Placeboeffekt: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 8. Juli 2014, 12:22 Uhr

Placeboprodukt Obecalp
Scheinpräparat aus der Homöopathie

Geschichte

Das Wort Placebo (auch sympathische Magie, zur Unterscheidung von einem Verum-Mittel mit Wirksamkeitsnachweis) ist lateinischen Ursprungs und bedeutet: ich werde gefallen. Im Mittelalter bezeichnete dieses Wort den Namen einer Totenvesper, weil deren antiphone Antwort damit begann. Diese wiederum geht auf Psalm 116, Vers 9 zurück: "Ich werde wandeln vor dem Herrn im Lande der Lebenden", woraus "Ich werde wandeln" und irrtümlich "Ich werde gefallen" wurde. Kurz nach 1800 verwendete man diesen Begriff bereits als ein Synonym für ein inaktives Medikament, das gegeben wird, um dem Patienten zu gefallen.

Definition

Häufig wird der Placeboeffekt definiert als jede Wirkung, die einem Medikament oder einem Verfahren, nicht aber dessen pharmakodynamischen und spezifischen Eigenschaften zugeschrieben werden kann. Howard Brody vom "Institute for the Medical Humanities" der University of Texas (Medical Branch) definiert den Placeboeffekt wie folgt:

Veränderung im Zustand des Patienten, die eher auf die symbolische Bedeutung der Intervention als auf die spezifischen pharmakologischen oder physiologischen Wirkungen dieser Intervention zurückzuführen ist.[1]

Damit wird ausgedrückt, dass der Placeboeffekt unabhängig von dem eingesetzten Mittel und eventuellen pharmakodynamischen Wirkungen eintreten kann. Der Placeboeffekt zeigt sich auch dann, wenn der Anwender sich des Placebocharakters eines Mittels bewusst ist.[2] Damit erhält die Kritik an einer alleinigen Anwendung eines Placebomittels weitere Nahrung, die auf den dabei eintretenden Vertrauensverlust zwischen Arzt und Patient verweist, wenn dieser dem Patient wider besseren Wissens den Eindruck vermittelt, ein Placebomittel habe eine spezifische Wirkung.

Arten

Man unterscheidet gelegentlich reine von unreinen Placebos. Erste sind pharmakologisch vollkommen inaktiv, wie etwa Zucker. Unreine Placebos haben einen pharmakologischen Effekt, der aber für das Problem, bei dem es angewendet wird, nicht entscheidend ist, etwa viele Vitaminpräparate oder milde Spasmolytika. Nebenwirkungen dieser unreinen Placebos können den Placeboeffekt sogar verstärken: z.B. Mundtrockenheiten bei Spasmolytika. Die Fähigkeit, die Speichelsekrektion zu verringern, erzeugt im Probanden die Vorstellung, dass das Mittel auch an anderer Stelle entsprechend wirke.

Nebenwirkungen

Oft wird argumentiert, dass das Nebenwirkungsprofil von Placebos dem herkömmlich wirksamer Medikamente ähnlich sei. In mehreren Studien wurde nachgewiesen, dass die berichteten Nebenwirkungen bereits vor Einnahme des Placebos bestanden hatten. Das Ausmaß dieser Beschwerden ging sogar so weit, dass die Teilnehmer baten, den Versuch abbrechen zu dürfen. Durch das Placebo wird also die Aufmerksamkeit des Probanden stark nach innen gelenkt.[3] Unabhängig davon kann man davon ausgehen, dass Nebenwirkungen eines Medikaments den Placeboeffekt verstärken.

Einsatzgebiete

Viele Patienten erwarten von der Medizin auch, dass sie Mittel gegen Befindlichkeitsstörungen bereithält. Ferner ist der Einsatz von Placebos möglich, wenn es darum geht, den Patienten zu helfen, mit ihrem Leiden umzugehen bzw. dieses anzuerkennen.

