Diskussion:Michael Ballweg

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SWR Michael Ballweg: Verfassungsbeschwerde wegen langer Haft

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„Querdenken“-Gründer: Knapp 1,3 Millionen Euro von Unterstützern

Von Juni 2020 bis Februar 2023 haben nach Angaben der Staatsanwaltschaft Stuttgart gut 10.000 Menschen insgesamt fast 1,3 Millionen Euro an „Quermachen-711“ überwiesen. Große Beträge davon wurden nicht für die Zwecke ausgegeben, für die Michael Ballweg sie erhoben hatte. Der Vorwurf lautete zunächst auf gewerbsmäßigen Betrug und Geldwäsche.

Zu Beginn der Ermittlungen gegen Michael Ballweg stand eine Anklage wegen angeblicher Geldwäsche, die im April vergangenen Jahres bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart eingegangen war. Um die Vorwürfe aufzuklären, durchsuchte die Polizei am 29. Juni seine Wohnung, die auch Sitz seiner Firma media access GmbH war, nach Beweismitteln. Damals gingen die Ermittler davon aus, dass Ballweg rund 1,2 Millionen Euro an Spendeneinnahmen hatte und davon rund die Hälfte nicht ausschließlich für „Querdenmachen-711“, sondern zumindest teilweise für private Zwecke ausgegeben wurde. Zudem habe er versucht, die Herkunft von rund einem Drittel der Gesamtsumme durch mehrfache Kontotransaktionen zu verschleiern und damit Geldwäsche betrieben. Die Ermittler gingen davon aus, dass dies von vornherein geplant war, was zu dem Verdacht auf betrügerische Absichten führte.

Bei der Durchsuchung fanden sie ein leerstehendes Haus, weil Ballweg es kurz zuvor verkauft und seinen Hausrat in einen Überseecontainer verladen hatte. Der Container stand bereits im Hamburger Hafen und sollte nach Costa Rica verschifft werden. Dorthin wollte Ballweg nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft umziehen. Vor dem Hintergrund der Geldwäsche- und Betrugsermittlungen werteten die Ermittler dies als Hinweis auf Fluchtgefahr und beantragten Haftbefehl, der wenige Stunden später erging. Ballwegs Verteidiger sagte, ihr Mandant habe eine Weltreise geplant, aber keine Flucht. Michael Ballweg ging in Stammheim in Untersuchungshaft, wo er fast acht Monate später noch immer sitzt.

Bei Corona-Demos: Waren die Spenden zweckgebunden? Ballwegs Anwälte gehen von seiner Unschuld aus. Es lag kein Betrug vor, denn die Geldgeschenke der „querdenkenden“ Unterstützer waren nicht zweckgebunden. Selbst wenn Ballweg einen Teil des Geldes tatsächlich privat verwendet hätte, liege kein Betrug vor, argumentierte sie. Sie beziehen sich auf das Ergebnis einer Zeugenbefragung der Stuttgarter Polizei. Im Oktober 2022 schrieben sie rund 1.000 Menschen an und baten sie, ihnen zu erklären, wie sie ihre Spende voraussichtlich verwenden würden.

„Er hätte damit ein Auto kaufen können, er hätte ein Haus oder eine Yacht kaufen können.

Laut Ermittlungsunterlagen beantworteten mehr als 650 der Angesprochenen die sechs offenen Fragen. Knapp 200 von ihnen gingen davon aus, ihr Geld für Demonstrationen zu verwenden, rund 130 hatten eine private Verwendung des Geldes ausgeschlossen. Gut 400 Menschen sagten, sie wollten Michael Ballweg persönlich unterstützen und gaben ihm daher freie Hand bei der Verwendung des Geldes. Eine Spenderin aus Karlsruhe sagte dem SWR, Ballweg hätte sich mit ihrem Geld ein Auto, ein Haus oder eine Yacht kaufen können. Damals war es ihr nicht so wichtig wie heute.

Schenker betrogen? Auch „ungeeigneter Versuch“ ist strafbar Das Ergebnis der Zeugenbefragung wurde in einen neuen Haftbefehl aufgenommen, der am 14. November 2022 vom Oberlandesgericht Stuttgart erlassen wurde, nachdem die Verteidiger von Ballweg Haftbeschwerde erhoben hatten. Laut dem dem SWR vorliegenden Papier gehen die Ermittler nach Befragungen von Zeugen davon aus, dass es sich um gut 180.000 Euro handelte, die ohne Zweckbindung an Ballweg gespendet wurden. Also der Betrag, der Zeugenaussagen zufolge ohne Zweckbindung verschenkt wurde, obwohl die Polizei nur ein Zehntel der Spender befragte. Dem standen damals vermutlich private Ausgaben in Höhe von fast 150.000 Euro gegenüber, die zum Teil gegen den Willen der Spender verwendet worden sein könnten.

Doch die Ermittler sind sich sicher: Auch wenn sich ein Großteil der Spender nicht betrogen fühlt, könnte Ballweg dennoch beabsichtigt haben, sie zu betrügen. Auch ein sogenannter „ungeeigneter Versuch“ kann strafbar sein. Der neue Haftbefehl des Oberlandesgerichts rückte vom Betrugsvorwurf ab – nun wird gegen Michael Ballweg wegen versuchten Betrugs ermittelt.

Ballweg-Verteidiger fordert sofortige Haftentlassung Einer der Ballweg-Verteidiger, der Stuttgarter Rechtsanwalt und CDU-Landtagsabgeordnete Reinhard Löffler, kann den Vorwurf des versuchten Betrugs nicht nachvollziehen. Nach einem längeren Besuch bei Michael Ballweg berichtete dieser dem SWR, dass dieser die Konten von „Quermachen-711“ inzwischen so weit überprüft habe, dass nur noch ein Betrag von 6.000 Euro offen sei, dessen Herkunft und Verbleib unklar seien. Löffler forderte die sofortige Haftentlassung seines Mandanten. Die Staatsanwaltschaft bittet um Verständnis, dass Einzelheiten zum Stand der laufenden Ermittlungen „derzeit aus ermittlungstechnischen Gründen“ nicht mitgeteilt werden könnten.

Verfassungsbeschwerde wegen möglicher Verfahrensfehler Löffler trat am 11. Januar 2023 erstmals öffentlich als Verteidiger Ballwegs auf, als er ihn zu einer Haftverhandlung begleitete. Er sei „irritiert, dass Herr Ballweg nicht zu Wort kommt“, sagte er dem SWR. Auch der Rechtsanwalt Ralf Ludwig aus Sachsen-Anhalt will Verfahrensfehler erkannt haben. Er hat jetzt Beschwerde beim Verfassungsgericht Karlsruhe eingelegt. Darin rügt Ludwig mehrere angebliche Verfahrensfehler: Der zweite Haftbefehl sei am 14. November 2022 ergangen, aber erst am 29. November 2022 für den Angeklagten geöffnet worden. An diesem Tag sei die Präsentation von Michael Ballweg zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen unterbrochen worden durch den Richter. Gleichzeitig weigerte sich der Richter, weitere Zeugen zu hören und entlastende Dokumente anzunehmen. Bisher sind Belege über mehrere hunderttausend Euro angemessener Ausgaben in den Berechnungen der Ermittler nicht berücksichtigt. Das Landgericht Stuttgart wollte sich wegen des laufenden Verfahrens zu dieser Darstellung nicht äußern.

Quelle: SWR – Michael Ballweg: Verfassungsbeschwerde wegen langer Haft