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'''Ayurveda''' oder '''ayurvedische Medizin''' ist eine tradierte volksmedizinische Methode aus Indien mit [[pseudomedizin]]ischem Charakter.
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'''Ayurveda''' oder '''ayurvedische Medizin''' ist eine traditionelle volksmedizinische Methode aus Indien mit [[pseudomedizin]]ischem Charakter.
    
Der Begriff Ayurveda bedeutet 'Wissen vom langen Leben' und ist Teil eines etwa 3.500 Jahre alten Therapiekonzepts aus dem Nordwesten Indiens. Wie alt diese Heilmethode tatsächlich ist, kann heute nicht mehr festgestellt werden, da sich die Ursprünge in verschiedenen sehr alten Texten unterschiedlicher Autoren verlieren.
 
Der Begriff Ayurveda bedeutet 'Wissen vom langen Leben' und ist Teil eines etwa 3.500 Jahre alten Therapiekonzepts aus dem Nordwesten Indiens. Wie alt diese Heilmethode tatsächlich ist, kann heute nicht mehr festgestellt werden, da sich die Ursprünge in verschiedenen sehr alten Texten unterschiedlicher Autoren verlieren.
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==Geschichte==
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Historisch verbürgt ist die Existenz des Autors der Carakamsamhita (Atreya Punarvasu) nicht. Es gibt lediglich Sagen und Legenden über diese Person. Buddhistische Quellen sprechen im 1. oder 2. nachchristlichen Jahrhundert von einer solchen Person, die am Hofe des indo-skatischen Königs Kaniska tätig gewesen sein soll. Aber dessen Weisheiten wurden von einem Schüler gesammelt, so dass nicht mehr klar zwischen Legendenbildung von Punarvasus Lehrling und originaler Überlieferung des Weisen getrennt werden kann.
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Bezüglich der Lehren des Susrutasamhita kann ebenfalls nicht mehr ermittelt werden, wann diese aufgeschrieben wurden. Ob sie der als Autor genannte Gelehrte Susruta alleine verfasst hat, ist nicht mehr zu ermitteln; in historischen Quellen wird behauptet, dass seine Lehren von einem Schriftkundigen namens Nagarjuna verbessert und ergänzt worden sein sollen. Als sicher kann gelten, dass das Susrutasamhita offenbar noch vor dem Carakamsamhita geschrieben worden sein muss, da es sich auf Inhalte desselben bezieht. Im 12. Jahrhundert wurde das Susrutasamhita von Dalhanas kommentiert und als eigenständige Sammlung unter der Bezeichnung Nibandhasamgraha verbreitet.
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Bedeutsam ist, dass es im ersten nachchristlichen Jahrtausend eine Anzahl eigenständiger medizinischer Sammlungen gab, die Einfluss auf die indische Medizin nahmen und letztlich die Ayurveda bestimmten. Die bedeutendsten dieser Sammlungen sind die Bhelasamhita, Astangasamgraha und Astangahrayasamhita, wobei die letzten beiden Sammlungen dem Autor Vaghbata zugeschrieben werden. Vaghbatas exakte Lebensgeschichte ist jedoch unbekannt; es wird vermutet, dass er im 7. nachchristlichen Jahrhundert lebte.
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Ein weiterer Autor, der im 7. oder 8. nachchristlichen Jahrhundert mit der Rugviniscaya eine Abhandlung über die Diagnose der Krankheiten veröffentlichte, war Madhavakara. Seine Schrift wird auch als Madhavanidana bzw. als 'Ätiologie nach Madhava' bezeichnet und stellt ein auf den Schriften der Carakamsamhita, der Susrutasamhita und den Sammlungen von Vaghbata basierendes System dar.
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Etwa um das Jahr 1000 herum verfasste Vrnda die Siddhayoga, welche die 'Perfekten Präparate' beschrieb, also letztlich eine Sammlung von Heilmitteln war. Eine weitere Sammlung von Therapeutika wurde gegen Ende des 12. Jahrhunderts von Vangasena zusammengestellt und Ende des 13. Jahrhunderts schuf Sarangadhara mit seiner Sammlung eine Verschmelzung zwischen bisherigen therapeutischen Schriften und dem Yoga.
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In der Zeit des europäischen Mittelalters bis zur frühen Neuzeit verfasste man in Indien abschließend so genannte nighantu, deren Funktion mit den heute gebräuchlichen medizinischen Lexika oder Handbüchern vergleichbar ist. Herausragend waren hier die Schriften Madanvinoda und Rajanighantu.
