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Wie andere sog. "Mikroalgen" auch, zeichnen sich diese Bakterien dadurch aus, dass sie lange Ketten bilden können auf diese Weise eine den Algenpflanzen ähnliche Struktur zeigen.
 
Wie andere sog. "Mikroalgen" auch, zeichnen sich diese Bakterien dadurch aus, dass sie lange Ketten bilden können auf diese Weise eine den Algenpflanzen ähnliche Struktur zeigen.
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Anpreisung zu medizinischen Zwecken
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==Anpreisung zu medizinischen Zwecken==
 
   
Angepriesen werden diese Eubakterien zur Vorbeugung und Behandlung von Fibromyalgie, erhöhter Blutfettwerte, Krebsvorbeugung, gegen HIV- und Herpes-Infektion, geschwächter Immunabwehr, Allergien, Leberschäden und auch zur Gewichtsreduktion.
 
Angepriesen werden diese Eubakterien zur Vorbeugung und Behandlung von Fibromyalgie, erhöhter Blutfettwerte, Krebsvorbeugung, gegen HIV- und Herpes-Infektion, geschwächter Immunabwehr, Allergien, Leberschäden und auch zur Gewichtsreduktion.
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Zucht- und Ernte von Spirulina
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==Zucht- und Ernte von Spirulina==
 
   
Spirulina wächst wild in verschiedenen Salzseen in Mexiko und auf dem afrikanischen Kontinent wie auch im Salzwasser vor Hawaii. Da sich die einzelnen pflanzenartig wachsenden Bakterienstränge zusammenballen und schnell wachsend sind, kann man sie leicht ernten. Bereits die spanischen Conqistadoren sollen berichtet haben, dass die Azteken Spirulina als Nahrungsgrundlage verwendet haben sollen. Gesichert ist, dass das Volk der Kanembu Spirulina aus dem Tschad-See geerntet hat. Diese Nahrungsquelle diente offensichtlich in allen genannten Kulturen dem Zweck der Nahrungsmittelversorgung in Notfällen oder als Beimischung zur Normalkost.
 
Spirulina wächst wild in verschiedenen Salzseen in Mexiko und auf dem afrikanischen Kontinent wie auch im Salzwasser vor Hawaii. Da sich die einzelnen pflanzenartig wachsenden Bakterienstränge zusammenballen und schnell wachsend sind, kann man sie leicht ernten. Bereits die spanischen Conqistadoren sollen berichtet haben, dass die Azteken Spirulina als Nahrungsgrundlage verwendet haben sollen. Gesichert ist, dass das Volk der Kanembu Spirulina aus dem Tschad-See geerntet hat. Diese Nahrungsquelle diente offensichtlich in allen genannten Kulturen dem Zweck der Nahrungsmittelversorgung in Notfällen oder als Beimischung zur Normalkost.
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In der intensiven Landwirtschaft gilt Spirulina als hochwertiger Proteinlieferant in der Aufzucht von Hühnern/Broilern (Venkataraman et al. 1994) und Karpfen (Nandeesha et al. 2001) in Indien. In dieser Region dient Spirulina platensis also als billige Proteinquelle zur Tierzucht, um teure pflanzliche Proteinquellen zu ersetzen.
 
In der intensiven Landwirtschaft gilt Spirulina als hochwertiger Proteinlieferant in der Aufzucht von Hühnern/Broilern (Venkataraman et al. 1994) und Karpfen (Nandeesha et al. 2001) in Indien. In dieser Region dient Spirulina platensis also als billige Proteinquelle zur Tierzucht, um teure pflanzliche Proteinquellen zu ersetzen.
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Inhaltsstoffe und empfohlene Verzehrsmenge
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==Inhaltsstoffe und empfohlene Verzehrsmenge==
 
