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1923 gründete Steiner die Allgemeine [[Anthroposophische Gesellschaft]].
 
1923 gründete Steiner die Allgemeine [[Anthroposophische Gesellschaft]].
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Von Rudolf Steiner ist bekannt, dass er sich für die [[Reinkarnation]] von Jesus Christus für das 19. oder 20. Jahrhundert hielt [http://www.waldorfcritics.org/active/articles/NorbertBiermann.html]; Johann Wolfgang von Goethe hielt er für die entsprechende Reinkarnation von Christus des 18. und 19. Jahrhunderts.
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Von Rudolf Steiner ist bekannt, dass er sich für die [[Reinkarnation]] von Jesus Christus für das 19.&nbsp;oder 20.&nbsp;Jahrhundert hielt<ref>Materialien und Informationen zur Zeit 4/1996 S.04-08 Politisches Magazin für Konfessionslose und Atheistlnnen, ISSN 0170-6748
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Waldorfschulen: Warten auf die Reinkarnation von Jesus und Steiner in einer Person. Interview mit Norbert Biermann, ehemaliger Waldorflehrer
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Materialien und Informationen zur Zeit (MIZ) 4/1996 pg. 04-08 Politisches Magazin fuer Konfessionslose und Atheistlnnen, ISSN 0170-6748
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Norbert Biermann ist heute beamteter Lehrer für Mathematik und Erziehungswissenschaft an einer Gesamtschule in Bremerhaven. Der 48 jährige Studienrat war von August 1987 bis April 1988 Lehrer an einer Waldorfschule. Weil er sich nicht wie gewünscht in das anthroposophische System einfügte, kam es zum Konflikt, der ihn bis zum Arbeitsgericht führte. MIZ-Redakteur Rolf Heinrich sprach mit ihm über seine Erfahrungen.
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MIZ: Sie waren Lehrer an einer Waldorfschule. Mit welchen Erwartungen kamen Sie dort hin?
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Norbert Biermann: Ich bin als Lehrer an einer Staatsschule, der eine waldorfpädagogische Zusatzausbildung gemacht hat, mit der Erwartung dort hingekommen, an- dere pädagogische Konzepte verwirklichen zu können, als ich glaubte, das in der Staatsschule tun zu können. Vor allem war mir aufgrund meiner beruflichen Biographie der "Ansatz einer Pädagogik vom Kinde aus" - wie ihn Hartmut von Hentig formuliert hatte - sehr wichtig. Ich hatte die Erwartung, daß ich einen solchen Ansatz an einer Waldorfschule am ehesten würde realisieren können.
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MIZ: Es wird immer betont, daß der musische Aspekt und die Förderung der Kreativität im Vordergrund stehen.
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Norbert Biermann: Es steht in zweierlei Hinsicht im Vordergrund: Zum einen stehen natürlich die künstlerischen Fächer und die künstlerische Ausgestaltung an- derer Fächer - bis hin zur Mathematik - im Vordergrund, allerdings in einem nach meinem Dafürhalten sehr eingeschränkten Kunstverständnis. Es wird den Kindern weniger ein Experimentierraum zur Verfügung gestellt, als vielmehr stereotype Erwartungen, die die Kinder dann im Künstierischen zu erfüllen haben. Ergebnis sind ästhetisch ansprechende Arbeiten, aber eben Stereotypen. Waldorfbilder sehen überall gleich aus.
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Ein zweiter Aspekt ist dabei sehr interessant: Innerhalb der Waldorfpädagogik selbst wird nicht von Pädagogik gesprochen, sondern von "Erziehungskunst" und dieser Begriff beinhaltet eigentlich alles, was an der Waldorfschule geschieht. Der Pädagogikprofessor Klaus Prange hat das in einem kritischen Film über Waldorfschulen sinngemäß formuliert, daß eine Ästhetisierung sich durch alles hindurchziehe, aber diese Ästhetisierung bewirke letztendlich weniger Klarheit über die Dinge, die dort angestrebt werden, sondern eher eine Verschleierung der wahren Absichten.
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MIZ: Manche Eltern sehen die Waldorfschule als letzte Möglichkeit für ihr Kind, einen Abschluß zu erreichen, da dort niemand sitzenbleibt. Spricht das nicht für eine positive Pädagogik?
