Polyphenole

Aus Psiram
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Klassifikation Polyphenole

Polyphenole sind aromatische Verbindungen, die zwei oder mehr direkt an einen aromatischen Ring gebundene Hydroxygruppen enthalten. Natürliche Polyphenole kommen in Pflanzen als sekundäre Pflanzenstoffe vor.

Im Zusammenhang mit der gesundheitsbezogenen Werbung für Antioxidantien sind Polyphenole in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Forschung gerückt und wurden demzufolge auch auf dem Lebensmittel- und Nahrungsergänzungsmittelmarkt beworben. Aber auch in der Kosmetikindustrie werden diese Substanzen mit vielfältigen Versprechungen angeboten. In der Regel sind die Aussagen vage und unbelegt: "Es wird sogar angenommen, dass sie Fettablagerungen vermindern und die Ablagerung von Kalk in den Arterien verhindern können."[1]


Gruppen der Polyphenole, Eigenschaften und Vorkommen

Die Hauptgruppen der Phenole sind folgende:

  • Phenole - Catechol
  • Phenolsäure
    • Hydroxybenzosäure – Gallus- und Vanillinsäure
    • Hydroxyzimtsäure - Kaffeesäure
  • Coumarine
  • Ligane – Secoisolariciresinol
  • Lignine – Lignin

Beispiele liefert die Online-Plattform des "Zentrums für Gesundheit", auf der pauschal Aussagen aufgestellt werden wie "Polyphenole in Grüntee und Äpfeln machen gesund!" "Polyphenole gegen Krebs und andere chronische Krankheiten. Polyphenole sind das Geheimnis gesunder Ernährung – einer Ernährung, die vor chronischen Krankheiten schützt."[2]. Außerdem sie werden als "Phenole: die pflanzliche Gesundheitspolizei"[3] bezeichnet.

Es gab aber auch schon früh kritische Berichte in den Medien, wie in der „Süddeutschen Zeitung“ aus dem Mai 2010:"Nach den Ergebnissen einer neuen Studie entfalten zumindest die zu den Polyphenolen zählenden Flavonoide im Körper jedoch ganz andere Wirkungen als im Reagenzglas".[4] Auch die Pharmazeutische Zeitung berichtet: "Auf einen, das Herz schützenden, Effekt weisen zumindest In-vitro- und einige epidemiologische Untersuchungen hin. Doch die Datenlage ist dünn, Langzeitstudien fehlen."[5]

Viele Jahre ging man davon aus, dass Phenole Abfallprodukte des pflanzlichen Stoffwechsels ohne jede Funktion seien. Mittlerweile weiß man, dass diese Verbindungen durchaus Funktionen haben. Sie stellen bioaktive Substanzen wie Farbstoffe, Geschmacksstoffe und Tannine dar und sollen die Pflanze vor Fraßfeinden schützen oder durch ihre Farbe Insekten zur Bestäubung anlocken. Manchen Pflanzen dienen Polyphenole aufgrund ihrer antioxidativen Wirkung und der Filterung energiereicher UV-B-Strahlung auch als Schutz für den Photosynthese-Apparat. Weiterhin sind Polyphenole Grundbausteine wichtiger Biopolymere wie Lignin und Suberin.

Bei Versuchen mit Tieren und In-Vitro wurden antioxidative und antimikrobielle Effekte nachgewiesen.[6]Polyphenole kommen vor allem in den Blättern, Schalen oder anderen Außenschichten pflanzlicher Gewebe vor. Von daher ist es von sehr großer Bedeutung zu wissen und zu beachten, wo und wie die Substanzen gewonnen und verarbeitet werden.

Allgemeine Behauptungen zu Polyphenolen

Zu Polyphenolen werden viele Behauptungen aufgestellt und Aussagen getätigt, die schlecht oder gar nicht belastbar belegt sind. Ferner werden Zusammenhänge hergestellt, die so nicht gegeben sind. Teilweise werden Substanzen und Gruppen wie auch ihre Eigenschaften so beliebig kombiniert, dass man in dem Bereich schon von einer Multi-Kulti-Substanzgruppe sprechen kann. Dadurch werden Verbraucher massiv in die Irre geführt. Wie in diesem Segment üblich, sind es in der Regel hochpreisige Produkte, bei denen kein eindeutiger Nachweis eines nennenswerten gesundheitlichen Mehrwerts erbracht wurde.[7]

Die Vertreiber entsprechender Produkte profitieren davon, dass Polyphenole chemisch gesehen keine einheitliche Gruppe sind. Unter diesem Begriff lassen sich einige Substanzen einordnen, sofern sie mindestens einen Pheonolring haben.

