Der Biodynamische Weinbau bezeichnet eine von Anthroposophen betriebene Variante des ökologischen Weinbaus. Der biodynamische Weinbau orientiert sich an einer spirituell-esoterischen Weltanschauung die auf eine geheimwissenschaftliche Ansicht einer übersinnlichen Welt des Hellsehers und Laienphilosophen Rudolf Steiner, dem Begründer der Anthroposophie, aufbauen. Steiner ging 1923 fälschlich davon aus, dass Weinreben zunehmend degenerieren würden, insbesondere nach verheerenden Schäden durch Reblausepidemien. Die gleichen Behauptungen zu "degenerierenden Reben", "ausgelaugten Böden" und eine Verringerung der Rebenvielfalt werden heute (2016) unverändert von Befürwortern des biodynamischen Weinbaus aufgestellt.
Die biologisch-dynamische Produktionsmethode im Weinbau ist seit 1924 Bestandteil des ökologischen Demeter Anbauverbandes und des heute international geschützten Markenzeichens Demeter und des Markenzeichens „Biodyn“, beide aus dem Umfeld der Anthroposophie. Etwa 4000 Weinbauern sollen Demeter-Vertragspartner sein (Demeter-Winzer). Nach anderen Angaben gibt es in Deutschland 50 biodynamische Demeter-Weingüter, weltweit 616.
Demeter-Produkte werden meist in Naturkostläden angeboten und erzielen höhere Verkaufspreise als Vergleichsprodukte. Sie sind am Demeter-Siegel erkennbar. Manche Weingüter arbeiten zweigleisig und wirtschaften parallel biodynamisch und herkömmlich ökologisch / konventionell. Wie auch beim ökologischen Weinbau, fallen bei vielen Blindverkostungen (blinder Vergleich von Weinproben) biodynamische Weine oft schlechter ab als solche, die aus herkömmlichem Weinbau stammen. Sie haben öfters Fehltöne und wirken instabil. Entsprechende krasse Fehltöne werden von Befürwortern als Zeichen einer "Lebendigkeit" des Weins aufgefasst.[3] Ein bekannter französischer Anhänger des biodynamischen Weinbaus ist der Winzer Nicolas Joly mit seinem Weingut Château de la Roche-aux-Moines. Der biodynamische Weinbau ist nicht mit dem biologisch-organischen Weinbau oder dem ökologischen (Bio) Weinbau zu verwechseln.

Vorschriften des biodynamischen Weinbaus

Die Vorschriften und Regelungen des biologisch-dynamischen Weinbaus orientieren sich an eine 1924 gehaltene Vortragsreihe „Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft“ von Rudelf Steiner. Steiner entwickelte bestimmte Rezepturen für acht biodynamische Präparate, die den Boden und die Weinrebe "vitalisieren" sollen. Zu den Präparaten gehören der so genannte "Hornmist" und die "Hornkiesel". Weitere Präparate enthalten Heilpflanzen, wie Kamille, Löwenzahn, Brennnessel, Eichenrinde, Schafgarbe oder Baldrian. Auch gibt es bestimmte Kräuteraufgüsse für Weinreben. Brennnesselaufgüssen sollen beispielsweise für "Ausgewogenheit und Harmonie im Weingarten" sorgen. Der Einsatz derartiger Präparate wird durch die geringen eingesetzten Mengen biologisch und gartenbautechnisch sinnlos: es werden nämlich nur wenige Gramm pro Hektar eingesetzt. Wie in der Homöopathie muss daher zwingend an eine Wirksamkeit derartiger Präparate geglaubt werden. Das Beschneiden der Reben und die Weinabfüllung erfolgen zu bestimmten Mondphasen und nach bestimmten Planetenkonstellationen. So wird beispielsweise bei Vollmond kein Wein abgefüllt. Als eine Variante des ökologischen Weinbaus sind Herbizide, Fungizide und Pestizide verboten. Zugelassenen sind jedoch ausdrücklich natürlicher Feinde von Krankheitserregern wie Raubmilben, Schlupfwespen und sterilisierte männliche Insekten. Erlaubt sind auch Insektenfallen, Pheromone, Thujaöl-Repellents, Netzschwefel, Calciumhydroxid, Pilz- und Bakterienpräparate (z. B. Bacillus thuringiensis, Granulosevirus), Pyrethrumextrakte, Kaliseife, Azadirachtin aus Azadirachta indica, Eisen-III-Orthophosphat, Gelatine, Kupfer und Rodentizide (in Köderbehältern). Zugelassen sind der Zusatz von Zucker zur Erhöhung des Alkoholgehaltes und Traubensaftkonzentrate. Erlaubt sind auch Thiamin, Tartrat , Eiweiß von Demeter-Eiern, Bentonit, Aktivkohle, Kieselgur und Schwefeldioxid. Biodynamische Weinbauern wirtschaften oft "traktorfrei". Traktoren werden nach Möglichkeit durch Pferde ersetzt bzw durch vermehrte Handarbeit. Laut Steiner wirkten Weinreben auf das "Ich des Menschen". Der Zucker der Rebe "wärme" trage "Vitalitätskräfte". Viele anthroposophische Heilmittel werden daher nach Steiners Credo aus Wein, Weingeist, Weinstein oder Weinessig hergestellt, darunter das Mittel Hepatodoron. Ethanol (reiner Alkohol) wird in der anthroposophischen Medizin auch als Konservierungsmittel für Heilmittel verwendet.

Hornmist

 
Hornmist

Hornmist wird in der biodynamischen Landwirtschaft ein hohles Kuhorn genannt, das mit Kuhmist gefüllt wird. Dieses wird im Herbst in den Boden eines Weinguts eingegraben. Der Inhalt wird später mit Wasser vermengt und "dynamisiert" und im Frühjahr in feinen Tröpfchen als rituelle Handlung auf den Weinberg gesprüht. Ein düngender Effekt ist dabei auf Grund der geringen Mengen nicht zu erwarten.

Hornkiesel

 
Hornkiesel: zu vergrabende Kuhhörner mit zermahlenen Bergkristallen

Im Frühherbst werden Kuhhörner im Boden vergraben, die mit zerkleinerten zermahlener Quarzsand (chemisch Siliziumdioxid, als "Bergkristall" bezeichnet) gefüllt werden. Im Frühjahr werden die Kuhhörner wieder ausgegraben, der Inhalt mit Wasser vermischt und als Dünger auf einem Feld ausgebracht. Es gibt jedoch die Angabe, dass die Hornkiesel im Frühjahr vergraben werden um im Herbst ausgegraben zu werden. Die Vermengung mit Wasser wird dabei "Vitalisierung" genannt (siehe dazu auch: Wasserbelebung). Die Vitalisierung erinnert an die Potenzierung (rhythmische Schläge Richtung Erdmittelpunkt) in der Homöopathie, da sie rhythmisch als "Verrührung" durchgeführt werden soll. Die Flüssigkeit wird sodann als Spritzpräparat in feinsten Tröpfchen auf dem Weinberg verteilt. Dieses Produkt soll nach anthroposophischer Lesart der Wirkung von Sonnenschein entsprechen, da "kosmische Kräfte" im Hornkiesel "gespeichert" seien.

Zitate

"Die Rebe besitzt eine einzigartige Fähigkeit: All ihre Kräfte, die bei anderen Pflanzen in die Samen strömen und die neue Generation konfigurieren, schießen bei der Rebe in das Fruchtfleisch hinein und werden dem Menschen verfügbar." (Rudolf Steiner)

Weblinks

Quellennachweise