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==Pseudo-Argumente aus der Fasten-Szene==
 
==Pseudo-Argumente aus der Fasten-Szene==
Die große Szene der Fasten-Befürworter propagiert verschiedene Fastenkuren mit ganz bestimmten Schlagworten. Das Buch von Dr. med. H. Lützner listet eine Reihe dieser Phrasen auf, deren Inhalt auf der Basis medizinischen Wissens analysiert werden müssen, um ihre Unsinnigkeit zu demonstrieren. Dies deshalb, weil u.a. dieser ärztliche Autor in den 1970er Jahren Facharzt für Innere Medizin und Chefarzt einer mit der Buchinger-Diät arbeitenden Klinik am Bodensee war und in Büchern über Fasten eindeutige medizinische Unwahrheiten und Falschinformationen verbreitete. Damit stand er zwar in einer langen ärztlichen Tradition, was jedoch die naturwissenschaftlichen Falschinformationen nicht entschuldigt, denn diese biochemischen und physiologischen Erkenntnisse sind seit Jahrzehnten bekannt.
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Die große Szene der Fasten-Befürworter propagiert verschiedene Fastenkuren mit bestimmten Schlagworten. Das Buch von Dr. med. H. Lützner listet eine Reihe dieser Phrasen auf, deren Inhalt auf der Basis medizinischen Wissens analysiert werden müssen, um ihre Unsinnigkeit zu demonstrieren. Dies deshalb, weil u.a. dieser ärztliche Autor in den 1970er Jahren Facharzt für Innere Medizin und Chefarzt einer mit der Buchinger-Diät arbeitenden Klinik am Bodensee war und in Büchern über Fasten eindeutige medizinische Unwahrheiten und Falschinformationen verbreitete. Damit stand er zwar in einer langen ärztlichen Tradition, was jedoch die naturwissenschaftlichen Falschinformationen nicht entschuldigt, denn diese biochemischen und physiologischen Erkenntnisse sind seit Jahrzehnten bekannt.
    
* ''Der fastende Körper entledigt sich seiner Stoffwechselreste und seiner seit Jahren angehäuften Stoffwechselschlacken durch alle Öffnungen und Poren'' (Lützner 1972, S. 33).
 
* ''Der fastende Körper entledigt sich seiner Stoffwechselreste und seiner seit Jahren angehäuften Stoffwechselschlacken durch alle Öffnungen und Poren'' (Lützner 1972, S. 33).
 
Im menschlichen Körper bleiben im Zytoplasma der Zellen nur ganz bestimmte 'Schlacken' liegen. Es handelt sich dabei um Lipofuscin, eine gelb-braune Eiweiß-Lipoid-Verbindung und um intrazelluläre Pigmente.
 
Im menschlichen Körper bleiben im Zytoplasma der Zellen nur ganz bestimmte 'Schlacken' liegen. Es handelt sich dabei um Lipofuscin, eine gelb-braune Eiweiß-Lipoid-Verbindung und um intrazelluläre Pigmente.
Lipofuscin entsteht als Abfallprodukt der Tätigkeit von 'Verdauungsvakuolen' (sog. Lysosomen) im Zellinneren. Manche Stoffe können im Organismus nicht chemisch zerkleinert und nicht weiterverwertet werden. Sie können auch nicht ausgeschieden werden. Die Zellen speichern diesen Abfall in kleinen Vakuolen, die man Lipofuscingranula nennt. Diese Granula verschwinden nicht durch Hungern, Flüssigkeitsaufnahme, Brechen oder Durchfall.
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Lipofuscin entsteht als Abfallprodukt der Tätigkeit von 'Verdauungsvakuolen' (sog. Lysosomen) im Zellinneren. Manche Stoffe können im Organismus nicht chemisch zerkleinert und weiterverwertet werden. Sie können auch nicht ausgeschieden werden. Die Zellen speichern diesen Abfall in kleinen Vakuolen, die man Lipofuscingranula nennt. Diese Granula verschwinden nicht durch Hungern, Flüssigkeitsaufnahme, Erbrechen oder Durchfall.
 
Intrazelluläre Pigmente entstehen entweder dadurch, dass im Zellplasma Melanin produziert und nicht mehr abgebaut wird - die klassische 'Sonnenbräune', die sich mit steigendem Lebensalter auch als persistierende Sommersprossen, Leberflecken oder Alterspigment zeigt. Ebenso können Kohlepartikel (Bergbau, Stahlwerker) oder Farbpigmente (Tätowierungen) in die Zellen aufgenommen und dort nicht weiter chemisch zerlegt werden. Diese Pigmente werden nicht ausgeschieden, sondern ebenso wie Lipofuscin auf die 'zelleigene' Abfallhalde geworfen.
 
