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[[image:Rudolfbreuss.jpg|Rudolph Breuß|thumb]]
 
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Die sogenannte '''Breuß-Kur''' oder '''Krebs Total Kur nach Breuß''' ist eine umstrittene, [[alternativmedizin]]ische Methode einer [[Krebsdiät]], die von dem Elektromonteur, Landwirt und Heilpraktiker Rudolf Breuss erfunden wurde. Sie wird von ihren Befürwortern insbesondere bei Krebs eingesetzt.
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Die sogenannte '''Breuß-Kur''' oder '''Krebs Total Kur nach Breuß''' ist eine umstrittene [[alternativmedizin]]ische [[Krebsdiät]], die von dem aus Bludenz (Östterreich) stammenden Elektromonteur, Landwirt und Heilpraktiker Rudolf Breuß (24. Juni 1899 - 17. Mai 1990) erfunden wurde. Sie wird von ihren Befürwortern insbesondere bei Krebs eingesetzt.
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Auf Breuß geht auch eine proprietäre Massagemethode zurück. Diese wird häufig zusammen mit der [[Dorn-Therapie]] des Allgäuer Landwirts Dieter Dorn kombiniert angeboten.
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Auf Breuß geht auch eine Massagemethode zurück. Diese wird häufig zusammen mit der [[Dorn-Therapie]] des Allgäuer Landwirts Dieter Dorn kombiniert angeboten.
    
==Ansichten von Breuß zu Krebs==
 
==Ansichten von Breuß zu Krebs==
Der Krebs lebt nur von festen Speisen, die der Mensch zu sich nimmt. Wenn man also 42 Tage lang nur Gemüsesäfte und Tee trinkt, so stirbt die Krebsgeschwulst ab, der Mensch hingegen kann dabei noch gut leben - dies ist das der Breußschen Krebskur zugrundeliegende Credo (Moerman und Breuß 1986, S. 171). Der aus dem österreichischen Vorarlberg (Bludenz) stammende Elektromonteur und Heilpraktiker Rudolf Breuß trat in den 1950er Jahren mit dieser für Krebspatienten sehr eingängigen, inhaltlich aber völlig falschen These an die Öffentlichkeit. Er vermittelte die Botschaft, man könne sich den Krebs einfach aus dem Leibe hungern.
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''"Der Krebs lebt nur von festen Speisen, die der Mensch zu sich nimmt. Wenn man also 42 Tage lang nur Gemüsesäfte und Tee trinkt, so stirbt die Krebsgeschwulst ab, der Mensch hingegen kann dabei noch gut leben - dies ist das der Breußschen Krebskur zugrundeliegende Credo"'' (Moerman und Breuß 1986, S. 171). Breuß trat in den 1950er Jahren mit dieser für Krebspatienten sehr eingängigen, inhaltlich aber völlig falschen These an die Öffentlichkeit. Er vermittelte die Botschaft, man könne sich den Krebs einfach aus dem Leibe hungern.
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Breuß (1899-1998) mangelte es offenbar am Verständnis der medizinischen Zusammenhänge, die beim strengen Fasten ablaufen und seit Jahrzehnten bekannt sind. Nach spätestens 14-tägiger Nahrungskarenz scheidet das Fettgewebe (nach dem vorher Glykogenreserven in der Leber und den Muskelgeweben verbraucht wurden) verstärkt freie Fettsäuren aus, die in der Leber zu sog. Ketonkörpern (Acetacetat und Hydroxybutyrat) umgewandelt werden. Diese Ketonkörper dienen dem Organismus anstelle der Glukose als Energielieferant, werden zu Aceton verbrannt und dieses wird als Abfallprodukt primär über die Nieren ausgeschieden. Ein