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Norbert Biermann: Natürlich gibt es Kinder, die im öffentlichen Schulsystem nicht mehr erreicht werden und sozusagen "rausfallen". Wenn für solche Kinder die Möglichkeit besteht, einen anderen Weg zu finden, dann ist das sicher für einzelne Kinder eine positive Erfahrung. Auch von der Zeit her - die Waldorf- schule dauert zwölf Jahre bis zum mittleren Abschluß - haben die Kinder eher Gelegenheit, einen Selbstfindungsprozeß zu durchlaufen.
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Es gibt aber viel mehr Kinder, die aus der Waldorfpädagogik herausfallen, weil sie dem subtilen Leistungsdruck und den pädagogischen Maßnahmen - die ich einmal in einem anderen Zusammenhang als "schwarze Pädagogik" bezeichnet habe - nicht gewachsen sind und die Waldorfschule verlassen, um dann einen Abschluß an einer öffentlichen Schule zu machen. Mir sind keine Zahlen bekannt, und es ist natürlich schwierig, das quantitativ abzuwägen - aber nach den Erfahrungen an meiner Schule hatte ich eigentlich den Eindruck, daß mehr Kinder die Waldorfschule verließen, als daß "Schulversager" aus dem öffentlichen Schulsystem dort noch zu einem Abschluß gekommen sind.
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Die Waldorfpädagogik begründet sich aus dem esoterischen Zusammenhang der Anthroposophie heraus und es wird davon ausgegangen, daß Erziehung selbst ein künstlerischer Prozeß ist, der das hervorbringen soll, was die Kinder - sozusa- gen aus der geistigen Welt - aufgrund ihrer schon vorausgegangenen Erdenleben mitbringen. So gesehen wird die Pädagogik auch als religiöser Akt bezeichnet, eine Art Gottesdienst; so daß die Lehrerschaft eher eine Priesterschaft bedeutet. Eine weitergehende esoterische Begründung läuft darauf hinaus, daß Lehrer und Schüler in einer "karmischen Gemeinschaft" vereinigt sind, weil sie unter dem Gesichtspunkt der Anthroposophie zu den "Auserwählten" gehören und es ist nicht möglich, Einzelne herauszulösen. Karmische Gemeinschaft" bedeutet, es ist vom Schicksal festgelegt, daß diese Gruppe von Menschen zusammenbleibt.
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Soweit die Theorie - in der Praxis sieht es natürlich so aus, wenn Eltern aus irgendwelchen Gründen nicht mehr mit den Zielsetzungen einer anthroposophischen Erziehung übereinstimmen, oder erkennen, daß von ihnen ungewollt ihre Kinder einer ideologischen Erziehung ausgesetzt sind, kann die karmische Verbindung sehr wohl gelöst werden, und es werden solche Kinder von der Schule ausgeschlossen, deren Eltern sich kritisch äußern. Das gilt übrigens auch für Lehrer innerhalb des Kollegiums, was ich selbst erfahren habe. Diese Prozesse werden als eine Art Selbstreinigung gesehen und unter Berufung auf Steiner als "Herauseitern" bezeichnet.
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MIZ: Wie weit wirkt die Anthroposophie in die Waldorfpädagogik hinein bzw. wo zeigt sich dies am deutlichsten?
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Norbert Biermann: Die Waldorfpädagogik ist Anthroposophie und insofern ein Betrug an den vielen Eltern, die ihre Kinder dort hinschicken und nicht wissen, daß sie einer ideologischen Erziehung ausgesetzt sind.
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Es äußert sich in allem: in der Sichtweise von Pädagogik, in der Sichtweise von Schule; wir haben eben über die "karmisehe Gemeinschaft" gesprochen, wir haben darüber gesprochen, daß der Lehrer ein Priesteramt innehat.
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Es äußert sich auch in der Art und Weise, wie Inhalte vermittelt werden. Das fängt an bei so absurden Beispielen, daß in der Tierkunde mit dem Tintenfisch begonnen wird, weil der Tintenfisch dem Menschen am ähnlichsten sei - sozusagen ein "verselbständigter Kopf". Das geht über die Musik, wo den Kindern vermittelt wird, daß in der Rockmusik unterschwellig satanische Botschaften vermittelt würden, und das geht so weit, daß eine ganz bestimmte Geisteshaltung die "wissenschaftliche Grundlage" aller Fächer ist.
