Bion

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Der wissenschaftlich nicht anerkannte Begriff Bion geht auf den österreichischen Psychiater Wilhelm Reich zurück, der in den dreissiger Jahren des 20. Jahrhunderts sich mit der Frage nach der Herkunft biologischen Lebens beschäftigte, und glaubte im Rahmen seiner Bion-Experimente mikroskopisch sichtbare Vesikel entdeckt zu haben die seiner Meinung nach der abiogenetische Ursprung von Leben wären und einer von ihm vorgeschlagenen Orgasmusformel (Spannung – Ladung – Entladung – Entspannung) gehorchen sollen. Eine alternative Bezeichnung ist Orgonenergie-Bläschen. Ein von Reich unabhängiger Nachweis oder identifizierende Informationen zur möglichen Beschaffenheit der Reich'schen Bione ist unbekannt geblieben. Der norwegische Onkologe Leiv Kreyberg identifizierte in einer Bionprobe die er von Reich erhielt eine Staphylokokkenkultur und bescheinigte Reich eine Unkenntnis der Bakteriologie, während Reich in seiner eigenen Bionprobe lebende Krebszellen sah.

Seine erste Veröffentlichung zum Thema Bione war sein Buch Die Bione zur Entstehung des vegetativen Lebens von 1937. Ein Mitarbeiter bei seinen Bioforschungen war der Biologielaie Roger du Teil.

Eine Analogie zu den lange vorher bekannten ähnlichen Pleomorphismus-Hypothesen von Antoine Béchamp (Mikrozym) und Günther Enderlein (Bakterien Zyklogenie) (sowie anderen Autoren) ist offensichtlich. Reich bezieht sich jedoch nicht auf das hier in diesem Zusammenhang gemeinten Pleomorphismus. Eine Abiogenese wurde auch von dem englischen Arzt Henry Charlton Bastian angenommen, und analoge Überlegungen sind bei einer Reihe von Personen weiterhin populär, in Deutschland zum Beispiel bei Wilhelm Weber.

Eine Weiterentwicklung seiner Bionhypothesen führte Reich zur Annahme der Existenz von sogenannten T-Bacilli (schädliche sogenannte Todesbacilli), heilende PA-Bione und den angeblich strahlenden und Fotoplatten schwärzenden SAPA-Bionen (SAndPArtikel / SAnd-PAckung Bione).

Reich's Ansichten zu Eigenschaften seiner hypothetischen Bione

Nach Reich sind Bione zunächst mikroskopische Vesikelaggregate (Aggregate von Bläschen), die wiederum aus noch kleineren vesikelförmigen Untereinheiten bestehen sollen. Bione sollen eine Zwischenform zwischen unbelebter Materie und lebensfähigen Organismen darstellen und als solche aus der langsamen Auflösung organischen Materials in Wasser entstehen. In den vierziger Jahren bezeichnete Reich sein Bion jedoch davon abweichend als die von ihm gesehenen einzelnen Vesikel selbst. Im weiteren Verlauf dieses Textes wird der Begriff Bion daher gleichbedeutend mit den einzelnen Bläschen verwandt. Bione enthalten nach Reich eine Flüssigkeit, die von einer Membran umschlossen wird. Prinzipiell sollen sie in der Lage sein, Strahlung auszusenden.

Reich's Bion-Experimente

Ursprünglich wollte Reich Amöben mikroskopisch untersuchen und besorgte sich vom botanischen Institut in Oslo eine Gräserkultur mit Amöben. Derartige mikroskopische Experimente waren und sind weiterhin als Heuaufguss - Experimente populär. Amöben haben eine Grösse von etwa 300µm (0,3 mm) und sind auch für Laien gut lichtmikroskopisch erkennbar. Ihn interessierte die Frage inwieweit getrocknete Pflanzenproben durch Wasserzufuhr zum Entstehen von lebenden Amöben führen könnte. Ihm war die Existenz des Zytoplasma lebender Amöben bekannt in dem bewegliche Organellen sichtbar sind, und er hatte Kenntnis der Erkenntnisse zu einer Plasmaströmung des Biologen Max Hartmann. Auch war ihm bekannt dass zelluläre Vorgänge zu Veränderungen des elektrischen Feldes (Membranpotential) führen können. Er verglich derartige veränderliche (pulsierende) Membranpotentiale mit dem menschlichen Orgasmus. Er postulierte dass aus im Wasser aufquellendem Gras sich durch Abiogenese Amöben bilden würden.

Heute ist bekannt dass Amöben sich aus (auch zwischenzeitlich getrockneten) Zytenformen entwickeln können die elektronenmikroskopisch gut darstellbar sind.

Reich verwarf unbegründet die damalige Hypothese von aerogen übertragenen Keimen die zur Ausbildung von Amöben führen würden und bedauerte selbst in seiner Veröffentlichung Die Bionexperimente, wenig von der Biologie der Protozoen (wie er schrieb) zu verstehen und berief sich stattdessen auf seine allgemeinen Biologiekenntnisse seines Medizinstudiums sowie seine Erkenntnisse zum Orgasmus beim Menschen. In der gleichen Veröffentlichung erwähnt er auch auf eine Durchsicht der Fachliteratur zum Thema verzichtet zu haben.