wenig Aceton wird auch abgeatmet und mit dem Schweiß ausgeschieden, was den etwas unangenehmen Körpergeruch streng Fastender nach 2-wöchiger Fastenkur erklärt. Während dieser Fastenperiode steigert der Körper seine Stresshormon-Produktion (v.a. von Glückshormonen wie ß-Endorphin), die es dem Organismus erlaubt (sofern noch Fettreserven vorhanden sind) auf relativ stabilem Niveau subjektives Wohlbefinden und hohe körperliche Aktivität zu entfalten. Sind diese Fettreserven aber verbraucht, fällt man um so schneller in ein "schwarzes Loch".
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Breuß mangelte es offenbar am Verständnis der medizinischen Zusammenhänge, die beim strengen Fasten ablaufen und seit Jahrzehnten bekannt sind. Nach spätestens 14-tägiger Nahrungskarenz scheidet das Fettgewebe (nach dem vorher Glykogenreserven in der Leber und den Muskelgeweben verbraucht wurden) verstärkt freie Fettsäuren aus, die in der Leber zu sog. Ketonkörpern (Acetacetat und Hydroxybutyrat) umgewandelt werden. Diese Ketonkörper dienen dem Organismus anstelle der Glukose als Energielieferant, werden zu Aceton verbrannt und dieses wird als Abfallprodukt primär über die Nieren ausgeschieden. Ein wenig Aceton wird auch abgeatmet und mit dem Schweiß ausgeschieden, was den etwas unangenehmen Körpergeruch streng Fastender nach 2-wöchiger Fastenkur erklärt. Während dieser Fastenperiode steigert der Körper seine Stresshormon-Produktion (v.a. von Glückshormonen wie ß-Endorphin), die es dem Organismus erlaubt (sofern noch Fettreserven vorhanden sind) auf relativ stabilem Niveau subjektives Wohlbefinden und hohe körperliche Aktivität zu entfalten. Sind diese Fettreserven aber verbraucht, fällt man um so schneller in ein "schwarzes Loch".
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Krebszellen sind Körperzellen, die u.a. verlernt haben, sich selbst umzubringen oder dem Immunsystem nicht mehr mitteilen, dies zu übernehmen. Sie leben ewig und breiten sich im Organismus aus. Bestimmte Tumorzellen (z.B. Dickdarm-, Lungen- oder Mammakarzinomzellen) verändern auf Grund genetischer Defekte sogar ihre Zelloberfläche derartig, dass kursierende Abwehrzellen die Zelle nicht mehr als tumorbefallen oder falsch funktionierend erkennen können. Andere Tumorzellen produzieren Hormone, obwohl sie dies nicht sollten oder inaktivieren von Abwehrzellen ausgeschiedene Enzyme, die normalerweise den sog. programmierten Zelltod (auch Apoptose genannt) in den Krebszellen einleiten würden.
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Krebszellen sind Körperzellen, die u.a. "verlernt" haben, sich selbst umzubringen oder dem Immunsystem nicht mehr mitteilen, dies zu übernehmen. Sie leben ewig und breiten sich im Organismus aus. Bestimmte Tumorzellen (z.B. Dickdarm-, Lungen- oder Mammakarzinomzellen) verändern auf Grund genetischer Defekte sogar ihre Zelloberfläche derartig, dass kursierende Abwehrzellen die Zelle nicht mehr als tumorbefallen oder falsch funktionierend erkennen können. Andere Tumorzellen produzieren Hormone, obwohl sie dies nicht sollten oder inaktivieren von Abwehrzellen ausgeschiedene Enzyme, die normalerweise den sog. programmierten Zelltod (auch Apoptose genannt) in den Krebszellen einleiten würden.
    