   
Spirulina platensis wird heutzutage in der Regel industriell hergestellt, um auf dem Gesundheitsmarkt angeboten zu werden. Während man in Afrika, Asien und Südamerika die Produktion in kleinen Mengen dezentral bewerkstelligt, wird z.B. in den USA der Weg beschritten, Spirulina-Stämme zu isolieren und als Reinzucht in isolierten Tanks zu vermehren. Die Endprodukte zeichnen sich unstrittig durch einen vergleichsweise hohen Gehalt an B-Vitaminen, Betakarotin, Mineralien (Kalzium, Eisen, Magnesium, Natrium, Zink) sowie Gammalinolensäure aus. Bis zu 70% der Trockenmasse besteht aus Protein (Clement 1975). Der hohe Vitamin B12-Gehalt ist insofern bemerkenswert (und deutet auf den tierischen Ursprung des zur Photosynthese befähigten Einzellers hin), weil solche Mengen für gewöhnlich nur im Tierreich gefunden werden.
 
Spirulina platensis wird heutzutage in der Regel industriell hergestellt, um auf dem Gesundheitsmarkt angeboten zu werden. Während man in Afrika, Asien und Südamerika die Produktion in kleinen Mengen dezentral bewerkstelligt, wird z.B. in den USA der Weg beschritten, Spirulina-Stämme zu isolieren und als Reinzucht in isolierten Tanks zu vermehren. Die Endprodukte zeichnen sich unstrittig durch einen vergleichsweise hohen Gehalt an B-Vitaminen, Betakarotin, Mineralien (Kalzium, Eisen, Magnesium, Natrium, Zink) sowie Gammalinolensäure aus. Bis zu 70% der Trockenmasse besteht aus Protein (Clement 1975). Der hohe Vitamin B12-Gehalt ist insofern bemerkenswert (und deutet auf den tierischen Ursprung des zur Photosynthese befähigten Einzellers hin), weil solche Mengen für gewöhnlich nur im Tierreich gefunden werden.
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Die üblicherweise empfohlene Verzehrsmenge von Spirulina schwankt. In Deutschland werden diverse Produkte mit folgenden Verzehrsmengen angepriesen: Aquaflor Spirulina Pulver (1.5-2 g/d), Bluegreen Spirulina Plus (1.6 g/d), WHC Spirulina (2,4 g/d). Allerdings sind uns, vor allem in einschlägigen werbenden Artikeln aus dem Esoterik-Bereich, die oftmals in Zusammenhang mit der Schaltung von Anzeigen der Algenanbieter auffallen, auch Verzehrsempfehlungen bis zu 10 Gramm/d und mehr aufgefallen. Die maximale Obergrenze wird derzeit bei 50 Gramm pro Tag angesetzt.
 
Die üblicherweise empfohlene Verzehrsmenge von Spirulina schwankt. In Deutschland werden diverse Produkte mit folgenden Verzehrsmengen angepriesen: Aquaflor Spirulina Pulver (1.5-2 g/d), Bluegreen Spirulina Plus (1.6 g/d), WHC Spirulina (2,4 g/d). Allerdings sind uns, vor allem in einschlägigen werbenden Artikeln aus dem Esoterik-Bereich, die oftmals in Zusammenhang mit der Schaltung von Anzeigen der Algenanbieter auffallen, auch Verzehrsempfehlungen bis zu 10 Gramm/d und mehr aufgefallen. Die maximale Obergrenze wird derzeit bei 50 Gramm pro Tag angesetzt.
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Medizinische Wirksamkeit bis heute unklar
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==Medizinische Wirksamkeit bis heute unklar==
 