Reich untersuchte die Gräserkultur mit einem herkömmlichen Lichtmikrokop (Auflösungsvermögen: etwa 0,3 µm, Vergrösserung maximal 1400-fach aufgrund der Abbe-Beschränkung der verwendeten Wellenlänge des Lichts und bei Anwendung der Ölimmersion). Er liess die Probe einige Tage unter dem Mikroskop und machte mehrere Untersuchungen. Er sah wie das Gras aufquoll und sich langsam auflöste und kleine Klumpen bildete. Er beobachtete einen solchen Klumpen vier Stunden lang und glaubte erkennen zu können dass sich aus diesem eine Amöbe bildete. Dazu legte er mehrmals eine schwache elektrische Spannung an die Probe an und beobachtete dabei einen Fluss sichtbarer Teilchen. Auch sah er wie eine sich lansam bewegende Amöbe am Rande des Sichtfeldes langsam eintrocknete und zu einem rundlichen Gebilde schrumpfte. Später wiederholte Reich seine Experimente mit Proben aus Gräserkulturen die nicht vom botanischen Institut der Universität Oslo kamen. Sodann folgten wässirige Erdproben, von denen er annahm dass sie keine Lebensformen enthielten und erkannte in den Proben ebenfalls kleine bewegliche Partikel (offenbar Einzeller und grössere Bakterien). In einer getrennten Probe fügte er Gelatine und Kaliumchlorid hinzu. Bei anderen Proben gab er Cholesterin, Lezithin, Milch, Fleisch, Kohle oder Eier hinzu. Seine Experimente erinnern an alte alchemistische Experimente zur Abiogenese vergangeger Jahrhunderte.

Um der Hypothese zu begegnen dass bereits vorhandene Lebensformen sich unter Wasserzufuhr lediglich wachsen würden, machte er auch Beobachtungen an 30 Minuten lang gekochten, und somit (weitgehend) sterilisierten Proben in abgeschlossenen Behältern. Hierbei beobachtete er direkt nach dem Erhitzen sogar eine Zunahme der Bewegung kleinster Partikel (von ihm als Pseudoamöben bezeichnet), die offenbar durch die hohe Resttemperatur zurückzuführen ist, die zu einer passiven Bewegung von Partikeln führt. Diese Pseudo-Amöben sind nach Reich ebenfalls Bione.

Aus seiner aus den Bioexperimenten abgeleiteten Ansicht dass Amöben aus Gras entstehen würden, leitete er ab dass auf die gleiche Weise die ersten Amöben sich auf der Erde gebildet hätten. Einzeller würden sich also aus Pflanzenzellen bilden können. Wie sich aus Bionen aber deutlich grössere Organismen bilden sollen, erläutert Reich nicht. Ähnliche inzwischen widerlegte Vorstellungen sind seit den zwanziger Jahren von Enderlein bekannt: aus unbelebten Protiten würden sich Bakterien und diese zu Pilzen umwandeln können.

Reich gab zu seinen Bioexperimenten abenteuerliche Vergrösserungsfaktoren des Lichtmikroskops von bis zu 5000-fach an, was zeigt dass ihm die Theorie des Lichtmikroskops nur unvollständig bekannt war oder er diese ignorierte. Auch geht er nicht auf die Brown'sche Molekularbewegung bei Zimmertemperatur ein, die die Unterscheidung zwischen passiv bewegten und aktiv sich bewegenden Partikeln erschwert. Denselben Fehler machen auch viele heutige Anhänger des Neo-Pleomorphismus. Reich war diese Kritik bekannt, ignorierte sie jedoch als Aussage mechanistisch denkender Forscher die pauschal abzulehnen sei. Bekannt ist dass bestimmte sich im Sichtfeld des Mikroskops bewegende Teilchen nur von ihm selbst, aber nicht von anderen gesehen werden konnten.

Um seine Bioexperimente gegen Kritik zu immunisieren, mussten seine mit ihn die Experimente durchführenden Anhänger versuchen den Beweis zu liefern dass es eine aerogene Probenkontamination gäbe. Erst die Einsicht dass es einen derartigen Effekt tatsächlich nicht gibt, eröffnet seinen Anhängern also den Weg zu seinen Erkenntnissen. Kritikern seiner Ansichten verschloss er hiermit den Zugang zu seiner Forschung, da diese entweder an seine Hypothese glauben mussten oder diese vernichten mussten.

SAPA-Bione

Als eine Mitarbeiterin von Reich eine Sandprobe stark erhitzte und dabei kleine bläulich leuchtende Partikel zu sehen waren, entstand Reich's Hypothese der SAPA-Bione (SAndPArtikel / SAnd-PAckung).

SAPA-Bione sollen Strahlung unbekannter Art abgeben und Photoplatten belichten können, sogar dann wenn diese sich lediglich im gleichen Raum wie die SAPA-Bione befinden. In völlig abgedunkelten Räumen könne man sich dank dieser blau-violetten Partikelstrahlung sogar räumlich orientieren. Anwesende in Räumen in denen sich SAPA-Bione befinden sollen nach Reich's Angaben angeblich dadurch gebräunt werden und bekämen Kopfschmerzen. die Bräunung der Haut gelinge auch durch die Kleidung hindurch. Metallische Gegenstände würden in der Nähe von SAPA-Bionen magnetisiert werden. Anekdotisch wird berichtet dass eine mit SAPA-Bionen gefüllte Probe eine Warze geheilt haben soll, als man sie mit der Probe bestrahlte, andererseits soll es beim Mikroskopieren von SAPA-Bionen zu Bindehautentzündungen gekommen sein.

Eine Untersuchung in einer osloer Krebsklinik auf Radioaktivität zeigte jedoch im Gegensatz zu einem Radiumpräparat ein negatives Ergebnis. Eine Radioaktivität der SAPA-Bione konnte nicht gemessen werden.

ähnliche Themen: Pleomorphismus, Koazervate, Proteinoid microspheres.

Literatur

  • Reich W., Roger du Teil, Arthur Hahn: Die Bione zur Entstehung des vegetativen Lebens. Oslo: Sexpol-Verlag, 1938.
  • Reich W.: Die Bionexperimente.

Weblinks