Zudem ist der tatsächliche Gehalt der Nahrungsergänzungsmittel an Polyphenolen nicht garantiert. Bei unzureichender Verarbeitung werden die phenolreichen Randschichten der Pflanzen/Früchte entfernt oder beschädigt. So reduziert sich der Gehalt bei der Produktion von Säften ganz erheblich (auf nur noch ca. 10% des ursprünglichen Gehalts). Vollkornweizen enthält im Original noch bis zu 500 mg/kg, während das Endprodukt, welches auf den Markt kommt, nur noch 50mg/kg enthält.

Auch die Lagerung und die Jahreszeit spielen eine Rolle. Gemüse, die im Spätherbst verarbeitet werden, weisen einen höheren Gehalt auf als im Sommer (z.B. Endivien).

Bei Nahrungsergänzungsmitteln ist selten zu erkennen, ob diese Aspekte ausreichend berücksichtigt sind.

Prinzipiell sind Phenole in allen pflanzlichen Lebensmitteln enthalten, die wir zu uns nehmen. Aber auch in Getränken wie Kaffee oder auch Weizenbier kommen teils erhebliche Mengen vor. Dies führt dazu, dass die täglich aufgenommene Menge sogar mehrere Gramm betragen kann. Allein dieser Aspekt stellt die Notwendigkeit der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln in Frage.

Ein weiterer wesentlicher Kritikpunkt bei der Vermarktung ist, dass konsequent verschwiegen wird, dass einige der angebotenen Substanzen über den Verdauungstrakt nur sehr reduziert, bzw. gar nicht aufgenommen werden. Beispiele sind das sehr stark beworbene Gewürz Curcumin, diverse Polyphenole, oder auch Anthocyane. Diese werden im Darm so gut wie nicht resorbiert (auch hier unter 10%). Oder sie werden ausreichend resorbiert, aber schlecht verstoffwechselt, wie z.B. die Oligomere Proanthocyanidine (OPC). Das bedeutet, dass extrem hohe Mengen des Stoffes zugeführt werden müssten, die ein Mensch im Normalfall physiologisch gar nicht in der Lage ist aufzunehmen.

Somit sind auch die In-Vitro-Studien, bei denen mit sehr hohen Konzentrationen gearbeitet wurde, nicht auf den Menschen übertragbar. Dies bedeutet, dass die beworbene vorbeugende Schutzfunktion beim Menschen nicht von der Bedeutung ist wie kommuniziert wird. Auch ein vielfach versprochener Heilungseffekt ist nicht erkennbar nachgewiesen.

Gleichzeitig können sich Polyphenole aus pflanzlicher Nahrung an Verdauungsenzyme binden und so die Nährstoffaufnahme im Darm vermindern. Beim gesunden Menschen verhindern die im Speichel enthaltenen prolinreichen Proteine diese Wirkung, indem sie einen im Verdauungstrakt stabilen Komplex mit den Polyphenolen bilden.

Relevante vermarktete Substanzgruppen und Produkte

Phenolsäuren

Phenolsäure (Hydroxybenzosäure, Hydroxyzimtsäure) kommt vor in Rhabarber (155mg/100g), Mangos (440mg/100g), schwarzem Tee (4,6 ,mg/100 ml), Kaffee pro Tasse 30-70 mg Kaffeesäure, Radieschen (5-100mg/kg).

