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[[image:VTweltkarte.png|400px|thumb|Weltkarte der bekanntesten Verschwörungstheorien<ref>http://www.v-22.de/ Aufruf am 4.&nbsp;November 2009</ref>]]
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[[image:VTweltkarte.png|400px|thumb|Weltkarte der bekanntesten Verschwörungstheorien <ref>[http://odyssee23.de/?p=652] Weltkarte der Verschwörungstheorien. Aufruf am 22.&nbsp;August 2014</ref>]]
 
[[image:VT2.jpg|antisemitische Verschwörungstheorien|300px|thumb]]
 
[[image:VT2.jpg|antisemitische Verschwörungstheorien|300px|thumb]]
 
Als '''Verschwörungstheorie''' bezeichnet man den Versuch, bestimmte Ereignisse, Zustände oder Entwicklungen durch eine Verschwörung zu erklären, also durch das zielgerichtete, geheime Wirken von mehreren Personen zu einem illegalen oder illegitimen Zweck. Der Begriff wird einerseits zur Abwertung oder Diffamierung von Ansichten benutzt, die als unbegründet, irrational, abseitig, paranoid und weltanschaulich geschlossen betrachtet werden. Andererseits benutzen viele Vertreter irrationaler Überzeugungen die Verschwörungstheorie tatsächlich als einfachste sich anbietende Erklärung für das Scheitern ihrer Bemühungen. So behauptet z.B. [[Ryke Geerd Hamer]] ([[Germanische Neue Medizin]]) eine jüdische Weltverschwörung, welche seine angeblichen Erkenntnisse für Nichtjuden unterdrücken und nur für Juden nutzbar machen wolle.
 
Als '''Verschwörungstheorie''' bezeichnet man den Versuch, bestimmte Ereignisse, Zustände oder Entwicklungen durch eine Verschwörung zu erklären, also durch das zielgerichtete, geheime Wirken von mehreren Personen zu einem illegalen oder illegitimen Zweck. Der Begriff wird einerseits zur Abwertung oder Diffamierung von Ansichten benutzt, die als unbegründet, irrational, abseitig, paranoid und weltanschaulich geschlossen betrachtet werden. Andererseits benutzen viele Vertreter irrationaler Überzeugungen die Verschwörungstheorie tatsächlich als einfachste sich anbietende Erklärung für das Scheitern ihrer Bemühungen. So behauptet z.B. [[Ryke Geerd Hamer]] ([[Germanische Neue Medizin]]) eine jüdische Weltverschwörung, welche seine angeblichen Erkenntnisse für Nichtjuden unterdrücken und nur für Juden nutzbar machen wolle.
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==Verschwörungstheorien in der Psychologie==
 