Gelegentlich wird der Einsatz von Placebos bei Krebserkrankungen thematisiert. Sehr selten verlangsamt sich das Wachstum eines Tumors aus bislang unbekannten Gründen oder dieser verschwindet sogar gänzlich.[4] Berichte von Spontanheilungen sind allerdings mit großer Vorsicht zu betrachten, da diese nur punktuell sind und der weitere, langfristige Verlauf der Krankheit in der Regel nicht thematisiert wird. Besonders von religiöser, aber auch esoterischer Seite wird auch heute noch der Fall Wright aus den 1950er Jahren herangezogen. Der Patient litt an einem fortgeschrittenen Lymphosarkosom. Behandelt wurde er mit Krebiozen, das damals als wahres Wundermittel galt. Schon nach einer Injektion konnte er als geheilt betrachtet werden. Dann aber las der Patient, dass Krebiozen unwirksam sei und erlebte einen massiven Rückfall. Nun riet ihm der Arzt, den Berichten nicht zu glauben und bot Wright ein angeblich verbessertes Krebiozen an. Tatsächlich aber spritzte er lediglich Wasser und wieder schmolzen die Tumore dahin. Dann erschien in der Zeitung wiederum ein Bericht über die Wirkung dieses Mittels, woraufhin Wright innerhalb von zwei Tagen verstarb. Der Name des Arztes ist unbekannt und eine Krankengeschichte gab es nicht.[5][6]

Die Behauptung, durch Placebos könne der Blutzucker gesenkt werden, geht auf eine Studie aus den 1960er Jahren zurück, die diesen Schluss gar nicht hergibt. Eine Gruppe Diabetiker wurde über ein halbes Jahr mit Medikamenten behandelt, die anschließend durch Placebos ersetzt wurden. Die meisten der Patienten hielten ihren Blutzucker ausreichend unter Kontrolle, immer verbunden mit einem engen Kontakt zur Klinik bzw. zu den Ärzten. Dass die Einnahme dieser Placebos einen niedrigen Blutzuckerwert ergäbe, ist weder dokumentiert noch wurde es behauptet. Auch für andere Krankheiten gilt: Die gute Arzt-Patienten-Beziehung darf nicht mit einem Placeboeffekt im engeren Sinn verwechselt werden.

Entspannungstechniken können den Blutdruck effektiver senken als gar keine Therapie, aber nicht wirksamer als Placebo.[7] Der Weißkittel-Effekt, auch Weißer-Mantel-Effekt, führt durch eine vorübergehende Verkrampfung der Arterien zu einem höheren Blutdruck.

Kinder, die an Migräne leiden, sprechen häufiger auf Placebos an als Erwachsene.

Im Medizingerätesektor kann man Placebos dann einsetzen, wenn man dem zu täuschenden Patienten ein Gerät vorstellt, das nur scheinbar funktioniert. So kann man ein Bioresonanzgerät dadurch zu einem Placebogerät umfunktionieren, dass man zwar die Leuchtdioden und PC-Programme funktionsfähig erhält, die 'Therapiefunktion' des Gerätes aber durch Unterbrechung der Stromzufuhr deaktiviert. Mack Lipkin beschrieb einen obskuren elektrischen Apparat, den er bei Patienten mit schmerzenden Fingern und Gelenken als Placebo einsetzte. Dabei stellte er den Strom gar nicht an, sondern drückte nur auf ein paar beeindruckende Knöpfe. Alle Patienten erfuhren eine Linderung, bei sechs Patienten waren die Ergebnisse sogar ausgezeichnet.[8]

Eine bedeutende Rolle spielt der Placeboeffekt in der Schmerzbehandlung. Wird einem Probanden absichtlich Schmerz zugefügt, wird er anders reagieren als ein Patienten mit Schmerzen, dessen Ursachen nicht bekannt sind. E. J. Cassell betont dabei die Rolle des Wissens über die Herkunft des Schmerzes, wobei Schmerz unbekannter Herkunft als quälender empfunden wird.[9] Was die Analyse des Schmerzes angeht, kann man diesen in den chronischen und den akuten Schmerz einteilen. Injiziert man einem Patienten mit akuten lokalisierten Muskelkrämpfen eine Kochsalzlösung in den schmerzhaften Bereich, bringt dies eine größere Besserung als ein lokales Narkotikum.[10] Man kann aufgrund der Erfahrungen annehmen, dass die Wirkung von Placebos weder lokal noch zentral erfolgt, sondern vom Schmerzreiz ablenkt. Wie das im Detail erfolgt, ist noch weitgehend unklar und von vielerlei Faktoren abhängig. Wir wissen etwa, dass bei manchen Menschen Stress den Schmerz verschlimmert, bei anderen hingegen hilft, ihn zu übergehen.

In der Arzneimittelforschung wird ein Placebopräparat dann eingesetzt, wenn es darum geht, den tatsächlichen Nutzen einer pharmakologischen Zubereitung (das sog. Verumpräparat) im Vergleich zu einer Scheinbehandlung zu prüfen. Wirkt Verum nur so gut wie Placebo, ist es nutzlos bzw. hat keine eigenständige, zusätzliche Wirkung bei der entsprechenden Indikation.

Was die Häufigkeit des Einsatzes von Placebos angeht, gibt es verschiedene Untersuchungen.

