Bioresonanz

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Bioresonanzbehandlung[1]
Typisches Schaubild zur "Erklärung" der Bioresonanz

Die Bioresonanz ist ein pseudowissenschaftlich-alternativmedizinisches Konzept, demzufolge der Mensch ein messbares elektromagnetisches Schwingungsspektrum aussendet, welches Auskunft über Krankheiten geben soll. Hierauf basiert die Bioresonanztherapie, die von zahlreichen Heilpraktikern und Ärzten zur pseudomedizinischen Heilung aller möglichen Krankheiten eingesetzt wird, insbesondere von Allergien, Schlafstörungen, chronischer Müdigkeit usw.

Einige Veterinäre und Tierheilpraktiker behaupten eine heilende Wirkung der Bioresonanztherapie auch bei Tieren, z.B. bei Parasitenbefall. Mehrere Anbieter bewerben das Verfahren sogar zur Behandlung von Pflanzen. Vor allem in Österreich wird auch eine AMB-Methode ("Abnehmen mit Bioresonanz") beworben.

Die Bioresonanztherapie ist auch unter den Bezeichnungen BRT, MORA-Therapie, biophysikalische Informationstherapie oder Multiresonanztherapie bekannt. Sie kann als Weiterentwicklung älterer Verfahren wie der Radionik oder der Elektroakupunktur nach Voll (EAV) angesehen werden. Die Begriffe sind allerdings nicht klar abgegrenzt; unter der Bezeichnung Bioresonanz werden auch Geräte verkauft, die eher der EAV zuzurechnen sind.

Wegen des fehlenden wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweises ist die Bioresonanztherapie vom Gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen von der Erstattungsfähigkeit durch gesetzliche Krankenkassen in Deutschland ausgeschlossen worden.[2] Patienten müssen daher selbst für die Kosten aufkommen.

Das Verfahren

Bioresonanz mit Elektroden-Kopfhaube (Fa. Rayonex)

Mit Hilfe von Elektroden, die der Patient in der Hand hält, wird ein elektrisches Signal gemessen. Ein Filter (Separator) soll dazu dienen, krankhafte Schwingungen von gesunden zu trennen, wobei die Unterscheidung anhand der Frequenz erfolgt. Das Signal wird nun im Bioresonanzgerät "invertiert" und dem Körper über eine andere Elektrode wieder zugeführt. Die beiden Signale sollen sich dann gegenseitig aufheben, wodurch die schädlichen "Frequenzmuster" und damit die Krankheit "gelöscht" würden.

Anstelle von Handelektroden werden auch Handschuhe, Füßlinge, Kopfhauben, Kissen, Decken und Matten aus textilem Material mit eingewebten Metallfäden benutzt. Die Elektroden werden manchmal als "Detektoren" bezeichnet.

Einige Geräte bieten zusätzlich Funktionen zum "Testen" oder "Energetisieren" von Substanzen. Wie beim so genannten Resonanztest der EAV wird dazu ein Metallbecher benutzt, der mit einem Kabel an das Therapiegerät angeschlossen ist, oder eine "Testwabe" genannte Halterung, in die Ampullen mit Substanzen eingesetzt werden können. Damit sollen angeblich "Schwingungen" erfasst werden, die von den Substanzen ausgehen. Ebenso könnten "Informationen" in Gegenrichtung auf die Substanzen übertragen werden. Zur Natur der angeblichen Substanzschwingungen finden sich nur unklare und widersprüchliche Aussagen. So behauptet ein Hersteller, es handele sich um "Schwingungen im Bereich der Bioenergien [...], die jedoch nach dem heutigen Stand der Physik sich ebensowenig objektiv erfassen und anmessen lassen wie bspw. die mit Wünschelruten erfaßbaren sogenannten Erdstrahlen."[3] Gleichwohl sollen sich die Signale aber offenbar mit herkömmlicher elektronischer Schaltungstechnik verarbeiten lassen. Außerdem wird damit geworben, dass die Geräte gespeicherte "Frequenzmuster" von Arzneimitteln oder bestimmte "Therapiefrequenzmuster" für häufig auftretende Beschwerden abgeben können. Aufgrund solcher Produktmerkmale sind die Übergänge zwischen Bioresonanz und anderen pseudomedizinischen Verfahren wie EAV, Radionik, Elektroakupunktur, "digitaler Homöopathie" (z.B. Holopathie) oder Vitalfeldtherapie fließend.