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Ich nehme einmal das Beispiel Naturwissenschaften: Unser herkömmliches Paradigma geht davon aus, daß Naturereignissen und -phänomenen Gesetzmäßigkeiten zugrunde liegen, die in den Naturwissenschaften formuliert werden. Dieser naturwissenschaftliche Kausalitätsbegriff wird im naturwissenschaftlichen Unterricht der Waldorfschule als "plumper Materialismus" total abgelehnt. Die Höchstformen dieses "plumpen Materialismus" in den Naturwissenschaften äußern sich überall dort, wo zur Erklärung von naturwissenschaftlichen Phänomenen Atommodelle und ähnliches benutzt werden. Grund der Ablehnung: alles, was in der Natur geschieht, sei Ausdruck eines geistigen Plans und nicht Wirkung des "Materiellen".
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MIZ: Welche Möglichkeiten der Mitgestaltung bzw. des Einspruchs haben die Eltern?
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Norbert Biermann: Die Eltern haben theoretisch Mitgestaltungsmöglichkeiten, z.B. auf der Ebene von Eltemabenden, oder des Elternkreises und auch auf der Ebene des Vereins, der der Träger der Schule ist, aber diese Mitwirkungsmöglichkeiten sind, wenn ich sie mit offenen demokratischen Systemen im öffentlichen Schulwesen vergleiche, sehr eingeschränkt. Eine formale Mitbestimmung gibt es nicht. Es wird dort immer ein Gegensatz konstruiert zwischen dem demokratischen und republikanischen System von Mitbestimmung. Das demokratische System arbeitet mit Mehrheiten, so wie wir das kennen, während nach dem Selbstverständnis der Waldorfschulen das republikanische System danach arbeitet, daß grundsätzlich Konsens erzielt wird. Konsens heißt aber, Übereinstimmung mit der Meinung des Lehrerkollegiums.
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Das bedeutet, daß das, was das Kollegium an wichtigen Beschlüssen formuliert, durch die Eltern nur angenommen werden kann. Wenn es nicht angenommen wird, gibt es Konflikte. Ich kenne das Beispiel einer anderen Waldorfschule, an der wegen eines solchen Konfliktes mitten im Schuljahr die Schule aufgelöst wurde, weil das Vertrauen der Eltern in die Lehrerschaft angeblich nicht mehr gegeben wäre.
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Auf der Ebene von Einzelkonflikten zeigten sich noch größere Demokratie-Defizite. Als beispielsweise ein Schüler auf eine besondere Art und Weise diszipliniert wurde, und die anderen Eltern sich das nicht gefallen lassen wollten, hieß es erst einmal, das ginge die Elternschaft als Ganzes gar nichts an, sondern nur den Lehrer und die Eltern des betreffenden Schülers. Als die Eltern darauf beharrten, daß das sehr wohl im Zusammenhang mit dem sozialen Klima in der Klasse die anderen Kinder auch anginge, weil diese mitbekämen, wie ein einzelnes Kind diszipliniert werde und sie auch aufgefordert wurden, dieses Kind zu denunzieren, wurde sehr übel reagiert: Die Eltern sollten sich erst einmal mit den Grundlagen der Waldorfpädagogik auseinandersetzen, bevor man das im großen Kreise so diskutieren könnte. Interessant an diesem Beispiel ist, daß in der Waldorfpädagogik sehr wohl von der Wirksamkeit von Subtilitäten wie Wandfarbe der Klassenräume und Raumschmuck ausgegangen wird, pädagogische Subtilitäten aber nur dann bejaht werden, wenn sie im autoritären Interesse der Waldorflehrer liegen.
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Im Grunde genommen steht das im Vordergrund, was die Lehrer für richtig und wichtig halten und ich betrachte die Form der Mitbestimmung, wie sie in den Waldorfschulen stattfindet, eigentlich nur als einlegitimatorisches Feigenblatt.
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MIZ: Wie wird die Person Rudolf Steiners im Unterricht dargestellt?
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Norbert Biermann: Die Person Rudolf Steiners wird, zumindest in den unteren Klassen, nicht dargestellt. Sie ist "allgegenwärtig" in Form von Fotografien im Eingangsbereich, im Lehrerzimmer, im Sekretariat, auch in einigen Klassen, aber in dem Bereich, in den ich Einblick hatte - und das waren nur die Unterstufen, weil es an unserer Schule die höheren Klassen noch nicht gab - ist in dem Zusammenhang nicht auf Steiner eingegangen worden. Das mag in der Oberstufe anders sein, entzieht sich aber meiner unmittelbaren Erfahrung.
