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[[image:Bruker krank durch Zucker.jpg|[[Max Otto Bruker]]:"krank durch Zucker" (1983)|300px|thumb]]
 
[[image:Bruker krank durch Zucker.jpg|[[Max Otto Bruker]]:"krank durch Zucker" (1983)|300px|thumb]]
'''Zuckermythen''' bezeichnen seit Jahren gängige Behauptungen zu Gesundheitsschäden und Risiken, wie auch positive Auswirkungen auf den Menschen durch Zucker, die wissenschaftlich nicht belegt oder umstritten sind. Diese Behauptungen sind von anerkannten schädlichen Folgen des Zuckerkonsums (Beispiel: "Honig-Schnuller-Karies" bei Kleinkindern) zu unterscheiden
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'''Zuckermythen''' bezeichnen seit Jahren gängige Behauptungen zu Gesundheitsschäden und Risiken, wie auch positive Auswirkungen auf den Menschen durch Zucker, die wissenschaftlich nicht belegt oder umstritten sind. Diese Behauptungen sind von anerkannten schädlichen Folgen des Zuckerkonsums (Beispiel: "Honig-Schnuller-Karies" bei Kleinkindern) zu unterscheiden.
    
==Allgemeines zu Zucker/Konsum/Mythen==
 
==Allgemeines zu Zucker/Konsum/Mythen==
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Es liegen sehr viele Mythen zu positiven und negativen Aspekten und Fragen bzgl. Inhalte, Formen der Aufnahme, Auswirkungen zugrunde, wie zb.  
 
Es liegen sehr viele Mythen zu positiven und negativen Aspekten und Fragen bzgl. Inhalte, Formen der Aufnahme, Auswirkungen zugrunde, wie zb.  
:''"Ist Zucker giftig; -macht Zucker süchtig; -macht Zucker dick; -verursacht Zucker Diabetes oder ADHS; -welche Nährstoffe oder Lebensmittelprodukte enthalten wieviel Zucker; -spielt die Farbe/Herkunft eine Rolle; -wird der Zuckerstoffwechsel in den Genen bestimmt; -ist Zucker notwendig für den Energieverbrauch und steigert er die Leistungsfähigkeit; -verbessert Zucker die Gehirnleistung; -ist Milchzucker wirklich Zucker; -ist Fructose der bessere Zucker; und nicht fehlen darf natürlich -gibt es Zuckerverschwörungen…..…u.s.w."''.
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:''"Ist Zucker giftig; -macht Zucker süchtig; -macht Zucker dick; -verursacht Zucker Diabetes oder ADHS; -welche Nährstoffe oder Lebensmittelprodukte enthalten wieviel Zucker; -spielt die Farbe/Herkunft eine Rolle; -wird der Zuckerstoffwechsel in den Genen bestimmt; -ist Zucker notwendig für den Energieverbrauch und steigert er die Leistungsfähigkeit; -verbessert Zucker die Gehirnleistung; -ist Milchzucker wirklich Zucker; -ist Fructose der bessere Zucker; und nicht fehlen darf natürlich: -gibt es Zuckerverschwörungen u.s.w."''.
    
Die Vielfalt der Mythen und Geschichten ist schwer zu überschauen und beliebig zu kombinieren. Diese Mythen und Unklarheiten werden auch gerne aus kommerziellen Gründen gepflegt und aufrechterhalten.  
 
Die Vielfalt der Mythen und Geschichten ist schwer zu überschauen und beliebig zu kombinieren. Diese Mythen und Unklarheiten werden auch gerne aus kommerziellen Gründen gepflegt und aufrechterhalten.  
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Gerade das Internet, speziell soziale Medien und Werbung, werden quasi als interaktive Schlachtfelder benutzt, um Glaubenskriege zu entfesseln. Es gibt zahlreiche Studien, die von Ideologen und Lobbyisten der jeweiligen Ernährungsreligionen entsprechend zurechtgebogen werden, um eine Art Gesundheitskraft bzw. negative Folgen für die Gesundheit zu belegen. Zucker ist ein elementarer Bestandteil davon.  
 
Gerade das Internet, speziell soziale Medien und Werbung, werden quasi als interaktive Schlachtfelder benutzt, um Glaubenskriege zu entfesseln. Es gibt zahlreiche Studien, die von Ideologen und Lobbyisten der jeweiligen Ernährungsreligionen entsprechend zurechtgebogen werden, um eine Art Gesundheitskraft bzw. negative Folgen für die Gesundheit zu belegen. Zucker ist ein elementarer Bestandteil davon.  
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Nicht zu vergessen: die Stärke und Macht der Mythen ist verbunden mit den tiefen Emotionen und Gewohnheiten, die mit der Aufnahme verbunden sind. So ist das Essen von Süßigkeiten mehr als nur Nahrungsaufnahme, es ist Erinnerung, Ritual, Unterhaltung, oft Belohnung und manchmal Qual. Und dies manifestiert die Mythen noch mehr.   
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Nicht zu vergessen: die Stärke und Macht der Mythen ist verbunden mit den tiefen Emotionen und Gewohnheiten, die mit der Aufnahme verbunden sind. So ist das Essen von Süßigkeiten mehr als nur Nahrungsaufnahme, es ist Erinnerung, Ritual, Unterhaltung, oft Belohnung und manchmal Qual. Dies manifestiert die Mythen noch mehr.   
    
Und dennoch, auch wenn die Folgen von zu viel Zuckerkonsum drastisch sein können, besteht trotz allem kein Anlass, Zucker generell zu verteufeln. Wir wollen versuchen, einige Mythen aufzugreifen und zu beleuchten.
 
Und dennoch, auch wenn die Folgen von zu viel Zuckerkonsum drastisch sein können, besteht trotz allem kein Anlass, Zucker generell zu verteufeln. Wir wollen versuchen, einige Mythen aufzugreifen und zu beleuchten.
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=====Pro und Contra: Wesentliche Vertreter und ihre Thesen=====  
 
=====Pro und Contra: Wesentliche Vertreter und ihre Thesen=====  
 
====== Robert Lustig======
 
====== Robert Lustig======
Ein Vertreter zuckerkritischer Thesen/Mythen ist der amerikanische Endokrinologe Robert Lustig. Seit 2009 verbreitet er Behauptungen, Zucker löse Suchtverhalten aus.<ref>https://en.wikipedia.org/wiki/Robert_Lustig</ref> Durch ein virales Youtube-Video erhielt diese Behauptung mit spektakulären, dramatischen Aussagen eine breite Öffentlichkeit in den USA. Diese Behauptung ist aber heftig umstritten, auch wenn Zucker im Belohnungsareal Reize ähnlich einer Droge auslöst, die den Konsum begünstigen. Eine Sucht mit Entzugserscheinungen wie Heroin löst Zucker aber sicher nicht aus; die gängige deutsche Formulierung ist daher "suchtähnliches Verhalten". In Deutschland finden sich solche spektakulären Aussagen vor allem bei alternativen Anbietern wie dem Zentrum der Gesundheit, selbstverständlich mit kostenpflichtigen Angeboten zum "Ausstieg".  
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Ein Vertreter zuckerkritischer Thesen/Mythen ist der amerikanische Endokrinologe Robert Lustig. Seit 2009 verbreitet er Behauptungen, Zucker löse Suchtverhalten aus.<ref>https://en.wikipedia.org/wiki/Robert_Lustig</ref> Durch ein virales Youtube-Video erhielt diese Behauptung mit spektakulären, dramatischen Aussagen eine breite Öffentlichkeit in den USA. Diese Behauptung ist aber heftig umstritten, auch wenn Zucker im Belohnungsareal Reize ähnlich einer Droge auslöst, die den Konsum begünstigen. Eine Sucht mit Entzugserscheinungen wie Heroin löst Zucker nicht aus; die gängige deutsche Formulierung ist daher "suchtähnliches Verhalten". In Deutschland finden sich solche spektakulären Aussagen vor allem bei alternativen Anbietern wie dem Zentrum der Gesundheit, selbstverständlich mit kostenpflichtigen Angeboten zum "Ausstieg".  
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Durch Aussagen wie "''Viele wissen gar nichts von ihrer Sucht''" werden im Sinne einer [[Krankheitserfindung|Krankheitserfindung / "disease mongering"]] Ängste geschürt und genutzt um einen ein Markt für überflüssige Produkte und Dienstleistungen zu erschließen (siehe-> Macht Zucker süchtig?). Auch Zitate wie ''"Fructose ist Gift. Fructose schädigt die Leber, in derselben Art und Weise wie Alkohol'' und ''Ich stehe heute hier um Euch zu rekrutieren. Für einen Krieg gegen schlechtes Essen.'' sorgten für Aufsehen.<ref>http://www.deutschlandradiokultur.de/ernaehrung-auf-zucker.976.de.html?dram:article_id=324215</ref>
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Durch Aussagen wie "''Viele wissen gar nichts von ihrer Sucht''" werden im Sinne einer [[Krankheitserfindung|Krankheitserfindung/"disease mongering"]] Ängste geschürt und genutzt, um einen ein Markt für überflüssige Produkte und Dienstleistungen zu erschließen (siehe -> Macht Zucker süchtig?). Auch Zitate wie ''"Fructose ist Gift. Fructose schädigt die Leber, in derselben Art und Weise wie Alkohol"'' und ''"Ich stehe heute hier um Euch zu rekrutieren. Für einen Krieg gegen schlechtes Essen"'' sorgten für Aufsehen.<ref>http://www.deutschlandradiokultur.de/ernaehrung-auf-zucker.976.de.html?dram:article_id=324215</ref>
    
====== Dr. Max Otto Bruker======  
 
====== Dr. Max Otto Bruker======  
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Ergebnisse wurden hin- und hergeschoben, bis das gewünschte Ergebnis feststand: Schokolade macht dünn. Genau das soll das Fake-Projekt deutlich machen: Ernährungsstudien sind oft fragwürdig.  
 
Ergebnisse wurden hin- und hergeschoben, bis das gewünschte Ergebnis feststand: Schokolade macht dünn. Genau das soll das Fake-Projekt deutlich machen: Ernährungsstudien sind oft fragwürdig.  
Dann wurde wurde eine PR-Kampagne gestartet mit einer attraktiven Headline: ''"„Schoko statt Jojo - Studie: Schokolade wirkt als Diät-Turbo“. "''. Als Initiator fungierte das ''deutsche „Institute of Diet and Health“'' – eine Non-Profit-Organisation, die „weder von der Industrie beauftragt noch finanziert wird“.
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Dann wurde eine PR-Kampagne mit einer attraktiven Headline gestartet: ''„Schoko statt Jojo - Studie: Schokolade wirkt als Diät-Turbo“''. Als Initiator fungierte das ''deutsche „Institute of Diet and Health“'' – eine Non-Profit-Organisation, die „weder von der Industrie beauftragt noch finanziert wird“.
 