Kritik

Bioresonanz beim Hund

Wie der Vorgang des Invertierens und Löschens signaltheoretisch und medizinisch zu verstehen ist, bleibt Geheimnis der Gerätehersteller, da Erläuterungen zur Methode in pseudowissenschaftlichem Slang verfasst werden.[4] In entsprechenden Prospekten und Traktaten liest man typischerweise von "gestörter Zellkommunikation" sowie Scheinerklärungen mit Fachwörtern aus der Quantenphysik. Nicht selten wird auch auf so genannte Biophotonen Bezug genommen. Eine Begründung, weshalb angesichts angeblich quantenmechanischer Vorgänge die Frequenzmuster im technisch leicht handhabbaren Niederfrequenzbereich liegen, fehlt (Bioresonanzgeräte arbeiten üblicherweise im Bereich bis zu einigen 100 kHz).

Neben der grundsätzlichen Frage, wie das simple Umpolen von Symptomen eine Heilung bewirken soll, ist auch unklar, warum durch das Zuführen invertierter körpereigener Signale nur schädliche Signale gelöscht werden und nicht auch solche, die für den Körper günstig oder sogar notwendig sind. Zwar ist manchmal von einem "Separator" die Rede oder es heißt beispielsweise, dass "mit Hilfe eines besonderen biologischen Filters (Molekularsaugkreis) die körpergünstigen physiologischen Schwingungen von den körperungünstigen pathologischen Schwingungen"[5] getrennt würden. Damit ist jedoch nichts erklärt: Ein Saugkreis ist nichts weiter als eine aus der Radiotechnik bekannte, relativ einfache Realisierung eines Filters, welcher Signale bestimmter Frequenz nur abgeschwächt passieren lässt. Woher der Filter bzw. sein Konstrukteur weiß, auf welche Frequenzen er eingestellt werden muss, bleibt nach wie vor im Dunkeln. Viele Anbieter gehen auf diese Frage auch überhaupt nicht ein.

Bemerkenswert ist auch, dass die Natur es gerade so eingerichtet haben soll, dass es der esoterisch-naiven Vorstellung von guten und schlechten Schwingungen entgegenkommt und man diese einfach anhand ihrer Frequenz unterscheiden kann wie Sender auf der Skala eines Radios. Die meisten natürlichen Schwingungssignale überstreichen einen gewissen Frequenzbereich (man denke etwa an Schallschwingungen bei Geräuschen) und lassen sich daher nicht auf so primitive Weise in gewünschte und unerwünschte trennen. Auch bei körpereigenen elektrischen Signalen, die tatsächlich existieren und z.B. beim EKG und EEG seit langem zu diagnostischen Zwecken genutzt werden, sind die Verhältnisse komplizierter.

Wissenschaftliche Studienlage

Wissenschaftliche Untersuchungen zu einer möglichen Eignung der Bioresonanz als diagnostisches oder therapeutisches Verfahren ergaben keinen Nachweis einer Wirksamkeit über den Placeboeffekt hinaus.[6] Die Anwendung der Bioresonanz kann zu Fehldiagnosen mit der Gefahr von Fehlbehandlungen führen.[7] Zur Diagnostik von Erkrankungen ist die Bioresonanz nicht geeignet, da sie auf einem ungeeigneten und obskuren Prinzip beruht, nicht wissenschaftlich validiert wurde und nicht reproduzierbare Ergebnisse liefert.[8] Das ist nicht verwunderlich, denn selbst wenn es die normalen und die krankheitstypischen Frequenzmuster gäbe, ist nicht einsichtig, wie diese mit einer einfachen Elektrode in der Hand des Patienten in einem nicht abgeschirmten Raum erfasst werden können. Im fraglichen Frequenzbereich misst man auf diese Weise vor allem ein Gemisch an technischen Störsignalen aller Art, die vorwiegend über die Netzleitungen transportiert und von diesen abgestrahlt werden. Auch zur Therapie des kindlichen Stotterns zeigte sich keine Wirksamkeit.[9]