Intrazelluläre Pigmente entstehen entweder dadurch, dass im Zellplasma Melanin produziert und nicht mehr abgebaut wird - die klassische 'Sonnenbräune', die sich mit steigendem Lebensalter auch als persistierende Sommersprossen, Leberflecken oder Alterspigment zeigt. Ebenso können Kohlepartikel (Bergbau, Stahlwerker) oder Farbpigmente (Tätowierungen) in die Zellen aufgenommen und dort nicht weiter chemisch zerlegt werden. Diese Pigmente werden nicht ausgeschieden, sondern ebenso wie Lipofuscin auf die 'zelleigene' Abfallhalde geworfen.
Andere 'Schlacken' wie Fettvakuolen in Fettzellen oder glycogenhaltige Vakuolen in Muskel- oder Lebergewebe sind eigentlich keine Schlacken, sondern vielmehr Speicherreserven, die permanent umgebaut, neu organisiert und verstoffwechselt werden. Wer meint, man nähme einmal Fett auf, dass dann letztlich jahrezehntelang in irgendeiner Ecke einer hamsternden Fettzelle ein kümmerliches, langweiliges Dasein fristet, irrt gewaltig. Eine "Aktivierung" des Fettgewebes und der Glycogenreserven passiert ständig und benötigt keine Fastenkur.
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Andere 'Schlacken' wie Fettvakuolen in Fettzellen oder glycogenhaltige Vakuolen in Muskel- oder Lebergewebe sind eigentlich keine Schlacken, sondern vielmehr Speicherreserven, die permanent umgebaut, neu organisiert und verstoffwechselt werden. Wer meint, man nehme einmal Fett auf, dass dann letztlich jahrezehntelang in irgendeiner Ecke einer hamsternden Fettzelle eingelagert wird, befindet sich im Irrtum. Eine "Aktivierung" des Fettgewebes und der Glycogenreserven passiert ständig und bedarf keiner Fastenkur.
    
* ''Alle Schleusen des Körpers sind während des Fastens geöffnet [...]. Der Urin ist zeitweise recht dunkel und riecht penetrant'' (Lützner 1972, S. 33-34).
 
* ''Alle Schleusen des Körpers sind während des Fastens geöffnet [...]. Der Urin ist zeitweise recht dunkel und riecht penetrant'' (Lützner 1972, S. 33-34).
Damit wird souffliert, dass 'Schlacken' über den Urin abgegeben würden. Das ist eindeutig falsch. Im Urin wird nach mehrtägigem Fasten zunehmend das Endprodukt der Ketonkörperverbrennung - das Aceton - ausgeschieden. Das ist der eigentliche Grund für den unangenehmen Geruch und die Farbänderungen. Je nach Heftigkeit des Dauerfastens und zu wenig Wasseraufnahme kann es auch zu einer mehr oder weniger klinisch auffälligen, bakteriellen Besiedelung des Harnleitersystems kommen. Stoffwechselprodukte der Bakterien können dann ebenfalls zu Veränderungen des Harngeruchs und der Harnfarbe führen. Im Einzelfall kann es zu Urogenitalinfektionen mit Blut im Urin kommen, weil die Körperabwehr durch übermäßiges Fasten geschwächt wird und Bakterien die Nierenepithelien beschädigt haben.
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Damit wird souffliert, dass 'Schlacken' über den Urin abgegeben würden. Das ist eindeutig falsch. Im Urin wird nach mehrtägigem Fasten zunehmend das Endprodukt der Ketonkörperverbrennung - das Aceton - ausgeschieden. Das ist der eigentliche Grund für den unangenehmen Geruch und die Farbänderungen. Je nach Heftigkeit des Dauerfastens und einer zu geringen Wasseraufnahme kann es auch zu einer mehr oder weniger klinisch auffälligen, bakteriellen Besiedelung des Harnleitersystems kommen. Stoffwechselprodukte der Bakterien können dann ebenfalls zu Veränderungen des Harngeruchs und der Harnfarbe führen. Im Einzelfall kann es zu Urogenitalinfektionen mit Blut im Urin kommen, weil die Körperabwehr durch übermäßiges Fasten geschwächt wird und Bakterien die Nierenepithelien beschädigt haben.
    
* ''Allerhand Ekeldüfte lassen ahnen, was da alles über die Haut mit dem Schweiß in die Wäsche abwandert'' (Lützner 1972, S. 34).
 