Alle Leitmedien sprangen auf den Zug, Bild brachte die Meldung auf Seite eins. Brigitte, Focus und RTL folgten. Die Nachricht ging auch durch die internationale Presse.<ref>http://dradiowissen.de/beitrag/studien-eine-schokodi%C3%A4t-geht-um-die-welt</ref>
 
Alle Leitmedien sprangen auf den Zug, Bild brachte die Meldung auf Seite eins. Brigitte, Focus und RTL folgten. Die Nachricht ging auch durch die internationale Presse.<ref>http://dradiowissen.de/beitrag/studien-eine-schokodi%C3%A4t-geht-um-die-welt</ref>
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Dies ist nur ein Beispiel und eine Ursache, aus welchem Grund und auf welchem Weg Ernährungsmythen wie die des Zuckers entstehen und gepflegt werden. Allerdings ein wesentlicher, nämlich der kommerzielle Nutzen, der daraus gezogen gewonnen wird. Nicht wenige der existierenden Mythen basieren auf diesem Prinzip und ein großer Teil der Werbung ist darauf abgestimmt, so auch schon in einem Werbevideo aus dem Jahre 1954 mit der Aussage: "''Zucker macht schlank''".<ref> https://www.youtube.com/watch?v=4iaorM7Gnv8 </ref>
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Dies ist nur ein Beispiel und eine Ursache, aus welchem Grund und auf welchem Weg Ernährungsmythen wie die des Zuckers entstehen und gepflegt werden. Allerdings ein wesentlicher, nämlich der kommerzielle Nutzen, der daraus gezogen wird. Nicht wenige der existierenden Mythen basieren auf diesem Prinzip und ein großer Teil der Werbung ist darauf abgestimmt, so auch schon in einem Werbevideo aus dem Jahre 1954 mit der Aussage: "''Zucker macht schlank''".<ref> https://www.youtube.com/watch?v=4iaorM7Gnv8 </ref>
    
======Politik======
 
======Politik======
 
In den USA zeichneten Ärzte der University of California in San Francisco in einer Ausgabe des Fachblatts PLOS Medicine nach, wie die Zuckerindustrie von 1950 bis 1971 massiv daran arbeitete, die Folgen von gesüßten Getränken und Speisen auf die Zähne zu verharmlosen. Gesundheitswissenschaftler werteten 319 Dokumente von 30 internationalen Lebensmittel- und Süßwarenherstellern aus - darunter Coca-Cola. Dabei zeigte sich, dass der Einfluss der Industrie auf das 1971 in den USA verabschiedete "Nationale Karies-Programm" erheblich war.<ref>http://journals.plos.org/plosmedicine/article?id=10.1371/journal.pmed.1001798</ref>
 
In den USA zeichneten Ärzte der University of California in San Francisco in einer Ausgabe des Fachblatts PLOS Medicine nach, wie die Zuckerindustrie von 1950 bis 1971 massiv daran arbeitete, die Folgen von gesüßten Getränken und Speisen auf die Zähne zu verharmlosen. Gesundheitswissenschaftler werteten 319 Dokumente von 30 internationalen Lebensmittel- und Süßwarenherstellern aus - darunter Coca-Cola. Dabei zeigte sich, dass der Einfluss der Industrie auf das 1971 in den USA verabschiedete "Nationale Karies-Programm" erheblich war.<ref>http://journals.plos.org/plosmedicine/article?id=10.1371/journal.pmed.1001798</ref>
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In Europa wurden  im Jahre 2006 mit der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäische Parlamentes und des Rates <ref>http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32006R1924&from=DE</ref>, die sogenannte Health-Claim-Verordnung, eine Maßnahme getroffen, die auch Zucker- und Zuckermythen betreffen, da mit dieser Maßnahme irreführende oder gar komplett falsche Aussagen zu Werbezwecken verhindert werden sollen. Auch wurden weitere nationale und EU-weite Lebensmittelkennzeichnungen geregelt.<ref>http://www.aid.de/inhalt/eu-lebensmittel-informationsverordnung-1877.html</ref>. Dennoch bieten sich immer noch einige Schlupflöcher, die von Industrie und Handel genutzt werden, um Mythen zu pflegen oder tatsächliche Zuckergehalte zu verschleiern.  
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In Europa wurden  im Jahre 2006 mit der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäische Parlamentes und des Rates <ref>http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32006R1924&from=DE</ref>, die sogenannte Health-Claim-Verordnung, eine Maßnahme getroffen, die auch Zucker- und Zuckermythen betreffen, da mit dieser Maßnahme irreführende oder gar komplett falsche Aussagen zu Werbezwecken verhindert werden sollen. Auch wurden weitere nationale und EU-weite Lebensmittelkennzeichnungen geregelt.<ref>http://www.aid.de/inhalt/eu-lebensmittel-informationsverordnung-1877.html</ref>. Dennoch bieten sich immer noch einige Schlupflöcher, die von Industrie und Handel genutzt werden, um Mythen zu pflegen oder tatsächliche Zuckergehalte zu verschleiern.  
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=====Wie sieht es der Rest der Welt?=====
 
=====Wie sieht es der Rest der Welt?=====
 
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Die Ernährung des Menschen besteht im Wesentlichen aus sieben Grundkomponenten, sechs Gruppen aus festen Nährstoffen und Wasser. Kohlenhydrate und Fette sind die wichtigsten Träger der täglichen Energiezufuhr, Proteine, Vitamine, Mineralien und Spurenelemente beeinflussen Wachstum und Entwicklung. Allesamt haben sie eines gemeinsam: sie sind unabdingbar für die menschliche Physiologie und den Stoffwechsel und müssen zugeführt werden. Die einen mehr, die anderen weniger, auch abhängig von dem Energiebedarf des jeweiligen Menschen.
 
Die Ernährung des Menschen besteht im Wesentlichen aus sieben Grundkomponenten, sechs Gruppen aus festen Nährstoffen und Wasser. Kohlenhydrate und Fette sind die wichtigsten Träger der täglichen Energiezufuhr, Proteine, Vitamine, Mineralien und Spurenelemente beeinflussen Wachstum und Entwicklung. Allesamt haben sie eines gemeinsam: sie sind unabdingbar für die menschliche Physiologie und den Stoffwechsel und müssen zugeführt werden. Die einen mehr, die anderen weniger, auch abhängig von dem Energiebedarf des jeweiligen Menschen.
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Zucker, als selbstständiger und explizit aufgenommener Stoff, gehört nicht dazu, er erfüllt im Körper keine unmittelbare und zwingend notwendige spezifische Funktion.  
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Zucker als selbstständiger und explizit aufgenommener Stoff gehört nicht dazu, er erfüllt im Körper keine unmittelbare und zwingend notwendige spezifische Funktion.  
    
=====Der Zucker in unserem Körper=====
 
=====Der Zucker in unserem Körper=====
 
Nicht nur Zucker, der direkt und unmittelbar mit der Nahrung aufgenommen wird, spielt eine Rolle, auch Kohlenhydrate (wie auch pflanzliche Stärke) spielen eine herausragende Rolle. Sie sind sehr energiereich und enthalten den Zuckerbaustein Glukose (Traubenzucker). Kohlenhydrate sind in verschiedenen Lebensmitteln enthalten: in Obst, Brot, Getreideprodukten, Kartoffeln und Milchprodukten. Der Körper zerlegt die Kohlenhydrate in ihre Bestandteile, denn der Mensch kann nur sogenannte [https://de.wikipedia.org/wiki/Monosaccharide Monosaccharide] (Einfachzucker) aufnehmen. Wenn diese dann im Blut gelöst sind, dienen sie als der sogenannte Blutzucker als Energielieferant für die Zellen.  
 
Nicht nur Zucker, der direkt und unmittelbar mit der Nahrung aufgenommen wird, spielt eine Rolle, auch Kohlenhydrate (wie auch pflanzliche Stärke) spielen eine herausragende Rolle. Sie sind sehr energiereich und enthalten den Zuckerbaustein Glukose (Traubenzucker). Kohlenhydrate sind in verschiedenen Lebensmitteln enthalten: in Obst, Brot, Getreideprodukten, Kartoffeln und Milchprodukten. Der Körper zerlegt die Kohlenhydrate in ihre Bestandteile, denn der Mensch kann nur sogenannte [https://de.wikipedia.org/wiki/Monosaccharide Monosaccharide] (Einfachzucker) aufnehmen. Wenn diese dann im Blut gelöst sind, dienen sie als der sogenannte Blutzucker als Energielieferant für die Zellen.  
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Es wird oft und an vielen Stellen erwähnt und ist bemerkenswert, dass bei gesunden Menschen im normalen Ernährungszustand keinerlei essentielle Notwendigkeit besteht, diese dem Körper in der Menge zuzuführen wie es mittlerweile passiert. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Die Bedeutung, vor allem für das menschliche Gehirn, da dieses nur sehr kurze Zeit ohne Glukose auskommt (das gleiche gilt auch für [https://de.wikipedia.org/wiki/Erythrozyt Erythrozyten]), hat die Evolution den Körper mit der Fähigkeit ausgestattet, permanent aus allem Glukose zu produzieren, auch aus Laktat, Aminosäuren und Glycerin ([https://de.wikipedia.org/wiki/Glykolyse Glykolyse] – [https://de.wikipedia.org/wiki/Gluconeogenese Glukoneogenese] - [https://de.wikipedia.org/wiki/Glykogenolyse Glykogenolyse]). <ref>Florian Horn, Biochemie des Menschen 6. Auflage, Thieme 2015 </ref>
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Es wird oft und an vielen Stellen erwähnt und ist bemerkenswert, dass bei gesunden Menschen im normalen Ernährungszustand keinerlei essentielle Notwendigkeit besteht, diese dem Körper in der Menge zuzuführen wie es mittlerweile passiert. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Die Bedeutung, vor allem für das menschliche Gehirn, da dieses nur sehr kurze Zeit ohne Glukose auskommt (das gleiche gilt auch für [https://de.wikipedia.org/wiki/Erythrozyt Erythrozyten]), hat die Evolution den Körper mit der Fähigkeit ausgestattet, permanent aus allem Glukose zu produzieren, auch aus Laktat, Aminosäuren und Glycerin ([https://de.wikipedia.org/wiki/Glykolyse Glykolyse] – [https://de.wikipedia.org/wiki/Gluconeogenese Glukoneogenese] - [https://de.wikipedia.org/wiki/Glykogenolyse Glykogenolyse]).<ref>Florian Horn, Biochemie des Menschen 6. Auflage, Thieme 2015 </ref>
    
Der tägliche Glucosebedarf eines erwachsenen Menschen liegt bei rund 180 g, wovon allein das Gehirn als größter Konsument 80% dieser Menge zur Energiegewinnung benötigt. Das ist der Grund dafür, dass bei kurzfristigen Hungerperioden Glucose neu synthetisiert werden muss. Diesen Vorgang bezeichnet man als Gluconeogenese. Sie findet in der Leber, in der Nierenrinde und auch im Darm statt. Als Substrate werden Pyruvat, Lactat, Glycerol, und Alanin verwendet. Überschüssige Glucose wird in Form von Glycogen im Körper gespeichert und bei Bedarf, zum Beispiel bei körperlicher Aktivität, wieder in Glucose überführt.
 
Der tägliche Glucosebedarf eines erwachsenen Menschen liegt bei rund 180 g, wovon allein das Gehirn als größter Konsument 80% dieser Menge zur Energiegewinnung benötigt. Das ist der Grund dafür, dass bei kurzfristigen Hungerperioden Glucose neu synthetisiert werden muss. Diesen Vorgang bezeichnet man als Gluconeogenese. Sie findet in der Leber, in der Nierenrinde und auch im Darm statt. Als Substrate werden Pyruvat, Lactat, Glycerol, und Alanin verwendet. Überschüssige Glucose wird in Form von Glycogen im Körper gespeichert und bei Bedarf, zum Beispiel bei körperlicher Aktivität, wieder in Glucose überführt.
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Zwingend notwendig ist die separate Zufuhr von Extraportionen Zucker somit also nicht. Es sind auch keine symptomatischen Mangelerscheinungen bekannt. Dennoch beeinflusst (und teilweise dominiert) Zucker unser Essverhalten in vielerlei Hinsicht
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Zwingend notwendig ist die separate Zufuhr von Extraportionen Zucker somit also nicht. Es sind auch keine symptomatischen Mangelerscheinungen bekannt. Dennoch beeinflusst (und teilweise dominiert) Zucker unser Essverhalten in vielerlei Hinsicht.
    
===Nahrung===
 
===Nahrung===
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Es bleibt auch unklar, warum z.B. Zucker in Obst „harmlos“ und in Obstsäften, mit denen sie der Nahrung wieder zugesetzt werden, „riskant“ sein sollen.<ref>http://euleev.de/lebensmittel-und-ernaehrung/ernaehrungsunsinn-des-monats/569-ernaehrungsunsinn-des-monats-april-2015-who-will-weniger-zucker</ref>
 
Es bleibt auch unklar, warum z.B. Zucker in Obst „harmlos“ und in Obstsäften, mit denen sie der Nahrung wieder zugesetzt werden, „riskant“ sein sollen.<ref>http://euleev.de/lebensmittel-und-ernaehrung/ernaehrungsunsinn-des-monats/569-ernaehrungsunsinn-des-monats-april-2015-who-will-weniger-zucker</ref>
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====Natürliches Vorkommen/Gewinnung====  
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====Natürliches Vorkommen bzw. Gewinnung====  
 
Zucker wird aus verschiedenen Pflanzen gewonnen. Für den Zucker, wie Verbraucher ihn hierzulande kennen und zu sich nehmen, sind Zuckerrüben das Ausgangsprodukt. In den heute angepflanzten Zuckerrüben stecken etwa 20 Prozent Zucker: [https://de.wikipedia.org/wiki/Saccharose Saccharose]. Diese Rüben aus Deutschland decken heute fast unseren gesamten Zuckerbedarf. Dafür werden pro Jahr etwa 4 Millionen Tonnen Rüben geerntet.  
 