Von ihren Befürwortern wird die Bioresonanz häufig zu einer Allergiediagnostik eingesetzt. Dazu ist sie jedoch nicht geeignet.[10] Aber auch therapeutisch wird die Bioresonanz bei Allergien oder vermuteten Allergien eingesetzt. Eine Untersuchung der Universität Lübeck aus dem Jahre 2001 schätzte, dass 26% aller diesbezüglichen Patienten (auch) zu nicht unerheblichen Kosten eine Therapie aus dem alternativmedizinischen Bereich wählte, etwa 10% von ihnen wandte die Bioresonanz an.[11]

Wissenschaftliche Studien zeigten indes, dass Heilungserfolge bei der Allergiebehandlung von Kindern nicht reproduzierbar waren und nicht über einen Placeboeffekt hinausgingen.[12][13][14][15][16][17][18][19][20][21]

In einer Stellungnahme zu Bioresonanz- und Elektroakupunkturgeräten kommt die "Fachkommission der Schweizerischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie" (SGAI) 2006 zu dem Ergebnis, dass diese Methoden zur Diagnostik und Therapie von (vermeintlichen) Allergien diagnostischer und therapeutischer Unsinn sind.[22]

Beziehungen zu Scientology

Franz Morell
Erich Rasche

Als Erfinder der ersten Bioresonanztherapiegeräte gilt der Arzt, SS-Oberscharführer[23] und Scientologe[24][25] Franz Morell (geb. 1921) gemeinsam mit dem Ingenieur Erich Rasche (geb. 1946). Abgeleitet von den beiden Namen erhielt das Verfahren die Bezeichnung MORA-Therapie. Auch der Geschäftsführer der Regumed GmbH, Hans Brügemann, ist oder war Scientologe.[26] 1990 stellte er in einem Zeitschriftenartikel Verbindungen zwischen der Bioresonanztherapie und Ideen von Scientology-Gründer L. Ron Hubbard her.[27][28] Ende 2008 verbreitete Brügemann eine Erklärung, wonach keine wirtschaftlichen oder anderen Verbindungen zwischen der Regumed GmbH und der Scientology-Organisation bestehen. Auch habe das von Regumed produzierte Bicom-Gerät keine Ähnlichkeit mit dem von Scientology eingesetzten E-Meter (ob dies jemand behauptet hatte, ist nicht bekannt).[29] Der Physiker Siegfried Kiontke, Entwickler der Vitalfeldtherapie, die der Bioresonanztherapie in Teilen stark ähnelt, ist ebenfalls Scientology-Mitglied.

Literatur

  • Edzard Ernst (2004): Bioresonance, a study of pseudo-scientific language. Forsch Komplementarmed Klass Naturheilkd. 11(3) 171-173
  • M. H. Schoni, W. H. Nikolaizik, F. Schoni-Affolter (1997): Efficacy trial of bioresonance in children with atopic dermatitis. Int Arch Allergy Immunol. 112(3) 238-246
  • Stiftung Warentest: Bioresonanztherapie. In: Die Andere Medizin, 111-115. Berlin, Januar 2006
  • B. Wüthrich et al.: Bioresonanz - diagnostischer und therapeutischer Unsinn Schweizerische Ärztezeitung 02/2006, 50-54
  • Cap, F. Bemerkungen eines Physikers zur Bioresonanz. Allergologie 1995, 18: 253-257
  • Mosenkis, R. Examination of a Vegatest Device. Quackwatch, 11. September 2001
  • Dr. Krista Federspiel: Bioresonanz-Therapie Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP)

