Encephaloscan

Die elektrosensible Corine Brisbois zeigt ihr "Encephaloscan" als Beweis ihrer angeblichen Elektrosensibilität. Im Hintergrund ist ihr abgeschirmter Wohnwagen in einem Funklochgebiet zu erkennen. Bild: Fedephoto

Encephaloscan (frz. encéphaloscan comparatif, engl. comparative encephaloscan, vergleichender Encephaloscan) ist die Bezeichnung für eine Ultraschalluntersuchung, die im Umfeld mobilfunkkritischer Kreise eingesetzt wird, um eine so genannte Elektrosensibilität nachzuweisen. Die in der wissenschaftlichen Medizin unbekannte Methode wird aktuell (Mai 2011) hauptsächlich in Frankreich eingesetzt. Der wissenschaftlich unbekannte Begriff Electroencephaloscan taucht in der Star Wars Filmreihe als "Gehirnscan"-Methode durch einen imaginären "Encephaloscanner" auf. (Science-Fiction-Film "Krieg der Welten" mit Tom Cruise)

Fachliteratur zum Thema lässt sich in medizinischen Datenbanken nicht auffinden, es existieren auch keine wissenschaftlichen Artikel dazu vom mutmaßlichen Erfinder, dem Krebsmediziner Dominique Belpomme (geb. 14. März 1943). Die Medline-Datenbank meldet keine Treffer bei einer Suche nach "encephaloscan".

In Frankreich wird die Methode von Belpomme[1][2] an der Clinique Alleray-Labrouste (Paris) und dem Pariser Radiologen Philippe Lebar[3] für 210 Euro (plus 100 Euro für Beratung) durchgeführt, die Kosten werden von den Kassen nicht übernommen. Belpomme ist auch bekannt dafür, medizinische Gutachten zu fertigen, die entsprechenden Patienten in wenigen Zeilen eine Elektrosensibilität attestieren. Nach für Psiram/Esowatch nicht nachprüfbaren Angaben aus dem Internet sollen sich die Kosten für eine derartige Bescheinigung auf 1.800 Euro belaufen. Belpomme erstellt seine "EHS"-Gutachten ausdrücklich auf Basis der hier thematisierten Encephaloscan-Untersuchung[4]. Dies trotz des wissenschaftlich ungeklärten Status zur Existenz einer möglichen Elektrosensibiliät und des rein experimentellen Status des Enecephaloscan. Wie Patienten von Belpomme in Internet-Blogs und Foren melden, werden zur Behandlung der angenommenen Elektrosensibilität Vitamine und weitere Mittel wie Ginkgo biloba-Präparate, Omega-3-Fettsäuren oder Antihistaminika verschrieben. Da mobilfunkkritische Praxisbesucher angeblich HF-Feldstärken von 3 V/m im Warteraum bei Belpomme gemessen haben wollen, wird entsprechend im Internet dazu geraten, sich möglichst pünktlich zum Termin einzustellen.

Methode

 
Encephaloscan eines angeblich elektrosensiblen "Philippe"
 
Encephaloscan von "Philippe" nach einem angeblich dreimonatigen Aufenthalt in einem Wohnwagen in einem Funkloch-Waldgebiet "Forêt de Saoû"

Zur Methode liegen nur ungenaue Angaben aus nicht seriös veröffentlichten Quellen vor. Demnach soll es sich um eine Ultraschalluntersuchung (Sonographie) nach dem Doppler-Verfahren handeln (Tomosphygmographie Cérébrale Ultrasonore - TSCU). Die mit 2 MHz ausgeführte Untersuchung soll den Blutfluss von Gefäßen im Bereich des Kopfes und des Halses getrennt in beiden Körperhälften erfassen. Besonderes Augenmerk soll dabei den pulssynchronen Druckschwankungen geschenkt werden. Aufgesetzt werden soll der Schallkopf oberhalb des Ohres, senkrecht zur Sagitalebene[5]. Gesucht wird dabei nach einer Hypo- oder Hyperpulsatilität (fr. hyperpulsatilité, hypopulsatilité), die nach Ansicht der Befürworter der Methode mit einer "Elektrosensibiltät" oder aber auch der Disposition zur Migräne korrelieren soll. Auf welche nachvollziehbare Weise der cerebrale Blutfluss eine Aussage über das Vorhandensein einer möglichen Elektrosensibilität erlauben soll, ist unbekannt.

Auf vorgefertigten schematisierten Hirnquerschnitten werden nach der etwa fünf Minuten dauernden Untersuchung vertikale farbig markierte Säulen eingezeichnet, die das Untersuchungsergebnis des arteriellen Flusses darstellen sollen. Zusätzlich werden Zahlenwerte errechnet. Rot und orange eingefärbte Bereiche sollen demnach eine ausreichende Durchblutung anzeigen, während in gelben oder blauen Regionen die Durchblutung nicht ausreichend sei.