Zucker wird aus verschiedenen Pflanzen gewonnen. Für den Zucker, wie Verbraucher ihn hierzulande kennen und zu sich nehmen, sind Zuckerrüben das Ausgangsprodukt. In den heute angepflanzten Zuckerrüben stecken etwa 20 Prozent Zucker: [https://de.wikipedia.org/wiki/Saccharose Saccharose]. Diese Rüben aus Deutschland decken heute fast unseren gesamten Zuckerbedarf. Dafür werden pro Jahr etwa 4 Millionen Tonnen Rüben geerntet.  
 
Eine weitere Möglichkeit ist die Gewinnung aus Zuckerrohr, welche heute aber nicht mehr die Bedeutung hat wie noch im 18. oder 19. Jahrhundert. Schon um 1900 wurde die Hälfte der weltweiten Zuckerproduktion durch Rüben gedeckt.<ref>https://de.wikipedia.org/wiki/Zucker#Erzeugung_der_Rohstoffe</ref>
 
Eine weitere Möglichkeit ist die Gewinnung aus Zuckerrohr, welche heute aber nicht mehr die Bedeutung hat wie noch im 18. oder 19. Jahrhundert. Schon um 1900 wurde die Hälfte der weltweiten Zuckerproduktion durch Rüben gedeckt.<ref>https://de.wikipedia.org/wiki/Zucker#Erzeugung_der_Rohstoffe</ref>
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Bei Unterdruck und etwa 70 Grad Celsius bilden sich in einem Kessel langsam Zuckerkristalle aus reinem Haushaltszucker (Saccharose). Mit einer Zentrifuge werden die Kristalle von der braunen Flüssigkeit, der Melasse, getrennt: Sie werden durch die Fliehkraft gegen ein Sieb gedrückt, durch das nur die flüssige Melasse abfließen kann. Dabei ändert sich die Farbe des zurückbleibenden Zuckers langsam von dunklem Braun zu Weiß. Um besonders reinen Kristallzucker herzustellen – die „Raffinade“ – wird der Weißzucker aufgelöst und nochmals auskristallisiert
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Bei Unterdruck und etwa 70 Grad Celsius bilden sich in einem Kessel langsam Zuckerkristalle aus reinem Haushaltszucker (Saccharose). Mit einer Zentrifuge werden die Kristalle von der braunen Flüssigkeit, der Melasse, getrennt: Sie werden durch die Fliehkraft gegen ein Sieb gedrückt, durch das nur die flüssige Melasse abfließen kann. Dabei ändert sich die Farbe des zurückbleibenden Zuckers langsam von dunklem Braun zu Weiß. Um besonders reinen Kristallzucker herzustellen – die „Raffinade“ – wird der Weißzucker aufgelöst und nochmals auskristallisiert. Raffinade wird mit Aktivkohle, Kieselgur und Entfärbeharzen durch mehrfaches Auflösen und Auskristallisieren gereinigt. Sie besteht zu 99,7 Prozent aus Saccharose.
Raffinade wird mit Aktivkohle, Kieselgur und Entfärbeharzen durch mehrfaches Auflösen und Auskristallisieren gereinigt. Sie besteht zu 99,7 Prozent aus Saccharose.
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Dazu kommt noch Fructose, die als Einfachzucker vor allem in Früchten vorhanden ist, ist daher auch unter dem Namen Fruchtzucker bekannt. In einem Apfel mit einem Gewicht von 100 Gramm stecken zum Beispiel rund sechs Gramm Fructose.<ref>http://www.wdr.de/tv/applications/fernsehen/wissen/quarks/pdf/Q_Zucker.pdf Vorkommen und Gewinnung</ref>
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Dazu kommt noch Fructose, die als Einfachzucker vor allem in Früchten vorhanden und auch unter dem Namen Fruchtzucker bekannt ist. In einem Apfel mit einem Gewicht von 100 Gramm stecken zum Beispiel rund sechs Gramm Fructose.<ref>http://www.wdr.de/tv/applications/fernsehen/wissen/quarks/pdf/Q_Zucker.pdf Vorkommen und Gewinnung</ref> Alle anderen Endprodukte wie z.B. Puderzucker, Kandiszucker, Hagelzucker und auch brauner Zucker basieren auf diesen Rohstoffen und Verfahren.  
Alle anderen Endprodukte wie z.B. Puderzucker, Kandiszucker, Hagelzucker und auch brauner Zucker, basieren auf diesen Rohstoffen und Verfahren.  
   
   
 
   
 
====Industrieprodukte====
 
====Industrieprodukte====
Begriffe wie Maltodextrin, Invertzuckersirup oder Laktose sind vielen Verbrauchern nicht oder nicht in ihrer vollen Bedeutung geläufig. Denn mit diesen Bezeichnungen können Hersteller den Zucker auf ihren Verpackungen deklarieren, ohne dass der Verbraucher wirklich weiß, was dahinter steckt. So werden grundsätzlich tatsächliche Zuckermengen in Produkten verschleiert, denn nur der Haushaltszucker, die Saccharose, muss auf der Zutatenliste auch als „Zucker“ ausgewiesen werden. Hersteller ersetzen diesen aber durch einen anderen. Je mehr andere Zuckerarten enthalten sind, um so geringer der Anteil an Haushaltszucker: die Ersatz-Zucker stehen dann in der Zutatenliste entsprechend weit hinten. Zutaten wie Maltodextrin oder Glukose-Sirup sind prinzipiell nichts anderes als Zucker. So werden kleinere Glucose-Ketten zu Maltodextrin verarbeitet. Diese Zuckerketten dienen zum Beispiel als „Füllstoff“ in Corn-Flakes.
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Begriffe wie Maltodextrin, Invertzuckersirup oder Laktose sind vielen Verbrauchern nicht oder nicht in ihrer vollen Bedeutung geläufig. Mit diesen Bezeichnungen können Hersteller den Zucker auf ihren Verpackungen deklarieren, ohne dass der Verbraucher wirklich erkennt, was dahinter steckt. So werden grundsätzlich tatsächliche Zuckermengen in Produkten verschleiert, denn nur der Haushaltszucker, die Saccharose, muss auf der Zutatenliste auch als „Zucker“ ausgewiesen werden. Hersteller ersetzen diesen aber durch einen anderen. Je mehr andere Zuckerarten enthalten sind, um so geringer der Anteil an Haushaltszucker: die Ersatz-Zucker stehen dann in der Zutatenliste entsprechend weit hinten. Zutaten wie Maltodextrin oder Glukose-Sirup sind prinzipiell nichts anderes als Zucker. So werden kleinere Glucose-Ketten zu Maltodextrin verarbeitet. Diese Zuckerketten dienen zum Beispiel als „Füllstoff“ in Corn-Flakes.
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Der  Verbraucher erkennt das aber nicht und glaubt, ein gesunderes Produkt zu kaufen. Und erst, wenn er in der Nährwert-Tabelle unter Kohlenhydraten nachschaut, sieht er, wie viel Zucker wirklich enthalten ist, da dort meist noch ein kleiner Hinweis auf den Gesamtzuckergehalt („Kohlenhydrate – davon Zucker“) gegeben wird.
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Der  Verbraucher erkennt das aber nicht und glaubt, ein gesunderes Produkt zu kaufen. Erst, wenn er in der Nährwert-Tabelle unter Kohlenhydraten nachschaut, sieht er, wie viel Zucker wirklich enthalten ist, da dort meist noch ein kleiner Hinweis auf den Gesamtzuckergehalt („Kohlenhydrate – davon Zucker“) gegeben wird.
    
Die Gefahr liegt dann in den hohen Mengen, gerade bei Menschen mit ohnehin schon gestörtem Essverhalten. Damit nimmt man Zuckermengen auf, die die Tagesbilanz ganz schnell sprengen – ein unkalkulierbarer Konsum.<ref>http://www.wdr.de/tv/applications/fernsehen/wissen/quarks/pdf/Q_Zucker.pdf</ref>
 
Die Gefahr liegt dann in den hohen Mengen, gerade bei Menschen mit ohnehin schon gestörtem Essverhalten. Damit nimmt man Zuckermengen auf, die die Tagesbilanz ganz schnell sprengen – ein unkalkulierbarer Konsum.<ref>http://www.wdr.de/tv/applications/fernsehen/wissen/quarks/pdf/Q_Zucker.pdf</ref>
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====Zuckerersatzstoffe====
 
====Zuckerersatzstoffe====
Lange Zeit schien für Verbaucher die Rechnung bestechend einfach: Ein Stückchen Würfelzucker enthält zehn Kalorien, eine Tablette Süßstoff gar keine. Folglich wurde geschlussfolgert, dass Süßstoff schlank macht.
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Lange Zeit schien für Verbaucher die Rechnung bestechend einfach: Ein Stückchen Würfelzucker enthält zehn Kalorien, eine Tablette Süßstoff gar keine. Folglich wurde geschlussfolgert, dass Süßstoff schlank mache.
    
Noch relativ neu sind Erkenntnise, dass synthetische Süßstoffe den Zuckerstoffwechsel stören. Das zeigte eine kürzlich in "Nature" veröffentlichte Studie israelischer Forscher. Bei Mäusen, denen häufig genutzte Süßstoffe wie Saccharin, Aspartam oder Sucralose über das Trinkwasser verabreicht wurden, kam es nach kurzer Zeit im Glukosebelastungstest zu überhöhten Blutzuckerwerten. "''Ein Anstieg des Blutzuckers könnte deshalb bedeuten, dass Süßstoffe die Entwicklung der Zuckerkrankheit fördern"'', resümieren die Forscher. Diese Arbeit sei dennoch mit Vorsicht zu betrachten, brauchbare Ergebnisse seien nur an Mäusen erzielt worden und dies sei keineswegs so einfach auf den Stoffwechsel des Menschen übertragbar.
 
Noch relativ neu sind Erkenntnise, dass synthetische Süßstoffe den Zuckerstoffwechsel stören. Das zeigte eine kürzlich in "Nature" veröffentlichte Studie israelischer Forscher. Bei Mäusen, denen häufig genutzte Süßstoffe wie Saccharin, Aspartam oder Sucralose über das Trinkwasser verabreicht wurden, kam es nach kurzer Zeit im Glukosebelastungstest zu überhöhten Blutzuckerwerten. "''Ein Anstieg des Blutzuckers könnte deshalb bedeuten, dass Süßstoffe die Entwicklung der Zuckerkrankheit fördern"'', resümieren die Forscher. Diese Arbeit sei dennoch mit Vorsicht zu betrachten, brauchbare Ergebnisse seien nur an Mäusen erzielt worden und dies sei keineswegs so einfach auf den Stoffwechsel des Menschen übertragbar.
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Darauf weisen auch die Ergebnisse der laufenden ernährungsphysiologischen Studie "Personalized Nutrition Project" hin. "Teilnehmer, die Süßstoffe verzehrten, wogen mehr, sie hatten höhere Werte im Nüchtern-Blutzucker und im Langzeit-Blutzucker HbA1c, und ihre Ergebnisse im Glukosebelastungstest waren gestört".
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Darauf weisen auch die Ergebnisse der laufenden ernährungsphysiologischen Studie "Personalized Nutrition Project" hin. ''"Teilnehmer, die Süßstoffe verzehrten, wogen mehr, sie hatten höhere Werte im Nüchtern-Blutzucker und im Langzeit-Blutzucker HbA1c, und ihre Ergebnisse im Glukosebelastungstest waren gestört"''. Die ungünstige Wirkung scheint über eine Veränderung der Darmbakterien zustande zu kommen ("Molecular Aspects of Medcine"). ''"Die Süßstoffe begünstigen das Wachstum von Bakterien, die die Aufnahme von Zucker und möglicherweise auch von kurzkettigen Fettsäuren aus dem Darm steigern"'', erläutert DGE-Mediensprecher Helmut Schatz. ''"Die regelmäßige Einnahme von Süßstoffen könnte deshalb die Nahrungsverwertung steigern."''
Die ungünstige Wirkung scheint über eine Veränderung der Darmbakterien zustande zu kommen ("Molecular Aspects of Medcine"). "Die Süßstoffe begünstigen das Wachstum von Bakterien, die die Aufnahme von Zucker und möglicherweise auch von kurzkettigen Fettsäuren aus dem Darm steigern", erläutert DGE-Mediensprecher Helmut Schatz. "Die regelmäßige Einnahme von Süßstoffen könnte deshalb die Nahrungsverwertung steigern."
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Dazu kommt noch, dass Süßstoff zudem langfristig appetitanregend wirken kann. Der Effekt ist einfach: der süße Geschmack löst einen Reflex aus, die Bauchspeicheldrüse schüttet Insulin aus, weil sie mit Süßen rechnet. Denn der süße Geschmack wird von der Bauchspeicheldrüse mit Zucker gleichgesetzt, sie kennt aber den Unterschied zwischen Süßstoff und Zucker nicht. Das ausgeschüttete Insulin läuft dann aber zunächst ins Leere, weil Süßstoff keinen Blutzucker liefert, den das Insulin abbauen könnte. Da greift das Insulin auf den vorhandenen Blutzucker zurück, Ihr Blutzuckerspiegel sinkt und Ihr Körper antwortet darauf mit Heißhunger. Das bedeutet in der Folge: Süßstoff macht auch hungrig.
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Dazu kommt noch, dass Süßstoff zudem langfristig appetitanregend wirken kann. Der Effekt ist einfach: der süße Geschmack löst einen Reflex aus, die Bauchspeicheldrüse schüttet Insulin aus, weil sie mit Süßem rechnet. Der süße Geschmack wird von der Bauchspeicheldrüse mit Zucker gleichgesetzt, sie kennt aber den Unterschied zwischen Süßstoff und Zucker nicht. Das ausgeschüttete Insulin läuft dann aber zunächst ins Leere, weil Süßstoff keinen Blutzucker liefert, den das Insulin abbauen könnte. Da greift das Insulin auf den vorhandenen Blutzucker zurück, der Blutzuckerspiegel sinkt und der Körper antwortet darauf mit Heißhunger. Das bedeutet in der Folge: Süßstoff macht auch hungrig.
    
