Gaswerktherapie

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Die Gaswerktherapie ist eine seit langem obsolete, skurrile Therapiemethode zur Behandlung des Keuchhustens durch Abgase aus Gaswerken, die im 19. Jahrhundert entstand.

Bereits ab 1864 wurden in Frankreich Kinder im Gaswerk von Saint-Mandé zur Keuchhustenbehandlung den Gasen des Werkes ausgesetzt. Man erhoffte sich eine Besserung durch die Einatmung von Ammoniakdämpfen, die bei der Verkokung von Kohle entstehen. Nachdem ein Gasarbeiter von einer schlagartigen Besserung bei einem seiner Kinder berichtet hatte, die er im Gaswerk den Gasen ausgesetzt hatte, berichtete die Luxemburger Tagespresse 1865 darüber. Der Leiter des Gaswerkes soll sich dann für eine allgemeine Anwendung bei Keuchhusten eingesetzt haben. Nach Presseberichten der damaligen Zeit sollen Hunderte luxemburgische Kinder derart behandelt worden sein.[1]

Weitere "Gaswerktherapien" sind aus der Schweiz (Gaswerk Schlieren bei Zürich und Chur) bekannt. Hier sollten Kinder stundenlang mit noch heißem Koks spielen oder sich neben ausglühenden Kokshaufen aufhalten. Aus einem Bericht des Schweizer Gaswerks Flawil:

Aus verschiedenen mündlichen Überlieferungen, jedoch nicht aus den Geschäftsberichten, ist die Gaswerk-Dienstleitung als Heilinstitution bekannt. Die Gasmeister stellten bei Bedarf frischen Koks für Therapiezwecke zur Verfügung. Vor allem Kinder mit Keuchhusten mussten entweder am Rande der Kokshaufen sitzend schwefel- und ammoniakhaltige Luft einatmen oder durften auf den Kokshaufen spielen. Welche Wirkstoffe oder Wirkungsketten mit im Spiel waren, ist zur Zeit leider noch nicht klar. Dieses Angebot wurde erst in den späten 1960er-Jahren eingestellt.

Auch in Deutschland (Augsburg und Warendorf im Münsterland) wurden ähnliche Therapien durchgeführt.

Siehe auch

Quellennachweise

  1. Artikel aus "Luxemburger Wort" vom 10.11.1865