Die Verstoffwechselung der Säuren geht sehr schnell. Die Plasmakonzentration erreicht schon nach zwei Stunden ihren Höhepunkt und fällt dann schnell ab. Bei In-Vitro wie auch in Tierversuchen wurden antioxidative Wirkungen nachgewiesen

Es gibt Ergebnisse einer Arbeitsgruppe die zeigen, dass Gewürzsumach (Rhus Coria) Schutzeffekte vor oxidativen DNA-Schäden bewirken kann.[8] [9]

Auch bei den Hydroxyzimtsäuren (Kaffee) wurden einige Studien veröffentlicht, in denen sowohl pro- wie antioxidative Eigenschaften beschrieben werden. Aber auch hier wurden die Effekte in der Regel mit extrem hohen Konzentrationen erreicht, die Menschen nicht zu sich nehmen. Bei Ratten wurden oxidative Schäden beobachtet. Die zugeführte Menge entsprach aber in etwa 40 L Kaffee.

Zu erwähnen sind die möglichen negativen gesundheitlichen Schäden, die auftreten können, wenn versucht wird, durch die Aufnahme großer Mengen eine positive Wirkung zu erzielen. Magenkrebs kann die Folge sein. Ein weiterer negativer Effekt von Phenolsäure ist der Anstieg des Homocysteinspiegels, der das Risiko von Herz-Kreislauferkrankungen, Osteoporose und Demenz erhöht.[10]

Resveratrol

Resveratrol kommt in hoher Konzentration in den Schalen von Weintrauben vor. Einer der Gründe dafür, dass Resveratrol in den Fokus von Medien und Nahrungsmittelindustrie rückte, ist die Annahme, dass diese Verbindung Grundlage für das sogenannte "French Paradox" ist, welches besagt, dass vermehrt weintrinkende Franzosen gesundheitliche Vorteile vom Weingenuss hätten.Französisches Paradoxon

Klassifikation und Strukturen Flavanoide

Flavonoide

Flavonoide sind eine sehr umfangreiche Gruppe der sekundären Pflanzenstoffe und werden schon als neues Wundermittel im Kampf gegen Krebs gefeiert. Dies ist in der Branche der Nahrungsergänzungsmittel-Industrie gang und gäbe, jedoch wie so oft viel zu kurz gegriffen.[11] Auch hier ist die Datenlage weitgehend widersprüchlich, beruht nur auf In-Vitro oder Tierversuchen, wurde über Fragebogen-Auswertung erhoben, oder ist gar nicht vorhanden und es wird mit anekdotischer Evidenz geworben. Flavonoide kommen vor als:

    • Flavone: Apigenin (Sellerie) Luteolin (Sellerie, Artischocken
    • Flavonole: Quercetin (Zwiebel, Äpfel), Kaempferöl (Ginkgo biloba)
    • Flavanone: Naringenin (Orangen)
    • Flavanole: Epigalloecatechingallat (Tee/Rotwein), OPC (Oligomere Proanthocyanidine –in Traubenkernen)
    • Anthocyane: Cyanidin (Rotkraut) Malvidin (blaue Weintrauben)
    • Isoflavone: Genestein, Daidzein (Soja)

Da Flavonoide auf vielen verschieden Ebenen und an unterschiedlichen Punkte im Organismus wirken, sind sie in Bezug auf vorbeugende Gesundheits-Effekte theoretisch sehr vielversprechend. Die antioxidative Wirkung geht über einen sehr großen Bereich. Unter In-Vitro-Bedingungen wurden gute Ergebnisse erzielt mit Kaempferöl, Quertcetin und Luteolin.

Einige der Flavonoide führen zu einer Hemmung von Cytochrom P450-abhängigen Stoffwechselfunktionen (Phase-I-Enzyme), andere wiederum bewirken eine Aktivierung. Möglich ist auch eine dosisabhängige Aktivierung von Phase-II-Enzymen. Dies alles kann zu Wechselwirkungen mit Arzneistoffen führen, wie etwa bei der Grapefruit, deren Inhaltsstoffe die Bioverfügbarkeit mancher oral aufgenommener Medikamente erhöhen kann.[12]

Die Hemmung der Zellteilung durch Flavanoide ist gut erforscht und in Übersichtsarbeiten gut dargestellt. Anhand von Quercetin kann man die Arretierung der Zelle bei der Teilung gut beobachten. Sie wird als eine gute „mulitfunktionale Chemopräventive Substanz“ bezeichnet.[13] Diese Untersuchungen fanden bei In-Vitro- und in Tierversuchen statt. Dabei wurde beobachtet, wie Quercetin mit großer Effizienz die Teilung der Krebszellen hemmte. Auch die Auslösung des programmierten Zelltodes wurde beobachtet.

