Makrobiotik

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Der Begriff Makrobiotik (altgriechisch: μακρóς makros „groß“, „lang“ und βιοτικóς biotikos „das Leben betreffend“, „gesamtes Leben) entstand in der Antike und bezeichnet eine Lebensweise, die zu einem gesunden, langen Leben führt. Die moderne Makrobiotik wurde im Wesentlichen von dem Japaner Georges Ohsawa begründet. Sie ist eine auf taoistischen Lehren und asiatischen Traditionen basierende Ernährungs- und Lebensweise, die nach dem Zweiten Weltkrieg im Rahmen der New-Age-Bewegung auch in der Westlichen Welt Anhänger fand. Nach dem Tod von Ohsawa wurde seine Lehre von einigen seiner Schüler modifiziert und weiterentwickelt.

Die ursprüngliche Basis der makrobiotischen Diät, die für vielerlei Erkrankungen als Heilmethode angepriesen wird (u.a. Krebs), ist keine eigentliche Diät, sondern eine philosophisch ausgerichtete Lebenshaltung. Begründet wurde sie vom Japaner George Osawa, der sie aus dem Zen-Buddhismus ableitete.

Osawa war der Ansicht, dass der Konsum von raffiniertem Zucker und eine zu starke Zufuhr tierischen Eiweißes die beiden Hauptursachen für menschliche Krankheiten seien (Osawa 1971). Dass diese Thesen nicht stimmen, liegt auf der Hand und war schon zu Osawas Zeiten bekannt. Dies hinderte ihn nicht, auf der Basis traditioneller, japanischer, kosmologisch ausgerichteter Denkwelten des Zen-Buddhismus ein strenges Ernährungskonzept zu entwickeln. Grundsätzlich teilte er die Nahrung in Yin (zentrifugal gerichtet) und Yang (zentripedal gerichtet) ein. Er strebte einen Ausgleich zwischen beiden Nahrungsmitteltypen an. Seine Einteilung war aber rein willkürlich und hatte mit der medizinischen Realität nichts zu tun.

Makrobiotik ist eine Hungerdiät

Die Verzehrsempfehlungen der Makrobiotik-Diät wandelten sich im Laufe der Zeit. Heutzutage besteht die Standardempfehlung aus 50-60% Getreide, 20-25% Gemüsen, 5-10% Bohnen und Meeresfrüchten sowie 5% Suppen, wobei sich diese Prozentangaben auf das Volumen der Speisen (!) und nicht auf deren Gewicht beziehen. Derzeit gibt es 10 makrobiotische Diätregime, die von der George Osawa Foundation in Japan propagiert werden (Bowman et al. 1984). Diese Diätregime tragen unterschiedliche Bezifferungen.

Diät-Nr. Cerealien gekochtes Gemüse Suppen tier. Produkte Früchte/Salate Desserts 7 100% ... ... ... ... ... 6 90% 10% ... ... ... ... 5 80% 20% ... ... ... ... 4 70% 20% 10% ... ... ... 3 60% 30% 10% ... ... ... 2 50% 30% 10% 10% ... ... 1 40% 30% 10% 20% ... ... -1 30% 30% 10% 20% 10% ... -2 20% 30% 10% 25% 10% 5% -3 10% 30% 10% 30% 15% 5%

Im allgemeinen sind makrobiotische Diäten kalorienarm (1.200 kcal bis 1.800 kcal) und decken den Energiebedarf eines erwachsenen Mannes (2.400-2.700 kcal) bzw. einer erwachsenen Frau (1.800-2.000 kcal) nicht ab. Die Energiezufuhr reicht lediglich für Personen in hohem Lebensalter (ab dem 76. Lebensjahr) aus, wenn man sich an die Verzehrsempfehlungen der Gesundheitsbehörden hält. Für Kinder oder Jugendliche wird in der Makrobiotik überhaupt keine konkrete Verzehrsempfehlung ausgesprochen.

Osawa propagierte zu Lebzeiten die Diät Nr.7 als wirksam gegen Krebs. Ein 70 kg schwerer Mann müsste täglich 13 Schüsseln gekochten braunen Reis verzehren, um 2.400 kcal zu sich zu nehmen. In einer klinischen Studie an 50 jungen Erwachsenen prüfte man die Kalorienzahl der Diätvorgaben Osawas nach (Brown und Bergan 1975) und kam zu dem Resultat, dass mit der empfohlen Diät gerade einmal 60-70% des Tageskalorienbedarfs gedeckt wurden. Alle Probanden verloren Muskelmasse und Körpergewicht während der makrobiotischen Diätphase. Bis heute gibt es keine einzige glaubwürdige Studie, die gezeigt hätte, dass auch nur eine einzige der vielen Diätvorschläge des Osawa eine Wirkung gegen Krebs gehabt hätte.

Eine Diät mit dem 'Hormon-Kick' der besonderen Art

Was diese Wunderkuren bei Krebs (oder anderen Krankheiten) allerdings problematisch macht, ist ihr hypokalorischer Charakter. Wird ein Organismus dauerhaft im Hungerzustand gehalten, kommt es zu einer Verschiebung der Hormonlage im Organismus. Dies führt auch zu einer Veränderung der Außen- und Selbstwahrnehmung (vgl. auch Heilfasten). Man erfährt zwar eine Steigerung der Wahrnehmungsfähigkeit, jedoch ist dies ein Zeichen für Hunger und Selbstkasteiung, denn in diesem Zustand ruft der Organismus nach Nahrung und nicht nach Diät. Man kann durch Makrobiotik durchaus in die Gefahr geraten, sich in eine Borderline-Symptomatik hineinzuhungern. Der Vitamin B12-Mangel, der letztlich zu einer Blutarmut führt, verstärkt das Problem, denn B12-Mangel disponiert ebenso für psychische Erkrankungen.