Wirkungsweise

Manche Autoren unterscheiden zwischen den Begriffen Kranksein und Krankheit. Kranksein ist persönliche Reaktion auf die pathologische Veränderung, also der Krankheit. Krankheit ist objektivierbar, Kranksein, die empfundenen Beschwerden, wird von vielen subjektiven Faktoren beeinflusst (Kultur, Persönlichkeit usw.) und kann unabhängig vom Bestehen eines objektiven Befundes registriert werden. Umgekehrt kann natürlich auch Krankheit ohne Kranksein auftreten. Placebos helfen nur gegen Kranksein. Eine Beeinflussung der Krankheit ist zwar denkbar, wohl aber auf die klinische Situation zurückzuführen.

In der Naturheilkunde- und Esoterikszene wird dem Placebo gelegentlich eine eigenständige Wirkung zugemessen. Es wird zu einem vermeintlichen Verum hochstilisiert. Dabei wird regelhaft der Effekt einer Scheinbehandlung (Placebobehandlung) von jenem einer für den Patienten offensichtlichen Nichtbehandlung nicht ausreichend abgegrenzt. Auch wird oft der Effekt der Selbstheilung, die bei allen Erkrankungen zu einer (teilweisen oder vollständigen) Gesundung führt, mit dem Placeboeffekt verwechselt.

Teure Placebos haben eine stärkere Wirkung als billige. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass neue, hochpreisige wirksame Medikamente von Patienten bevorzugt werden.[11][12]

In den 1950er Jahren wurde durch Beecher[13] die These aufgestellt, dass das Placebo selbst eine medizinische Wirkung habe: It is evident that placebos have a high degree of therapeutic effectiveness in treating subjective responses, deciding improvement, interpreted under the unknown technique as a real therapeutic effect, being produced in 35.2 +/- 2.2% of cases. Damit stellte er die Behauptung auf, dass in jedem dritten Behandlungsfall mit Placebo das Placebopräparat zu einer Heilung führen würde. Diese These hielt sich über Jahrzehnte und wurde sogar in führenden Medizinjournalen immer wieder nachgebetet, ohne dass dafür jemals ein glaubhafter Beweis erbracht worden wäre.

Placebos wirken ferner bei Probanden völlig anders als bei Patienten.

Eine weiteres Kriterium ist die Frage, innerhalb welchen Zeitraumes nach der Gabe eines Placebos mit einer Besserung gerechnet werden kann, um diese der Placebowirkung zuschreiben zu können. Generell wirken Placebos schnell.

Eine Säule der Placebowirkung ist die Aufmerksamkeit, eine andere die Erwartungshaltung. So wird in der Sozialpsychologie der sog. Pygmalion-Effekt (Rosenthal-Effekt) diskutiert, wonach Schüler, von denen der Lehrer meint, sie seien dumm, weniger gute Leistungen erbringen.

Der Fall der "Eidechse im Bauch" wird oft als Schlüssel zum Verständnis des Placeboeffekts gesehen: Eine Patientin bäuerlichen Ursprungs klagte darüber, dass sie eine Eidechse im Bauch habe und deren Bewegungen deutlich wahrnehmen könne. Der Hinweis vieler Ärzte, dass dies nicht möglich sei, änderte an der Situation nichts. Erst als ein Arzt ihr eine Substanz verabreichte, die dem Urin eine blaue Farbe verlieh und der Arzt ihre erklärte, diese Substanz hätte die Eidechse aufgelöst, löste sich das Problem. Die Frau war in der Folge beschwerdefrei, doch nach einiger Zeit kehrten die Beschwerden zurück, es war also eine neue Eidechse herangewachsen. Ein anderer Arzt meinte, dass ihr Magen zu viel Säure produziere und illustrierte der Patientin das Problem auf diese Weise (wir finden solche Mechanismen auch bei vielen "ursprünglichen" Völkern). Der Arzt behandelte die Säureüberproduktion erfolgreich nach den damals geltenden Richtlinien. Heute ist diese Vorstellung allerdings überholt.

