Innenansicht eines Aquapol-Gerätes

Aquapol ist der Name eines "magnetokinetischen" Systems zur Trockenlegung feuchten Mauerwerks der österreichischen Firma Aquapol - wasserpolarisationstechnische Geräte GmbH aus Reichenau an der Rax (Niederösterreich). Es wurde von Jürgen Fliege massiv beworben. In der ZDF-Fernsehsendung WISO wurde dagegen vor diesem Scharlatanerieprodukt gewarnt.[1] Auch das ARD-Fernsehmagazin plusminus brachte einen kritischen Bericht über Aquapol, vor dessen Ausstrahlung die Firma der Redaktion mit rechtlichen Schritt drohte.[2] Der Chef von Aquapol, Ing. Wilhelm Mohorn, ist bekennender Scientologe. Nach Scientology-Art wehrt er sich auch mit Klagen gegen Kritik.[3] Aquapol-Geräte kosten von 4.000 bis über 10.000 €.

Das Aquapol-Gerät

Die Aquapol-Büchsen setzen sich nach Angaben des Erfinders aus einer Empfangseinheit, einer Polarisationseinheit und einer Sendeeinheit zusammen. Die Empfangseinheit bestehe aus zwei unterschiedlichen flachen Spiralantennen, die nach Mohorn ein "dynamisches Erdkraftfeld" saugend empfangen sollen. Die sogenannte Polarisationseinheit soll aus einer Zylinderluftspule bestehen, die die empfangene "Energie" ständig rechtsdrehend polarisiere. Dieses polarisierte Erdkraftfeld soll dann zu einer "Sendeeinheit" gelangen, die aus drei tetraederförmig angeordneten Zylinderluftspulen und besonderen Antennen bestehe. Diese Sendeeinheit soll nach Mohorn dann das polarisierte Erdkraftfeld in den Raum abstrahlen und Wassermoleküle in feuchten Mauern dazu bringen, auf wundersame Weise nach unten zu wandern, und zwar durch eine der Wissenschaft bislang verborgen gebliebene "Umpolung". Dem Erfinder zufolge hat die genutzte Energieform Wellencharakter. Allerdings unterscheide sie sich nach Mohorns Meinung in Zusammensetzung und Aufbau der Wellenstruktur von elektromagnetischen Wellen . Der neu entdeckte Wellentyp bestehe aus einer magnetischen und einer Gravitationswelle, die um die magnetische Welle zirkuliere. Mohorn bezeichnet diese neu entdeckte Energieform als "Gravomagnetismus". Es soll sich dabei also um eine Kombination von Schwerkraft (Gravitation) und Magnetismus handeln. Der erfundene Effekt wurde von Aquapol "Gravomagnetokinese" genannt. Der Physiker Kolja Prothmann vom Max-Planck-Institut für Physik in München merkt dazu an:

Die gravomagnetische Energie wurde noch nie in einem wissenschaftlichen Versuch nachgewiesen. Die einzige mir bekannte Referenz bezieht sich auf die Science-Fiction-Serie "Mondbasis Alpha 1" aus dem Jahr 1977.[2]

Gesundheitsbezogene Behauptungen

 
(Bild: www.gralswelt.at[4])

Das pseudowissenschaftliche Aquapol-Prinzip soll neben den bereits erwähnten behaupteten Fähigkeiten auch einen ausschliesslich positiven "biologischen" Effekt haben. Dies behaupteten jedenfalls eine Dr. Gertrud Hemerka[5] und Mohorn in der Sendung "bei Vera zu Gast" des österreichischen Fernsehens. Laut Angaben aus einer "Biomappe" von Aquapol käme es durch das "Aggregat" zu einer "Erhöhung" einer Lebenskraft und zu einer "Reduzierung geologischer Krankmacher". Dabei sollen so genannte "geopathogene Einflüsse" gemeint sein, wie sie von Wünschelrutengängern vermutet werden. Nach Ansicht des Medizinlaien Mohorn entwickle sich Krebs an den Stellen des Körpers, "wo die Erdstrahlung besonders konzentriert ist, das heißt: standortabhängig angreift". Deshalb hält er Erdstrahlen für "die Hauptursache des Krebses."

Weitere, stets positive "biologische Wirkungen" stammen von einem von Aquapol zitierten emeritierten Chemiker namens Prof. Karl Ernst Lotz (geb. 1930) von der Fachhochschule Biberach (Fachhochschule für Bauwesen in Biberach an der Riss). Dieser hätte nachgewiesen, dass sich die Schlafqualität von Aquapol-Besitzern verbessere, und mit einem "2 Kanal Ionometer" nach Prof. Eichmeier könne man am Aufstellungsort eine Zunahme negativer Ionen feststellen. Ein entsprechendes Video mit Lotz wird von Aquapol zum Kauf angeboten. Bereits zuvor war Lotz mit analogen Behauptungen zu einem dubiosen Produkt namens Penac (plocher energy accumulator, ein heute nicht mehr benutzter Produktname der Firma Roland Plocher integral-technik) in Erscheinung getreten.