Süßstoffe, die nicht nur in "Diät"- oder "Light"-Getränken enthalten sind, sondern auch immer häufiger Fertignahrungsmitteln zugesetzt werden, galten in den vergangenen Jahren als unbedenklich. "''Diese Einschätzung kann nicht mehr aufrecht gehalten werden" und "Übergewichtige Menschen, die mit Süßmitteln ihr Gewicht senken wollen, müssen wissen, dass sie nach dem neuen Wissensstand möglicherweise ihr Diabetesrisiko sogar erhöhen''", so die neuen Aussagen.<ref>http://www.nature.com/nature/journal/v514/n7521/full/nature13793.html</ref> <ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2014-09/ernaehrung-suessstoff-diabetes-zucker-gesundheit</ref>
 
Süßstoffe, die nicht nur in "Diät"- oder "Light"-Getränken enthalten sind, sondern auch immer häufiger Fertignahrungsmitteln zugesetzt werden, galten in den vergangenen Jahren als unbedenklich. "''Diese Einschätzung kann nicht mehr aufrecht gehalten werden" und "Übergewichtige Menschen, die mit Süßmitteln ihr Gewicht senken wollen, müssen wissen, dass sie nach dem neuen Wissensstand möglicherweise ihr Diabetesrisiko sogar erhöhen''", so die neuen Aussagen.<ref>http://www.nature.com/nature/journal/v514/n7521/full/nature13793.html</ref> <ref>http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2014-09/ernaehrung-suessstoff-diabetes-zucker-gesundheit</ref>
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**Kontra: Nur weil Stevia keine Kalorien hat, wird Verbrauchern empfohlen, nicht zu viel des Stoffes zu konsumieren. Denn einerseits warnt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) **vor Überdosierung. Sie untersuchte zuletzt 2014 das Ausmaß, in dem Menschen und die Umwelt mit Stevia in Berührung kommen. Der Behörde zufolge sind lediglich vier Milligramm Steviolglycosid pro **Kilogramm Körpergewicht unbedenklich.<ref>http://www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/3639</ref>
 
**Kontra: Nur weil Stevia keine Kalorien hat, wird Verbrauchern empfohlen, nicht zu viel des Stoffes zu konsumieren. Denn einerseits warnt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) **vor Überdosierung. Sie untersuchte zuletzt 2014 das Ausmaß, in dem Menschen und die Umwelt mit Stevia in Berührung kommen. Der Behörde zufolge sind lediglich vier Milligramm Steviolglycosid pro **Kilogramm Körpergewicht unbedenklich.<ref>http://www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/3639</ref>
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* [https://de.wikipedia.org/wiki/Saccharin Saccharin] ist der am längsten bekannte synthetische Süßstoff und hat keine Kalorien. Heute ist Saccharin eines der gängigsten Süßungsmittel und wird häufig in Kombination mit anderen Süßstoffen eingesetzt, auch in kalorienreduzierten Lebensmitteln und Getränken. Zumindest bei Mäusen scheint Saccharin, wie auch einige andere, künstliche Süßstoffe, eher das Gegenteil zu bewirken. In einer 2010 in Ungarn durchgeführten Studie und einer weiteren 2013 in Brasilien legten die mit Saccharin im Trinkwasser versorgten Mäuse bei gleichem Nahrungsangebot erheblich mehr an Gewicht zu als die Mäuse einer Vergleichsgruppe, die keine Süßstoffe bekamen. Der künstliche Süßstoff Saccharin wird im Körper nicht verstoffwechselt und über das Nierensystem unverändert ausgeschieden. So gelangt der in großen Mengen eingesetzte Süßstoff ins Abwasser und das stellt laut einer 2009 in Deutschland durchgeführten Studie angeblich ein zunehmendes Umweltproblem dar.<ref>http://www.food-detektiv.de/e_nummer_ausgabe.php?id=343</ref>  
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* [https://de.wikipedia.org/wiki/Saccharin Saccharin] ist der am längsten bekannte synthetische Süßstoff und hat keine Kalorien. Heute ist Saccharin eines der gängigsten Süßungsmittel und wird häufig in Kombination mit anderen Süßstoffen eingesetzt, auch in kalorienreduzierten Lebensmitteln und Getränken. Zumindest bei Mäusen scheint Saccharin, wie auch einige andere künstliche Süßstoffe, eher das Gegenteil zu bewirken. In einer 2010 in Ungarn durchgeführten Studie und einer weiteren 2013 in Brasilien legten die mit Saccharin im Trinkwasser versorgten Mäuse bei gleichem Nahrungsangebot erheblich mehr an Gewicht zu als die Mäuse einer Vergleichsgruppe, die keine Süßstoffe bekamen. Der künstliche Süßstoff Saccharin wird im Körper nicht verstoffwechselt und über das Nierensystem unverändert ausgeschieden. So gelangt der in großen Mengen eingesetzte Süßstoff ins Abwasser und das stellt laut einer 2009 in Deutschland durchgeführten Studie angeblich ein zunehmendes Umweltproblem dar.<ref>http://www.food-detektiv.de/e_nummer_ausgabe.php?id=343</ref>  
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Untersucht werden noch Wechselwirkungen auf die sogenannte [http://flexikon.doccheck.com/de/Carboanhydrase Carboanhydrase]. Diese gelten als Ansatzpunkte für die Therapie von Erkrankungen mit erhöhtem Augeninnendruck (Glaukom) oder zur Diurese.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=3840</ref> Eine im Jahr 1970 erschienene Vermutung ''"Kann Saccharin Krebs hervorrufen?''" wurde so nicht bestätigt.<ref> http://www.zeit.de/1970/15/kann-saccharin-krebs-hervorrufen/seite-2 </ref> Warnhinweise für den Verzehr liegen nicht vor. Auch aus Sicht der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) gibt es nach wie vor keinen Beleg dafür, dass der maßvolle Gebrauch von Süßstoff dem Menschen schadet und etwa das Risiko für Typ-2-Diabetes erhöht.<ref>http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/presse/ddg-pressemeldungen/meldungen-detailansicht/article/wirbel-um-saccharin-co-massvoller-konsum-von-suessstoff-scheint-unbedenklich.html</ref>
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Untersucht werden noch Wechselwirkungen auf die sogenannte [http://flexikon.doccheck.com/de/Carboanhydrase Carboanhydrase]. Diese gelten als Ansatzpunkte für die Therapie von Erkrankungen mit erhöhtem Augeninnendruck (Glaukom) oder zur Diurese.<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=3840</ref> Eine im Jahr 1970 erschienene Vermutung ''"Kann Saccharin Krebs hervorrufen?''" wurde so nicht bestätigt.<ref>http://www.zeit.de/1970/15/kann-saccharin-krebs-hervorrufen/seite-2 </ref> Warnhinweise für den Verzehr liegen nicht vor. Auch aus Sicht der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) gibt es nach wie vor keinen Beleg dafür, dass der maßvolle Gebrauch von Süßstoff dem Menschen schadet und etwa das Risiko für Typ-2-Diabetes erhöht.<ref>http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/presse/ddg-pressemeldungen/meldungen-detailansicht/article/wirbel-um-saccharin-co-massvoller-konsum-von-suessstoff-scheint-unbedenklich.html</ref>
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* [[Aspartam]] ist einer der Zuckerersatzstoffe, um die sich Verschwörungstheorien ranken. Schon 1977 witterten Verschwörungsanhänger ein Komplott als [https://de.wikipedia.org/wiki/Donald_Rumsfeld Donald Rumsfeld] an die Spitze von G. D. Searle berufen wurde. Später soll er bei seiner Rückkehr in die Politik unter anderem dafür gesorgt haben, dass Arthur Hull Hayes Chef der bislang Aspartam-skeptischen Lebensmittelbehörde FDA wurde, der dann dort den Süßstoff zuließ.<ref>http://www.spiegel.de/wirtschaft/verschwoerungstheorien-suessstoff-aspartam-in-cola-light-macht-krank-a-1011698.html</ref> Trotz aller spektakulärer Kampagnen und Aussagen: ''"Krebserregend? Pepsi verbannt Süßstoff Aspartam aus Diät-Cola''"<ref>http://www.express.de/22622488 ©2016</ref>, "''Süßstoff Aspartam erhöht das Krebsrisiko''",<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=278</ref> ''"Gefahr Aspartam? – Die Süßstoff-Lüge"''<ref>http://arbeitskreis-krankenversicherungen.de/gefahr-aspartam-die-suessstoff-luege-20406/</ref> ist es ein Fakt, dass bislang keine belastbaren, das heißt fehlerfreien und unabhängigen medizinischen Studien existieren, die einen Zusammenhang zwischen dem Verzehr des Süßstoffs und Krankheiten wie Krebs oder ähnlichen Gesundheitsschäden nachweisen konnten. Es gab Untersuchungen wie die Studie der Ramazzini Foundation an Nagetieren. Doch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kam zu dem Schluss, dass auch diese Studie ''"keinen wissenschaftlichen Beweis dafür liefert, die Verwendung von Aspartam in Lebensmitteln nochmals zu überdenken''". 2013 erklärte die Behörde den Süßstoff erneut für unbedenklich.<ref>http://www.eufic.org/article/de/artid/aspartam/</ref> <ref>https://www.efsa.europa.eu/de/topics/topic/aspartame</ref>. Kein Aspartam aufnehmen dürfen laut Efsa lediglich Menschen, die an der seltenen Stoff­wechselkrankheit [http://flexikon.doccheck.com/de/Phenylketonurie Phenylketonurie] leiden. Ihr Körper kann Phenylalanin, eines der drei Abbau­produkte von Aspartam, nicht umwandeln. Betroffene müssen daher eine strikte phenylalanin-arme Diät halten.
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* [[Aspartam]] ist einer der Zuckerersatzstoffe, um die sich Verschwörungstheorien ranken. Schon 1977 witterten Verschwörungsanhänger ein Komplott als [https://de.wikipedia.org/wiki/Donald_Rumsfeld Donald Rumsfeld] an die Spitze von G. D. Searle berufen wurde. Später soll er bei seiner Rückkehr in die Politik unter anderem dafür gesorgt haben, dass Arthur Hull Hayes Chef der bislang Aspartam-skeptischen Lebensmittelbehörde FDA wurde, der dann dort den Süßstoff zuließ.<ref>http://www.spiegel.de/wirtschaft/verschwoerungstheorien-suessstoff-aspartam-in-cola-light-macht-krank-a-1011698.html</ref> Trotz aller spektakulären Kampagnen und Aussagen: ''"Krebserregend? Pepsi verbannt Süßstoff Aspartam aus Diät-Cola''"<ref>http://www.express.de/22622488 ©2016</ref>, "''Süßstoff Aspartam erhöht das Krebsrisiko''",<ref>http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=278</ref> ''"Gefahr Aspartam? – Die Süßstoff-Lüge"''<ref>http://arbeitskreis-krankenversicherungen.de/gefahr-aspartam-die-suessstoff-luege-20406/</ref> ist es ein Fakt, dass bislang keine belastbaren, das heißt fehlerfreien und unabhängigen medizinischen Studien existieren, die einen Zusammenhang zwischen dem Verzehr des Süßstoffs und Krankheiten wie Krebs oder ähnlichen Gesundheitsschäden nachweisen konnten. Es gab Untersuchungen wie die Studie der Ramazzini Foundation an Nagetieren. Doch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kam zu dem Schluss, dass auch diese Studie ''"keinen wissenschaftlichen Beweis dafür liefert, die Verwendung von Aspartam in Lebensmitteln nochmals zu überdenken''". 2013 erklärte die Behörde den Süßstoff erneut für unbedenklich.<ref>http://www.eufic.org/article/de/artid/aspartam/</ref> <ref>https://www.efsa.europa.eu/de/topics/topic/aspartame</ref>. Kein Aspartam aufnehmen dürfen laut Efsa lediglich Menschen, die an der seltenen Stoff­wechselkrankheit [http://flexikon.doccheck.com/de/Phenylketonurie Phenylketonurie] leiden. Ihr Körper kann Phenylalanin, eines der drei Abbau­produkte von Aspartam, nicht umwandeln. Betroffene müssen daher eine strikte phenylalanin-arme Diät halten.
    
