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Die der osteopathischen Medizin zugrunde liegenden Vorstellungen gehen auf den US-amerikanischen Chirurgen und Arzt Andrew Taylor Still zurück, der in Kirksville/Missouri im Jahr 1892 das erste medizinisch-osteopathische College gründete, nachdem er seine osteopathischen Thesen erstmals 1874 verkündet hatte. Zu seiner Zeit steckte die Hochschulmedizin noch in den Kinderschuhen. In den USA dominierten noch die säftepathologischen Behandlungsweisen aus dem Mittelalter.
 
Die der osteopathischen Medizin zugrunde liegenden Vorstellungen gehen auf den US-amerikanischen Chirurgen und Arzt Andrew Taylor Still zurück, der in Kirksville/Missouri im Jahr 1892 das erste medizinisch-osteopathische College gründete, nachdem er seine osteopathischen Thesen erstmals 1874 verkündet hatte. Zu seiner Zeit steckte die Hochschulmedizin noch in den Kinderschuhen. In den USA dominierten noch die säftepathologischen Behandlungsweisen aus dem Mittelalter.
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Still hatte zu Lebzeiten recht seltsame Ansichten über die Wirksamkeit seiner Methode. So schrieb er in seiner Autobiographie shake a child and stop scarlet fever, croup, diphtheria, and cure whooping cough in three days by a wring of its neck.
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Still hatte zu Lebzeiten recht seltsame Ansichten über die Wirksamkeit seiner Methode. So schrieb er in seiner Autobiographie ''shake a child and stop scarlet fever, croup, diphtheria, and cure whooping cough in three days by a wring of its neck''.
    
Solche fragwürdigen Ansichten sind medizinhistorisch jedoch typisch für die Zeit, in der Still lebte. Offenbar sah er die therapeutische Welt nur aus der vereinfachten chirurgischen Perspektive und erklärte sich nach dem Aufbau eines eigenen Denksystems die Krankheiten als Folge von Veränderungen der Knochen und Organe. Dass dieses begrenzte System nur einen kleinen Teil der tatsächlichen Abläufe im menschlichen Organismus beschreibt, ist auch dem medizinischen Laien offensichtlich. Wird solch ein Ansatz aber mit genügender Wucht verbreitet, ist er geeignet, einfache Gemüter in seinen Bann zu ziehen.
 