Gerichtsverfahren

 
Werbung für Aquapol mit Jürgen Fliege
 
Jürgen Fliege bewirbt das Scharlatanerieprodukt Aquapol im von Zuschauern finanzierten öffentlich-rechtlichen Fernsehen ARD

Landgericht München, 2008

Das Landgericht München 1 hat einem Vertreiber des Produktes der Firma Aquapol am 23. Oktober 2008 unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € untersagt, die unlautere Werbung für das Produkt fortzusetzen.[6] Anzeigender war der Verband Sozialer Wettbewerb. So wurde der Firma unter anderem untersagt, beim Vertrieb des Kästchens mit Aussagen zu werben, wie "die Gammastrahlung in der Raumluft verringert sich", oder dass das "Aquapol System geologische Störfelder signifikant dämpfen kann" und "dass die Radioaktivität der Luft reduziert wird". Ferner wurde untersagt, werbend zu verbreiten, dass nach Montage des Aquapolgerätes in feuchten Räumen "der Modergeruch verschwinde und die Wände austrockneten", dass Aquapol-Anwender "besser schlafen, sich das Raumklima verbessere und verschiedene Unbehaglichkeiten verschwinden" und dass diese Geräte dazu geeignet sind, "Mauern von Gebäuden trocken zu legen". Nicht geworben werden darf ferner mit Aussagen und Begriffen wie "nie mehr feuchte Mauern, Mauertrockenlegung, Trockenlegung von feuchten Mauern, erfolgreiche Mauertrockenlegung, umweltfreundliche Mauertrockenlegung, Mauerentfeuchtungsgerät, Mauerentfeuchtung durch Umpolung der Wassermoleküle, Mauertrockenlegung durch Erdkräfte, Gebäudetrockenlegung" sowie "Aquapol gewinnt den Kampf gegen feuchte Mauern". In dem Urteil führt das Landgericht in seinen Entscheidungsgründen folgendes aus:

  • Mit den untersagten Werbeaussagen verstoße die Firma Aquapol gegen die Bestimmungen des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb.
  • Die behaupteten Wirkungen des umgangssprachlich so genannten "Zauberkästchens" können nicht wissenschaftlich nachgewiesen oder bestätigt werden. Ein derartiger Nachweis ergäbe sich nicht einmal aus den eigenen Behauptungen der Vertreiberin.
  • Außer den von der beklagten Firma behaupteten Werbesprüchen gäbe es keinerlei Nachweise dafür, dass die Aussagen tatsächlich richtig sein könnten.

Im Prozeß ließ die Vertreiberin der "Zauberkästchen" selbst einräumen, dass "zum jetzigen Zeitpunkt der Nachweis nach den Regeln der anerkannten Physik nicht durchführbar sei". Ferner musste die Beklagte einräumen, dass die Wirkung der beworbenen Geräte durch Sachverständigengutachten zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht belegt sei. Zur Zeit sei nicht nachzuweisen, dass eine eventuelle Trocknung von Mauern und Gebäuden tatsächlich auf den Einsatz der beworbenen Geräte zurückzuführen sei. Sofern sich der Feuchtigkeitsgehalt von Gebäuden verbessere, können derartige Ergebnisse nicht als gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse diesen Geräten zugeschrieben werden.

Klage gegen Betreiber der Webseite www.aquapol-unzufriedene.at

Die Firma Aquapol versuchte zu verhindern, dass unzufriedene Kunden eine Webseite mit dem Namen www.aquapol-unzufriedene.at betreiben. Das Oberlandesgericht Wien wies 2009 die Klage von Aquapol ab und erlaubte den Betreibern ausdrücklich die Namensführung der Domain.[7]

Oberlandesgericht Frankfurt, 2013

Im September 2013 entschied das OLG Frankfurt die Werbung mit einer mauerentfeuchtenden Wirkung für unzulässig, da es nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis keine Erklärung gibt und die unter Zugrundelegung von Aquapol behaupteten Wirkungszusammenhänge durch ein Sachverständigengutachten auch nicht überpüft werden kann.[8] Kläger war ein Wettbewerbsverband. Ein vom Gericht hinzugezogener Sachverständiger hatte vorgeschlagen, Mauerwerksproben im Labor zu durchfeuchten, diese dem Aquapol-Gerät auszusetzen und durch Wiegen der Proben den Erfolg der Trocknung zu messen. Dieses einfache Verfahren wurde jedoch von Aquapol als untauglich abgelehnt, da für die Wirkung ein Erdkontakt der zu trocknenden Mauern unabdingbar sei und im Laborversuch daher ein für den Trocknungsprozess notwendiges "Mauerpotenzial" fehle. Da das Gerät einen Wirkbereich zwischen 20 und 40 m habe, seien für einen Test außerdem "unter Beteiligung der Parteien mindestens 10 – 20 reale Objekte auszuwählen", die bei einem Abstand des Gerätes von mindestens 30 m geprüft werden müssten. Das Gericht ließ sich jedoch nicht auf die geforderten absurden Zusatzbedingungen ein:

