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===Zucker und Gesundheit===
 
===Zucker und Gesundheit===
 
====Verursacht Zucker Krebs?====
 
====Verursacht Zucker Krebs?====
Für die Entstehung und die Pflege des Mythos, dass Zucker unmittelbar Krebs auslöst, gibt es eine simple physiologische Grundlage: Nämlich die beobachtete Tatsache, dass Tumorzellen verstärkt aus Zucker Bausteine für neue Krebszellen gewinnen können. Allerdings ist die Diagnose eben der erkannte Tumor, der schon vorhanden ist. Das bedeutet noch lange nicht, dass Zucker an sich ein direkter Risikofaktor ist und Krebs verursacht. Aber das Krebszellen grundsätzlich anders mit dem Energielieferanten Zucker um, als dies gesunde Zellen tun, ist eben so neu nicht mehr.
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Für die Entstehung und die Pflege des Mythos, dass Zucker unmittelbar Krebs auslöst, gibt es eine simple physiologische Grundlage: Nämlich die beobachtete Tatsache, dass Tumorzellen verstärkt aus Zucker Bausteine für neue Krebszellen gewinnen können. Allerdings ist die Diagnose eben der erkannte Tumor, der schon vorhanden ist. Das bedeutet noch lange nicht, dass Zucker an sich ein direkter Risikofaktor ist und Krebs verursacht. Aber dass Krebszellen grundsätzlich anders mit dem Energielieferanten Zucker umgehen als dies gesunde Zellen tun, ist so neu nicht mehr.
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Entsprechende Theorien sind schon lange bekannt und gehen zurück auf die Forschungen des Nobelpreisträgers Otto Warburg. Er beobachtete, dass Tumorgewebe oft bei einem bestimmten Schritt des Zuckerstoffwechsels, quasi stehenblieb. Es kam zu einer Art Gärung, wie sie etwa Bakterien zur Energiegewinnung nutzen. Tatsächlich bleibt die Beobachtung des Energiestoffwechsels von Tumorzellen ein wichtiger Bestandteil der Forschung. Die Frage, ob der Tumor quasi "gefüttert" wird, wenn man Kohlenhydrate und insbesondere Zucker aufnimmt, ist aber nach wie vor offen. Bisher gibt es keine belastbare Studiendaten und Ergebnisse, die dazu eine klare und für Patienten passende Antwort bieten würden. <ref>https://www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/risiken/mythen.php</ref>
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Entsprechende Theorien sind schon lange bekannt und gehen auf die Forschungen des Nobelpreisträgers Otto Warburg zurück. Er beobachtete, dass Tumorgewebe oft bei einem bestimmten Schritt des Zuckerstoffwechsels quasi stehenblieb. Es kam zu einer Art Gärung, wie sie etwa Bakterien zur Energiegewinnung nutzen. Tatsächlich bleibt die Beobachtung des Energiestoffwechsels von Tumorzellen ein wichtiger Bestandteil der Forschung. Die Frage, ob der Tumor quasi "gefüttert" wird, wenn man Kohlenhydrate und insbesondere Zucker aufnimmt, ist aber nach wie vor offen. Bisher gibt es keine belastbaren Studiendaten und Ergebnisse, die dazu eine klare und für Patienten passende Antwort bieten würden. <ref>https://www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/risiken/mythen.php</ref>
    
Weitere Studien haben einen Zusammenhang von energiereicher Nahrung und bestimmten Krebserkrankungen gefunden, allerdings wurde dabei der Einfluss von Übergewicht oder Bewegungsarmut nicht berücksichtigt.<ref>La Vecchia C, Franceschi S, Dolara P, Bidoli E, Barbone F. Refined-sugar intake and the risk of colorectal cancer in humans. Int J Cancer. 1993 Sep 30;55(3):386-9</ref> <ref>Franceschi S, Favero A, La Vecchia C, Negri E, Conti E, Montella M, Giacosa A, Nanni O, Decarli A. Food groups and risk of colorectal cancer in Italy. Int J Cancer. 1997 Jul 3;72(1):56-61. </ref>. So betont auch das deutsche Krebsforschungszentrum: ''"Für viele Tumoren sind zufällige Fehler bei der Zellteilung verantwortlich, denen man nicht vorbeugen kann"''.<ref>https://www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/risiken/index.php</ref>
 