   
Die Behauptung, Extrakte von Spirulina platensis seien gegen HIV/AIDS wirksam, ist bis heute unbewiesen. Zwar gibt es einige wenige Laborstudien wie Ayehunie et al. (1998), die zeigen, dass im Zellkulturversuch die HIV-1 Vermehrung in menschlichen T-Zell-Linien durch einen wässrigen Auszug von Spirulina (Arthrospira) platensis in Konzentrationen von 0.2-1.2 Microgramm Extrakt pro ml Zellsuspension um etwa 50% hemmen kann, aber es gibt bis heute keine einzige Studie und nicht einmal eine glaubwürdige Fallbeschreibung, dass dieser Effekt bei HIV-Infizierten ebenso eintritt. Dies wäre leicht zu bewerkstelligen, wenn man den Betroffenen neben ihrer normalen antiviralen Therapie einfach Spirulina-Tabletten verabreichen würde und regelmäßig die Virenlast im Serum messen würde. Bliebe sie dauerhaft unverändert im Vergleich zu einer konventionell behandelten Gruppe, wäre dies als Erfolg zu werten, denn bis heute gibt es kein einziges, wirklich dauerhaft die Virenreplikation beendendes Mittel. Die Überlebenszeit von HIV-Infizierten, die sich zusätzlich mit Spirulina versorgen, wurde bis heute im Vergleich zu solchen Personen, die dies nich tun, nicht untersucht. Es gibt also bis auf Zellkulturversuche keine verwertbaren Hinweis darauf, dass Spirulina bei HIV oder gar im symptomatischen Stadium AIDS einen therapeutischen Nutzen hätte.
 
Die Behauptung, Extrakte von Spirulina platensis seien gegen HIV/AIDS wirksam, ist bis heute unbewiesen. Zwar gibt es einige wenige Laborstudien wie Ayehunie et al. (1998), die zeigen, dass im Zellkulturversuch die HIV-1 Vermehrung in menschlichen T-Zell-Linien durch einen wässrigen Auszug von Spirulina (Arthrospira) platensis in Konzentrationen von 0.2-1.2 Microgramm Extrakt pro ml Zellsuspension um etwa 50% hemmen kann, aber es gibt bis heute keine einzige Studie und nicht einmal eine glaubwürdige Fallbeschreibung, dass dieser Effekt bei HIV-Infizierten ebenso eintritt. Dies wäre leicht zu bewerkstelligen, wenn man den Betroffenen neben ihrer normalen antiviralen Therapie einfach Spirulina-Tabletten verabreichen würde und regelmäßig die Virenlast im Serum messen würde. Bliebe sie dauerhaft unverändert im Vergleich zu einer konventionell behandelten Gruppe, wäre dies als Erfolg zu werten, denn bis heute gibt es kein einziges, wirklich dauerhaft die Virenreplikation beendendes Mittel. Die Überlebenszeit von HIV-Infizierten, die sich zusätzlich mit Spirulina versorgen, wurde bis heute im Vergleich zu solchen Personen, die dies nich tun, nicht untersucht. Es gibt also bis auf Zellkulturversuche keine verwertbaren Hinweis darauf, dass Spirulina bei HIV oder gar im symptomatischen Stadium AIDS einen therapeutischen Nutzen hätte.
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Die einzige Studie, die bisher im Fachschrifttum publiziert wurde und sich mit der Spirulinabehandlung bei Kranken befasst, ist jene von Mathew et al. (1995) von der indischen medizinischen Universität Kerala. Die Autoren untersuchten Veränderungen des Schleimhautepithels der Mundhöhle von tabakkauenden Arbeitern. Es sollte untersucht werden, ob die 12monatige Einnahme von 1 Gramm Spirulina platensis täglich einen Einfluss auf die Neigung zu Verhornungsstörungen (Leukoplakie) bei diesen Patienten hatte. 20 von 44 Patienten unter Spirulinagabe und nur 3 von 43 placebobehandelten Patienten zeigten eine Rückbildung der Leukoplakie im Mundhöhlenbereich. Eine Veränderung der Serumwerte von Retinol oder Betakarotin unter Spirulina-Einnahme wurde nicht festgestellt. Da es sich bei der Leukoplakie nicht um eine Krebserkrankung, sondern eine eventuell zu einem Mundhöhlenkarzinom führende Gewebsveränderung handelt, zeigt diese Studie zweierlei: eine Wirkung bei Krebs ist nicht untersucht worden und offenbar hat das carotinoidreiche Spirulina keinen Einfluss auf den Vitaminspiegel im Serum. Dies stützt die Beschreibung von Dagnelie et al. (1991), die ebenfalls keine Resorption von Vitaminen (hier: Vit. B12) feststellen konnten.
 
