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Das Bambi-Syndrom ist eine Einstellung von Menschen zur Natur, bei der diese moralisiert und infantilisiert wird. Die Natur ist etwas Gutes, Schönes, Sauberes, Harmonisches, Perfektes und Hilfloses, das man nicht verletzen oder gar töten darf. Im Gegensatz dazu ist alles Menschliche böse, zerstörerisch und gegen die Natur gerichtet. Demnach ist es z.B. ein Vergehen, Bäume zu fällen und zu jagen.

Diese Ansicht steht in einem krassen Gegensatz zur Realität, denn in der Natur herrscht keineswegs diese Form der Harmonie, sondern ein ständiger Kampf ums Überleben, bei dem schwache und kranke Lebewesen herausselektiert werden.

Das Bambi-Syndrom könnte auch teilweise erklären, warum viele Menschen den Versprechungen angeblich natürlicher, ursprünglicher oder ganzheitlicher Heilmethoden, Ernährungs- und Lebensweisen folgen und auf fragwürdige Angebote hereinfallen.

Ursachen

Das Bambi-Syndrom wurde nach der Walt-Disney-Trickfilmfigur Bambi, einem Weißwedel-Hirschkalb benannt. Besonders verbreitet ist das Bambi-Syndrom unter städtischen jungen Menschen. Ursache hierfür könnte einerseits die wachsende Distanz zwischen der alltäglichen Lebenswelt und ihrem natürlichen Fundament sein, die ein widersprüchliches Patchwork aus Naturverklärung, Naturkulisse und gedankenlosem Naturverbrauch entstehen lässt, erkennbar daran, dass gerade diese Menschen kaum Kenntnisse über einheimische Tier- und Pflanzenarten haben.[1]

Die Natur nimmt einen unbestrittenen Spitzenplatz in der Wertehierarchie von jungen Menschen ein, 90% glauben, ohne sie nicht auszukommen und plädieren sogar für ein Recht auf Natur (siehe Tiefenökologie). Fast ebensoviel gestehen Tieren ein eigenständiges Lebensrecht und eine eigene Seele zu. Aber das Interesse an der Natur nimmt stetig ab. Rund die Hälfte hat nicht das geringste Interesse daran, mehr über die Natur zu erfahren, nur 7% engagieren sich eigenen Angaben zufolge aktiv für den Natur- oder Umweltschutz.[2]

In einer Befragung der Universität Marburg von jeweils 1.200 hessischen Schülern der Klassen 6, 9 und 12 (2002) und 1.200 Schülern der Klassen 6 und 9 aus Bayern, Hessen und NRW, wurde festgestellt, dass die Befragten Folgendes nicht benennen konnten:

  • 44% die Früchte von Buchen (häufigster Waldbaum in Hessen)
  • 62% die Früchte des Kakaobaums (Basis des Schokoriegels)
  • 75% die Farbe der Vanillefrüchte (Lieblingsspeisen Eis, Pudding)
  • 90% die Früchte der Rose (mit Abstand jugendliche Lieblingsblume)

Im Gegensatz dazu haben die jungen Menschen ein überzogen rosarotes Bild von der Natur. 70% sehen in ihr pure Harmonie wirken und finden alles, was natürlich ist, gut. 80% bejahen Naturschutzgebiete und finden, dass das Wild seine Ruhe braucht. 90% behaupten, ohne Natur nicht leben zu können. 80% der Jugendlichen finden, dass Tiere eine Seele haben (Bäume: 40%). Man gibt zwar vor, ohne Natur nicht leben zu können, aber interessiert sich nicht mehr sonderlich dafür. Man bekennt sich zum Naturschutz, aber kennt das Schutzobjekt nur noch dürftig (Artenschutz ohne Artenkenntnis). Die Hochschätzung der Natur bleibt abstrakt und wird nicht auf die eigene Person bezogen. Die wirtschaftliche Nutzung der Natur wird ausgeblendet und verdrängt. Der Zusammenhang von Aufzucht und Ernte geht verloren.

Bambi-Effekt

Das Bambi-Syndrom ist nicht zu verwechseln mit dem Bambi-Effekt: Hier wird die Tötung von niedlich oder besonders ästhetisch aussehenden Tieren (z.B. mit dem Kindchenschema) abgelehnt, während man Tieren, die nach menschlichem Maßstab diese Merkmale weniger zeigen, gegenüber eher gleichgültig ist, selbst wenn diese gefährdet sind. Dies macht man sich im Artenschutz zu nutze, indem man allgemein als ästhetisch empfundene Arten als Symboltiere verwendet (sog. Flaggschiff-Arten, z.B. der Große Panda).

Siehe auch

Literatur

  • Cartmill, Matt: Das Bambi-Symdrom,Rowohlt Tb Verlag. (1995), ISBN-10: 3499555662, ISBN-13: 978-3499555664

Weblinks

Quellenverzeichnis