Die Hyperbare Sauerstofftherapie (Sauerstoffüberdruckbehandlung, hyperbare Oxygenation, HBO, hyperbaric oxygen therapy; HBO2, HBOT) ist eine in speziellen Druckkammern durchgeführte umstrittene Form einer Sauerstoff-Therapie bei der Patienten unter Überdruckbedingungen (hyperbar) Sauerstoffgas einatmen (so genannte Oxygenation).

Bis auf wenige seltene Zustände wie Dekompressionsunfall (Taucher), Gasbrand, arterielle Gasembolie, Kohlenmonoxydvergiftung, basiert die Anwendung der Hyperbaren Sauerstofftherapie nicht auf einer wissenschaftlichen evidenzbasierten Grundlage. Bei den hier genannten Zuständen ist die alleinige HBO-Anwendung auch nicht ausreichend.

Das Atmen reinen Sauerstoffs unter normalem Druck oder die nur lokale Anwendung von Sauerstoff auf einzelne Körperregionen wird nicht als hyperbare Sauerstofftherapie verstanden. Zur Versorgung der ab etwa 3500 m möglichen Höhenkrankheit bei Bergsteigern reicht eine Sauerstoffbeatmung und ein Rücktransport aus.

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen keine Kosten für ambulante HBO-Therapien. Bei den oben genannten Einsatzgebieten werden die Kosten bei vollstationärer Behandlung übernommen. Der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat die HBO am 10.04.2000 im Rahmen der Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden für die vertragsärztliche Versorgung nicht anerkannt.

Neben den anerkannten zusätzlichen Behandlungen von hyperbarem Sauerstoff wird die Methode auch ambulant für eine Veilzahl pseudomedizinische Zwecke angewandt.

Methode

Die Anwendung von Sauerstoff geschieht in speziellen Druckkammern. Unterschieden wird zwischen den "hard chambers" und "soft chambers" sowie zwischen Einpersonendruckkammern und Mehrpersonen-Druckkammern in denen bis zu 10 Personen gleichzeitig Platz finden. Eine Anwendung kann etwa 45 Minuten bis 2 Stunden dauern. Die Mehrpersonenkruckkammer enthält üblicherweise normale Umgebungsluft, der Druck wird auf den 2 bis 3-fachen Wert des Normaldrucks erhöht. Der Sauerstoff wird in den Mehrpersonenkammern über eine Atemmaske für bestimmte Zeiträume (etwa 30 Minuten) zugeführt. Bei Einpersonenkammern wird die Kammer in der Regel mit 100% Sauerstoffgas unter Druck befüllt. Auch gibt es sogenannte Sauerstoff "Kopfzelte", bzw "Sauerstoffzelte" und auch Beatmungsverfahren mit erhöhter Sauerstoffkonzentration sowie Sauerstoff-Nasensonden. Durch die Überdruckbehandlung soll Sauerstoff sich vermehrt im Blut lösen. Die Sauerstoffbeladung roter Blutkörperchen kann durch die Behandlung nicht nennenswert gesteigert werden, da üblicherweise bereits eine Sättigung vorliegt.

Unter üblichem Luftdruck (etwa 1 bar) hat Stickstoff etwa 0,78 bar Partialdruck und Sauerstoff etwa 0,21 bar Partialdruck. Unter der Anwendung der Hyperbaren Sauerstofftherapie soll der Sauerstoffpartialdruck erhöht werden.

In einigen Ländern existieren Produkte zur häuslichen Eigenanwendung einer HBO. Sauerstoffgas zu therapeutischen Zwecken ist jedoch ein Fertigarzneimittel, das also unter das Arzneirecht fällt.

Anwendungen ohne wissenschaftlich erwiesene Wirksamkeit

Die Hyperbare Sauerstofftherapie wird auch ambulant für eine große Zahl von Zuständen angewandt, für die keine Wirksamkeit im Sinne der evidenzbasierten Medizin vorliegt. Dazu können gezählt werden:

  • Bestimmte Infektionskrankheiten, insbesondere durch anaerobe Keime ohne Wirksamkeitsnachweis. Diskutiert wird andererseits, dass bei Infektionen durch aerobe Keime (die Sauerstoff benötigen) das Wachstum der Keime gefördert wird.
    • Anwendungen bei Borreliose, einer Infektion durch die Bakterie Borrelia burgdoferi.
  • Anwendungen zur "Verjüngung" (Anti-Ageing)

Gefahren und Toxizität von Sauerstoff

Wegen hoher Sauerstoffkonzentrationen besteht prinzipiell eine Brandgefahr. Daher sind spezielle Brandschutzvorkehrungen und Löschanlagen (Sprinkleranlage) notwendig.

In hohen Konzentrationen ist Sauerstoff für die meisten Lebewesen giftig, Neugeborene sind in der Vergangenheit bei Zufuhr von Sauerstoff verstorben und bei Kleinkindern mit zerebraler Hypoxie kann der Hirnschaden noch vergrößert werden. Bei Patienten mit einer chronischen Lungenerkrankung kann es nach einer Sauerstoffgabe zu einer CO2-Narkose mit Atemstillstand kommen. Wird reiner Sauerstoff oder mit Sauerstoff angereicherte Luft über längere Zeit eingeatmet, kann es zu einer Sauerstoffvergiftung kommen (Lorrain-Smith-Effekt). Dabei kommt es zu einer Anschwellung der Lungenbläschen mit Behinderung des Gasaustauschs. Der Paul-Bert-Effekt bezeichnet eine Sauerstoffvergiftung des Zentralnervensystems bei Hochdruckatmung (Tauchen). Bei Sauerstoff-Teildrücken oberhalb 1,7 bar kommt es innerhalb relativ kurzer Zeit zu einer Vergiftung.

Siehe auch

Weblinks