Solche fragwürdigen Ansichten sind medizinhistorisch jedoch typisch für die Zeit, in der Still lebte. Offenbar sah er die therapeutische Welt nur aus der vereinfachten chirurgischen Perspektive und erklärte sich nach dem Aufbau eines eigenen Denksystems die Krankheiten als Folge von Veränderungen der Knochen und Organe. Dass dieses begrenzte System nur einen kleinen Teil der tatsächlichen Abläufe im menschlichen Organismus beschreibt, ist auch dem medizinischen Laien offensichtlich. Wird solch ein Ansatz aber mit genügender Wucht verbreitet, ist er geeignet, einfache Gemüter in seinen Bann zu ziehen.
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Die Verknüpfung zwischen Ausbildungssystem und therapeutischer Anwendung, also das Geldverdienen mittels Ausbildungsgebühren derjenigen, die die Still'sche Therapie erlernen wollten, ist eine der Säulen, auf der die Osteopathie ruht. Mit dieser Taktik gelang es Still (wie auch vielen anderen Ärzten, die ähnliche Systeme etablierten), sich genügend Finanzmittel zu beschaffen, um sein System weiter auszubreiten. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass es in den USA historisch bedingt keine einheitliche, hochschulmedizinische, universitäre Ärzteausbildung gibt, wie sie z.B. in den meisten EU-Ländern vorhanden ist. Im Gegenteil, es gibt in einigen Bundesstaaten die Möglichkeit, an naturopathischen Einrichtungen eine vollgültige Ausbildung zu absolvieren. Danach kann man sich als (naturopathischer) Arzt bezeichnen und beruflich tätig werden. Ein solches Studium ist nach Gugliemo (1998) gegenwärtig an 19&nbsp;Hochschulen in den USA möglich. Möglicherweise kommt aufgrund der Vereinheitlichungstendenzen auf europäischer Ebene eine ähnliche Verschlechterung der hochschulmedizinischen Ausbildung auch in der EU in den nächsten Jahren zum tragen.&nbsp;<ref>Buchmann J. What is osteopathic medicine? Dtsch Med Wochenschr. 2003 Jan 24;128(4):159. PMID: 12589588</ref> Insgesamt arbeiten in den USA heutzutage schätzungsweise 44.000 Osteopathen.&nbsp;<ref>Guglielmo WJ.: Are D.O.s losing their unique identity? Med Econ. 1998 Apr 27;75(8):200-2</ref>
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Die Verknüpfung zwischen Ausbildungssystem und therapeutischer Anwendung, also das Geldverdienen mittels Ausbildungsgebühren für das Erlernen der Still'schen Therapie, ist eine der Säulen, auf der die Osteopathie ruht. Mit dieser Taktik gelang es Still (wie auch vielen anderen Ärzten, die ähnliche Systeme etablierten), sich genügend Finanzmittel zu beschaffen, um sein System weiter auszubreiten. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass es in den USA historisch bedingt keine einheitliche, hochschulmedizinische, universitäre Ärzteausbildung gibt, wie sie z.B. in den meisten EU-Ländern vorhanden ist. Im Gegenteil, es gibt in einigen Bundesstaaten die Möglichkeit, an naturopathischen Einrichtungen eine vollgültige Ausbildung zu absolvieren. Danach kann man sich als (naturopathischer) Arzt bezeichnen und beruflich tätig werden. Ein solches Studium ist nach Gugliemo (1998) gegenwärtig an 19&nbsp;Hochschulen in den USA möglich. Möglicherweise kommt aufgrund der Vereinheitlichungstendenzen auf europäischer Ebene eine ähnliche Verschlechterung der hochschulmedizinischen Ausbildung auch in der EU in den nächsten Jahren zum tragen.&nbsp;<ref>Buchmann J. What is osteopathic medicine? Dtsch Med Wochenschr. 2003 Jan 24;128(4):159. PMID: 12589588</ref> Insgesamt arbeiten in den USA heutzutage schätzungsweise 44.000&nbsp;Osteopathen.&nbsp;<ref>Guglielmo WJ.: Are D.O.s losing their unique identity? Med Econ. 1998 Apr 27;75(8):200-2</ref>
    