Die einzige Studie, die bisher im Fachschrifttum publiziert wurde und sich mit der Spirulinabehandlung bei Kranken befasst, ist jene von Mathew et al. (1995) von der indischen medizinischen Universität Kerala. Die Autoren untersuchten Veränderungen des Schleimhautepithels der Mundhöhle von tabakkauenden Arbeitern. Es sollte untersucht werden, ob die 12monatige Einnahme von 1 Gramm Spirulina platensis täglich einen Einfluss auf die Neigung zu Verhornungsstörungen (Leukoplakie) bei diesen Patienten hatte. 20 von 44 Patienten unter Spirulinagabe und nur 3 von 43 placebobehandelten Patienten zeigten eine Rückbildung der Leukoplakie im Mundhöhlenbereich. Eine Veränderung der Serumwerte von Retinol oder Betakarotin unter Spirulina-Einnahme wurde nicht festgestellt. Da es sich bei der Leukoplakie nicht um eine Krebserkrankung, sondern eine eventuell zu einem Mundhöhlenkarzinom führende Gewebsveränderung handelt, zeigt diese Studie zweierlei: eine Wirkung bei Krebs ist nicht untersucht worden und offenbar hat das carotinoidreiche Spirulina keinen Einfluss auf den Vitaminspiegel im Serum. Dies stützt die Beschreibung von Dagnelie et al. (1991), die ebenfalls keine Resorption von Vitaminen (hier: Vit. B12) feststellen konnten.
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Mikrobielle und sonstige Verunreinigungen nicht auszuschließen
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==Mikrobielle und sonstige Verunreinigungen nicht auszuschließen==
 
   
In der Spirulina-Szene wird gerne die Legende verbreitet, dass die Produkte, gerade weil sie im industriellen Maßstab unter Reinbedingungen erzeugt würden, hochqualitativ seien. Dem ist augenscheinlich nicht so, denn im Web finden sich Analysen wie http://www.mabitec.de/spirtabinh.html, in denen offensichtlich wird, dass 380 koloniebildende Einheiten (Colony Forming Units/CFU) pro Gramm Spirulina nachweisbar sind. Dies ist keine gesundheitsgefährdende Belastung, zeigt aber offensichtlich, dass die Produkte alles andere als hochqualitativ sind. Es wird deutlich, dass sehr wohl andere Bakterien, Hefen oder Cyanobakterien im Herstellungsprozess eingeschleppt werden - oder im angeblichen Reinzuchtbecken vorhanden sind. Es wird also nicht wirklich hochrein gearbeitet, sondern es wird eine Mixtur diverser Keime vermehrt, unter denen Spirulina platensis den höchsten Anteil stellt.
 
In der Spirulina-Szene wird gerne die Legende verbreitet, dass die Produkte, gerade weil sie im industriellen Maßstab unter Reinbedingungen erzeugt würden, hochqualitativ seien. Dem ist augenscheinlich nicht so, denn im Web finden sich Analysen wie http://www.mabitec.de/spirtabinh.html, in denen offensichtlich wird, dass 380 koloniebildende Einheiten (Colony Forming Units/CFU) pro Gramm Spirulina nachweisbar sind. Dies ist keine gesundheitsgefährdende Belastung, zeigt aber offensichtlich, dass die Produkte alles andere als hochqualitativ sind. Es wird deutlich, dass sehr wohl andere Bakterien, Hefen oder Cyanobakterien im Herstellungsprozess eingeschleppt werden - oder im angeblichen Reinzuchtbecken vorhanden sind. Es wird also nicht wirklich hochrein gearbeitet, sondern es wird eine Mixtur diverser Keime vermehrt, unter denen Spirulina platensis den höchsten Anteil stellt.
    