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Nachdem die ayurvedischen Lehren festgelegt und die Interpretation des Körperbaus, der Lebensfunktion und der Krankheiten beschrieben war, änderte sich im Verlauf der Jahrhunderte an der Lehre kaum etwas. <ref name='Mazars'> Mazars G: Die klassische indische Medizin. in: Toellner R: Illustrierte Geschichte der Medizin. Andreas & Andreas Verlag, Salzburg, Band&nbsp;2, S.&nbsp;627-649, 1990</ref> Lediglich im Bereich der Diagnostik und Therapie wurden Neuerungen eingeführt. Am wichtigsten war die Einführung des Opium in die Arzneimittellehre. Im Mittelalter kamen alchimistische Präparate hinzu, die oftmals auf der Basis von Quecksilber hergestellt wurden. Quecksilber sollte neben Unsterblichkeit und ewiger Jugend auch noch die Fähigkeit zum Fliegen verleihen sowie minderwertige Metalle in Silber und Gold verwandeln. Während der britischen Kolonialherrschaft über Indien wurde dort die Weiterentwicklung der Ayurveda systematisch unterdrückt (Lindner 1997).<ref>Lindner M: Komplementärmedizin. in: Hentschel, Chr. (Hrsg.): Naturheilverfahren, Homöopathie und Komplementärmedizin. Chapman & Hall, Weinheim, S.340-342, 1997</ref> Dies mag ein Grund dafür sein, dass die Ayurveda in ihren medizinischen Grundlagen ausgesprochen rückwärtsgewandt und einseitig geblieben ist.
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==Gegenwart==
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===Verbreitung in Indien===
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Befürworter alternativer Methoden behaupten, dass in Indien die Ayurveda besonders häufig praktiziert werde. So meint Lindner (1997): ''Heute werden ca. zwei Drittel der Einwohner Indiens medizinisch primär über ayurvedisch tätige Ärzte versorgt''.<ref>Lindner M: Komplementärmedizin. in: Hentschel, Chr. (Hrsg.): Naturheilverfahren, Homöopathie und Komplementärmedizin. Chapman & Hall, Weinheim, S.340-342, 1997</ref> Dies entspricht jedoch nicht den Tatsachen. Die Realität beschreibt ein Bericht des indischen Arztes Durgawale (1998).<ref>Durgawale PM: Practice of self medication among slum-dwellers. Ind J Publ Health 42 (Nr.2): 53-55, 1998</ref> Das Urban Health Training Centre (UHTC) startete in den Slums von Karad im Bezirk Satara im westlichen Teil des Distrikts Maharashtra eine Umfrage unter 650&nbsp;Slumbewohnern. 34,5% der befragten Bewohner therapierten sich selbst und zwar primär bei Schmerzen&nbsp;(84%), Husten&nbsp;(78%) und Fieber&nbsp;(78%). Bei Durchfall lag die Eigentherapierate bei&nbsp;31% und bei Atembeschwerden betrug sie&nbsp;26%. Von der Mehrzahl der Slumbewohner wurden konventionelle hochschulmedizinische Präparate&nbsp;(78%) eingenommen. Andere Medikamente wie ayurvedische Mittel&nbsp;(4%) oder traditionelle Arzneimittel&nbsp;(4%) spielten nur eine untergeordnete Rolle. [[Homöopathie|Homöopathika]] wurden übrigens überhaupt nicht verwendet. Die Medikamente wurden in Taschen&nbsp;(68%), Töpfen&nbsp;(7%) oder ungesichert in der Behausung&nbsp;(23%) aufbewahrt. Kinder schienen die Medikamente nicht versehentlich zu benutzen, da kein einziger Fall eines Kindes zu ermitteln war, das die Medikamente eingenommen hatte (Smarties-Effekt). Der Grund, warum sich Die Befragten behandelten sich primär aus wirtschaftlichen Gründen selbst&nbsp;(60%), weil kein Geld für die Behandlung durch einen Arzt vorhanden war. Für die Eigenbehandlung gaben&nbsp;47% der Befragten zwischen&nbsp;1-5% ihres Einkommens aus. 28%&nbsp; gaben zwischen&nbsp;6-10%, 21%&nbsp;gaben zwischen&nbsp;11-15% und der Rest bis zu&nbsp;25% ihres Einkommens für die Arzneimittel aus.
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===Verbreitung in Deutschland===
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In Deutschland scheinen sich aufgrund von Presseberichten und TV-Beiträgen ayurvedische Therapiezentren steigender Beliebtheit zu erfreuen. Wie hoch unter Ärzten der Nutzungsgrad ayurvedischer Therapieformen bei Erwachsenen wirklich liegt, ist derzeit unbekannt, da keine repräsentativen Umfragestudien existieren. Allerdings zeigt eine aktuelle, repräsentative Umfragestudie unter 252&nbsp;Kinderärzten, dass Pädiater Ayurveda nicht bei ihren kindlichen Patienten anwenden. Keiner der befragten Kinderärzte behandelte nach dieser Methode (Molz et al. 2000).<ref>Molz G, Küstermann W, König R: Konventionelle Therapien dominieren. Umfrage: komplementärmedizinische Verfahren in der Pädiatrie. Kinderärztliche Praxis Nr.5: 296-301, 2000</ref>
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Ayurveda wird auch von vielen [[Heilpraktiker]]n und, insbesondere ayurvedische Massagen und Diäten, im [[Wellness]]bereich angeboten. In letzter Zeit haben sich spezialisierte Reisebüros etabliert, die Reisen zu Ayurvedakuren unter anderem nach Indien und Sri Lanka anbieten.
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==Einteilung und Behandlungsformen==
 