==Ausbildung eines "ärztlichen Osteopathen"==
 
==Ausbildung eines "ärztlichen Osteopathen"==
Den Zugang zu einer osteopathischen Ausbildungsschule erhält man, wenn man eine dreijährige berufliche Tätigkeit ausgeübt hat. Die Aufnahme setzt eine geringere Schulausbildung voraus, als jene, die für einen konventionellen, hochschulmedizinischen Studiengang notwendig wäre. Dergleichen drückt sich in deutlich schlechteren Prüfresultaten aus. So liegt die durchschnittliche Prüfpunktzahl (Grad-Point Average = GPA) und die Prüfnote des Medical College Admission Test (MCAT) von osteopathischen Studenten üblicherweise deutlich unter denjenigen Werten, die von Medizinstudenten erreicht werden (Ross-Lee und Wood 1995, Doxey und Phillips 1997). Die durchschnittliche Anzahl an in Vollzeit tätigem Lehrpersonal in osteopathischen Ausbildungsstätten liegt gerade einmal bei 10% im Vergleich zu universitärem Lehrpersonal (Ross-Lee und Wood 1995). Zusätzlich forschen osteopathische Einrichtungen kaum und einige haben Probleme, genügend ausgebildetes Lehrpersonal bereit zu stellen (Jones 1999). Es ist also deutlich erkennbar, dass der Leistungsstand von osteopathischem Personal von Beginn an schlechter ist und deren Ausbildung desolater organisiert ist im Vergleich zu Personen, aus denen später Hochschulmediziner werden sollen.
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Den Zugang zu einer osteopathischen Ausbildungsschule erhält man, wenn man eine dreijährige berufliche Tätigkeit ausgeübt hat. Die Aufnahme setzt eine geringere Schulausbildung voraus, als jene, die für einen konventionellen, hochschulmedizinischen Studiengang notwendig wäre. Dergleichen drückt sich in deutlich schlechteren Prüfresultaten aus. So liegt die durchschnittliche Prüfpunktzahl (Grade Point Average = GPA) und die Prüfnote des Medical College Admission Test (MCAT) von osteopathischen Studenten üblicherweise deutlich unter denjenigen Werten, die von Medizinstudenten erreicht werden (Ross-Lee und Wood 1995, Doxey und Phillips 1997). Die durchschnittliche Anzahl an in Vollzeit tätigem Lehrpersonal in osteopathischen Ausbildungsstätten liegt gerade einmal bei 10% im Vergleich zu universitärem Lehrpersonal (Ross-Lee und Wood 1995). Zusätzlich forschen osteopathische Einrichtungen kaum und einige haben Probleme, genügend ausgebildetes Lehrpersonal bereit zu stellen (Jones 1999). Es ist also deutlich erkennbar, dass der Leistungsstand von osteopathischem Personal von Beginn an schlechter ist und deren Ausbildung desolater organisiert ist im Vergleich zu Personen, aus denen später Hochschulmediziner werden sollen.
    
Der Grad eines 'Doctor of Osteopathy' (DO) umfasst eine 5.000-stündige Ausbildung über 4&nbsp;Studienjahre. Die osteopathischen Fakultäten unterscheiden zwischen dem 'Doktor der Osteopathie' und denjenigen, die einen tatsächlichen akademischen Grad (z.B.&nbsp;Dr.&nbsp;med.) führen. Man sollte also einen DO nicht mit einem Dr.&nbsp;med. bzw. einem hochschulmedizinischen, an einer Universität ausgebildeten, Arzt verwechseln.
 
Der Grad eines 'Doctor of Osteopathy' (DO) umfasst eine 5.000-stündige Ausbildung über 4&nbsp;Studienjahre. Die osteopathischen Fakultäten unterscheiden zwischen dem 'Doktor der Osteopathie' und denjenigen, die einen tatsächlichen akademischen Grad (z.B.&nbsp;Dr.&nbsp;med.) führen. Man sollte also einen DO nicht mit einem Dr.&nbsp;med. bzw. einem hochschulmedizinischen, an einer Universität ausgebildeten, Arzt verwechseln.
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Die Berufszulassung als DO erhält man nach einem weiteren Rotationsjahr an einem zugelassenen Krankenhaus. Nachfolgend kann sich der Arzt spezialisieren, z.B. an Kliniken für Innere Medizin. Seit 1993 können fertige DOs der American Academy of Family Practice beitreten, die vorher nur für hochschulmedizinische Ärzte (Dr.&nbsp;med.) oder DOs mit zusätzlicher hochschulmedizinischer Ausbildung offen stand (Guliemo 1998).
 