Dass die resultierenden Produkte im Einzelfall alles andere als hochqualitativ sind, zeigte vor mehr als 15 Jahren die Studie von Johnson und Shubert (1986), die Schwermetalle aus verschmutztem Zuchtwasser zu einer Anreicherung von Blei, Kadmium und Quecksilber in den Endprodukten führen können. Bei späteren Untersuchungen von Spirulina-Endprodukten wurden von Nakashima et al. (1989) Beimengungen von Tierhaaren und Insektenfragmenten gefunden. Zusätzlich waren die Produkte teilweise mit Mineralöl oder Reinigungsölen belastet. Dies deutet auf miserable Produktionsbedingungen einzelner Anbieter hin.
 
Dass die resultierenden Produkte im Einzelfall alles andere als hochqualitativ sind, zeigte vor mehr als 15 Jahren die Studie von Johnson und Shubert (1986), die Schwermetalle aus verschmutztem Zuchtwasser zu einer Anreicherung von Blei, Kadmium und Quecksilber in den Endprodukten führen können. Bei späteren Untersuchungen von Spirulina-Endprodukten wurden von Nakashima et al. (1989) Beimengungen von Tierhaaren und Insektenfragmenten gefunden. Zusätzlich waren die Produkte teilweise mit Mineralöl oder Reinigungsölen belastet. Dies deutet auf miserable Produktionsbedingungen einzelner Anbieter hin.
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Erste Hinweise auf Microcystinbelastung in Spirulinaprodukten in Deutschland
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==Erste Hinweise auf Microcystinbelastung in Spirulinaprodukten in Deutschland==
 
   
Auch wenn in der Fachliteratur nachgewiesen wurde, dass Spirulina platensis keine Algentoxine der Microcystin-Klasse (vgl. Afa-Algen) enthält, wurden Paralex bereits einzelne Spirulina-Produkte bekannt, die nachweislich Microcystine in Mengen bis zu 77 parts per billion (ppb) enthalten haben. Eine Betroffene, die das Spirulinaprodukt eines deutschen Anbieters in Tagesdosen von 10-15 Gramm über mehrere Wochen einnahm, verspürte nach den ersten 4 Wochen zunehmende Leberschmerzen und im weiteren Verlauf Sensibilitätsstörungen ('Ameisenlaufen') im Bereich der Zehen. Die sie beratende Heilpraktikerin, die ihr diese Spirulinakur empfohlen hatte, schob dies zunächst in typisch säftepathologischer Manier auf Symptome der 'Giftausleitung', obwohl es sich eindeutig um erste Symptome einer chronischen Microcystinvergiftung gehandelt haben muss. Da die Erkrankte pro Monat bis zu 450 Gramm der Algen verzehrte und damit schnell in den mutmaßlichen Toxizitätsbereich der Microcystine (ab etwa 40 Microgramm Gesamtaufnahmemenge) gelangte, und die Symptome nach Absetzen des Produktes rückbildungsfähig waren, deutet alles auf eine Vergiftung durch Microcystine hin. Die Leberschwellung einschließlich einer Erhöhung der Transaminasen ließ am schnellsten nach, die Nervenausfallserscheinungen hingegen gingen nur langsam über viele Wochen zurück.
 
Auch wenn in der Fachliteratur nachgewiesen wurde, dass Spirulina platensis keine Algentoxine der Microcystin-Klasse (vgl. Afa-Algen) enthält, wurden Paralex bereits einzelne Spirulina-Produkte bekannt, die nachweislich Microcystine in Mengen bis zu 77 parts per billion (ppb) enthalten haben. Eine Betroffene, die das Spirulinaprodukt eines deutschen Anbieters in Tagesdosen von 10-15 Gramm über mehrere Wochen einnahm, verspürte nach den ersten 4 Wochen zunehmende Leberschmerzen und im weiteren Verlauf Sensibilitätsstörungen ('Ameisenlaufen') im Bereich der Zehen. Die sie beratende Heilpraktikerin, die ihr diese Spirulinakur empfohlen hatte, schob dies zunächst in typisch säftepathologischer Manier auf Symptome der 'Giftausleitung', obwohl es sich eindeutig um erste Symptome einer chronischen Microcystinvergiftung gehandelt haben muss. Da die Erkrankte pro Monat bis zu 450 Gramm der Algen verzehrte und damit schnell in den mutmaßlichen Toxizitätsbereich der Microcystine (ab etwa 40 Microgramm Gesamtaufnahmemenge) gelangte, und die Symptome nach Absetzen des Produktes rückbildungsfähig waren, deutet alles auf eine Vergiftung durch Microcystine hin. Die Leberschwellung einschließlich einer Erhöhung der Transaminasen ließ am schnellsten nach, die Nervenausfallserscheinungen hingegen gingen nur langsam über viele Wochen zurück.
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Laboranalyse vor der Einnahme dringend angezeigt
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==Laboranalyse vor der Einnahme dringend angezeigt==
 