==Verschwörungstheorien in der Psychologie==
Verschwörungstheorien und der Glaube und Umgang mit ihnen ist mittlerweile Objekt psychologischer Forschung geworden.<ref>http://www.uni-bamberg.de/fileadmin/uni/wissenschaft_einricht/theoretische_psychologie/Mitarbeiterseiten/Die_Big_Six_des_Verschwoerungsglaubens.pdf</ref> Eine Studie britischer Psychologen kommt in einem Artikel von "Social Psychological & Personality Science" zu dem Ergebnis, dass es Anhängern von Verschwörungstheorien vor allem um Misstrauen an "offiziellen" Berichten und Rechercheergebnissen von Regierungen oder "mächtigen" Behörden geht, weniger geht es tatsächlich um eine Annäherung an die Realität. Ob sich darauffolgende konkrete Thesen gegenseitig stützen oder widersprechen, scheint egal zu sein - Hauptsache, sie passen zu einer bestimmten Grundannahme. In ihrer Studie fanden die Autoren von der University of Kent heraus, dass befragte Studenten gleichzeitig sich ausschließende Verschwörungstheorien für wahrscheinlich hielten. Es wurden zwei Versuche durchgeführt. Im ersten fragten sie 137 Studenten nach ihrer Zustimmung zu verschiedenen Verschwörungstheorien - von der angeblich nie passierten Mondlandung bis zur Idee, dass die US-Regierung hinter dem Terroranschlag auf das World Trade Center stecke. Doch besonderes Augenmerk hatten die Forscher auf eine Reihe von Fragen zum Tod von Prinzessin Diana. Im Ergebnis zeigte sich, dass Menschen, die der offiziellen Geschichte über Dianas Tod misstrauen, sich nicht auf eine einzelne Verschwörungstheorie festlegen, sondern gleichzeitig mehrere, sich auch völlig widersprechende für möglich halten. Ein zweites Experiment, dass die Forscher in den Wochen nach dem Angriff auf Osama Bin Ladens Anwesen in Pakistan durchführten, bestätigte dies. Hier befragten die Forscher 102 Studenten, nachdem diese einen Bericht über Bin Ladens Tod gelesen hatten, aber auch den Hinweis erhalten hatten, dass einige Menschen diese offizielle Version anzweifeln. Es zeigte sich nun: wer der Meinung war, dass die US-Regierung Informationen zurückhielt, der hielt es auch für wahrscheinlich, dass Bin Laden schon vorher tot gewesen war - oder immer noch am Leben ist.<ref>Michael J. Wood, Karen M. Douglas, Robbie M. Sutton: "Dead and Alive: Beliefs in Contradictory Conspiracy Theories", Social Psychological and Personality Science, 25. Januar 2012 [http://m.spp.sagepub.com/content/early/2012/01/18/1948550611434786]</ref> (teilweise zitiert aus: [http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,811832,00.html])
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Verschwörungstheorien und der Glaube und Umgang mit ihnen ist mittlerweile Objekt psychologischer Forschung geworden.<ref>[http://www.uni-bamberg.de/fileadmin/uni/wissenschaft_einricht/theoretische_psychologie/Mitarbeiterseiten/Die_Big_Six_des_Verschwoerungsglaubens.pdf] Die Big Six des Verschwörungsglaubens - Konstruktion und Evaluation eines mehrdimensionalen Fragebogens zur Erfassung des Phänomens Verschwörungstheorien. PDF-Datei</ref> Eine Studie britischer Psychologen kommt in einem Artikel von "Social Psychological & Personality Science" zu dem Ergebnis, dass es Anhängern von Verschwörungstheorien vor allem um Misstrauen an "offiziellen" Berichten und Rechercheergebnissen von Regierungen oder "mächtigen" Behörden geht, weniger geht es tatsächlich um eine Annäherung an die Realität.
Melley (2000) geht davon aus, dass Verschwörungstheorien Ausdruck einer paranoiden Angst davor sind, unbewusst beeinflusst und manipuliert zu werden und – ohne es zu bemerken – die eigene Individualität zu verlieren.<ref>Melley, T. (2000). Empire of Conspiracy. The Culture of Paranoia in Postwar America. Ithaca und London: Cornell University Press</ref> Für Grüter (2008) hingegen sind Verschwörungstheorien eine Kulmination des Argwohns einer Mehrheit gegenüber einer Minderheit.<ref>Grüter, T. (2008). Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer. Wie Verschwörungstheorien funktionieren. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag</ref> In der jüngsten Veröffentlichung zum Thema gehen Wood, Douglas und Sutton (2012) davon aus, dass Verschwörungstheorien eine sich selbst stabilisierende Weltsicht bilden können.<ref>Wood, M. J., Douglas, K. M. & Sutton, R. M. (2012). Dead and Alive: Beliefs in Contradictory Conspiracy Theories. Social Psychological and Personality Science. DOI: 10.1177/ 1948550611434786</ref>
