Galavit

Aus Psiram
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Galavit

Galavit ist der Handelsname eines umstrittenen und in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimittels der russischen Herstellerfirma Medicor, das in Deutschland aber auch anderen Ländern in betrügerischer Absicht an Krebspatienten verkauft wurde.

Zusammensetzung

Der Wirkstoff des Galavit ist ein Derivat des Phthalazins (Amino-Tetrahydrophthalazin-Natriumsalz). Die Substanz ist chemisch eng mit Luminol verwandt, eine zu Färbezwecken in der Mikroskopie verwendete Substanz.

untersteller Wirkmechanismus

Galavit soll nach Angaben der Hersteller und Verkäufer einen das Immunsystem stimulierenden Effekt haben. Es gibt jedoch keinen unabhängigen Wirksamkeitsnachweis bei Krebs. Auch sind genaue Angaben zu pharmakologischen Eigenschaften unbekannt geblieben.

Die Vermarktung

Ivan Desny
Lüge als Galavit Sponsoring

Galavit wurde und wird weiterhin als Wundermittel für Schwersterkrankte ins Gespräch gebracht und zu sehr hohen Kosten angeboten, während es in Russland für etwa 10 Euro erhältlich ist. Ein dreiwöchige Kur kostete in Deutschland beispielsweise 27.000 Euro. Es soll in Russland angeblich Kosmonauten zu therapeutischen Zwecken verabreicht worden sein. Der russische Raumfahrtmediziner Igor Gontscharov (Leiter der medizinischen Betreuung der Kosmonauten in Baikonur) schloss jedoch die Verwendung in der Vergangenheit und Gegenwart am Boden oder in der Raumfahrt aus.

In der Vergangenheit wurde bekannt dass es von den deutschen Ärzten Nikolaus Klehr und Eike Rauchfuss vertrieben wurde. Die Staatsanwaltschaft München II ermittelte im Jahre 2000 gegen Klehr wegen Verdachts des Betruges und der Körperverletzung. Eine frühere Pflegedienstleiterin der Klehr'schen Klinik in Bad Heilbrunn hatte ausgesagt, dass ihr Chef sie unter Druck gesetzt habe, an Tagen, an denen Galavit in der Praxis ausgegangen war, den Patienten Kochsalzlösung zu spritzen und so eine Behandlung vorzutäuschen.

Der Schauspieler Ivan Desny machte sich im Frühjahr 2000 als angeblich durch Galavit vom Krebs Geheilter zum Werbeträger des Wundermittels [1]. In der Boulevardpresse (u.a. in der in München erscheinenden TZ München + Region ließ er sich gemeinsam mit dem in München tätigen Eike Rauchfuß abbilden. Sein Manager Falco Dahms verkündete: 'Herr Desny litt an einem faustgroßen Prostata-Tumor im fortgeschrittenen Stadium. Die Ärzte empfahlen dringend eine Operation'. Mit Hilfe des in der Sensationspresse üblichen Stils maßloser Übertreibung wurde die Legende aufgestellt, Desny sei angeblich unter Geheimhaltung zur Behandlung in eine Moskauer Kreml-Klinik eingewiesen worden, zu der normalerweise nur hochrangige Politiker und Prominente Zugang hätten. Der Tumor hätte sich damals um 90% zurückgebildet. In der Zeitschrift Neue Post ließ Desny später verkünden: ..Der Tumor ist weg. Es ist wie ein Wunder.. Zur Jahresmitte 2001 platzte jedoch Desny's Lügengeschichte. Im STERN Nr.38/2001 erschien unter dem Titel 'Krebsgeschwür aus Lügen' [2] ein Bericht über den Schauspieler. Dieser gab zu, niemals an einem Tumor gelitten zu haben. Er habe nur einem Freund einen Gefallen tun wollen. ..Es war Promotion. Danach hat die Presse daraus einen Roman mit Moskau und Krebs gemacht.. . Ob er allerdings, wie der Stern berichtete, für diese Hilfestellung 25.000 Euro erhalten haben soll, ist bis heute unbewiesen.

Auch das Kroiss-Krebs-Zentrum in Wien bot Galavit auf seiner Homepage im Internet an.

Patente um Galavit

Galavit2.jpg

Tadhudinovich Musa Abidov wurde ein Patent mit der Nummer RU2138264 erteilt, das nicht das Galavit direkt betrifft, jedoch seine Herstellung. ...preparation Galavit is produced by way of preparation of 3-aminophtalhydrazide which is subjected to reaction of molecular re-grouping with subsequent attack with sodium hydroxide and separation of desired product. Effekt: increased output of product and reduced production of waste...

Kritik an Galavit und Strafprozess

verurteilter Rauchfuss

Galavit hat in Deutschland keine Zulassung als Arzneimittel, wird daher gelegentlich von interessierten Verbrauchern aus dem Ausland (Russland oder der Schweiz) importiert. Ärzte, die in Deutschland gewerbsmäßig oder regelmäßig Galavit zur Therapie anbieten, müssen mit rechtlichen Konsequenzen rechnen.

Galavit soll in Russland lediglich eine Zulassung als entzündungshemmendes Mittel haben und ist dort für etwa 10 Euro erhältlich.

Das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte äußerte sich ablehnend zu Galavit. [3]

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und die Deutsche Krebsgesellschaft [4] sprachen sich gegen Galavit aus, ebenso wie die schweizerische Studiengruppe für komplementäre und alternative Methoden bei Krebs.

Gegen eine fünfköpfige Dealerbande, darunter auch ein Arzt und ein Medizinjournalist, die das Präparat zu weit überteuerten Preisen an Krebskranke verkauft hatte, wird seit dem 5. März 2007 vor dem Landgericht Kassel verhandelt [5] [6]. Der Drahtzieher Falko Dahms hatte durch den Arzt Eike Rauchfuß Galavit in einer Privatklinik in Bad Karlshafen an die größtenteils mittlerweile verstorbenen Patienten verabreichen lassen. Im Juli 2008 wurden die Beschuldigten zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, Eike Rauchfuß wurde wegen Fluchtgefahr noch im Gerichtssaal verhaftet [7] [8] [9]

Die Beschuldigten legten 2008 beim Bundesgerichtshof (BGH) Revision ein. Das Landgericht verhandelte daraufhin 2010 erneut, doch auch diesmal gingen zwei der Beschuldigten erfolgreich in Revision: Nur zwei der drei zuständigen Richter hatten das Urteil fristgerecht unterschrieben. Medienberichten zufolge war der dritte Richter versetzt worden und hatte das Urteil nicht vorgelegt bekommen.

Literatur

  • Beipackzettel Galavit: [3]
  • Arzneitelegramm: GALAVIT gegen Krebs? vom 25.10. 2000
  • Mayer KM, Reitschuster B: In obskurer Mission. Eine Handelsfirma aus der Schweiz zockt Krebskranke mit einem russischen "Immunmodulator" ab. Fokus, 44, 222-224, 2000
  • Tice R, Luminol (531-31-3). Review of toxicological literature. Juli 1997
  • Annette Tuffs, Three jailed in Germany for selling a fraudulent cancer cure to terminally ill patients. BMJ 18.7.2008; BMJ 2008;337:a875, doi: 10.1136/bmj.a875. [4]

siehe auch

Quellennachweise

Weblinks