Weitere Studien haben einen Zusammenhang von energiereicher Nahrung und bestimmten Krebserkrankungen gefunden, allerdings wurde dabei der Einfluss von Übergewicht oder Bewegungsarmut nicht berücksichtigt.<ref>La Vecchia C, Franceschi S, Dolara P, Bidoli E, Barbone F. Refined-sugar intake and the risk of colorectal cancer in humans. Int J Cancer. 1993 Sep 30;55(3):386-9</ref> <ref>Franceschi S, Favero A, La Vecchia C, Negri E, Conti E, Montella M, Giacosa A, Nanni O, Decarli A. Food groups and risk of colorectal cancer in Italy. Int J Cancer. 1997 Jul 3;72(1):56-61. </ref>. So betont auch das deutsche Krebsforschungszentrum: ''"Für viele Tumoren sind zufällige Fehler bei der Zellteilung verantwortlich, denen man nicht vorbeugen kann"''.<ref>https://www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/risiken/index.php</ref>
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Aktuellere Übersichtsarbeiten sehen weniger den Zucker allein als Gefahr, sondern eher die Kalorienbilanz insgesamt.<ref>Nutr Hosp. 2013 Jul;28 Suppl 4:95-105</ref><ref>Dietary fructose, carbohydrates, glycemic indices and pancreatic cancer risk: a systematic review and meta-analysis of cohort studies.“ Ann Oncol 23(10): 2536-2546</ref> Auch bekannte Risikofaktoren wie beispielsweise das Rauchen oder der Alkohol wurden nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt.
 
Aktuellere Übersichtsarbeiten sehen weniger den Zucker allein als Gefahr, sondern eher die Kalorienbilanz insgesamt.<ref>Nutr Hosp. 2013 Jul;28 Suppl 4:95-105</ref><ref>Dietary fructose, carbohydrates, glycemic indices and pancreatic cancer risk: a systematic review and meta-analysis of cohort studies.“ Ann Oncol 23(10): 2536-2546</ref> Auch bekannte Risikofaktoren wie beispielsweise das Rauchen oder der Alkohol wurden nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt.
 
   
 
   
Insgesamt lassen sich keine belastbaren wissenschaftlichen Hinweise dafür finden, dass Zucker das Krebsrisiko maßgeblich beeinflusst. Zu beachten ist aber, dass es viele Arten von Zucker und viele Risikofaktoren gibt, die miteinander in Verbindung stehen. Manche Krebsarten stehen möglicherweise mit solchen Risikofaktoren in Verbindung: Beispielsweise könnte eine Ernährung, die reich an Einfachzuckern wie Fruktose oder Glukose ist, das Risiko für Bauchspeicheldrüsen-Krebs erhöhen. Aber auch hier stehen belastbare Ergebnisse auf der Basis von Humanstudien noch aus.   
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Insgesamt lassen sich keine belastbaren wissenschaftlichen Hinweise dafür finden, dass Zucker das Krebsrisiko maßgeblich beeinflusst. Zu beachten ist aber, dass es viele Arten von Zucker und viele Risikofaktoren gibt, die miteinander in Verbindung stehen. Manche Krebsarten stehen möglicherweise mit solchen Risikofaktoren in Verbindung: Beispielsweise könnte eine Ernährung, die reich an Einfachzuckern wie Fruktose oder Glukose ist, das Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs erhöhen. Aber auch hier stehen belastbare Ergebnisse auf der Basis von Humanstudien noch aus.   
    
Plakative Aussagen wie ''"Zucker sorgt für Brustkrebs und Metastasen"'' oder ''"Krebs liebt Zucker (Fructose)"''''<ref>zentrum-der-gesundheit.de/krebs-zucker-ia.html</ref> <ref>zentrum-der-gesundheit.de/brustkrebs-durch-zucker.html</ref> sind entweder nicht belegt oder völlig aus dem Zusammenhang wiedergegeben. In der Regel bedienen diese Behauptungen kommerzielle Interessen und sollen die Bereitschaft erhöhen, angebotene Produkte und Methoden zu nutzen, die zur Vorbeugung oder gar Heilung dienen sollen.
 