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Ob sich darauffolgende konkrete Thesen gegenseitig stützen oder widersprechen, scheint egal zu sein - Hauptsache, sie passen zu einer bestimmten Grundannahme. In ihrer Studie fanden die Autoren von der University of Kent heraus, dass befragte Studenten gleichzeitig sich ausschließende Verschwörungstheorien für wahrscheinlich hielten. Es wurden zwei Versuche durchgeführt. Im ersten fragten sie 137 Studenten nach ihrer Zustimmung zu verschiedenen Verschwörungstheorien - von der angeblich nie passierten Mondlandung bis zur Idee, dass die US-Regierung hinter dem Terroranschlag auf das World Trade Center stecke. Doch besonderes Augenmerk hatten die Forscher auf eine Reihe von Fragen zum Tod von Prinzessin Diana. Im Ergebnis zeigte sich, dass Menschen, die der offiziellen Geschichte über Dianas Tod misstrauen, sich nicht auf eine einzelne Verschwörungstheorie festlegen, sondern gleichzeitig mehrere, sich auch völlig widersprechende für möglich halten.
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Ein zweites Experiment, dass die Forscher in den Wochen nach dem Angriff auf Osama Bin Ladens Anwesen in Pakistan durchführten, bestätigte dies. Hier befragten die Forscher 102 Studenten, nachdem diese einen Bericht über Bin Ladens Tod gelesen hatten, aber auch den Hinweis erhalten hatten, dass einige Menschen diese offizielle Version anzweifeln. Es zeigte sich nun: Wer der Meinung war, dass die US-Regierung Informationen zurückhielt, der hielt es auch für wahrscheinlich, dass Bin Laden schon vorher tot gewesen war - oder immer noch am Leben ist.<ref>Michael J. Wood, Karen M. Douglas, Robbie M. Sutton: "Dead and Alive: Beliefs in Contradictory Conspiracy Theories", Social Psychological and Personality Science, 25. Januar 2012 [http://m.spp.sagepub.com/content/early/2012/01/18/1948550611434786 Zusammenfassung]</ref> (teilweise zitiert aus: [http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,811832,00.html])
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Melley (2000) geht davon aus, dass Verschwörungstheorien Ausdruck einer paranoiden Angst davor sind, unbewusst beeinflusst und manipuliert zu werden und – ohne es zu bemerken – die eigene Individualität zu verlieren.<ref>Melley, T. (2000). Empire of Conspiracy. The Culture of Paranoia in Postwar America. Ithaca und London: Cornell University Press</ref> Für Grüter (2008) hingegen sind Verschwörungstheorien eine Kulmination des Argwohns einer Mehrheit gegenüber einer Minderheit.<ref>Grüter, T. (2008). Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer. Wie Verschwörungstheorien funktionieren. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag</ref> In der jüngsten Veröffentlichung zum Thema gehen Wood, Douglas und Sutton (2012) davon aus, dass Verschwörungstheorien eine sich selbst stabilisierende Weltsicht bilden können.<ref>Wood, M. J., Douglas, K. M. & Sutton, R. M. (2012). Dead and Alive: Beliefs in Contradictory Conspiracy Theories. Social Psychological and Personality Science. [http://dx.doi.org/10.1177/1948550611434786 Zusammenfassung]</ref>
    
==Literatur==
 
==Literatur==
*Grüter, T. (2010): Magisches Denken. Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag
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*Grüter, T.: Magisches Denken. Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag, 2010
 
*Wilson, Robert Anton. Das Lexikon der Verschwörungstheorien. München: Piper, 2004
 
*Wilson, Robert Anton. Das Lexikon der Verschwörungstheorien. München: Piper, 2004
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*Marc Lutter: Sie kontrollieren alles! Verschwörungstheorien als Phänomen der Postmoderne und ihre Verbreitung über das Internet.  München, 2001 [http://www.edition-fatal.de/onlinebib/isbn3935147082.pdf PDF-Datei]
    
==Weblinks==
 
==Weblinks==

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