Flavanoide und Krebsrisiko

In einer Reihe von Studien wurde aufgezeigt, dass Zusammenhänge zwischen dem Verzehr flavonoidhaltiger Nahrung und dem Auftreten verschiedener Krebserkrankungen bestehen. Der weitaus größte Teil erfolgte aber in Erhebungen per Fragebögen, die dann ausgewertet wurden. Andere Untersuchungen waren aufwendiger und es wurden auch Stoffwechselprodukte untersucht.

In einer chinesischen Studie, die das Auftreten von Brust- und Magenkrebs betraf, wurden teespezifische Polyphenole gemessen, wobei ein signifikanter Zusammenhang gesehen wurde.[14])

Die meisten Untersuchungen beziehen sich auf Lungenkrebs. Tatsächlich fanden sich Hinweise auf Auswirkungen. In einer Metanalyse wurden 11 Fall- und 5 Kohortenstudien ausgewertet und man kam zu dem Ergebnis, dass ein signifikanter Zusammenhang, besonders beim Konsum großer Mengen deutlich wurde.[15]

Quercetin

Zu dieser Substanz, die zu den Flavonolen gehört, wurden über 8000 Arbeiten veröffentlicht. Grund für die Häufigkeit der Untersuchungen ist die im Gegensatz zu vielen anderen Pflanzenstoffen bessere Bio-Verfügbarkeit. Der Substanz werden ebenfalls viele schützende und vorbeugende Eigenschaften zugeschrieben.

Einen besonders hohen Gehalt an Quercetin findet man in Kapern (1800mg/kg) und Liebstöckel (1700mg/kg). Das Lebensmittel mit dem höchsten Quercetin-Gehalt, das uns in der täglichen Nahrungsaufnahme am meisten begegnet, ist die Zwiebel. Sie weist bis zu 350mg/kg auf. Aber auch in den Schalen von Birnen und Äpfeln findet man einen hohen Gehalt. Auch Paprika- und Tomaten haben mit über 60mk/kg noch einen hohen Anteil.

Obwohl Quercetin mit der normalen Nahrung reichlich aufgenommen wird, wird diese Substanz in der Nahrungsmittelergänzungs-Industrie bei hohen Preisen und schwammigen, stets positiven, Versprechungen stark beworben.[16] [17]

Schon in den 1970ern wurden aber In-Vitro-Studien durchgeführt, die DNA-schädigende Effekte aufzeigten. Dies führte zur Initiierung einer Langzeitstudie des amerikanischen National-Toxicology-Programms (NPP). Bei einer Dosis von 2.000mg/kg Körpergewicht und Tag stellte man bei Ratten die Auslösung von chronischen Nierenschäden sowie Krebszellen in Epithelen der Nieren fest.[18]

Bei einer Folgestudie mit geringerer Dosierung trat der Effekt nicht auf. Ob dies für den Mensch Relevanz hat, wird noch diskutiert. Einige Humanstudien, die positive Effekte zeigten, waren Untersuchungen, die aufgrund von Fragebögen und Auswertungen durchgeführt wurde. Die Aussagekraft ist daher kritisch zu bewerten und mit Vorsicht zu betrachten (siehe Studienlage).

Tannine

Tannine (franz.: Tanin: Gerbstoff) sind natürlich vorkommende Polyphenole, die sich alle von der Gallussäure ableiten lassen. Deswegen spricht man häufiger auch von Gallotanninen. Bekannteste Verbindung und Namensgeber dieser Stoffgruppe ist das Gallotannin. Zu finden sind Tannine unter anderem in Schalen und Kernen von Weintrauben. Sie gelangen beim Maischen in den Traubensaft. Sie dienen der Pflanze zur Abwehr gegen Pflanzenfresser. Tannine findet man außer in Weintrauben auch im Holz und der Rinde von Eichen und Kastanien und in Sumachgewächsen.