Wenn das X-Gerät geeignet ist, eine Wirkung auf Mauerfeuchte zu entfalten, dann kann sich das nur mit einer technischen Untersuchung klären lassen, die auf nachvollziehbaren und wiederholbaren Rahmenbedingungen basiert und die nicht von zufälligen Außenbedingungen abhängig ist.
Dass hierfür prinzipiell nur ein Laborversuch geeignet ist, steht außer Frage, weil er nach den überzeugenden Ausführungen des Gutachters die notwendigen reproduzierbaren Rahmenbedingungen schafft.

Das Gericht führte weiter aus:

Es sind in der Wissenschaft bislang keine Systeme bekannt, die auf unbegrenzte Zeit ohne Energiezufuhr aktiv sind. Aktion und Reaktion sind das Wechselwirkungsprinzip von zwei Kräften, die gegeneinander wirken. Dieses Wechselwirkungsprinzip entspricht dem dritten Axiom von Isaac Newton, welches besagt, dass jede Aktion als Kraft eine gleichgroße Reaktion als Gegenkraft erzeugt. Es müsste daher eine Energiequelle vorhanden sein, wenn ein entsprechender Prozess in Gang gesetzt werden sollte [...] Sie (die Beklagte) räumt allerdings selbst ein, dass die von ihr in Anspruch genommenen Energieformen wissenschaftlich nicht anerkannt sind.

Und:

Es kann nicht sein, dass ein Unternehmen mit einer mindestens zweifelhaften, jedenfalls aber wissenschaftlich nicht abgesicherten Wirksamkeitsbehauptung nur deshalb werben darf, weil es diese Wirksamkeit in einem Rechtsstreit von weiteren, wiederum wissenschaftlich nicht abgesicherten Bedingungen abhängig macht, die letztendlich dazu führen, dass eine Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten unmöglich wird.

Aquapol und die Ziegelphysiker

 
Von links: "Ziegelphysiker" und Architekt Claus Meier, Scharlatanerieanbieter Wilhelm Mohorn (Aquapol) und Bausachverständiger Rolf Köneke. (Bild:innovations-report.de[9])

Wie einem im Internet einsehbaren Artikel des "innovations-report" zu entnehmen ist[10], wurden explizit Vertreter der "Ziegelphysik"-Baurebellen[11] im Juni 2002 von der österreichischen Firma Aquapol zu einer Werbe-Baufachtagung zum Firmensitz der Mauertrockenlegungsfirma Aquapol GmbH eingeladen. Die so genannten "Ziegelphysiker" sind Gegner von leichten Dämmmaterialen zur Energieeinsparung. Sie behaupten Vorteile massiver Baumaterialien, sowie überwiegende Nachteile herkömmlicher Dämmverfahren zur Energieeinsparung. Teilweise überschneidet sich die Ziegelphysiker-Szene mit der der Anhänger der so genannten Klimalüge. Die Vertreter der "Ziegelphysik" lehnen auch den etablierten "Wärmedurchgangskoeffizienten U" ab, und wollen ihn durch einen eigenen Dämmwertkoeffizienten Ueff ersetzt sehen. Ein wissenschaftliche Nachweis für die Richtigkeit der diesbezüglichen Behauptungen und zur Eignung des Ueff ist sowohl experimentell als auch theoretisch nicht erbracht worden. In Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass mit unterschiedlichen Dämmstoffen, "leichten" wie "schweren", bei gleichem U-Wert der solare Energiegewinn gleich bleibt, und somit massive wärmedämmende Baustoffe keinen Vorteil bringen.

Verbindungen zu Scientology

In der Schweiz wird das Aquapol-System von der Firma "Delphin Bürkli & Partner" vertrieben, die im Besitz von Scientologen ist.

Erwähnung in Büchern und Videos

Unkritische Erwähnung findet Aquapol im Esoterikwerk "Tachyonen Orgonenergie Skalarwellen", das im AT-Verlag erschien. Auch der Jupiter-Verlag widmet sich dem Thema durch Verlegung des Werks "Universale Energielösungen". Auch im Video "Top Secret Wasser" wird Aquapol vorgestellt. Die PR für Aquapol wurde von Hans Kronberger (mit-) gestaltet, dessen Firma energisch GmbH dies auch für Grander Wasser tut

Weblinks

Quellennachweise