In einem Bereich unterscheiden sich Krebszellen jedoch nicht von anderen Körperzellen. Sie gewinnen ihre Zellenergie auf exakt die gleiche Weise wie normale Körperzellen. Im Normalzustand arbeiten sie durch chemische Verbrennung von Glukose, im Hungerzustand schalten sie zunehmend auf die Verarbeitung von Ketonkörpern um. Eine Krebszelle kann - ein sie umgebendes funktionierendes Gefäßsystem vorausgesetzt - deshalb nicht ausgehungert werden. Manche Tumorarten sondern sogar bestimmte Wachstumsfaktoren aus, die die umliegenden Gefäßepithelien zu einem verstärkten Wachstum anregen und somit die verstärkte Blutversorgung des Tumors gewährleisten. Die Grundidee, den Krebs quasi zu Tode zu hungern, die Heilpraktiker Breuß propagierte, ist deshalb schon im Ansatz falsch gewesen. Die Breußsche Kur ist ein einfaches, auf mittelalterlichen, säftepathologischen Gedankengebäuden fußendes Konglomerat von falschen Thesen, falschen Analogieschlüssen und falsch interpretierten, medizinischen Tatsachen.
 
In einem Bereich unterscheiden sich Krebszellen jedoch nicht von anderen Körperzellen. Sie gewinnen ihre Zellenergie auf exakt die gleiche Weise wie normale Körperzellen. Im Normalzustand arbeiten sie durch chemische Verbrennung von Glukose, im Hungerzustand schalten sie zunehmend auf die Verarbeitung von Ketonkörpern um. Eine Krebszelle kann - ein sie umgebendes funktionierendes Gefäßsystem vorausgesetzt - deshalb nicht ausgehungert werden. Manche Tumorarten sondern sogar bestimmte Wachstumsfaktoren aus, die die umliegenden Gefäßepithelien zu einem verstärkten Wachstum anregen und somit die verstärkte Blutversorgung des Tumors gewährleisten. Die Grundidee, den Krebs quasi zu Tode zu hungern, die Heilpraktiker Breuß propagierte, ist deshalb schon im Ansatz falsch gewesen. Die Breußsche Kur ist ein einfaches, auf mittelalterlichen, säftepathologischen Gedankengebäuden fußendes Konglomerat von falschen Thesen, falschen Analogieschlüssen und falsch interpretierten, medizinischen Tatsachen.
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Heilpraktiker Breuß ließ sich von der Realität aber nicht beirren. Immerhin hatte er angeblich am 1. Oktober 1952 entdeckt, dass die Leukämie kein Blutkrebs sein dürfte, sondern eine Blutzersetzung, verursacht durch Pfortaderkreiserkrankung und diese Krankheit wieder durch eine seelische Depression hervorgerufen würde. Zumindest stellte er dies bei einer Patientin namens Regina Lörünser aus Feldkirch per Irisdiagnose fest. Er behandelte sie mit einem Wadenwickel und heilte die Frau angeblich. Da die Frau fünf Jahre später bei einem Autounfall ums Leben kam, blieb ungeklärt, ob sie sonst an ihrer Leukämie verstorben wäre. Je nach Art der Leukämie reicht bei Erwachsenen die durchschnittliche Überlebenszeit nach Diagnosestellung von wenigen Monaten bis zu mehreren Jahren...
 
Heilpraktiker Breuß ließ sich von der Realität aber nicht beirren. Immerhin hatte er angeblich am 1. Oktober 1952 entdeckt, dass die Leukämie kein Blutkrebs sein dürfte, sondern eine Blutzersetzung, verursacht durch Pfortaderkreiserkrankung und diese Krankheit wieder durch eine seelische Depression hervorgerufen würde. Zumindest stellte er dies bei einer Patientin namens Regina Lörünser aus Feldkirch per Irisdiagnose fest. Er behandelte sie mit einem Wadenwickel und heilte die Frau angeblich. Da die Frau fünf Jahre später bei einem Autounfall ums Leben kam, blieb ungeklärt, ob sie sonst an ihrer Leukämie verstorben wäre. Je nach Art der Leukämie reicht bei Erwachsenen die durchschnittliche Überlebenszeit nach Diagnosestellung von wenigen Monaten bis zu mehreren Jahren...
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Dass Breuß sich die Realität ein wenig zurechtzubiegen schien, zeigen seine übrigen Anwendungsbereiche, bei denen seine Diät angeblich hilfreich sein sollte: zerstörende Gelenkentzündungen, Hüftgelenkleiden, Osteoporose, Brust- und Lendenwirbelabnutzung. Einen Beleg für diese Anwendungsbereiche legte Breuß nicht vor. Angeblich hatte er seit den 1950er Jahren schätzungsweise 20.000 Krebskranke und andere Unheilbare [...] durch seine Saftkur wieder gesund gemacht. Schaut man sein Büchlein genau durch, schrumpft die Zahl von Patienten ein kleines bisschen zusammen, denn Breuß schrieb: "Ich persönlich habe ungefähr etwas über 2.000 Menschen so behandelt." Von Erfolgsraten aber war auf einmal keine genaue Rede mehr.
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Dass Breuß sich die Realität ein wenig zurechtzubiegen schien, zeigen seine übrigen Anwendungsbereiche, bei denen seine Diät angeblich hilfreich sein sollte: zerstörende Gelenkentzündungen, Hüftgelenkleiden, Osteoporose, Brust- und Lendenwirbelabnutzung. Einen Beleg für diese Anwendungsbereiche legte Breuß nicht vor. Angeblich hatte er seit den 1950er Jahren schätzungsweise 20.000 Krebskranke und andere Unheilbare durch seine Saftkur wieder gesund gemacht. Schaut man sein Büchlein genau durch, schrumpft die Zahl von Patienten ein kleines bisschen zusammen, denn Breuß schrieb: ''"Ich persönlich habe ungefähr etwas über 2.000 Menschen so behandelt."'' Von Erfolgsraten aber war auf einmal keine genaue Rede mehr.
    
==Ärztliche Kritik an der Breußschen Krebskur==
 
==Ärztliche Kritik an der Breußschen Krebskur==
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