Die klassische indische Medizin ist von schriftlichen Sammlungen (samhita) geprägt, deren älteste Autoren Caraka und Susruta gewesen sein sollen. Auf der einen Seite boten diese ''samhita'' Wissen als göttliche Legenden, auf der anderen Seite wiederum Wissen über die Lebenserwartung. Die Ayurveda geht angeblich auf den Gott Brahman selbst zurück, dessen Wissen über Prajapati, Asvin und Indra zu den Menschen gelangt sein soll. Man teilt dieses Wissen in acht Bereiche auf:
 
Die klassische indische Medizin ist von schriftlichen Sammlungen (samhita) geprägt, deren älteste Autoren Caraka und Susruta gewesen sein sollen. Auf der einen Seite boten diese ''samhita'' Wissen als göttliche Legenden, auf der anderen Seite wiederum Wissen über die Lebenserwartung. Die Ayurveda geht angeblich auf den Gott Brahman selbst zurück, dessen Wissen über Prajapati, Asvin und Indra zu den Menschen gelangt sein soll. Man teilt dieses Wissen in acht Bereiche auf:
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* Frauenheilkunde, Geburtshilfe, Kinderheilkunde (kaumarabhrtya),
 
* Frauenheilkunde, Geburtshilfe, Kinderheilkunde (kaumarabhrtya),
 
* Medizin der Kräftigungsmittel (rasayana)
 