===Zucker in der Forschung===
 
===Zucker in der Forschung===
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In dieser Studie wurde nicht der Gesamtzuckergehalt der Nahrungsmittel herangezogen, sondern lediglich der „hinzugefügte“ Zucker („added sugar“). Die Gehalte wurden anhand einer Nährwerttabelle („MyPyramid Equivalents Database“) kalkuliert. Als „added sugar“ gelten darin beispielsweise Ahornsirup und Honig. Fruchtkonzentrate zum Süßen hingegen gelten nicht als „zugesetzter Zucker“. Das Verfahren zur „Berechnung“ des zugesetzten Zuckers wird als dubios betrachtet.<ref>http://euleev.de/images/andere_Redaktionen/Zuckerstudie_Analyse_Ott.pdf</ref> Auf diesem Weg lässt sich so ziemlich jede Vermutung generieren, die man sich vorstellen kann.
 
In dieser Studie wurde nicht der Gesamtzuckergehalt der Nahrungsmittel herangezogen, sondern lediglich der „hinzugefügte“ Zucker („added sugar“). Die Gehalte wurden anhand einer Nährwerttabelle („MyPyramid Equivalents Database“) kalkuliert. Als „added sugar“ gelten darin beispielsweise Ahornsirup und Honig. Fruchtkonzentrate zum Süßen hingegen gelten nicht als „zugesetzter Zucker“. Das Verfahren zur „Berechnung“ des zugesetzten Zuckers wird als dubios betrachtet.<ref>http://euleev.de/images/andere_Redaktionen/Zuckerstudie_Analyse_Ott.pdf</ref> Auf diesem Weg lässt sich so ziemlich jede Vermutung generieren, die man sich vorstellen kann.
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Die enorme Anzahl von Studien und Untersuchungen zu Zucker und Gesundheit lässt folglich keine gesicherten Schlüsse zu. Viele Untersuchungen sind nicht vergleichbar und daher leider nutzlos. Trotz jahrzehntelanger Forschung fehlen handfeste Beweise, dass Zucker mal abgesehen von seinem Beitrag zur Entstehung von Karies, tatsächlich ein Risikofaktor für die menschliche Gesundheit darstellt.<ref>http://www.euleev.de/images/EULEN-SPIEGEL/2004/2004-1_i3_web_EULE.pdf</ref>
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Die enorme Anzahl von Studien und Untersuchungen zu Zucker und Gesundheit lässt folglich keine gesicherten Schlüsse zu. Viele Untersuchungen sind nicht vergleichbar und daher leider nutzlos. Trotz jahrzehntelanger Forschung fehlen handfeste Beweise, dass Zucker, abgesehen von seinem Beitrag zur Entstehung von Karies, tatsächlich ein Risikofaktor für die menschliche Gesundheit darstellt.<ref>http://www.euleev.de/images/EULEN-SPIEGEL/2004/2004-1_i3_web_EULE.pdf</ref>
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==Mythen==
 
==Mythen==
 
===Zucker und Gesundheit===
 
===Zucker und Gesundheit===
 
====Verursacht Zucker Krebs?====
 
====Verursacht Zucker Krebs?====
Für die Entstehung und die Pflege des Mythos, dass Zucker unmittelbar Krebs auslöst, gibt es eine simple physiologische Grundlage. Nämlich die beobachtete Tatsache, dass Tumorzellen verstärkt aus Zucker Bausteine für neue Krebszellen gewinnen können. Allerdings ist die Diagnose eben der erkannte Tumor, der schon vorhanden ist. Das bedeutet noch lange nicht, dass Zucker an sich ein direkter Risikofaktor ist und Krebs verursacht. Frühere Studien haben einen Zusammenhang von energiereicher Nahrung und bestimmten Krebserkrankungen gefunden, allerdings wurde dabei der Einfluss von Übergewicht oder Bewegungsarmut nicht berücksichtigt.<ref>La Vecchia C, Franceschi S, Dolara P, Bidoli E, Barbone F. Refined-sugar intake and the risk of colorectal cancer in humans. Int J Cancer. 1993 Sep 30;55(3):386-9</ref> <ref>Franceschi S, Favero A, La Vecchia C, Negri E, Conti E, Montella M, Giacosa A, Nanni O, Decarli A. Food groups and risk of colorectal cancer in Italy. Int J Cancer. 1997 Jul 3;72(1):56-61. </ref>. So betont auch das deutsche Krebsforschungszentrum: ..''.Für viele Tumoren sind zufällige Fehler bei der Zellteilung verantwortlich, denen man nicht vorbeugen kann''<ref>https://www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/risiken/index.php</ref>
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Für die Entstehung und die Pflege des Mythos, dass Zucker unmittelbar Krebs auslöst, gibt es eine simple physiologische Grundlage: Nämlich die beobachtete Tatsache, dass Tumorzellen verstärkt aus Zucker Bausteine für neue Krebszellen gewinnen können. Allerdings ist die Diagnose eben der erkannte Tumor, der schon vorhanden ist. Das bedeutet noch lange nicht, dass Zucker an sich ein direkter Risikofaktor ist und Krebs verursacht. Frühere Studien haben einen Zusammenhang von energiereicher Nahrung und bestimmten Krebserkrankungen gefunden, allerdings wurde dabei der Einfluss von Übergewicht oder Bewegungsarmut nicht berücksichtigt.<ref>La Vecchia C, Franceschi S, Dolara P, Bidoli E, Barbone F. Refined-sugar intake and the risk of colorectal cancer in humans. Int J Cancer. 1993 Sep 30;55(3):386-9</ref> <ref>Franceschi S, Favero A, La Vecchia C, Negri E, Conti E, Montella M, Giacosa A, Nanni O, Decarli A. Food groups and risk of colorectal cancer in Italy. Int J Cancer. 1997 Jul 3;72(1):56-61. </ref>. So betont auch das deutsche Krebsforschungszentrum: ''"Für viele Tumoren sind zufällige Fehler bei der Zellteilung verantwortlich, denen man nicht vorbeugen kann"''.<ref>https://www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/risiken/index.php</ref>
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Aktuellere Übersichtsarbeiten sehen weniger den Zucker allein als Gefahr, sondern eher die Kalorienbilanz insgesamt.<ref>Nutr Hosp. 2013 Jul;28 Suppl 4:95-105</ref><ref>Dietary fructose, carbohydrates, glycemic indices and pancreatic cancer risk: a systematic review and meta-analysis of cohort studies.“ Ann Oncol 23(10): 2536-2546</ref>
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Aktuellere Übersichtsarbeiten sehen weniger den Zucker allein als Gefahr, sondern eher die Kalorienbilanz insgesamt.<ref>Nutr Hosp. 2013 Jul;28 Suppl 4:95-105</ref><ref>Dietary fructose, carbohydrates, glycemic indices and pancreatic cancer risk: a systematic review and meta-analysis of cohort studies.“ Ann Oncol 23(10): 2536-2546</ref> Auch bekannte Risikofaktoren wie beispielsweise das Rauchen oder der Alkohol wurden nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt.
Auch bekannte Risikofaktoren wie beispielsweise das Rauchen oder der Alkohol, wurde nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt.  
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Insgesamt lassen sich sich keine belastbaren wissenschaftlichen Hinweise dafür finden, dass Zucker das Krebsrisiko maßgeblich beeinflusst. Zu beachten ist aber, dass es viele Arten von Zucker und viele Risikofaktoren gibt, die miteinander in Verbindung stehen. Manche Krebsarten stehen möglicherweise mit solchen Risikofaktoren in Verbindung: Beispielsweise könnte eine Ernährung, die reich an Einfachzuckern wie Fruktose oder Glukose ist, das Risiko für Bauchspeicheldrüsen-Krebs erhöhen. Aber auch hier stehen belastbare Ergebnisse auf der Basis von Humanstudien noch aus.   
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Insgesamt lassen sich keine belastbaren wissenschaftlichen Hinweise dafür finden, dass Zucker das Krebsrisiko maßgeblich beeinflusst. Zu beachten ist aber, dass es viele Arten von Zucker und viele Risikofaktoren gibt, die miteinander in Verbindung stehen. Manche Krebsarten stehen möglicherweise mit solchen Risikofaktoren in Verbindung: Beispielsweise könnte eine Ernährung, die reich an Einfachzuckern wie Fruktose oder Glukose ist, das Risiko für Bauchspeicheldrüsen-Krebs erhöhen. Aber auch hier stehen belastbare Ergebnisse auf der Basis von Humanstudien noch aus.   
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Plakative Aussagen wie ''"Zucker sorgt für Brustkrebs und Metastasen"'' oder ''"Krebs liebt Zucker (Fructose)"''''<ref>www.zentrum-der-gesundheit.de/krebs-zucker-ia.html</ref> <ref>www.zentrum-der-gesundheit.de/brustkrebs-durch-zucker.html</ref> sind entweder nicht belegt oder völlig aus dem Zusammenhang wiedergegeben. In der Regel bedienen diese Behauptungen kommerzielle Interessen und sollen die Bereitschaft erhöhen, angebotene Produkte und Methoden zu nutzen die zur Vorbeugung oder gar Heilung dienen sollen.
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Plakative Aussagen wie ''"Zucker sorgt für Brustkrebs und Metastasen"'' oder ''"Krebs liebt Zucker (Fructose)"''''<ref>zentrum-der-gesundheit.de/krebs-zucker-ia.html</ref> <ref>zentrum-der-gesundheit.de/brustkrebs-durch-zucker.html</ref> sind entweder nicht belegt oder völlig aus dem Zusammenhang wiedergegeben. In der Regel bedienen diese Behauptungen kommerzielle Interessen und sollen die Bereitschaft erhöhen, angebotene Produkte und Methoden zu nutzen, die zur Vorbeugung oder gar Heilung dienen sollen.
 
   
 