Darüber hinaus werden diese Stoffe von Akazien wie der Verek-Akazie produziert, um potenzielle Fressfeinde abzuschrecken. Im Zusammenhang mit der Rinde der Verek-Akazie kommen Tannine wegen ihrer adstringierenden und auswurffördernden Wirkung auch in der Volksmedizin einiger Länder in Afrika zum Einsatz. Tannine sind auch im Hopfen sowie in Schwarzem und Grünem Tee enthalten, werden bei Tee allerdings als Catechine bezeichnet. Bekannte Untergruppen sind die Catechine und Epigallocatechine, die als Bestandteile diverser Teesorten eine Rolle spielen und denen auch eine Reihe von positiven Wirkungseigenschaften zugeschrieben werden (siehe Antioxidantien -> Tee).

Spitzenreiter beim Gehalt an Tanninen ist die Sorghumhirse, ein Süßgras aus Afrika und Südeuropa, mit einem Anteil von bis zu 2.000mg/100g. Aber auch die heimischen Apfel- und Preiselbeeren bieten mit bis zu 600mg/100g eine gute Versorgung. Die Berechnung der täglich notwendigen Aufnahme ist wie bei vielen derartiger Stoff uneinheitlich. In den USA wurde ein Wert von 460mg/Person/Tag errechnet. Andere Studien liegen bei 60mg/Tag[19].

Ein großer Teil der Untersuchungen im Zusammenhang mit Tanninen wurden mit Säften und Extrakten des Granatapfels durchgeführt. Diese werden von vielen Produzenten als Nahrungsergänzungsmittel hergestellt und mit einer Vielzahl von gesundheitsrelevanten Effekten beworben, wie z.B. Schutz vor Alzheimer-Demenz, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und natürlich Krebs:[20]

"Herz. Schützt vor hohem Bluthochdruck, verbessert die Durchblutung der Herzkranzgefäße.
Granatapfel beeinflusst den Lipidstoffwechsel: er senkt das LDL-Cholesterin und beugt der Arteriosklerose vor.
Überall dort, wo oxidativer Stress (durch Alkohol, Rauchen oder UV-Strahlung... ) eine Rolle spielt.
... beugt Magenerkrankungen vor.
... hilft bei Diabetes und unterstützt den Zuckerstoffwechsel.
Hemmt die Mikroorganismen, die Zahnplaque verursachen.
Beugt Osteoporose vor.
... die Gelenke, erhält ihre „reibungslose“ Funktion aufrecht. Hemmt den Knorpelabbau und mögliche Entzündungen.
... gereizte Nerven.
... stärkt die körpereigenen Abwehrkräfte in vielen Aspekten.
... auch bei Krebserkrankungen ist der Granatapfel ein Schutzfaktor"[21]

Schlussendlich beruht aber der größte Teil der Aussagen auf In-Vitro-oder Tierversuchen. Die durchgeführten Humanstudien waren epidemiologisch, also Umfrage-basierend (siehe Studienlage). Oder es kommt wie so oft anekdotische Evidenz zur Anwendung.

Studienlage

Phenole sind Bestandteile vieler pflanzlicher Lebensmittel, die dazu noch viele andere Substanzen enthalten. Von daher ist es sehr schwierig, über epidemiologische Studien konkrete Ergebnisse zu erzielen und Aussagen zu treffen. Im Vergleich zu Versuchen mit anderen Substanzen aus dieser Stoffgruppe, bei denen phenolhaltige Lebensmittel und deren Verzehr untersucht wurden, wurden mit Resveratrol und Quercetin auch klinische Studien unter kontrollierten Bedingungen durchgeführt, dabei wurden alle anderen Bestandteile entfernt und die Substanzen in Reinform an Zellkulturen verwendet. [22]

Zum Schutz vor Entzündungen durch Flavonoide wurden über 100 Einzelstudien veröffentlicht. In einem Übersichtsartikel von Prasad et al. wurden diese gut zusammengefasst.[23]

Auch in Tierversuchen sehr gut erforscht ist Resveratrol, wo in zahlreichen Studien bei Ratten und Mäusen diverse Organe künstlich infiziert wurden. Dabei fand man gehäuft Schutzeffekte und eine Verlängerung der Lebenszeit von Versuchstieren (weiter siehe Resveratrol).