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MIZ: Welche Ziele hat die Waldorfpädagogik Ihrer Meinung nach?
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Norbert Biermann: Das Ziel kann man ganz kurz und knapp beschreiben: Rekrutierung des anthroposophischen Nachwuchses.
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MIZ: Gibt es ein Schlüsselerlebnis, das Sie zur Abkehr von der Waldorfpädagogik bewogen hat?
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Norbert Biermann: Ich hatte ein Gespräch mit dem Gründungslehrer unserer Schule - das ist der "heimliche Schulleiter" - in dem es darum ging, daß von mir als einem neuen Kollegen erwartet werden könne, daß ich mich vollkommen "umschmelzen" lassen würde im Sinne der Anthroposophie, und ich die Freiheit meines individuellen Erkenntnisweges betonte. Mir wurde dann auf eine ganz eindrückliche Art und Weise deutlich, daß ich es mit einer Sekte zu tun habe, denn besagter Lehrer erklärte mir, daß man um das Jahr 2000 die Reinkarnation von Rudolf Steiner und Jesus Christus in einer Person erwarte und sich deswegen nicht leisten könne, Lehrer an der Schule zu haben, die nicht hundertprozentig in dem Sinne, wie es die älteren Kollegen vorgeben, "umschmelzen" lassen würden.
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In meinem Fall war das lächerlich, denn von der Berufserfahrung her hatte ich mehr Jahre mitgebracht, als die anderen Kollegen. Es wird aber innerhalb der Struktur des Lehrerkollegiums ein großer Wert auf das Prinzip der "Weihepriesterschaft" gelegt: insoweit "Priester", als der Lehrer in Erfüllung des Auftrages der "geistigen Welt" agiert, insofern "Weihe", als er von den bereits initiierten Kollegen irgendwann aufgenommen, wenn er sich bewährt, und bewähren heißt, daß er sich hat "umschmelzen" lassen. Ich habe sehr wohl eine Auseinandersetzung mit der Anthroposophie erwartet, das aber nach den Kriterien eines geisteswissenschaftlieben Diskurses, nicht aber Steiner-Exegese und religiöses Bekenntnis. Aber daß es überdies mit dieser Begründung vorgetragen wurde, die Reinkarnation von Steiner und Jesus Christus in einer Person sei zu erwarten, und die Waldorfschüler seien dann die Auserwählten, ging mir dann doch etwas zu weit und hat mir schlagartig den sektiererischen Charakter der Anthroposophie vor Augen geführt.
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MIZ: Wie erklären Sie sich, daß die Waldorfpädagogik in Deutschland so angesehen ist und von maßgeblichen Stellen unterstützt wird?
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Norbert Biermann: Das Ansehen der Waldorfpädagogik bezeichne ich mal als ein "ungeprüftes positives Vorurteil". Die Waldorfschulen haben es verstanden, sich bisher öffentlich nicht in die Karten schauen zu lassen, sich als ein Hort von Kinderfreundlichkeit in ästhetisch angenehmer Umgebung und kindgerechter musischer Erziehung darzustellen.
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Waldorfpädagogik hat es bisher vermieden, daß man kritisch Einblick gewinnen konnte und hat natürlich auch versucht, kritische Darstellungen zu unterdrücken, z.B. dadurch, daß kritische Schriften aufgekauft wurden, um eine Weiterverbreitung zu verhindern, oder daß, wie im Falle des Waldorffilms "Ich lobe das Wort" versucht wurde, Einfluß auf die Landesbildstellen zu nehmen.
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Erklären kann ich mir das Ansehen der Waldorfschulen einerseits vom Bedürfnis der Eltern her, die aus einem gewissen Unbehagen an der postmodernen Kultur nach eigenen Wegen suchen und vermuten, daß dieser Wunsch in der Waldorfschule in Erfüllung geht. Diese Eltern haben einen langen Weg vor sich, bis sie erkennen, daß sie aus diesem vermeintlich positiven Grundansatz für ihre Kinder in einen Zusammenhang geraten sind, der in hohem Maße unfrei ist.
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Auf der anderen Seite ist die Waldorfpädagogik angesehen, weil sie es verstanden hat, sich in der pädagogischen Diskussion so darzustellen, als sei sie die bessere Alternative und weil zugleich eine kritische Würdigung der Waldorfpädagogik auf der Ebene von Pädagogik oder Erziehungswissenschaft bisher kaum stattgefunden hat.