* Medizin der Kräftigungsmittel (rasayana)
* und die Aphrodisiaka (vajikarana).
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* und der Aphrodisiaka (vajikarana)
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*Ernährungslehre
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Allerdings folgen die wenigsten Sammlungen dieser strikten Einteilung. Lediglich in jüngeren Schriften ist dies der Fall. Historisch wirklich vertrauenswürdige Quellen der Ayurveda liegen nicht vor. Sie gingen im Laufe der Geschichte offenbar verloren und wurden durch offiziell anerkannte Schriften der Carakasamhita (= der Lehre des Weisen Atreya Punarvasu) und der Susrutasamhita (= die religiösen Lehren des Gottes Dhanvantari) ersetzt.<ref>Mazars G: Die klassische indische Medizin. in: Toellner R: Illustrierte Geschichte der Medizin. Andreas & Andreas Verlag, Salzburg, Band&nbsp;2, S.&nbsp;627-649, 1990</ref>
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Allerdings folgen die wenigsten Sammlungen dieser strikten Einteilung. Lediglich in jüngeren Schriften ist dies der Fall. Historisch wirklich vertrauenswürdige Quellen der Ayurveda liegen nicht vor. Sie gingen im Laufe der Geschichte offenbar verloren und wurden durch offiziell anerkannte Schriften der Carakasamhita (= der Lehre des Weisen Atreya Punarvasu) und der Susrutasamhita (= die religiösen Lehren des Gottes Dhanvantari) ersetzt.<ref name='Mazars'> </ref>
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==Geschichte==
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Wichtige Behandlungsformen in der Ayurveda sind: Ernährungstherapie, Leben im Einklang mit den Tages- und Jahreszeiten, Öl- und Trockenmassagen, [[Yoga]], Meditation, Reinigungs- und Schwitzkuren und die Anwendung [[Phytotherapie|pflanzlicher]] oder mineralischer Arzneimittel.
Historisch verbürgt ist die Existenz des Autors der Carakamsamhita (Atreya Punarvasu) nicht. Es gibt lediglich Sagen und Legenden über diese Person. Buddhistische Quellen sprechen im 1.&nbsp;oder 2.&nbsp;nachchristlichen Jahrhundert von einer solchen Person, die am Hofe des indo-skatischen Königs Kaniska tätig gewesen sein soll. Aber dessen Weisheiten wurden von einem Schüler gesammelt, so dass nicht mehr klar zwischen Legendenbildung von Punarvasus Lehrling und originaler Überlieferung des Weisen getrennt werden kann.
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Bezüglich der Lehren des Susrutasamhita kann ebenfalls nicht mehr ermittelt werden, wann diese aufgeschrieben wurden. Ob sie der als Autor genannte Gelehrte Susruta alleine verfasst hat, ist nicht mehr zu ermitteln; in historischen Quellen wird behauptet, dass seine Lehren von einem Schriftkundigen namens Nagarjuna verbessert und ergänzt worden sein sollen. Als sicher kann gelten, dass das Susrutasamhita offenbar noch vor dem Carakamsamhita geschrieben worden sein muss, da es sich auf Inhalte desselben bezieht. Im 12.&nbsp;Jahrhundert wurde das Susrutasamhita von Dalhanas kommentiert und als eigenständige Sammlung unter der Bezeichnung Nibandhasamgraha verbreitet.
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Bedeutsam ist, dass es im ersten nachchristlichen Jahrtausend eine Anzahl eigenständiger medizinischer Sammlungen gab, die Einfluss auf die indische Medizin nahmen und letztlich die Ayurveda bestimmten. Die bedeutendsten dieser Sammlungen sind die Bhelasamhita, Astangasamgraha und Astangahrayasamhita, wobei die letzten beiden Sammlungen dem Autor Vaghbata zugeschrieben werden. Vaghbatas exakte Lebensgeschichte ist jedoch unbekannt; es wird vermutet, dass er im 7.&nbsp;nachchristlichen Jahrhundert lebte.
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Ein weiterer Autor, der im 7.&nbsp;oder 8.&nbsp;nachchristlichen Jahrhundert mit der Rugviniscaya eine Abhandlung über die Diagnose der Krankheiten veröffentlichte, war Madhavakara. Seine Schrift wird auch als Madhavanidana bzw. als 'Ätiologie nach Madhava' bezeichnet und stellt ein auf den Schriften der Carakamsamhita, der Susrutasamhita und den Sammlungen von Vaghbata basierendes System dar.
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Etwa um das Jahr 1000 herum verfasste Vrnda die Siddhayoga, welche die 'Perfekten Präparate' beschrieb, also letztlich eine Sammlung von Heilmitteln war. Eine weitere Sammlung von Therapeutika wurde gegen Ende des 12. Jahrhunderts von Vangasena zusammengestellt und Ende des 13.&nbsp;Jahrhunderts schuf Sarangadhara mit seiner Sammlung eine Verschmelzung zwischen bisherigen therapeutischen Schriften und dem Yoga.
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In der Zeit des europäischen Mittelalters bis zur frühen Neuzeit verfasste man in Indien abschließend so genannte nighantu, deren Funktion mit den heute gebräuchlichen medizinischen Lexika oder Handbüchern vergleichbar ist. Herausragend waren hier die Schriften Madanvinoda und Rajanighantu.
      
==Die Anatomie in der Ayurveda==
 
==Die Anatomie in der Ayurveda==
Die Ayurveda verfügt über eine ausgesprochen reichhaltige anatomische Nomenklatur, weist aber im Bereich der inneren Organe deutliche Lücken auf. Obwohl die Obduktion eine wesentliche Rolle spielte, war die angewendete Art der Sektion nicht dazu geeignet, ausreichendes Wissen zu erwerben. So empfahl das Susrutasamhita, einen Leichnam zuerst mehrere Tage in Wasser zu legen und danach die verschiedenen Körperteile mit einem Stück Bambusohr abzutrennen. Dass man mit dieser Methode nicht zu befriedigenden Ergebnissen kommen kann, wird jeder Anatom oder Rechtsmediziner bestätigen können und auch ein medizinischer Laie verstehen. Trotzdem wurde anatomisches Wissen auf diese Art gewonnen, was zwangsläufig zu Irrtümern und erheblichen Mängeln in der ayurvedischen Lehre führte.
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Die Ayurveda verfügt über eine ausgesprochen reichhaltige anatomische Nomenklatur, weist aber im Bereich der inneren Organe deutliche Lücken auf. Obwohl die Obduktion eine wesentliche Rolle spielte, war die angewendete Art der Sektion nicht dazu geeignet, ausreichendes Wissen zu erwerben. So empfahl das Susrutasamhita, einen Leichnam zuerst mehrere Tage in Wasser zu legen und danach die verschiedenen Körperteile mit einem Stück Bambusrohr abzutrennen. Das auf diese Art gewonnene anatomische Wissen führte zwangsläufig zu Irrtümern und erheblichen Mängeln in der ayurvedischen Lehre.
    