   
Paralex empfiehlt dringend, sich vor der Entscheidung zu einer angeblich gesundheitsfördernden Spirulinakur eine ELISA-Analytik zum Gehalt an Microcystinen im Endprodukt in einem Fachlabor (z.B. www.gbu-net.de) zu fertigen. Liegt der Gehalt an Microcystinen oberhalb von 1 ppb, sollte die Anwendung unterbleiben. Entscheidend ist für den Verbraucher, auf der Vorlage eines etablierten ELISA-Tests zu bestehen, denn dieser ist derzeit der preiswerteste und gleichzeitig sicherste Test zum Nachweis der gefährlichsten Gifte aus der Microcystinfamilie. Andere Testmethoden sind nicht so empfindlich und gaukeln dem Verbraucher eine Scheinsicherheit vor.
 
Paralex empfiehlt dringend, sich vor der Entscheidung zu einer angeblich gesundheitsfördernden Spirulinakur eine ELISA-Analytik zum Gehalt an Microcystinen im Endprodukt in einem Fachlabor (z.B. www.gbu-net.de) zu fertigen. Liegt der Gehalt an Microcystinen oberhalb von 1 ppb, sollte die Anwendung unterbleiben. Entscheidend ist für den Verbraucher, auf der Vorlage eines etablierten ELISA-Tests zu bestehen, denn dieser ist derzeit der preiswerteste und gleichzeitig sicherste Test zum Nachweis der gefährlichsten Gifte aus der Microcystinfamilie. Andere Testmethoden sind nicht so empfindlich und gaukeln dem Verbraucher eine Scheinsicherheit vor.
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Paralex geht davon aus, dass nicht unbedingt Spirulina platensis selbst die Microcystinquelle in Spirulina-Produkten ist. Es scheint vielmehr so zu sein, dass andere Cyanobakterien, die zur Microcystinproduktion befähigt und mit Spirulina häufig vergesellschaftet sind, in den angeblichen Reinzuchtbecken eingeschleppt wurden bzw. im Herstellungsprozess nicht abgetrennt werden können. Je nach Seriosität und Zuverlässigkeit des Herstellers besteht dann die Gefahr, dass ein microcystinhaltiges Endprodukt in den Handel gelangt.
 
Paralex geht davon aus, dass nicht unbedingt Spirulina platensis selbst die Microcystinquelle in Spirulina-Produkten ist. Es scheint vielmehr so zu sein, dass andere Cyanobakterien, die zur Microcystinproduktion befähigt und mit Spirulina häufig vergesellschaftet sind, in den angeblichen Reinzuchtbecken eingeschleppt wurden bzw. im Herstellungsprozess nicht abgetrennt werden können. Je nach Seriosität und Zuverlässigkeit des Herstellers besteht dann die Gefahr, dass ein microcystinhaltiges Endprodukt in den Handel gelangt.
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Deutsche Lebensmittelüberwachung versagt kläglich
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==Deutsche Lebensmittelüberwachung versagt kläglich==
 