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Die dritte Erklärung, warum Waldorfpädagogik von politischer und wirtschaftlicher Seite unterstützt wird: Ich denke, daß es Seilschaften gibt, die auf diese Art und Weise ein gewisses elitäres Bewußtsein pflegen. Das hat etwas mit dem Bedürfnis von wirtschaftlich und politisch einflußreichen Menschen zu tun, sich in logenähnlichen Gebilden zusammenzuschließen, um dort ihre Ziele weiterverfolgen zu können.
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Ich glaube weniger, daß der Grund für das Ansehen eine breite Übereinstimmung mit der Waldorfpädagogik ist. Anthroposophie ist eines von vielen esoterischen Systemen, die auf dem "Markt" sind, und sie bedarf wie alle anderen einer kritischen Würdigung und ich denke, die wenigsten Menschen haben sich bisher auch kritisch mit verschiedenen esoterischen Ansätzen, zumal wenn es sich um Systeme handelt, auseinandergesetzt. Ich glaube vielmehr, daß ein großer Teil der Befürworter weder die ideologischen Hintergründe noch die Pädagogik selbst und ihre Umsetzung kennen, geschweige denn sie einem kritischen Diskurs unterzogen haben. Noch weniger wissen über den Zusammenhang von Waldorfpädagogik und Anthroposophie bescheid. Die Waldorfschulen haben es verstanden, ihre Ideologie sorgsam im Hintergrund zu halten, weil sie sagen, das ist eine Schule für alle Kinder, nicht nur für Anthroposophenkinder, das ist eine Schule, die offen ist und Angebote macht. Dieses wird als positives Vorurteil in der Öffentlichkeit übernommen und es gibt bisher sehr wenige Ansätze, die versuchen, das kritisch zu durchleuchten. Die Ansätze, die es gibt, sind naturgemäß sehr subjektiv, aber dadurch nicht weniger legitim.
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MIZ: Wie ist heute Ihre Haltung zur Waldorfschule - ist das Kapitel für Sie abgeschlossen?
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Norbert Biermann: Für mich persönlich ist es abgeschlossen - im Gegenteil: ich bin erschrocken über mich, wie ich als jemand mit einer gewissen politischen, wissenschaftlich und beruflichen Hintergrunderfahrung mich so habe blenden lassen und in dieses diskursfeindliche System hineinbegeben habe. Hätte ich nicht diese negativen Erfahrungen gemacht, wer weiß, inwieweit ich mich von dem Sog dieses in Facetten durchaus faszinierenden Subssystems hätte mitreißen lassen. Von daher ist das waldorfpädagogische "Scheitern" für mich ein wesentlicher Erkenntnisprozeß gewesen, etwas über meine berufliche Sozialisation und meine Wünsche nach beruflichen Alternativen zu erfahren, aber auch zu erkennen, wie in unserer heutigen Zeit in der Gesellschaft der Postmoderne das Bedürfnis nach "heiler Welt" in Gestalt einer die Welt als Ganzes erklärendes System besteht und wie sehr man selbst als kritischer Mensch darauf "abfahren" kann. Insofern ist für mich das Kapitel abgeschlossen, weil ich erkannt habe, ich bin in eine sektiererische Struktur gestoßen, was ich vorher in dieser Form nicht gesehen habe, oder vielleicht auch nicht sehen wollte. Wir scheitern, wie Beckett sagt, auf immer höherem Niveau.</ref>. Johann Wolfgang von Goethe hielt er für die entsprechende Reinkarnation von Christus des 18.&nbsp;und 19.&nbsp;Jahrhunderts.
    
Ob Rudolf Steiner Mitglied der [[Thule-Gesellschaft]] oder des [[Ordo Templi Orientis]] war, ist umstritten, wird aber von [[Michael Grandt]] und seinem Bruder [[Guido Grandt]] behauptet.<ref>Buch: "Schwarzbuch Anthroposophie"</ref>
 
Ob Rudolf Steiner Mitglied der [[Thule-Gesellschaft]] oder des [[Ordo Templi Orientis]] war, ist umstritten, wird aber von [[Michael Grandt]] und seinem Bruder [[Guido Grandt]] behauptet.<ref>Buch: "Schwarzbuch Anthroposophie"</ref>
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