Die Berufszulassung als DO erhält man nach einem weiteren Rotationsjahr an einem zugelassenen Krankenhaus. Nachfolgend kann sich der Arzt spezialisieren, z.B. an Kliniken für Innere Medizin. Seit 1993 können fertige DOs der American Academy of Family Practice beitreten, die vorher nur für hochschulmedizinische Ärzte (Dr.&nbsp;med.) oder DOs mit zusätzlicher hochschulmedizinischer Ausbildung offen stand (Guliemo 1998).
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Osteopathische Ärzte dürfen mittlerweile in allen US-Bundesstaaten praktizieren. In einer im Januar 1995 veröffentlichten Umfrage unter 2.000&nbsp;zufällig ausgewählten osteopathischen Therapeuten, die Mitglieder des American College of Osteopathic Physicians waren, gaben 6.2% der Befragten an, mehr als die Hälfte ihrer Patienten mit den osteopathischen manipulativen Techniken zu behandeln. 39.6% gaben an, diese Methode bei Fieber anzuwenden. Bezeichnend an der Umfrage war der Umstand, dass je höher der Ausbildungs- und Fortbildungsgrad der ursprünglich eine osteopathische Ausbildung absolvierende Person war, desto niedriger (!) war der Anteil jener, die noch osteopathische Methoden einsetzten (Johnson et al. 1997)  
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Osteopathische Ärzte dürfen mittlerweile in allen US-Bundesstaaten praktizieren. In einer im Januar 1995 veröffentlichten Umfrage unter 2.000&nbsp;zufällig ausgewählten osteopathischen Therapeuten, die Mitglieder des American College of Osteopathic Physicians waren, gaben 6,2% der Befragten an, mehr als die Hälfte ihrer Patienten mit den osteopathischen manipulativen Techniken zu behandeln. 39,6% gaben an, diese Methode bei Fieber anzuwenden. Bezeichnend an der Umfrage war der Umstand, dass je höher der Ausbildungs- und Fortbildungsgrad der ursprünglich eine osteopathische Ausbildung absolvierende Person war, desto niedriger (!) war der Anteil jener, die noch osteopathische Methoden einsetzten (Johnson et al. 1997)  
    
==Inhalte der Osteopathie==
 
==Inhalte der Osteopathie==
 
Die osteopathische Medizin ist durch manuelle Diagnostik und Behandlung von angeblichen oder tatsächlichen Funktionseinschränkungen von Knochen, Gelenken und (inneren) Organen gekennzeichnet. Folgende Techniken werden eingesetzt:
 
Die osteopathische Medizin ist durch manuelle Diagnostik und Behandlung von angeblichen oder tatsächlichen Funktionseinschränkungen von Knochen, Gelenken und (inneren) Organen gekennzeichnet. Folgende Techniken werden eingesetzt:
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*Mobilisierende Muskeltechniken: Mit bestimmten Griffen oder Bewegungsfolgen werden Gelenkfunktionsstörungen an der Wirbelsäule und an den Extremitäten behandelt. Dabei arbeitet man mit geführten Bewegungen, gezieltem Muskelzug oder exakt bemessener äußerer Krafteinwirkung
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*Mobilisierende Muskeltechniken: Mit bestimmten Griffen oder Bewegungsfolgen werden Gelenkfunktionsstörungen an der Wirbelsäule und an den Extremitäten behandelt. Dabei arbeitet man mit geführten Bewegungen, gezieltem Muskelzug oder exakt bemessener äußerer Krafteinwirkung.
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*Myofasziale Techniken: Da die Muskulatur mit Faszien umhüllt ist, sollen diese behandelt werden, um daraus therapeutischen Nutzen zu ziehen. Es werden weiche Zug- und Druckreize zur Normalisierung der Gewebsspannung verwendet bzw. um die Durchblutung und Beweglichkeit zu steigern
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*Myofasziale Techniken: Da die Muskulatur mit Faszien umhüllt ist, sollen diese behandelt werden, um daraus therapeutischen Nutzen zu ziehen. Es werden weiche Zug- und Druckreize zur Normalisierung der Gewebsspannung verwendet bzw. um die Durchblutung und Beweglichkeit zu steigern.
    
*Viszerale Techniken: Da die inneren Organe beweglich angeordnet sind, sollen mit der Osteopathie Verspannungen der Bindegewebselemente behogen werden. Daraus leitet man den Anspruch ab, Fehlfunktionen der Organe selbst therapieren zu können, weil angeblich die freie Beweglichkeit der Organe für deren normale Funktion essentiell sei.
 
*Viszerale Techniken: Da die inneren Organe beweglich angeordnet sind, sollen mit der Osteopathie Verspannungen der Bindegewebselemente behogen werden. Daraus leitet man den Anspruch ab, Fehlfunktionen der Organe selbst therapieren zu können, weil angeblich die freie Beweglichkeit der Organe für deren normale Funktion essentiell sei.
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