   
Selbst deutsche Leitmedien springen auf diesen Zug und berichten z.B. über die [[Ketogene Diät]].<ref>http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/sendung/krebs-zucker-100.html</ref>. Es entsteht der Eindruck, als wären die beschriebenen Methoden durchaus als Fakten zu betrachten. Erst am Ende des Artikels kommt der Hinweis der beteiligten Forscher: ''"Wir können die Ketogene Diät derzeit nicht prinzipiell empfehlen", erklärt Sütterlin, "aber wir haben genug Hinweise darauf, dass die Ernährungsumstellung einen positiven Effekt haben könnte, dass es Sinn ergibt, sie weiter zu untersuchen."'' Trotzdem wird die Verzweiflung und die Hoffnung Betroffener instrumentalisiert und es werden Produkte und Methoden auf den einschlägigen Portalen intensiv beworben und vertrieben, für die es keinerlei Wirkungsnachweis gibt.   
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Selbst deutsche Leitmedien springen auf diesen Zug und berichten z.B. über die [[Ketogene Diät]].<ref>http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/sendung/krebs-zucker-100.html</ref>. Es entsteht der Eindruck, als seien die beschriebenen Methoden durchaus als Fakten zu betrachten. Erst am Ende des Artikels kommt der Hinweis der beteiligten Forscher: ''"Wir können die Ketogene Diät derzeit nicht prinzipiell empfehlen", erklärt Sütterlin, "aber wir haben genug Hinweise darauf, dass die Ernährungsumstellung einen positiven Effekt haben könnte, dass es Sinn ergibt, sie weiter zu untersuchen."'' Trotzdem wird die Verzweiflung und die Hoffnung Betroffener instrumentalisiert und es werden Produkte und Methoden auf den einschlägigen Portalen intensiv beworben und vertrieben, für die es keinerlei Wirkungsnachweis gibt.   
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'''Hydroxymethylfurfural''': Diese Substanz entsteht beim Erhitzen von kohlenhydrat- bzw. zuckerhaltigen Lebensmitteln und ist Bestandteil von z.B. Karamel-Farbstoffen und Raucharomen. Zwischenzeitlich war sie aufgrund des stark ansteigenden Konsums von karamellisierten Produkten (Gehalt: bis zu 9500mg/kg/L) im Verdacht, an der Entstehung von Krebs beteiligt zu sein. Dementsprechend wurde untersucht und vom Bundesinstitut für Risikobewertung beurteilt. Mit dem Ergebnis: ''"Derzeit kann aus den vorliegenden experimentellen Studien hinsichtlich einer krebserzeugenden und erbgutschädigenden Wirkung von 5-HMF keine Relevanz für den Menschen abgeleitet werden."''<ref>http://www.bfr.bund.de/cm/343/5_hmf_gehalte_in_lebensmitteln_sind_nach_derzeitigem_wissenschaftlichen_kenntnisstand_gesundheitlich_unproblematisch.pdf</ref> Auch hier wäre damit einer möglichen Mythenbildung, die zur Panikmache und damit zum Vertrieb diverser Entgitungsmittel oder ähnlichem führen würde, entgegen gewirkt.
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'''Hydroxymethylfurfural''' : Diese Substanz entsteht beim Erhitzen von kohlenhydrat- bzw. zuckerhaltigen Lebensmittel und ist Bestandteil von z.B. Karamel-Farbstoffen und Raucharomen.  Zwischenzeitlich war sie, aufgrund des stark ansteigenden Konsums von karamellisierten Produkten (Gehalt: bis zu 9500mg/kg/L) im Verdacht an der Entstehung von Krebs beteiligt zu sein. Dementsprechend wurde untersucht und vom Bundesinstitut für Risikobewertung beurteilt. Mit dem Ergebnis:" ''Derzeit kann aus den vorliegenden experimentellen Studien
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====Diabetes/Adipositas und Zuckermythen====
hinsichtlich einer krebserzeugenden und erbgutschädigenden Wirkung von 5-HMF keine Relevanz für den Menschen abgeleitet werden.'' <ref>http://www.bfr.bund.de/cm/343/5_hmf_gehalte_in_lebensmitteln_sind_nach_derzeitigem_wissenschaftlichen_kenntnisstand_gesundheitlich_unproblematisch.pdf</ref> 
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In der Ernährungsmedizin unterscheidet man zwischen ernährungsbedingten (Mangelerscheinungen) und ernährungsmitbedingten Erkrankungen, die in der Regel durch ein Nährstoffüberangebot entstehen. Dazu gehören auch Diabetes und Adipositas. Was nach Haarspalterei aussieht, ist im Prinzip zwingend notwendig, da die Erkrankung multiple Ursachen hat, die sich in Kombination auswirken. Dies beeinflusst Diagnostik und Behandlung entscheidend. Um Diabetes und Adipositas dauerhaft zu therapieren, bedarf es eben mehr als nur den Zuckerkonsum zu reduzieren. Auch wenn dies in der Regel eine der ersten Maßnahmen ist.  
Auch hier wäre damit einer möglichen Mythenbildung, die zur Panikmache und damit zum Vertrieb diverser Entgitungsmittel oder ähnlichem führen würde, entgegen gewirkt.
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====Diabetes/Adipositas und Zucker-Mythen====
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In der Ernährungsmedizin unterscheidet man zwischen ernährungsbedingten (Mangelerscheinungen) und ernährungsmitbedingten Erkrankungen. Diese entstehen in der Regel durch ein Nährstoff-Überangebot. Dazu gehören auch Diabetes und Adipositas. Was nach Haarspalterei aussieht, ist im Prinzip zwingend notwendig, da Ursachen der Erkrankung multiple Ursachen hat, die sich in Kombination auswirken. Dies wirkt sich entscheidend auf Diagnostik und Behandlung aus. Um Diabetes und Adipositas dauerhaft zu therapieren, bedarf es eben mehr, als nur den Zuckerkonsum zu reduzieren. Auch wenn dies in der Regel einer der ersten Maßnahmen sind.  
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Der Typ-2-Diabetes mellitus beruht nach heutiger Erkenntnis auf genetisch bedingten, multifaktoriellen Ursachen. Zucker- und Kohlenhydratreiche Ernährung kann ein Teil davon sein. Zur Entwicklung eines klinisch relevanten Krankheitsbildes kommt es dann unter dem Einfluss sogenannter Manifestations- oder Risikofaktoren, die häufig in Form eines [http://flexikon.doccheck.com/de/Metabolisches_Syndrom metabolischen Syndroms] vorliegen. Nicht ausgewogene Ernährung, insbesondere die übermäßige Aufnahme von Zuckerhaltigem Produkten ist ein wesentlicher Faktor bei diesem Syndrom. Über den tatsächlichen Anteil des Zuckers an diesen Krankheiten wird reichlich geforscht und publiziert. Die Erkenntisse sind sehr unterschiedlich und werden kontrovers diskutiert.
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Der Typ-2-Diabetes mellitus beruht nach heutiger Erkenntnis auf genetisch bedingten, multifaktoriellen Ursachen. Zucker- und Kohlenhydratreiche Ernährung kann ein Teil davon sein. Zur Entwicklung eines klinisch relevanten Krankheitsbildes kommt es dann unter dem Einfluss sogenannter Manifestations- oder Risikofaktoren, die häufig in Form eines [http://flexikon.doccheck.com/de/Metabolisches_Syndrom metabolischen Syndroms] vorliegen. Nicht ausgewogene Ernährung, insbesondere die übermäßige Aufnahme von zuckerhaltigen Produkten, ist ein wesentlicher Faktor bei diesem Syndrom. Über den tatsächlichen Anteil des Zuckers an diesen Krankheiten wird intensiv geforscht und publiziert. Die Erkenntisse sind sehr unterschiedlich und werden kontrovers diskutiert.
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=====Stress->Zucker-Adipositas->Diabetes: Das Cortisol-Modell=====
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=====Stress -> Zucker - Adipositas -> Diabetes: Das Cortisol-Modell=====
Auf Dauer fördert ein hoher Cortisolspiegel Gewichtszunahme, vor allem am Bauch und damit einher geht dann ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Diabetes. Für einen pathologischen und dauerhaft hohen Cortisolspiegel gibt es aber mehrere Möglichkeiten und Zusammenhänge, wie z.B. bei Morbus Cushing,<ref>http://www.endokrinologie.net/cushing-syndrom.php</ref> auch Tumore wie bei Lungenkrebs oder auch auch Alkoholiker können im Verlauf ihrer Erkrankung zu viel Cortisol ins Blut schwemmen.   
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Auf Dauer fördert ein hoher Cortisolspiegel Gewichtszunahme, vor allem am Bauch, und damit einher geht dann ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Diabetes. Für einen pathologischen und dauerhaft hohen Cortisolspiegel gibt es aber mehrere Möglichkeiten und Zusammenhänge, wie z.B. bei Morbus Cushing;<ref>http://www.endokrinologie.net/cushing-syndrom.php</ref> auch Tumore wie bei Lungenkrebs oder auch Alkoholiker können im Verlauf ihrer Erkrankung zu viel Cortisol ins Blut schwemmen.   
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Physiologen des Monell-Institutes für Chemische Sinne in Philadelphia wollen unlängst herausgefunden haben, dass Stress auf hormonellem Wege die Rezeptoren für Süßes im Mund manipuliert. Und zwar so, dass der Appetit auf Zuckerzeug zwangsläufig ansteigt.
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Physiologen des Monell-Institutes für Chemische Sinne in Philadelphia wollen unlängst herausgefunden haben, dass Stress auf hormonellem Wege die Rezeptoren für Süßes im Mund manipuliert, so dass der Appetit auf Zuckerzeug zwangsläufig ansteigt.
Der Schlüssel dafür ist laut des Instituts das Hormon Cortisol. Cortisol hilft Stresssituationen zu meistern. Unter Stress steigt mit dem Cortisol auch der Energiebedarf, vor allem das Gehirn benötigt mehr Treibstoff, sprich mehr Glucose. Deshalb ist der Hang zum kalorienreichen Zucker, in dem Moment, eine sinnvolle Reaktion des Körpers. Sobald der Mensch Süßes wie Schokolade isst, sinkt ein erhöhter Cortisolspiegel schnell ab.  
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Der Schlüssel dafür ist laut Institut das Hormon Cortisol. Cortisol hilft Stresssituationen zu meistern. Unter Stress steigt mit dem Cortisol auch der Energiebedarf, vor allem das Gehirn benötigt mehr Treibstoff, sprich mehr Glucose. Deshalb ist der Hang zum kalorienreichen Zucker in dem Moment eine sinnvolle Reaktion des Körpers. Sobald der Mensch Süßes wie Schokolade isst, sinkt ein erhöhter Cortisolspiegel schnell ab.  
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Ärger und Angst gelten als wesentlichen Ursachen des metabolischen Syndroms. Eine aktuelle Studie aus dem belgischen Gent sollte zeigen, dass Kinder mit hohem aus einem schwierigen sozialen Umfeld mit hohem Cortisolspiegel deutlich dicker sind als Kinder in entspannten Lebensverhältnissen. Folgerichtig hätten Cortisolkinder auch einen ausgeprägten Hang nach Süßem. Wer will, kann daraus einen Zusammenhang zwischen Zuckerverzehr und Gewicht konstruieren. In Wirklichkeit wäre es aber genau umgekehrt. Zucker würde schnell und effektiv das riskante Cortisol senken und damit der Adipositas entgegen. wirken<ref>Michels N et al: Cross-Lagged Associations Between Children's Stress and Adiposity: The Children's Body Composition and Stress Study. Psychosomatic Medicine 2015; 77: 50-58</ref>                                                                                                     <ref>Parker MR et al: Expression and nuclear translocation of glucocorticoid receptors in type 2 taste receptor cells. Neuroscience Letters 2014; 571: 72-77</ref>
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Ärger und Angst gelten als wesentlichen Ursachen des metabolischen Syndroms. Eine aktuelle Studie aus dem belgischen Gent sollte zeigen, dass Kinder aus einem schwierigen sozialen Umfeld mit hohem Cortisolspiegel deutlich dicker sind als Kinder in entspannten Lebensverhältnissen. Folgerichtig hätten diese Kinder auch einen ausgeprägten Hang nach Süßem. Wer will, kann daraus einen Zusammenhang zwischen Zuckerverzehr und Gewicht konstruieren. In Wirklichkeit wäre es aber genau umgekehrt. Zucker würde schnell und effektiv das riskante Cortisol senken und damit der Adipositas entgegen. wirken.<ref>Michels N et al: Cross-Lagged Associations Between Children's Stress and Adiposity: The Children's Body Composition and Stress Study. Psychosomatic Medicine 2015; 77: -58</ref> <ref>Parker MR et al: Expression and nuclear translocation of glucocorticoid receptors in type 2 taste receptor cells. Neuroscience Letters 2014; 571: 72-77</ref>
    
====Macht Zucker süchtig?====
 
====Macht Zucker süchtig?====
Die Tatsache das Menschen Süßes lieben, gilt schon als angeboren. Dies lässt sich schon an Babys beobachten: Gibt man Neugeborenen eine Zuckerlösung auf die Zunge, wirkt ihr Gesicht zufrieden. Diese biologische Präferenzen sind aber individuell unterschiedlich ausgeprägt. Mittlerweile wurde ein entsprechendes Gen des „süßen” Geschmackzellproteins identifiziert. Variationen ([https://de.wikipedia.org/wiki/Polymorphismus Polymorphismen]) des Gens könnten zu einer unterschiedlich starken Wahrnehmung von süßem Geschmack führen. Deshalb fällt es selbst den Menschen, die den Zucker für gefährlich halten, so schwer, darauf zu verzichten.<ref>http://www.euleev.de/images/EULEN-SPIEGEL/2004/2004-1_i3_web_EULE.pdf</ref>. Es existieren auch Thesen, die Aussagen, das die Süße in früheren Zeiten eine Art Signal war für Menschen: "Nicht giftig".  
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Die Tatsache, dass Menschen Süßes lieben, gilt als bereits angeboren. Dies lässt sich an Babys beobachten: Gibt man Neugeborenen eine Zuckerlösung auf die Zunge, wirkt ihr Gesicht zufrieden. Diese biologischen Präferenzen sind aber individuell unterschiedlich ausgeprägt. Mittlerweile wurde ein entsprechendes Gen des „süßen” Geschmackzellproteins identifiziert. Variationen ([https://de.wikipedia.org/wiki/Polymorphismus Polymorphismen]) des Gens könnten zu einer unterschiedlich starken Wahrnehmung von süßem Geschmack führen. Deshalb fällt es selbst den Menschen, die den Zucker für gefährlich halten, so schwer, darauf zu verzichten.<ref>http://www.euleev.de/images/EULEN-SPIEGEL/2004/2004-1_i3_web_EULE.pdf</ref>. Es existieren auch Thesen, die Aussagen, das die Süße in früheren Zeiten eine Art Signal war für Menschen: "Nicht giftig".  
    