Placebopersönlichkeit

Es ist bisher nicht gelungen vorauszusagen, ob überhaupt und wie jemand in experimentellen Studien auf ein Placebo reagiert, es gibt also keine Placebopersönlichkeit. In Kliniken tätige Ärzte stellen oft fest, dass zu Ängstlichkeit neigende Personen für Placebos anfälliger sind. Besonders deutlich ist dies bei Zahnschmerzen zu beobachten. Shapiro beschreibt Menschen, die auf Placebos nicht reagieren u.a. als rigide, beherrscht, autoritär, während bei depressiven, abhängigen, neurotischen, extrovertierten Patienten die placebotypischen Reaktionen eher eintreten würden.[14] In einer Studie mit 15 Neurotikern, bei der den Patienten mit deren Wissen reine Zuckerpillen mit der Prognose, sie enthalte zwar keine Wirkstoffe, würden aber helfen, verabreicht wurden, stellte sich heraus, dass die Symptome um 41% nachließen. Verallgemeinerungen über dieses Eingeweihtsein sind aber mit Vorsicht zu genießen.[15] In Regelfall ist nur der Behandelte über das Vorhandensein eines Placebos nicht informiert. In einigen Fällen, besonders in der Homöopathie, wissen zumindest die Patienten nicht, dass es sich um eine Placeboanwendung handelt. Viele Homöopathika anwendende Ärzte wissen dies jedoch oder vermuten es zumindest. Patienten sind nicht in der Lage, bei sich selbst den Placeboeffekt abzuschätzen.[16]

Überinterpretation

S. Bok meinte in ihrem Buch "Lügen. Vom täglichen Zwang zur Unaufrichtigkeit", dass Placebos töten können. Kinder, die Antibiotika nicht vertragen, können daran sterben. Würden Antibiotika durch entsprechende reine Placebos ersetzt, könnte dies nach Bok ebenfalls zum Tod des Kindes führen.[17]

Placebogabe in der klinischen Praxis

In einer Untersuchung an der Medizinischen Hochschule Hannover wurde der Einsatz von Placebos an der dortigen Klinik eruiert. Fast 3/4 der Ärzte und Pfleger setzten danach Placebos besonders bei Schmerzen und bei Schlaflosigkeit ein, wobei Pfleger Placebos häufiger verwendeten. Weniger als 1/3 der Ärzte sind von deren Wirksamkeit überzeugt, während 2/3 der Pflegekräfte diese hoch einschätzten.[18] Ähnliche Daten sind aus dem angloamerikanischen Raum bekannt.

Placeboeffekt und Wunder

Von George Bernard Shaw ist die Frage beim Anblick der Haufen aus weggeworfenen Krücken und Brillen in Lourdes überliefert: "Aber wo sind die Holzbeine und die Glasaugen?". Die katholische Kirche erkennt nur eines von 40.000 Wundern an, was einen Schlaglicht auf die Ankündigungen so mancher Heilsaussagen wirft.

Kritik an der Gabe von Placebos

Es werden vor allem folgende Punkte genannt:

  • Placebos als Nocebos
  • Maskierung
  • Therapeutische Umwege
  • Vertrauenverlust zwischen Therapeut und Patient, falls der Therapeut den Patienten über die Gabe eines Placebos im Unklaren lässt.

Studienkritik

Oft wird in Studien nicht zwischen Spontanverlauf ("Selbstheilung", "Spontanheilung") und Placeboeffekt unterschieden, weshalb Placebos häufig überschätzt werden.[19]

Die Frage nach der Wirksamkeit einer Selbstmedikation mit Placebos wird unterschiedlich beurteilt. Morton Hunt hielt dies aufgrund der menschlichen Bereitschaft zur Ausschaltung des Zweifels für möglich. Nach diesem Autor läge in diesem Fall Selbstsuggestion vor.

Hröbjartsson und Gotzsche[20] trugen 2001 die Beecher'sche These zu Grabe. Sie analysierten 114 klinische Studien, in denen Placebos bezüglich ihrer angeblichen Wirksamkeit untersucht wurden. Im Vergleich zu einer Nichtbehandlung konnte auf der Basis von 3.795 Patienten die Aussage getroffen werden, dass im Vorher-Nachher-Vergleich zwischen beiden Studienarmen kein signifikanter Unterschied bestand. Somit wirkte Placebo nicht eigenständig, sondern war so 'effektiv' wie eine Nichtbehandlung. In kleineren Studien mit geringen Patientenzahlen viel gelegentlich ein scheinbares Überwiegen von Placebo gegenüber Nichtbehandlung auf, was vor allem bei der Behandlung von Schmerzen der Fall war. Wurden diese Effekte aber in größeren Studien untersucht, verschwanden sie. Zu erklären ist dieser scheinbare Placeboeffekt dadurch, dass in kleineren Studien bereits wenige Patienten, die sich gegenläufig verhalten, zu einem geringen, positiven Placeboeffekt führen können. Dieser methodisch bedingte Fehler verschwindet aber in umfangreicheren Patientenkollektiven.

