Die Deer Tribe Metis Medicine Society (kurz Deer Tribe, DT oder Twisted Hair Society) ist eine sektenartige Organisation aus dem Bereich der indigenen europäischen "Indianer" Spiritualität (auch als Plastik-Schamanismus bezeichnet), die fälschlich den Anspruch des Status einer Ethnie erhebt. Für den Deer-Tribe Beitritt ist daher auch kein Nachweis einer bestimmten ethnischen Zugehörigkeit erforderlich, sondern einzig das Durchlaufen eines kommerziellen Kurssystems. Der Deer Tribe verkauft ein aufeinander aufbauendes System von Kursen, in dem Schüler und Schülerinnen allmählich zu höheren Einweihungsgraden aufrücken.

Gründung des Deer Tribe

Der Deer Tribe oder Deer Tribe Metis Medicine Society wurde 1986 von Harley Reagan gegründet (eine Schweizer Deer-Tribe-Seite nennt für die Gründung jedoch den Zeitraum „Ende der 70er Jahre“ [1]). Die Legende wie auch der Name wurden seither mehrfach angepasst. Zwar suggeriert der Name, es handele sich um eine indigene Ethnie bzw. Verbindung; dies entspricht jedoch nicht den Tatsachen. Die Bezeichnung „Metis“ ist nur in Kanada gebräuchlich und gilt dort einer staatlich anerkannten Ethnie mit eigener Sprache (Michif) und Kultur; in den USA ist diese Ethnie jedoch nicht vertreten und auch nicht anerkannt. Zwar findet in den letzten Jahren der Begriff „Metis“ auch zunehmend in den USA Verwendung, dies ist jedoch auf einen Personenkreis begrenzt, der eine meist mehrere Generationen zuückliegende indigene Abstammung behauptet und in der Regel nicht nachweisen kann.

Reagan gab sich zunächst als Cherokee aus und behauptete, geheime Riten der Cherokee zu lehren; tatsächlich ist der rothaarige Reagan US-Amerikaner irischer Abstammung. Nachdem die Cherokee Nation klarstellte, dass Reagan kein Cherokee ist und seine Darstellungen nichts mit der Spiritualität der Cherokee gemein haben, passte er seine Legende an. Seitdem will er von Cherokee und Maya abstammen; seine „Lehren“ gibt er als angebliches Konglomerat der Spiritualität mehrerer Völker aus, insbesondere Maya, Olmeken und Tolteken. Zudem wollte Reagan sich zumindest in den Anfangsjahren anscheinend an bereits etablierten Newage-Anbietern orientieren und vermutlich auch für deren Klientel interessant machen, da er die von Carlos Castaneda eingeführten Begriffe „Tonal“ und „Nagual“ verwendete und sich auf eine angebliche Lehrzeit bei einem Navaho-“Schamanen“ beruft, den er als identisch mit dem bei Castaneda auftretenden „Don Gennaro“ hinstellt [2].

Lebenslauf Harley Reagan

Weder die DT-Webseiten noch Wikipedia können mit einem Lebenslauf aufwarten. Das Zusammenstellen eines Lebenslaufes gestaltet sich im Fall Reagan schon deswegen schwierig, weil er selbst immer wieder widersprüchliche Angaben macht. Reagan wurde nach eigener Aussage in Texas geboren. Er behauptet ferner, im Jahr 1958 in die United States Air Force Academy als Kadett aufgenommen worden, dort jedoch im Mai 1959 ausgeschieden zu sein; im Juni 1959 sei er dem US Marine Corps beigetreten [3]. Nach einjähriger Ausbildung habe er dann ab 1960 vier Jahre in Vietnam gekämpft, nennt als ersten Einsatzort mit Kampferfahrung jedoch Taiwan [4].

Reagans eigene wichtigste Aussage zu seinem Lebenslauf besteht offenbar in der Äußerung, seine Familie habe in Texas den Ruf von Lügnern und Erzählern fantasievoller Geschichten genossen [5].

Reagan umgibt sich gerne mit dem Flair des Kämpfers, der verschiedene Kampfsportarten meisterlich beherrsche und ist überdies ein Waffenfreak. Er lehrt seine Anhänger neben „spirituellem“ Unterricht eine angeblich indianische Kampfkunst. Seine diversen Behauptungen – wie z.B. er habe 1964 dem US-Judo-Olympiateam als Ersatzmann angehört und einen vierten Platz bei der Olympiade errungen – wurden bereits 2007 auf der Webseite von Bullshido.org so sorgfältig wie umfassend widerlegt. Dies gilt auch für Reagans Legende, er sei hochdekorierter Soldat: Ab 1960 will Reagan in Vietnam gedient, danach in Taiwan gegen kommunistische Guerillas gekämpft haben und ab 1964 sei er das dritte Jahr in Vietnam eingesetzt worden [6].

Reagans historische Kenntnisse sind offenbar nicht sonderlich ausgeprägt: vor 1965 befanden sich lediglich sogenannte „Militärberater“ der US Army in Vietnam, er will aber nicht als Berater, sondern als „gunner“ [Richtschütze] im Einsatz gewesen sein. Zudem ist eine kommunistische Guerilla in Taiwan lediglich in seiner Fantasie existent. Darüber hinaus finden sich keinerlei Belege bei den entsprechenden Stellen in den USA, dass eine Person namens Harley Reagan einen Orden oder sonstige Auszeichnungen erhalten habe. Zudem will Reagan von 1967-70 einen Weltmeistertitel im Jiu Jitsu gehalten haben – war aber andererseits nach eigenen Angaben aufgrund einer in Vietnam erlittenen Verletzung noch 1968 im Lazarett. Der Lazarettaufenthalt soll nach Reagans Angaben auf einen 100-m-Sturz aus einem Hubschrauber nach einer Schussverletzung zurückgehen. [7]

Es wird deutlich, dass Reagan offenbar ein peinlicher Selbstdarsteller ist, den Fakten nicht erreichen und dem keine Behauptung zu abstrus erscheint, um sein Image auf vermeintlichen Hochglanz zu polieren.

Quellennachweise