   
Die deutschen Lebensmittelüberwachungsbehörden des Bundes und der änder unternehmen derzeit überhaupt nichts, um microcystinhaltige Algenprodukte aus dem Verkehr zu nehmen. Dies liegt hauptsächlich daran, dass es keinen etablierten Microcystin-Grenzwert für eine Maximalbelastung in Nahrungsmitteln gibt. Würde dieser dem WHO-Trinkwassergrenzwert entsprechen (maximal 1 ppb bzw. 1 Microgramm pro Liter/kg), wäre allerdings der Fisch- und Muschelhandel in der BRD einzustellen, denn hier gilt ein derzeitiger Maximalwert von 200 ppb als noch toleriert. Da nachweislich bereits ab Belastungen von 30 ppb eine Krebsgefahr (Leberkarzinom) in China nachgewiesen wurde (Yu 1995, Yu und Chen 1994) und im schwangeren Rattenmodell schon ab einer Applikation von 4 ppb Microcystinen ins Bauchfell mikroskopisch erkennbare Organschäden der Rattenfeten gezeigt werden konnten (Zhang et al. 2002), ist offensichtlich, dass die deutschen Lebensmittelüberwachungsbehörden einen neuen Lebensmittelskandal vertuschen helfen wollen. Dieser hätte zur Folge, dass man einmal mehr zugeben müsste, dass in Deutschland verseuchte Lebensmittel legal im Handel sind.
 
Die deutschen Lebensmittelüberwachungsbehörden des Bundes und der änder unternehmen derzeit überhaupt nichts, um microcystinhaltige Algenprodukte aus dem Verkehr zu nehmen. Dies liegt hauptsächlich daran, dass es keinen etablierten Microcystin-Grenzwert für eine Maximalbelastung in Nahrungsmitteln gibt. Würde dieser dem WHO-Trinkwassergrenzwert entsprechen (maximal 1 ppb bzw. 1 Microgramm pro Liter/kg), wäre allerdings der Fisch- und Muschelhandel in der BRD einzustellen, denn hier gilt ein derzeitiger Maximalwert von 200 ppb als noch toleriert. Da nachweislich bereits ab Belastungen von 30 ppb eine Krebsgefahr (Leberkarzinom) in China nachgewiesen wurde (Yu 1995, Yu und Chen 1994) und im schwangeren Rattenmodell schon ab einer Applikation von 4 ppb Microcystinen ins Bauchfell mikroskopisch erkennbare Organschäden der Rattenfeten gezeigt werden konnten (Zhang et al. 2002), ist offensichtlich, dass die deutschen Lebensmittelüberwachungsbehörden einen neuen Lebensmittelskandal vertuschen helfen wollen. Dieser hätte zur Folge, dass man einmal mehr zugeben müsste, dass in Deutschland verseuchte Lebensmittel legal im Handel sind.
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Angesichts dieser chaotischen Situation erscheinen Äußerungen führender grüner Politiker, die im Lebensmittelbereich auf mehr Kontrolle setzen, nur noch lächerlich. Gerade in jenen Kreisen, die solche Politiker unterstützen, ist der Verkauf unwirksamer Produkte besonders stark verbreitet.
 
Angesichts dieser chaotischen Situation erscheinen Äußerungen führender grüner Politiker, die im Lebensmittelbereich auf mehr Kontrolle setzen, nur noch lächerlich. Gerade in jenen Kreisen, die solche Politiker unterstützen, ist der Verkauf unwirksamer Produkte besonders stark verbreitet.
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Erste Firmen wegen unlauterer Werbung in Deutschland verurteilt
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==Erste Firmen wegen unlauterer Werbung in Deutschland verurteilt==
 
   
Der Berliner Verband Sozialer Wettbewerb e.V., Kantstr.100, 10627 Berlin, hat kürzlich erfolgreich einen Anbieter verklagt, der mit irreführenden Werbeaussagen für N.V. Spirulina geworben hatte (LG Essen, Az. 44 0 89/02, Urteil vom 12.06.2002).
 
Der Berliner Verband Sozialer Wettbewerb e.V., Kantstr.100, 10627 Berlin, hat kürzlich erfolgreich einen Anbieter verklagt, der mit irreführenden Werbeaussagen für N.V. Spirulina geworben hatte (LG Essen, Az. 44 0 89/02, Urteil vom 12.06.2002).
  
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