* ''Allerhand Ekeldüfte lassen ahnen, was da alles über die Haut mit dem Schweiß in die Wäsche abwandert'' (Lützner 1972, S. 34).
Auch diese Behauptung impliziert, dass 'Schlacken' durch den Schweiß ausgeschieden werden - sie ist ebenso lächerlich wie die Urinausscheidung derselben. Der schlechte Körpergeruch resultiert auch aus einer Steigerung der Acetonausscheidung. Sie ist bei weitem geringer als jene über den Urin, kann aber nachgewiesen und mit der Nase wahrgenommen werden. Je nach Länge des Fastens - und damit Beschädigung der Körperabwehr - kann es zu einer Veränderung der bakteriellen Hautflora mit Überwiegen bestimmter Keime kommen, die sich in den Ausführungsgängen von Schweiß- oder Talgdrüsen wohl fühlen. Deren Zersetzungsprodukte erzeugen zusätzlich Körpergeruch.
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Auch diese Behauptung impliziert, dass 'Schlacken' durch den Schweiß ausgeschieden werden - sie ist ebenso unzutreffend wie die Urinausscheidung derselben. Der schlechte Körpergeruch resultiert auch aus einer Steigerung der Acetonausscheidung. Sie ist bei weitem geringer als jene über den Urin, kann aber nachgewiesen und mit der Nase wahrgenommen werden. Je nach Länge des Fastens - und damit Beschädigung der Körperabwehr - kann es zu einer Veränderung der bakteriellen Hautflora mit Überwiegen bestimmter Keime kommen, die sich in den Ausführungsgängen von Schweiß- oder Talgdrüsen wohl fühlen. Deren Zersetzungsprodukte erzeugen zusätzlich Körpergeruch.
    
* ''Durch die Lungen [...], durch die Schleimhäute der oberen Luftwege [...], über die Scheide [...], über den Mund'' (Lützner 1972, S. 34-35).
 
* ''Durch die Lungen [...], durch die Schleimhäute der oberen Luftwege [...], über die Scheide [...], über den Mund'' (Lützner 1972, S. 34-35).
Über diese Öffnungen sollen ebenfalls 'Schlacken' ausgeschieden werden. Der schlechte Mundgeruch und Atem erklärt sich ebenfalls über die Acetonausscheidung, denn Aceton wird in geringen Mengen (analog zu getrunkenem Alkohol) abgeatmet. Das stinkt und auch Zähneputzen oder Gurgeln ändern daran herzlich wenig. Eine Tafel Schokolade oder ein bisschen Traubenzucker hingegen wirken da schlagartig Wunder, weil die Acetonproduktion recht schnell eingestellt wird. Übelriechender Scheidenausfluss ist meist auf eine hungerbedingte Funktionseinschränkung des Abwehrsystems zurückzuführen. Der Organismus fährt nach einer gewissen Zeit die Produktion von unspezifischen, gegen Bakterien gerichteten, Antikörpern zurück, die in die vaginale Schleimhaut ausgeschieden werden. Dadurch gewinnen Keime die Oberhand, die sich nun zunehmend wohler fühlen und deren Stoffwechselprodukte mit dazu beitragen, Farbe, Konsistenz und Geruch des vaginalen Schleims zu verändern.
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Über diese Öffnungen sollen ebenfalls 'Schlacken' ausgeschieden werden. Der schlechte Mundgeruch und Atem erklärt sich ebenfalls über die Acetonausscheidung, denn Aceton wird in geringen Mengen (analog zu getrunkenem Alkohol) abgeatmet. Das erzeugt Geruch, der durch Zähneputzen oder Gurgeln nicht beseitigt wird. Eine Tafel Schokolade oder ein bisschen Traubenzucker hingegen können Abhilfe schaffen, weil die Acetonproduktion recht schnell eingestellt wird. Übelriechender Scheidenausfluss ist meist auf eine hungerbedingte Funktionseinschränkung des Abwehrsystems zurückzuführen. Der Organismus fährt nach einer gewissen Zeit die Produktion von unspezifischen, gegen Bakterien gerichteten Antikörpern zurück, die in die vaginale Schleimhaut ausgeschieden werden. Dadurch gewinnen zunehmend Keime die Oberhand, deren Stoffwechselprodukte mit dazu beitragen, Farbe, Konsistenz und Geruch des Vaginalsekrets zu verändern.
    
==Wie kommt es zum subjektiven Wohlbefinden während des Heilfastens? (Hungereuphorie)==
 
==Wie kommt es zum subjektiven Wohlbefinden während des Heilfastens? (Hungereuphorie)==
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