Plakative Aussagen wie ''"Zucker sorgt für Brustkrebs und Metastasen"'' oder ''"Krebs liebt Zucker (Fructose)"''''<ref>zentrum-der-gesundheit.de/krebs-zucker-ia.html</ref> <ref>zentrum-der-gesundheit.de/brustkrebs-durch-zucker.html</ref> sind entweder nicht belegt oder völlig aus dem Zusammenhang wiedergegeben. In der Regel bedienen diese Behauptungen kommerzielle Interessen und sollen die Bereitschaft erhöhen, angebotene Produkte und Methoden zu nutzen, die zur Vorbeugung oder gar Heilung dienen sollen.
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'''Hydroxymethylfurfural''': Diese Substanz entsteht beim Erhitzen von kohlenhydrat- bzw. zuckerhaltigen Lebensmitteln und ist Bestandteil von z.B. Karamel-Farbstoffen und Raucharomen. Zwischenzeitlich war sie aufgrund des stark ansteigenden Konsums von karamellisierten Produkten (Gehalt: bis zu 9500mg/kg/L) im Verdacht, an der Entstehung von Krebs beteiligt zu sein. Dementsprechend wurde untersucht und vom Bundesinstitut für Risikobewertung beurteilt. Mit dem Ergebnis: ''"Derzeit kann aus den vorliegenden experimentellen Studien hinsichtlich einer krebserzeugenden und erbgutschädigenden Wirkung von 5-HMF keine Relevanz für den Menschen abgeleitet werden."''<ref>http://www.bfr.bund.de/cm/343/5_hmf_gehalte_in_lebensmitteln_sind_nach_derzeitigem_wissenschaftlichen_kenntnisstand_gesundheitlich_unproblematisch.pdf</ref> Auch hier wäre damit einer möglichen Mythenbildung, die zur Panikmache und damit zum Vertrieb diverser Entgitungsmittel oder ähnlichem führen würde, entgegen gewirkt.  
 
'''Hydroxymethylfurfural''': Diese Substanz entsteht beim Erhitzen von kohlenhydrat- bzw. zuckerhaltigen Lebensmitteln und ist Bestandteil von z.B. Karamel-Farbstoffen und Raucharomen. Zwischenzeitlich war sie aufgrund des stark ansteigenden Konsums von karamellisierten Produkten (Gehalt: bis zu 9500mg/kg/L) im Verdacht, an der Entstehung von Krebs beteiligt zu sein. Dementsprechend wurde untersucht und vom Bundesinstitut für Risikobewertung beurteilt. Mit dem Ergebnis: ''"Derzeit kann aus den vorliegenden experimentellen Studien hinsichtlich einer krebserzeugenden und erbgutschädigenden Wirkung von 5-HMF keine Relevanz für den Menschen abgeleitet werden."''<ref>http://www.bfr.bund.de/cm/343/5_hmf_gehalte_in_lebensmitteln_sind_nach_derzeitigem_wissenschaftlichen_kenntnisstand_gesundheitlich_unproblematisch.pdf</ref> Auch hier wäre damit einer möglichen Mythenbildung, die zur Panikmache und damit zum Vertrieb diverser Entgitungsmittel oder ähnlichem führen würde, entgegen gewirkt.  
[[image: Ursache Wirkung Max-Rubner-Institut.jpg|Ursache Wirkung Adipositas|300px|thumb]]
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[[image: Ursache Wirkung Max-Rubner-Institut.jpg|Ursache/Wirkung Adipositas|300px|thumb]]
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====Diabetes/Adipositas und Zuckermythen====
 
====Diabetes/Adipositas und Zuckermythen====
 
In der Ernährungsmedizin unterscheidet man zwischen ernährungsbedingten (Mangelerscheinungen) und ernährungsmitbedingten Erkrankungen, die in der Regel durch ein Nährstoffüberangebot entstehen. Dazu gehören auch Diabetes und Adipositas. Was nach Haarspalterei aussieht, ist im Prinzip zwingend notwendig, da die Erkrankung multiple Ursachen hat, die sich in Kombination auswirken. Dies beeinflusst Diagnostik und Behandlung entscheidend. Um Diabetes und Adipositas dauerhaft zu therapieren, bedarf es eben mehr als nur den Zuckerkonsum zu reduzieren. Auch wenn dies in der Regel eine der ersten Maßnahmen ist.  
 
In der Ernährungsmedizin unterscheidet man zwischen ernährungsbedingten (Mangelerscheinungen) und ernährungsmitbedingten Erkrankungen, die in der Regel durch ein Nährstoffüberangebot entstehen. Dazu gehören auch Diabetes und Adipositas. Was nach Haarspalterei aussieht, ist im Prinzip zwingend notwendig, da die Erkrankung multiple Ursachen hat, die sich in Kombination auswirken. Dies beeinflusst Diagnostik und Behandlung entscheidend. Um Diabetes und Adipositas dauerhaft zu therapieren, bedarf es eben mehr als nur den Zuckerkonsum zu reduzieren. Auch wenn dies in der Regel eine der ersten Maßnahmen ist.  
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