Weblinks

Anderssprachige Psiram-Artikel

Quellennachweise

  1. Schematische Darstellung aus der Werbung der Firma Regumed
  2. Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung Fassung vom 17. Januar 2006, Anlage II, Nummer 17
  3. Offenlegungsschrift DE 4010240 A1: Resonator für hohe Frequenzen. Anmelder: Rayonex GmbH. Anmeldetag: 30. März 1990
  4. Ernst E. Bioresonance, a study of pseudo-scientific language., Forsch Komplementarmed Klass Naturheilkd. 2004 Jun;11(3):171-3
  5. Hufelandgesellschaft e.V. (Hrsg.): Hufeland-Leistungsverzeichnis der Besonderen Therapierichtungen, 4. Auflage, bearbeitet von Manfred Rimpler. Haug-Verlag, Stuttgart 2005
  6. Übersicht in B. Wüthrich et. al.: Bioresonanz - diagnostischer und therapeutischer Unsinn. Schweizerische Ärztezeitung 02/2006, 50-54
  7. Oepen I. Unconventional diagnostic and therapeutic methods in environmental medicine, Gesundheitswesen. 1998 Jul;60(7):420-30
  8. Kleine-Tebbe J, Herold DA. Inappropriate test methods in allergy., Hautarzt. 22.10.2010
  9. Wille A. Bioresonance therapy (biophysical information therapy) in stuttering children, Forsch Komplementarmed. 1999 Feb;6 Suppl 1:50-2
  10. Wüthrich B. Unproven techniques in allergy diagnosis., J Investig Allergol Clin Immunol. 2005;15(2):86-90
  11. Schäfer T, Riehle A, Wichmann HE, Ring J. Alternative medicine in allergies - prevalence, patterns of use, and costs., Allergy. 2002 Aug;57(8):694-700
  12. Berggold O.: Der sogenannte Medikamententest in der Elektroakupunktur, Zeitschr. Allgemeinmed., 1976, 52, S.312
  13. Bresser H.: Allergietestung mit der Elektroakupunktur nach Voll, Hautarzt, 1993 44, S.408
  14. Hörner M.: Bioresonanz: Anspruch einer Methode und Ergebnis einer technischen Überprüfung, Allergologie, 1995, 18, S. 302
  15. Kofler H.: Bioresonanz bei Pollinose. Eine vergleichende Untersuchung zur diagnostischen und therapeutischen Wertigkeit, Allergologie 1996,19, S. 114
  16. Niggemann B.: Unkonventionelle Verfahren in der Allergologie. Kontroverse oder Alternative?, Allergologie 2002,25, S. 34
  17. Schöni M. H.: Efficacy trial of bioresonance in children with atopic dermatitis, Arch. Allergy Immunol., 1997, Mar; 112(3), S. 238-246
  18. Schultze-Werninghaus: Paramedizinische Verfahren: Bioresonanzdiagnostik und -Therapie, Allergo J., 1993, 2, 40-2
  19. Wandtke F.: Biorensonanz-Allergietest versus pricktest und RAST, Allergologie 1993, 16, S. 144
  20. Wille A.: Bioresonance therapy (biophysical information therapy) in stuttering children, Forsch. Komplementarmed. 1999, Feb., 6, Suppl 1: 50-2
  21. Wüthrich B.: Unproven techniques in allergy diagnosis, J. Invest. Clin. Immunol., 2005, 15, S. 86-90
  22. "Fachkommission der Schweizerischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie" (SGAI)", Schweizerische Ärztezeitung, 2006;87: 2 [1]
  23. Angabe aus dem selbst verfassten Lebenslauf in der 22-seitigen Dissertation von Franz Morell an der Universität Gießen aus dem Jahr 1944 mit dem Titel Die Einwirkung kurzdauernder Aortenabklemmungen in verschiedenen zeitlichen Abständen auf die Funktion der Vorderhornganglienzellen. Zitat: Ich wurde am 24.5.1921 in Frankfurt am Main geboren, besuchte, nach acht Jahren Privatunterricht in Italien, für ein Jahr die deutsche Schule in Rom, von 1936 an die Oberschule in Pirmasens, wo ich Ostern 1938 die Reifeprüfung ablegte. 1939 begann ich mit dem Studium der Medizin in Leipzig, wo ich mein 1. Semester studierte. 1940 hatte ich das 1. und 3. Trimester in Marburg belegt, 1941 das 1. Trimester in Gießen, wo ich im März 1941 die ärztliche Vorprüfung ablegte. Das 5. Semester hatte ich im Wintersemester 1941/42 in Würzburg belegt. Seit dem Sommersemester 1942 studierte ich wieder in Gießen, um nach dem Sommersemester 1944 die ärztliche Prüfung abzulegen. gez. Franz Morell, SS-Oberscharführer
  24. Michael Franken in der Online-Ausgabe der Wochenpost www.wochenpost.de/4922.htm
  25. Report Nr. 2/1995 vom Anti-Scientology-Verein Robin Direkt e.V.
  26. http://www.truthaboutscientology.com/stats/by-name/h/hans-brugemann.html
  27. Brügemann H (1990): Die Position der Bioresonanztherapie (BRT) im Gesamtkrankheitsgeschehen. Erfahrungsheilkunde 12:803–811
  28. http://www.abi-ev.de/pdf/in141103.pdf
  29. http://www.symptome.ch/vbboard/gesundheit-allgemein/32129-wichtige-information-bioresonanz.html