Außerhalb klinischer Studien, die die (Nicht-)Wirksamkeit von Arzneimitteln prüfen sollen, Placebos zu therapeutischen Zwecken einzusetzen, lehnen Hröbjartsson und Gotzsche (2001) ab.

Die Wirkung von Placebos kann unterschiedlich stark ausfallen[21]:

  • So wirken per Injektion verabreichte Scheinmedikamente stärker als solche in Tablettenform. Dies deshalb, weil Injektionen invasiv verabreicht werden, also die drastischere Behandlungsform sind.[22]. Ein weiterer Grund liegt darin, dass sie von einer anderen Person verabreicht werden müssen.
  • Sehr große Tabletten wirken besser als kleine, sehr kleine wiederum besser als letztere.
  • Auch die Farbe und die Gestaltung der Verpackung spielt eine Rolle: Farbige Tabletten wirken stärker als weiße, blaue Präparate wirken beruhigend, gelbe stimulierend, weiß-grüne besonders schmerzlindernd, Medikamente mit spürbaren Nebenwirkungen haben auch eine höhere Wirksamkeit. Kapseln wirken besser als Tabletten und solche in Markenverpackungen besser als solche in einfachen Verpackungen.
  • Placebos, die von einem Arzt in weißem Kittel verabreicht werden, wirken besser als wenn der Arzt nur ein T-Shirt an hat, dies aber wiederum besser, als wenn Pflegepersonal das Placebo verabreicht. Ähnliches ist im Zuge der Blutdruckmessung bekannt: Weißer Mantel-Effekt.
  • Besonders hohe Placeboeffekte lassen sich mit technischen oder invasiven Maßnahmen erzielen (z.B. Akupunktur). Auch Operationen sind nach einer schwedischen Studie an mehreren tausend Bandscheibenoperierten sehr wirksam - als Placebo. Die Gründe liegen in der aufmerksamen Zuwendung des ärztlichen Personals schon vor der Operation, der nachfolgenden Pflege, der verwendeten Apparate und im postoperativen Schmerz; auch eine sichtbare Narbe kann diesen Effekt verstärken.[23]
  • Wichtigster Faktor für die Placebowirkung ist der Behandler: Ein empathischer, optimistischer Arzt, der eine vertrauensvolle Arzt-Patient-Beziehung herstellen kann, von seiner Behandlungsstrategie überzeugt ist und gute Aufklärung leistet, kann nicht nur beim Patienten subjektiv, sondern auch objektivierbar erstaunliche Effekte erzielen.

Placeboprodukte

Eine zuckerhaltige Placebotablette mit Kirschgeschmack wird in den USA als Nahrungsergänzungsmittel unter dem Handelsnamen Obecalp (Placebo rückwärts ausgeschrieben) für 6 US-Dollar pro 50 Stück angeboten. Die Pille soll Beschwerden bei Kindern lindern, der angeführte mögliche Placeboeffekt wird hierbei ausdrücklich bei der Vermarktung erwähnt. Das NEM-Produkt stieß interessanterweise sowohl auf Kritik der US-amerikanischen Nahrungsergänzungsmittelindustrie, die ihre eigenen Produkte in schlechter Gesellschaft sah, als auch auf Kritik der Aufsichtsbehörde FDA und Fachgremien, die auf die Gefahr hinwiesen, bei Anwendung von Placebos den Einsatz wirksamer Mittel zu unterlassen. Auch ergaben sich rechtliche Fragen, da dieses Mittel einerseits eine Placebo-Wirkung erzielen soll, und das nicht explizit zugelassene Mittel somit als zulassungspflichtiges Arzneimittel einzustufen sei, es aber andererseits vom Hersteller als (gegenüber Placebo) wirkungsloses und wirkstofffreies Placebo bezeichnet wird. Letztendlich wird das Produkt zur Zeit als dietary supplement (Nahrungsergänzungmittel) im Sinne des Dietary Supplement Health and Education Act von 1994 angesehen und kann legal angeboten werden.

Siehe auch: Noceboeffekt

Literatur

  • Beecher HK: The powerful placebo. Journal of the American Medical Association 1955: 159: 1602-1606

Literatur zum Placeboeffekt in der Tierheilkunde

  • Koch T: Placebowirkung bei Tieren. Intern. Praxis 24:587-589 (1984)
  • Löscher W: Hoöopathie in der Veterinärmedizin
  • Tree S, Marks R. im Br J Dermatol. 1975 Feb;92(2):195-8: "An explanation for the 'placebo' effect of bland ointment bases."

Weblinks

Englisch:

Quellennachweise