Schlagzeilen und Aussagen wie "''Zucker macht so süchtig wie Kokain''" <ref>http://www.rp-online.de/leben/gesundheit/ernaehrung/zucker-macht-so-suechtig-wie-kokain-aid-1.2997220</ref> sind nicht belastbar belegt. Die in diesem Artikel erwähnte Forschungsarbeit führte ihre Studien an Ratten durch.
 
Schlagzeilen und Aussagen wie "''Zucker macht so süchtig wie Kokain''" <ref>http://www.rp-online.de/leben/gesundheit/ernaehrung/zucker-macht-so-suechtig-wie-kokain-aid-1.2997220</ref> sind nicht belastbar belegt. Die in diesem Artikel erwähnte Forschungsarbeit führte ihre Studien an Ratten durch.
:.. ''Auch hier gaben die Forscher Ratten Zuckerwasser zu schlecken. Sechs Wochen lang labten sich die Tiere statt an Wasser an dem süßen Nass. Nach dieser Zeit sollten die Tiere eine vorher trainierte Strecke durch ein Labyrinth zurücklegen und schnitten dabei auffallend schlecht ab. Daraus folgerten die Wissenschaftler, dass diese Tiere "weniger klar denken" könnten.
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:''"Auch hier gaben die Forscher Ratten Zuckerwasser zu schlecken. Sechs Wochen lang labten sich die Tiere statt an Wasser an dem süßen Nass. Nach dieser Zeit sollten die Tiere eine vorher trainierte Strecke durch ein Labyrinth zurücklegen und schnitten dabei auffallend schlecht ab. Daraus folgerten die Wissenschaftler, dass diese Tiere "weniger klar denken" könnten.
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Auch solche Schlagzeilen "''So verwandelt uns Zucker in Sklaven''<ref>http://www.focus.de/gesundheit/experten/felix_klemme/zuckersucht-so-verwandelt-uns-zucker-in-sklaven_id_4541764.html</ref>, dienen eher der plakativen Auflagensteigerung, als einer fundierten Betrachtung der Sachlage
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Auch Schlagzeilen wie "''So verwandelt uns Zucker in Sklaven''<ref>http://www.focus.de/gesundheit/experten/felix_klemme/zuckersucht-so-verwandelt-uns-zucker-in-sklaven_id_4541764.html</ref> dienen eher der plakativen Auflagensteigerung als einer fundierten Betrachtung der Sachlage.
    
Grundsätzlich existieren einige Genussmittel, die aufgrund ihrer Inhaltsstoffe ein gewisses "Suchtpotenzial" aufweisen.
 
Grundsätzlich existieren einige Genussmittel, die aufgrund ihrer Inhaltsstoffe ein gewisses "Suchtpotenzial" aufweisen.
Nicht nur originäre Inhaltsstoffe wie Morphin in Hopfen oder Diazepam in Weintrauben entfalten ihre Wirkung über opiatähnliche Mechanismen, sondern auch zahlreiche Aromastoffe welche beim Rösten,
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Nicht nur originäre Inhaltsstoffe wie Morphin in Hopfen oder Diazepam in Weintrauben entfalten ihre Wirkung über opiatähnliche Mechanismen, sondern auch zahlreiche Aromastoffe, welche beim Rösten, Braten oder Backen gebildet werden, wirken ähnlich. Nur weil sie sagen oder denken: "''Ich brauche jetzt Schokolade"'', dann bedeutet das nicht, dass Sie sich ähnlich wie ein Süchtiger verhalten <ref>http://www.apotheken-umschau.de/Ernaehrung/Suechtig-nach-Zucker-175443.html</ref> Nicht jedes Verlangen nach einer Substanz ist gleichzusetzen mit einer chronischen und nicht mehr veränderbaren Sucht und auch nicht mit den dann folgenden körperlichen Auswirkungen. Es ist auch bekannt, dass Zucker Dopamin- bzw. Opiatrezeptoren im Gehirn sensibilisiert. Einer Studie der Universität Princeton zufolge zieht der regelmäßige Zuckerkonsum Veränderungen im Gehirn nach sich.<ref>http://www.suchtmittel.de/info/zuckersucht/</ref>
Braten oder Backen gebildet werden, wirken ähnlich. Nur weil sie sagen oder denken: "''Ich brauche jetzt Schokolade"'', dann bedeutet das nicht, dass Sie sich ähnlich wie ein Süchtiger verhalten <ref>http://www.apotheken-umschau.de/Ernaehrung/Suechtig-nach-Zucker-175443.html</ref> Nicht jedes Verlangen nach einer Substanz ist gleichzusetzen mit einer chronischen und nicht mehr veränderbaren Sucht und auch nicht mit den dann folgenden körperlichen Auswirkungen. Es ist auch bekannt, dass Zucker Dopamin- bzw. Opiatrezeptoren im Gehirn sensibilisiert. Und einer Studie der Universität Princeton zufolge zieht der regelmäßige Zuckerkonsum Veränderungen im Gehirn nach sich<ref>http://www.suchtmittel.de/info/zuckersucht/</ref>
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Am Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim, beschäftigen sich Suchtmediziner mit suchtartigem Essverhalten und Übergewicht. In einer Studie wurden übergewichtigen Probanden Bilder von verschiedenen Gerichten, darunter Süßigkeiten, Kuchen und Eis gezeigt. Dabei lagen die Probanden in einem Kernspin-Gerät, das die Reaktionen ihres Gehirns aufzeichnete. Die Forscher fanden heraus: Übergewichtige reagieren auf Bilder von Süßigkeiten deutlich anders als auf Bilder von Gemüse, Salat oder Fleisch, vor allem im Vergleich mit den normalgewichtigen Teilnehmern. In einem bestimmten Bereich des Gehirns, dem sogenannten Belohnungssystem, zeigen die übergewichtigen Probanden beim Anblick der Süßigkeiten eine wesentlich stärkere Aktivierung. <ref>Kiefer F, Grosshans M. Beitrag der Suchtforschung zum Verständnis der Adipositas. Nervenarzt. 2009 80(9):1040-1049.</ref>
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Am Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim beschäftigen sich Suchtmediziner mit suchtartigem Essverhalten und Übergewicht. In einer Studie wurden übergewichtigen Probanden Bilder von verschiedenen Gerichten, darunter Süßigkeiten, Kuchen und Eis gezeigt. Dabei lagen die Probanden in einem Kernspin-Gerät, das die Reaktionen ihres Gehirns aufzeichnete. Die Forscher fanden heraus: Übergewichtige reagieren auf Bilder von Süßigkeiten deutlich anders als auf Bilder von Gemüse, Salat oder Fleisch, vor allem im Vergleich mit normalgewichtigen Teilnehmern. In einem bestimmten Bereich des Gehirns, dem sogenannten Belohnungssystem, zeigen die übergewichtigen Probanden beim Anblick der Süßigkeiten eine wesentlich stärkere Aktivierung.<ref>Kiefer F, Grosshans M. Beitrag der Suchtforschung zum Verständnis der Adipositas. Nervenarzt. 2009 80(9):1040-1049.</ref>
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Dennoch ist eine Relevanz für eine pathologische physische wie auch psychische Ausprägung einer Sucht nach Süßem bis heute nicht evident nachgewiesen.  
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Dennoch ist eine Relevanz für eine pathologische physische wie auch psychische Ausprägung einer Sucht nach Süßem bis heute nicht evident nachgewiesen. Die Schlussfolgerungen sind gewagt, konstruiert und werden den tatsächlichen, körperlichen und psychischen Auswirkungen eine Kokain-Sucht nicht gerecht und gelten als übertrieben. Alle Faktoren, von den Toleranzentwicklung bis hin zur Entzugs-Symptomatik und der Unumkehrbarkeit ([http://flexikon.doccheck.com/de/Irreversibel Irreversibel]) einer Alkohol- oder Heroinsucht sind so nicht gegeben.  
Die Schlussfolgerungen sind gewagt, konstruiert und werden den tatsächlichen, körperlichen und psychischen Auswirkungen eine Kokain-Sucht nicht gerecht und gelten als übertrieben.  
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Alle Faktoren, von den Toleranzentwicklung bis hin zur Entzugs-Symptomatik und der Unumkehrbarkeit ([http://flexikon.doccheck.com/de/Irreversibel Irreversibel]) einer Alkohol- oder Heroinsucht sind so nicht gegeben.  
      