Dominique Belpomme und ARTAC

 
Dominique Belpomme
 
Anonymisiertes Gutachten von Dominique Belpomme, das einer Patientin (unter anderem auf Basis eines Encephaloscans) Elektrosensibilität bescheinigt

Dominique Belpomme ist Präsident des französischen Vereins ARTAC (Association de Recherche Thérapeutique Anti-Cancéreuse) und kann als Erfinder der Anwendung der hier gemeinten Ultrschalluntersuchung zur "Diagnose" der Elektrosensibilität angesehen werden. ARTAC und Belpomme führen zahlreiche gesundheitliche Störungen und Krankheiten auf die Anwesenheit elektromagnetischer Wellen und insbesondere des Mobilfunks zurück und betreiben Forschung zum Thema der Elektrosensibilität. Nach Belpommes Ansicht seien bis zu 10% der Bevölkerung elektrosensibel. Folgen seien "Fatigue" (chronische Müdigkeit), Schlaflosigkeit, Depression sowie eine erhöhte Wahrscheinlichkeit des Auftretens der Multiplen Sklerose oder der Alzheimerschen Erkrankung bei jungen Menschen. Im Rahmen einer Hypothese von Belpomme soll die Elektrosensibilität auf die Anwesenheit von Magnetosomen im Gehirn zurückzuführen sein. Die Magnetosome sollen dabei kleinste "Elektromagneten" darstellen, die sich aus der Verschaltung von Nervenzellen (Neuronen) ergeben sollen.

Belpomme ist mit Franz Adlkofer, Lennart Hardell und Olle Johanson Unterzeichner einer Erklärung vom 23. März 2009, in der vor den gesundheitlichen Folgen drahtloser Kommunikationstechniken gewarnt und auf die Möglichkeit hingewiesen wird, dass künstliche elektromagnetische Felder einen Einfluss auf Zugvögel und Bienen haben können.[6]

Der mobilfunkkritische Verein ARTAC zieht in aktuell (2011) im Internet einsehbaren Aufrufen einen Vergleich zwischen der Anwendung drahloser Kommunikation und der deutschen Besatzung in Frankreich und ruft indirekt zu einer "Mobilfunk-Resistance" auf. Des Weiteren wird von der Existenz eines Mikrowellen-Syndroms (nach Monnet und Le Ruz) ausgegangen. Für den Personenkreis der Elektrosensiblen seien auch spezielle "Funklöcher" (Zones Refuges EHS) einzurichten.

Laut ARTAC sei der von seinem Präsidenten durchgeführte, bislang unvalidierte Encephaloscan als das derzeit beste diagnostische Werkzeug anzusehen, um Zeichen von "Hirnleiden" bei Elektrosensiblen nachzuweisen.[7]

Encephaloscan und Science Fiction

Ein "Encephaloscan" spielt auch eine Rolle im Science-Fiction-Film "Krieg der Welten". Dabei handelt es sich um ein handliches Gerät, das als "medizinischer Scanner" Diagnosen ermöglichen soll.

Weblinks

Anderssprachige Psiram-Artikel

Quellennachweise

  1. Hôpital Européen Georges Pompidou, Paris
  2. http://artac.info/index.php?option=com_content&view=article&id=54&Itemid=71
  3. Dr Lebar, rue de Grenelle, 75007 PARIS
  4. CERTIFICAT MÉDICAL EN DATE DU 26 avril 2010 au nom de Philippe Xxxxxxx : "Je soussigné Professeur Dominique BELPOMME certifie que monsieur Philippe Xxxxxxxx est atteint d’un syndrome d’intolérance aux champs électromagnétique (SICEM) Ce syndrome a été mis en évidence objectivement grâce à l’existence d’un déficit de circulation cérébrale à encéphaloscan (échodoppler cérébral pulsé) et à des tests sanguins et/ou urinaires perturbés traduisant une souffrance cérébrale. Je certifie l’existence de cette hypersensibilité aux champs électromagnétiques nécessitant impérativement la mise de ce malade à l’abri de toute source électromagnétique, même de faible intensité, sous peine d’atteinte à la santé sous la forme d’une détérioration cérébrale sévère.
    CERTIFICAT REMIS EN MAINS PROPRES A QUI DE DROIT Pr Dominique Belpomme" (Quelle: Verein "Next-ip")
  5. Zitat: TECHNIQUE PERMETTANT DE REALISER UN ENCEPHALOSCAN. L’échodoppler pulsé centimétrique ou la Tomosphygmographie Cérébrale Ultrasonore (TSCU) est une technique d’exploration fonctionnelle cérébrale non invasive, mobile, qui consiste à détecter le pouls cérébral au moyen d’une sonde à ultrasons émettrice-réceptrice fonctionnant en régime pulsé à 2 MHz, placée en position supra-auriculaire et perpendiculairement au plan sagittal du crâne. Diverses pathologies peuvent être mises en évidence grâce à cette technique peu spécifique mais très sensible. Ainsi, selon le contexte clinique et le territoire concerné, une hypopulsatilité permettra le diagnostic précoce d’un accident vasculaire cérébral, mettra en évidence une insuffisance vertébrobasilaire, une migraine ou une tumeur cérébrale. Les maladies neurodégénératives telles l’Alzheimer ont également un profil caractéristique d’hypopulsatilité prédominant à droite. ..[1]
  6. http://www.artac.info/images/telechargement/declaration%20du%2023%20mars%202009.pdf
  7. Zitat von der ARTAC-Webseite: ..L’encéphaloscan est actuellement le meilleur marqueur (diagnostic) des signes de la "souffrance" cérébrale chez les personnes souffrant d’Électro Hyper-Sensibilité..