Studien Lunge

Eine Fallstudie zur Lunge aus den USA mit 558 Fällen sowie 837 Kontrollen zeigte einen deutlichen Zusammenhang beim Konsum einzelner Substanzen bei Rauchern (Quercetin 9mg), Kaempferöl (2mg/d). Bei Nichtrauchern waren die Effekte geringer.

Eine prospektive Studie aus den USA mit 34.708 Frauen zeigte signifikante Assoziation zwischen Lungenkrebs bei Rauchern und Exrauchern und dem Verzehr von Flavononen. Der Effekt war bei Frauen, die nicht rauchten, nicht signifikant.

Studien Dickdarm

Bei einer Fallstudie zum Wiederauftreten von Dickdarmpolypen wurden 947 Risikopatienten und 948 Kontrollen untersucht. Die Aufnahme von Flavanoiden wurde per Fragebogen erfasst. Bei der Auswertung ergab sich eine Reduzierung von Rezidiven beim Konsum flavonoidreicher Nahrung.

Eine weitere Fallstudie aus England umfasste 264 Fälle und 408 Kontrollen. Es konnte keine Beziehung zwischen einem Erkrankungsrisiko und dem Gesamtkonsum von Flavonoiden hergestellt werden, aber eine deutliche Assoziation mit Flavonen, die nicht aus Tee stammten.

In einer Studie zur Mundhöhle aus Italien mit 805 Fällen und 2.081 Kontrollen ergaben sich zuerst Effekte bei Flavononen und Flavonoiden, aber nach Berücksichtigung der Vitamin-C-Aufnahme war die Signifikanz nicht mehr gegeben.[24]

Quercetin

Es existieren zu Quercetin nur ein gutes Dutzend Studien die alle durch die Auswertung der Verzehrmengen per Fragebogen erstellt wurden. Somit sind auch diese Ergebnisse nicht als evident und belastbar zu sehen.

In einer prospektiven Studie in Finnland mit 9.959 Männern und Frauen und einer Laufzeit von 30 Jahren ergaben sich Hinweise auf die Reduzierung aller Krebsarten.[25] Diese Befunde wurde durch eine ähnlich durchgeführte Fallstudie aus den USA untermauert.[26] Auch hier wurde mit der Fragebogenmethode gearbeitet.

Auch zum Prostatakrebs wurde eine Fragebogenstudie durchgeführt. Die Ergebnisse waren vielversprechend und lassen auf einen Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Flavonoiden und Erkrankung schließen.[27]

Tannine

Bei den Studien zu diesen Substanzen dominieren die In-Vitro- wie auch In-Vivo-Versuche mit Labortieren (in der Regel Nagetiere) auf Basis von Präparaten des Granatapfels. Dabei fand man Schutzeffekte für Brust- und Prostatakrebs. Aber auch bei Versuchen mit Kakaobohnen wurden Effekte bei der Entwicklung von Darmkrebs festgestellt. Bei einer Humanstudie mit an Brustkrebs erkrankten Frauen konsumierten die Teilnehmerinnen 3x täglich 100 mg vom Extrakt des Granatapfels. Nach 6 Monaten wurden die Veränderungen untersucht und eine deutliche Verbesserung festgestellt. Allerdings hatten sich die Frauen auch einer Strahlentherapie unterzogen, so dass die Ergebnisse nicht eindeutig zugeordnet werden können.[28]. Für Fruchtsäfte aus Granatäpfeln (wie auch Sternfrüchte) gibt es Hinweise auf eine Beeinflussung gastrointestinaler Resorptionsvorgänge im Zusammenhang mit der Einnahme diverser Medikamente, allerdings liegen bisher nur tierexperimentelle Daten vor.[29]

Bis heute ist sind die Interaktion von Früchten mit Phenolen beziehungsweise den daraus gewonnenen Säften Gegenstand sehr vieler Untersuchungen, die in zahlreichen Übersichtsarbeiten aufgeführt sind.[30]

Um all diese im Ansatz positiven Erkenntnisse und vielversprechenden Ergebnisse wie auch die sich daraus ergebenden Risiken zu bestätigen, braucht es aber weiterer klinischer Humanstudien und Untersuchung unter kontrollierten Bedingungen.