====Ist Fructose gesünder?====
 
====Ist Fructose gesünder?====
Fructose ist der wichtigste natürlich vorkommende Zucker in Honig und Obst (z.B. Datteln, Rosinen, Feigen, Äpfeln und Säften) und in kleinen Mengen in einigen Gemüsesorten (z.B. Karotten).Eine weitere Fructosequelle ist Glucose-Fructosesirup, der aus Mais und Weizen hergestellt und als Süßungsmittel in einer Vielzahl von Lebensmitteln wie z.B. Marmelade, Konserven und Süßwaren verwendet wird.<ref>http://www.eufic.org/article/de/artid/Fructose_und_Stoffwechselgesundheit/</ref>
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Fructose ist der wichtigste natürlich vorkommende Zucker in Honig und Obst (z.B. Datteln, Rosinen, Feigen, Äpfeln und Säften) und in kleinen Mengen in einigen Gemüsesorten (z.B. Karotten). Eine weitere Fructosequelle ist Glucose-Fructosesirup, der aus Mais und Weizen hergestellt und als Süßungsmittel in einer Vielzahl von Lebensmitteln wie z.B. Marmelade, Konserven und Süßwaren verwendet wird.<ref>http://www.eufic.org/article/de/artid/Fructose_und_Stoffwechselgesundheit/</ref>
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Grundsätzlich hat Fruchtzucker (Fruktose) einen guten Ruf. Da er in Obst und Honig vorkommt gilt damit als „natürlich“. Lange Zeit versuchten Hersteller von Wellnessgetränken oder Müsliriegeln per Werbung den Eindruck zu erwecken Kristallzucker, der Haushaltszucker wäre schlecht und Fruchtzucker gut. Diese Produkte wurden gerne Diabetikern empfohlen. Anders als die Glukose ist Fruktose unabhängig von dem Hormon Insulin. Fruktose wird in den Leberzellen aufgenommen und verstoffwechselt, ohne Beteiligung des  Insulins. Dadurch entsteht der Eindruck, dass dies ideal für Diabetiker ist, wenn der Insulinstoffwechsel außer Kontrolle geraten ist oder gar nicht funktioniert.  
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Grundsätzlich hat Fruchtzucker einen guten Ruf. Da er in Obst und Honig vorkommt, gilt er damit als „natürlich“. Lange Zeit versuchten Hersteller von Wellnessgetränken oder Müsliriegeln per Werbung den Eindruck zu erwecken, der Haushaltszucker sei schlecht und Fruchtzucker gut. Diese Produkte wurden gerne Diabetikern empfohlen. Anders als die Glukose ist Fructose unabhängig vom Hormon Insulin. Fructose wird in den Leberzellen aufgenommen und verstoffwechselt, ohne Beteiligung des  Insulins. Dadurch entsteht der Eindruck, dass dies ideal für Diabetiker ist, wenn der Insulinstoffwechsel außer Kontrolle geraten ist oder gar nicht funktioniert.  
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Nun haben aber Studien gezeigt, dass ein hoher Softdrinkkonsum mit Fructose bei Männern dazu führt, dass sie ein erhöhtes Bluthochdruckrisiko haben, eher Gicht oder eine Fettleber bekommen, erhöhte Blutfettwerte haben und schneller übergewichtig werden, ähnlich wie bei Versuchsmäusen, die Fruktoselösung trinken mussten. All diese Krankheitsbilder bedeuten vor allem für Diabetiker ein großes Risiko. Denn ihr Stoffwechsel ist bereits entgleist.<ref> Aaqib Habib Malik, Yasir Akram, Suchith Shetty, Senada Senda Malik, Valentine Yanchou Njike: Impact of Sugar-Sweetened Beverages on Blood Pressure. American Journal of Cardiology - 1 May 2014 (Vol. 113, Issue 9, Pages 1574-1580 </ref>
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Nun haben aber Studien gezeigt, dass ein hoher Softdrinkkonsum mit Fructose bei Männern dazu führt, dass sie ein erhöhtes Bluthochdruckrisiko haben, eher Gicht oder eine Fettleber bekommen, erhöhte Blutfettwerte haben und schneller übergewichtig werden, ähnlich wie bei Versuchsmäusen, die Fructoselösung trinken mussten. All diese Krankheitsbilder bedeuten vor allem für Diabetiker ein großes Risiko, da ihr Stoffwechsel bereits entgleist ist.<ref>Aaqib Habib Malik, Yasir Akram, Suchith Shetty, Senada Senda Malik, Valentine Yanchou Njike: Impact of Sugar-Sweetened Beverages on Blood Pressure. American Journal of Cardiology - 1 May 2014 (Vol. 113, Issue 9, S. 1574-1580 </ref>
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Seit Mitte der 1980er-Jahre gibt es vermehrt Studien, die darauf hindeuten, dass zu viel Fruktose schaden kann. Und möglicherweise sind sie beteiligt, wenn es um den Aspekt der Auswirkung von Haushaltszucker geht. Denn Haushaltszucker wird im Körper aufgespalten – und zwar in Glukose und Fruktose im Verhältnis eins zu eins. Diese Studien wurden an Tieren durchgeführt oder in Form von kurzfristigen Überernährungsstudien an Menschen, in denen ein erheblich höheres Maß an Fructose konsumiert wurde als normalerweise (zum Beispiel 100 bis 150 g reine Fructose/Tag <ref>Lecoultre V, Egli L, Carrel G, et al. (2013). Effects of fructose and glucose overfeeding on hepatic insulin sensitivity and intrahepatic lipids in healthy humans. Obesity 21(4):782-785.</ref> <ref>Tappy L (2012). Q&A ‘Toxic’ effects of sugar: should we be afraid of fructose. BMC Biology. 10:4.</ref>
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Seit Mitte der 1980er Jahre gibt es vermehrt Studien, die darauf hindeuten, dass zu viel Fructose schaden kann. Und möglicherweise sind sie beteiligt, wenn es um den Aspekt der Auswirkung von Haushaltszucker geht. Haushaltszucker wird im Körper aufgespalten – und zwar in Glukose und Fructose im Verhältnis eins zu eins. Diese Studien wurden an Tieren durchgeführt oder in Form von kurzfristigen Überernährungsstudien an Menschen, in denen ein erheblich höheres Maß an Fructose konsumiert wurde als normalerweise (zum Beispiel 100 bis 150 g reine Fructose/Tag.<ref>Lecoultre V, Egli L, Carrel G, et al. (2013). Effects of fructose and glucose overfeeding on hepatic insulin sensitivity and intrahepatic lipids in healthy humans. Obesity 21(4):782-785.</ref> <ref>Tappy L (2012). Q&A ‘Toxic’ effects of sugar: should we be afraid of fructose. BMC Biology. 10:4.</ref>
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Probleme mit Fruktose können bereits im Darm beginnen. Dieser kann nur bestimmte Menge an Fruchtzucker aufnehmen und verarbeiten. Anders als die Glukose ist die Fruktose auf spezielle Transportmechanismen in den Darmzellen angewiesen. Auf große Mengen ist der Verdauungstrakt nicht eingestellt. Alles, was zu viel ist, wird im Dünn- und oberen Dickdarm von Bakterien oft unter erheblicher Gasbildung verdaut. Betroffene haben Bauchweh und Durchfälle. Unter solch einer Fruchtzuckerunverträglichkeit, auch Fruktose-Malabsorption genannt, leiden zwischen drei und zehn Prozent der Menschen. <ref>http://www.wdr.de/tv/applications/fernsehen/wissen/quarks/pdf/Q_Zucker.pdf</ref>
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Probleme mit Fructose können bereits im Darm beginnen. Dieser kann nur bestimmte Menge an Fruchtzucker aufnehmen und verarbeiten. Anders als die Glukose ist die Fructose auf spezielle Transportmechanismen in den Darmzellen angewiesen. Auf große Mengen ist der Verdauungstrakt nicht eingestellt. Alles, was zu viel ist, wird im Dünn- und oberen Dickdarm von Bakterien oft unter erheblicher Gasbildung verdaut. Betroffene haben Bauchweh und Durchfälle. Unter solch einer Fruchtzuckerunverträglichkeit, auch Fruktose-Malabsorption genannt, leiden zwischen drei und zehn Prozent der Menschen.<ref>http://www.wdr.de/tv/applications/fernsehen/wissen/quarks/pdf/Q_Zucker.pdf</ref>
    
Fruchtzucker wird in der Leber abgebaut und steigert dort die Fettproduktion. Deshalb wird Fructose auch mit der Entstehung einer Fettleber assoziiert, der sogenannten "nicht Alkohol bedingten Fettleber“. In Tierversuchen konnte ein Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Fruchtzucker und einer Steigerung des Harnsäurespiegels gezeigt werden. Das wiederum kann zu Gicht führen. In einigen Studien ist bei den Tieren auch der Blutdruck gestiegen, wenn sie sehr viel gelöste Fruktose trinken mussten.  
 
Fruchtzucker wird in der Leber abgebaut und steigert dort die Fettproduktion. Deshalb wird Fructose auch mit der Entstehung einer Fettleber assoziiert, der sogenannten "nicht Alkohol bedingten Fettleber“. In Tierversuchen konnte ein Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Fruchtzucker und einer Steigerung des Harnsäurespiegels gezeigt werden. Das wiederum kann zu Gicht führen. In einigen Studien ist bei den Tieren auch der Blutdruck gestiegen, wenn sie sehr viel gelöste Fruktose trinken mussten.  
Allerdings gibt es auch auch Studien, die den Zusammenhang zwischen Fruktose und Stoffwechselstörungen so nicht finden. Ernährungswissenschaftler der Uni Hohenheim haben in einer Pilotstudie Menschen mit einer "nicht alkoholbedingten Fettleber" ein halbes Jahr lang eine Fruchtzuckerdiät verordnet. Das Ergebnis war, laut den Wissenschaftlern überraschend: Bei fast allen Patienten ist das Fett in der Leber zurückgegangen. Nun sollen weitere Studien folgen; unter anderem eine mit Kindern. <ref>https://www.uni-hohenheim.de/pressemitteilung?x_ttnews%5Btt_news%5D=2849&cHash=711a24dccc04ce17b9d3478fddadef29</ref>
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Und Schweizer Studien warnen davor, dass der Fruchtzucker "Teufelskreise auslöse", die unter anderem Übergewicht und Diabetes förderten – und sogar den Herzmuskel ungebremst wachsen lassen sollen. Das erste Ergebnis kam von der Uni Basel: "''Fruchtzucker erzeugt weniger Belohnungsgefühle im Gehirn''". Das bedeutet das dann wieder mehr gegessen werden müßte, bis es mit den Gefühlen wieder passt. Dies betont auch die ETH Zürich. Denn Fruktose führe zur Insulinresistenz – weil die Insulinausschüttung verhalten erfolgt. Bis dato wurde die Fruktose gerade deshalb empfohlen. Jetzt gilt das Gegenteil: Durch das niedrige Insulin würden Betroffene nicht mehr richtig satt und würden wieder mehr essen. Das fördere Übergewicht und Diabetes, so die ETH. <ref> Ruegg P: Fructose treibt Teufelskreis an. ETH Zürich News 19. Juni 2015,</ref> <ref>Dieffenbacher C: Fruchtzucker erzeugt weniger Belohnungsgefühle im Gehirn. Universität Basel 25. Juni 2015</ref>
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Allerdings gibt es auch auch Studien, die den Zusammenhang zwischen Fruktose und Stoffwechselstörungen so nicht finden. Ernährungswissenschaftler der Uni Hohenheim haben in einer Pilotstudie Menschen mit einer "nicht alkoholbedingten Fettleber" ein halbes Jahr lang eine Fruchtzuckerdiät verordnet. Das Ergebnis war laut den Wissenschaftlern überraschend: Bei fast allen Patienten ist das Fett in der Leber zurückgegangen. Nun sollen weitere Studien folgen; unter anderem eine mit Kindern. <ref>https://www.uni-hohenheim.de/pressemitteilung?x_ttnews%5Btt_news%5D=2849&cHash=711a24dccc04ce17b9d3478fddadef29</ref>
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Für dramatische Formulierungen und Betrachtungen wie ''"Fructose (Fruchtzucker) - Die gefährlichste Form aller Zuckerarten"''<ref>www.zentrum-der-gesundheit.de/fruchtzucker.html</ref> besteht allerdings kein erkennbarer konkreter Anlass und sind als Übertreibung zu werten. In dem Zusammenhang genannte Symptome und Studien beziehen sich auf Untersuchungen und Schlussfolgerungen bei Pferden und Rehen. <ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3576823/</ref> Dies spiegelt in etwa die Qualität der Aussagen zu solchen Themen, wie sie auf Seiten wie der des [[Zentrum der Gesundheit]] zu finden sind.Oft steht ein direkter oder indirekter Vertriebs-Aspekt dahinter, unter dem alle Aussagen betrachtet werden müssen. Grundsätzlich wird Verbrauchern immer empfohlen sich aus mehreren Quellen zu informieren.   
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Schweizer Studien warnen davor, dass der Fruchtzucker "Teufelskreise auslöse", die unter anderem Übergewicht und Diabetes förderten – und sogar den Herzmuskel ungebremst wachsen lassen sollen. Das erste Ergebnis kam von der Uni Basel: "''Fruchtzucker erzeugt weniger Belohnungsgefühle im Gehirn''". Das bedeutet, dass dann wieder mehr gegessen werden müsste, bis es mit den Gefühlen wieder passt. Dies betont auch die ETH Zürich: Fructose führe zur Insulinresistenz – weil die Insulinausschüttung verhalten erfolgt. Bis dato wurde die Fructose gerade deshalb empfohlen. Jetzt gilt das Gegenteil: Durch das niedrige Insulin würden Betroffene nicht mehr richtig satt und wieder mehr essen. Das fördere Übergewicht und Diabetes, so die ETH.<ref> Ruegg P: Fructose treibt Teufelskreis an. ETH Zürich News 19. Juni 2015,</ref> <ref>Dieffenbacher C: Fruchtzucker erzeugt weniger Belohnungsgefühle im Gehirn. Universität Basel 25. Juni 2015</ref>
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Für dramatische Formulierungen und Betrachtungen wie ''"Fructose (Fruchtzucker) - Die gefährlichste Form aller Zuckerarten"''<ref>zentrum-der-gesundheit.de/fruchtzucker.html</ref> besteht allerdings kein erkennbarer konkreter Anlass und sind als Übertreibung zu werten. In dem Zusammenhang genannte Symptome und Studien beziehen sich auf Untersuchungen und Schlussfolgerungen bei Pferden und Rehen.<ref>https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3576823/</ref> Dies spiegelt in etwa die Qualität der Aussagen zu solchen Themen, wie sie auf Seiten wie der des [[Zentrum der Gesundheit]] zu finden sind. Oft steht ein direkter oder indirekter Vertriebsaspekt dahinter, unter dem alle Aussagen betrachtet werden müssen. Grundsätzlich ist Verbrauchern immer zu empfehlen, sich aus mehreren Quellen zu informieren.  
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====Hyperaktivität und Zucker====
 
====Hyperaktivität und Zucker====
 
Begründet wurde dieser Mythos Mitte der 70er-Jahre durch den kalifornischen Arzt und Allergologen Ben Feingold. Er formulierte erstmals eine entsprechende Hypothese in seinem Buch „Why your Child is hyperactive?“ Danach stellen auch Nahrungsmittelzusätze wie künstliche Aroma-, Farb- und Konservierungsstoffe die Ursache für Hyperaktivität, Lernstörungen und Verhaltensauffälligkeiten dar. Seine Aussagen beruhten aber nur auf einzelnen Fall-Beobachtungen.  
 
Begründet wurde dieser Mythos Mitte der 70er-Jahre durch den kalifornischen Arzt und Allergologen Ben Feingold. Er formulierte erstmals eine entsprechende Hypothese in seinem Buch „Why your Child is hyperactive?“ Danach stellen auch Nahrungsmittelzusätze wie künstliche Aroma-, Farb- und Konservierungsstoffe die Ursache für Hyperaktivität, Lernstörungen und Verhaltensauffälligkeiten dar. Seine Aussagen beruhten aber nur auf einzelnen Fall-Beobachtungen.  
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