Irreführende Angaben in makrobiotischer Literatur

In der makrobiotischen Literatur werden den Lebensmitteln gelegentlich falsche Gehalte zugebilligt. So wird behauptet, dass 100 g braunen Reis 7.4-7.5 g betragen würde, während 100 g Kidneybohnen sogar 20.2 g Protein enthalten würden. Diese Zahlen beziehen sich aber in Wirklichkeit nur auf Frischware, nicht auf die üblicherweise im Handel befindliche, z.T. entwässerte Ware. Um auf 7.6 g Protein durch Reis zu kommen, muss man bis zu 300 g gekochten, braunen Reis verzehren und bei den Kidneybohnen ist die Relation ähnlich hoch.

Makrobiotik ist vitamin- und mineralstoffarm

Die Vitaminzufuhr durch Makrobiotik ist ebenfalls kritisch zu bewerten. Die Zufuhr des fettlöslichen Vitamin A, dass bei dauerhafter Einnahme im Fettgewebe angereichert werden kann, ist bei den gewöhnlichen Diätvorgaben des Osawa etwa dreimal höher als empfohlen, während die Vitamin D-Zufuhr, die für die Knochenbildung sehr wichtig ist, erheblich niedriger liegt. In einer Untersuchung an Kindern, die makrobiotischer Diät ausgesetzt waren (Dwyer et al. 1982), lag die Vitamin D-Zufuhr mit 23 IU bei etwa 5% der empfohlenen Dosis (400 IU). Das Knochenalter bei 5 von 20 untersuchten Kindern in der Studie von Dwyer et al. (1982) war deutlich herabgesetzt und auch die alkalische Phosphataseaktivität war erniedrigt. Dies deutete auf einen beeinträchtigen Knochenstoffwechsel hin.

Andere Vitamine oder Vitaminvorstufen wie Riboflavin, Vitamin B12 und Vitamin C wurden ebenfalls durch Makrobiotik in zu geringem Maße zugeführt, so dass auch hier eine Gefahr gerade für Kinder besteht (Bowman et al. 1984).

Es gibt auch Hinweise darauf, dass makrobiotisch ernährte Kinder zuwenig Mineralien und Spurenelemente bekommen, was sich u.a. in klinischen Zeichen einer Hypokalzämie darstellt (Higginbottom et al. 1978, Dwyer et al. 1979). Dies ist besonders dann von Relevanz, wenn es sich um gestillte Säuglinge handelt, deren makrobiotisch eingestellte Mütter keine Zusätze geben. Die Muttermilch ist bei entsprechend langer diätetischer Vorgeschichte bereits arm an Mineralien und Spurenelementen, denen der Säugling aber in erhöhtem Maße bedarf.

Makrobiotik hemmt das Wachstum bei Kindern

Van Staveren et al. (1985) fanden beim Vergleich von 33 makrobiotisch ernährter Kinder mit normal ernährten Kindern heraus, dass die Makrobiotiker signifikant leichter und kleiner waren. Allerdings zeigte eine spätere Untersuchung (van Staveren und Dagnelie 1988), dass makrobiotisch ernährte Kinder keine schlechteren Werte im Snijders-Oomen-Nonverbal Intelligence Test zeigten als normal ernährte Kinder.

Wenn überhaupt, dann sollten nur Gesunde Makrobiotik betreiben

Bowman et al. (1984) empfehlen grundsätzlich, die besonders einseitigen makrobiotischen Diäten (z.B. Nr.7) nicht bei Kindern und Säuglingen, Schwangeren und Stillenden, Patienten mit Erkrankungen des Verdauungstraktes, Bluthochdruck, Nierenkrankheiten oder bei mangelernährten Krebspatienten anzuwenden.

Makrobiotik erfreut sich zunehmender Beliebtheit. In Europa und den USA hat sie im alternativen Bereich der anthroposophischen Ernährungsweise den Rang abgelaufen. Es wird sich zeigen, ob diese Mangeldiät sich auf Dauer etablieren oder eine Modeerscheinung bleiben wird.

Quellennachweise

  • Bowman BB, Kushner RF, Dawson SC, Levin B: Macobiotic diets for cancer treatment and prevention. J Clin Oncol, 2, 702-711, 1984
  • Brown PT, Bergan JT: The dietary status of 'new' vegetarians. J Am Diet Assoc, 67, 455-459, 1975
  • Dwyer JT, Dietz WH, Haas G: Risk of nutritional rickets among vegetarian children. Am J Dis Child, 133, 134-140, 1979
  • Dwyer JT, Dieth WH, Andrews EM: Nutritional status of vegetarien children. Am J Clin Nutr, 35, 204-216, 1982
  • Higginbottom MC, Sweetman L, Nyhan WL: A syndrome of methylmalonic aciduria, homocystinuria, megaloblastic anemia and neurologic abnormalities in a vitamin B12-deficient breastfed infant of a strict vegetarian. N Engl J Med, 299, 317-323, 1978
  • Osawa G: Cancer and the philosophy of the Far East. Binghamton, New York, Swan House Publishing, 1971
  • van Staveren WA, Dhuyvetter JH, Bons A, Zeelen M, Hautvast JG: Food consumption and height/weight status of Dutch preschool children on alternative diets. J Am Diet Assoc, 85, 1579-1584, 1985
  • van Staveren WA, Dagnelie PC: Food consumption, growth, and development of Dutch children fed on alternative diets. Am J Clin Nutr, 48 (3 Suppl), 819-821, 1988
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