zu einem geringen, positiven Placeboeffekt führen können. Dieser methodisch bedingte Fehler verschwindet aber in umfangreicheren Patientenkollektiven.
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