Literatur

  • Krebs und Ernährung, Knasmüller et al, Thieme Verlag, 8.Auflage, 2014
  • Medizinische Mikrobiologie, Kayser, Böttger, Deplazes....13. Auflage, 2014
  • Humangenetik, Murken, Grimm....8.Auflage 2011
  • Biochemie des Menschen, Florian Horn, 6. Auflage, 2015


Weblinks


Quellenverzeichnis

  1. http://polyphenols2008.com/polyphenole-kosmetik.html
  2. zentrum-der-gesundheit.de/polyphenole-ia.html
  3. superfoodsmoothies.de/news/sind-phenole/
  4. http://www.sueddeutsche.de/leben/flavonoide-ueberschaetzte-pflanzenstoffe-1.678797
  5. http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=35170
  6. Ferk F, Nersesyan A, Misik M. et al. Antioxidant and Cancer protective Effects of Gallic Acid...,NOVAM 2009, 245-249
  7. https://drjacobs-shop.de/granatapfel/36/dr.-jacob-s-granatapfel-elixier-500-ml
  8. Chakraborty A, Ferk F, Simic T et al. DNA-protective effects of Sumach..... Mutat Res 2009, 10-17
  9. Chakraborty A, Jager W et al. Protent Protection of gallic acid ngainst DNA-Oxidation...Mutat 2011, 61-71
  10. http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=3591
  11. http://www.atlantis-pharm.com/Flavonoide.htm
  12. Bernhard Watzl, Gerhard Rechkemmer. Basiswissen aktualisiert: Flavonoide. Ernährungs-Umschau, Band 48, 2001, Heft 12
  13. Russo M, Spagnulo C, Tedesco I et al. The Flavanoid quercetin in diesease prevention and Therapy....BiochemPharmacol 2012, 6-15
  14. Yuan JM, Sun C, Butker LM, Tea and Cancer Prävention… Pharmacol Res. 2011 12-135
  15. Garcia-Tirado J., Rieger-Reyes C., Saz-Peiro P, Effects of Flavonoids in the prevention of Lung-Cancer, Systematic Review Med.Clinic Barcelona 2012, 358-363
  16. https://www.amazon.de/Quercetin-Tagesdosis-Vitamin-Kapseln-vegetarisch/dp/B005MIAVD6
  17. fairvital.com/de/anwendungsgebiete/immunsystem/quercetin-plus-c-120-kapseln
  18. NTP. Toxicology and Cancerogenesis Study of Quercetin (Cas.Nr.117394, Report Series Nr. 409 1992
  19. Knasmüller et al, Risiken und Prävention....2014, Tannine, ab S.300
  20. http://eatsmarter.de/ernaehrung/news/granatapfel-gesund
  21. kraeuterweisheiten.de/granatapfel.html
  22. Knasmüller et al. Krebs und Ernährung, Risiken und Präventionm Thieme Verlag 2014
  23. Prasad S, Phromnoi K, Yadav RV et al. Target-inflammatory Pathways by Flavanoids for Precention and treatment of cancer, Planat Med. 2010, 1044-1063
  24. Knasmüller et al, Risiken und Prävention.... 2014,Ergebnisse epidemiologischer Studien, S. 287-288
  25. Knekt P, Jarvinen R, Seppanen R et al. Dietary flavanoids and the Risk of Lung Cancer…. Am J Epidemol 1997, 223-230
  26. Cui Y, Morgenstern H, Greenland S et al. Dietary Flavonoid intake lung cancer – a population based case-control-study, 2008, Cancer, 2241-2248
  27. Strom SS, Yamamura Y, Duphorne CM et al. Phytoöstrogen intake and prostate cancer, a case control study using a new database. Nutr.Cancer 1999, 20-25
  28. Brooker S, Martin S, Pearson A. et al. Doubleblind-placebo controlled and randomised Phase II Trial.... Radiother Oncol 2006, S. 45-51
  29. Hidaka et al., 2005; Hidaka et al., 2006; Shravan Kumar et al., 2011
  30. [Ammer & Weintraub, 1997; Fuhr, 1998; Bailey et al., 1998; Mertens-Talcott et al., 2006; Seden et al., 2010; Bailey, 2010; Hanley et al., 2011; Srinivas, 2013; Bailey et al., 2013