IONIT-Wandcreme

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IONIT-Wandcreme ist ein Wandanstrich, von dem der Hersteller behauptet, er steigere den Ionengehalt der Raumluft und entfalte damit positive Wirkungen auf das vegetative Nervensystem, erhöhe die geistige Leistungsfähigkeit, verringere Feinstaub und Pollenbelastungen in der Raumluft, stärke das Immunsystem und steigere das allgemeine Wohlgefühl. Das Produkt wird mit den Worten "IONIT wandcreme ist Gesundheitsvorsorge ohne Anstrengung und erhöht Ihre Lebensqualität. Tag und Nacht" beworben.

Die Wandcreme

Die Wandcreme soll aus einer "Mischung von natürlichen Mineralien wie Muskovit, Calcit, Kaolinit, Halbedelsteinen, einem organischen Bindemittel sowie Wasserglas und Emulgatoren" bestehen. Durch Kontakt der Mineralien mit den in der Luft enthaltenen Sauerstoff- und Wassermolekülen werden diese angeblich ionisiert. In Räumen könne damit die Konzentration von 0 bis 500 Luftionen/cm3 auf bis zu 5000 Luftionen/cm3 erhöht werden.[1][2] Die Creme könne durch Rollen, Wischen und Streichen sowie mit einem speziellen Handschuh, dem "IONIT Cremehandschuh", aufgetragen werden. Vertrieben wird die Wandcreme von der Firma IONIT Healthcare GmbH in Waldegg (Österreich).[3] 10 kg IONIT-Wandcreme kosten 180 Euro, inkl. Mehrwertsteuer (Preis vom März 2012). Diese Menge soll für 12,5 m2 reichen.

Gutachten

Als Belege für die Wirksamkeit der "Luftionen" bzw. der Wandfarbe werden Untersuchungen verschiedener Institute aufgelistet. So gebe es zur "Erhöhung der Luftionenkonzentration durch IONIT wandcreme" gleich vier Untersuchungen: vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik in Holzkirchen, vom (auf die Prüfung von Schuhen spezialisierten) PFI Prüf- und Forschungsinstitut Pirmasens e.V., vom Österreichischem Institut für Baubiologie und Bauökologie in Wien und vom Institut für Umwelthygiene & Krankenhygiene des Universitätsklinikums Freiburg. Zur "Reduktion von Feinstaub & Pollen durch IONIT wandcreme im Innenraum" lägen zwei Gutachten vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik vor. Weitere Expertisen betreffen die toxikologische Unbedenklichkeit der Wandcreme. Allerdings werden diese Untersuchungen oder Inhalte daraus vom Hersteller nicht zugänglich gemacht und auch keine eventuell existierenden wissenschaftlichen Fachartikel genannt.[4]

Präsentiert wird lediglich die Kurzfassung einer Studie der Medizinischen Universität Wien, Institut für Umwelthygiene, unter Leitung des Umweltmediziners Hans-Peter Hutter. "Hinsichtlich der geistigen Leistungsfähigkeit fanden sich hochsignifikante Unterschiede zwischen den Räumen" mit und ohne IONIT-Anstrich, heißt es darin. Auch seien "statistsch signifikante Unterschiede" in Bezug auf die Herzfrequenzvariabilität festgestellt worden, was als Maß für eine Aktivierung des sympathischen Nervensystems angesehen wird. Dabei bleibt unklar, durch welche Mechanismen diese Wirkungen zustande gekommen sein sollen.[5] In der Zusammenfassung der lediglich 20 Probanden umfassenden Studie wird explizit zugegeben, über längerfristige Auswirkungen der angeblichen Sympathikusaktivierung keine Aussagen machen zu können, was die Studie somit vollends sinnlos erscheinen lässt, wenn man bedenkt, dass sich Personen wahrscheinlich jahrelang den Auswirkungen der IONIT-Wandcreme aussetzen. In der wissenschaftlichen Literatur findet sich ein Zusammenhang von dauerhafter Sympathikusaktivierung, die zur Freisetzung der Stresshormone Adrenalin und Cortisol führt, mit erhöhtem Risiko für Herzkreislauferkrankungen, Diabetes, Bluthochdruck und Arteriosklerose. Weshalb die Autoren daraus eine gesundheitsförderliche Wirkung ableiten, ist nicht nachzuvollziehen.

Auf der Webseite des Instituts für Umwelthygiene der Medizinischen Universität Wien ist keine solche Studie oder ein derartiges Forschungsprojekt zu finden.[6] Lediglich in der Vita von Hans-Peter Hutter ist vermerkt: "Experimente mit freiwilligen Versuchspersonen: 2009-2010: Luftionen in Innenräumen: Einfluss auf Wohlfinden, Gesundheit und Leistungsfähigkeit: Projekt in Kooperation mit dem Innenraum Mess- und Beratungsservice und der Baumit Beteiligungen GmbH (Akquisition und Projektleitung)"[7] Die Firma Innenraum Mess- und Beratungsservice bietet Innenraum-Schadstoffmessungen und Sanierungen an[8], die Firma Baumit Beteiligungen GmbH vertreibt u.a. Anstrichstoffe, Putze, Wärmedämmungen und Estriche.[9]

Studienlage zur Wirkung negativer Ionen in der Luft auf die Gesundheit

Bei einer Studie des Departments of Psychology der Hollins Universität in Roanoke (Virginia) mit 73 Frauen über einen Zeitraum von fünf Jahren wurde festgestellt, dass eine hohe Dichte negativer Ionen einen positiven Effekt bei der saisonalen Depression ("Winterdepression") haben könnte, die Wirkung war jedoch geringer als bei der Lichttherapie, aber höher als bei der Plazebobehandlung. Der Unterschied zum Plazebo war jedoch nicht signifikant.[10]

Siehe auch

Weblinks

Das Geheimnis gesunder Raumluft auf www.werbewahn.net

Quellenverzeichnis