Beispiele für sich daraus ergebende Irrtümer sind die unterschiedliche Anzahl von Knochen im Körper. Die Carakasamhita gibt&nbsp;300 an, die Susrutasamhita dagegen&nbsp;360. Die Susrutasamhita schätzte die Zahl der Rumpfmuskeln auf&nbsp;70, während es tatsächlich über&nbsp;100 sind. Auch wurden dem Körper per Definition verschiedene organische Leitungen oder Röhren zugeschrieben (dhamani, sira und srotas), die für Töne, Kontakt, Form, Geschmack, Geruch, Ein- und Ausatmung, Gähnen, Hunger, Lachen, Sprechen, Weinen, etc. verantwortlich sein sollten. Zehn dieser Leitungen sollten paarweise Luft, Galle, Nasen-, Magen- und Lungenschleim, Blut und organische Säfte transportieren. Acht weitere vermittelten dem Menschen Geräusche, Formen, Geschmack und Gerüche. Jeweils zwei waren für das Sprechen, für das sich Austoben und für das Schlafen zuständig. Zwei weitere sollten das Aufwachen bewirken, zwei die Tränen leiten und zwei die Muttermilch produzieren und aus den Brüsten leiten.
 
Beispiele für sich daraus ergebende Irrtümer sind die unterschiedliche Anzahl von Knochen im Körper. Die Carakasamhita gibt&nbsp;300 an, die Susrutasamhita dagegen&nbsp;360. Die Susrutasamhita schätzte die Zahl der Rumpfmuskeln auf&nbsp;70, während es tatsächlich über&nbsp;100 sind. Auch wurden dem Körper per Definition verschiedene organische Leitungen oder Röhren zugeschrieben (dhamani, sira und srotas), die für Töne, Kontakt, Form, Geschmack, Geruch, Ein- und Ausatmung, Gähnen, Hunger, Lachen, Sprechen, Weinen, etc. verantwortlich sein sollten. Zehn dieser Leitungen sollten paarweise Luft, Galle, Nasen-, Magen- und Lungenschleim, Blut und organische Säfte transportieren. Acht weitere vermittelten dem Menschen Geräusche, Formen, Geschmack und Gerüche. Jeweils zwei waren für das Sprechen, für das sich Austoben und für das Schlafen zuständig. Zwei weitere sollten das Aufwachen bewirken, zwei die Tränen leiten und zwei die Muttermilch produzieren und aus den Brüsten leiten.
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Ebenfalls deutlich wird das mangelnde reale medizinische Wissen der Ayurveda am Beispiel der Atmungsorgane. Hier wurde angenommen, dass die eingeatmete Luft durch die Luftröhre direkt zum Herzen transportiert werde und der Atem erst entweiche, wenn er das Herzinnere durchquert habe, um sich mit Luftnektar vollzusaugen. Danach träte dieser Atem nochmals in den Menschen ein und nähre ihn und unterhalte das Verdauungsfeuer. Dieser Odem wurde Prana genannt - eine Bezeichnung bzw. Denkweise, die auch heute noch bei sektenähnlichen Strukturen wie jenen der Jasmuheen bzw. [[Lichtnahrung]]s-Jünger kursiert und auch im Breathianismus eine wesentliche Rolle spielt.
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Ebenfalls deutlich wird das mangelnde reale medizinische Wissen der Ayurveda am Beispiel der Atmungsorgane. Hier wurde angenommen, dass die eingeatmete Luft durch die Luftröhre direkt zum Herzen transportiert werde und der Atem erst entweiche, wenn er das Herzinnere durchquert habe, um sich mit Luftnektar vollzusaugen. Danach träte dieser Atem nochmals in den Menschen ein und nähre ihn und unterhalte das Verdauungsfeuer. Dieser Odem wurde [[Prana]] genannt - eine Bezeichnung bzw. Denkweise, die auch heute noch bei sektenähnlichen Strukturen wie jenen der [[Jasmuheen]] bzw. [[Lichtnahrung]]s-Jünger kursiert und auch im Breathianismus eine wesentliche Rolle spielt.
 
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Die Sinne des Menschen wurden in der Ayurveda mit den fünf Grundelementen in Zusammenhang gebracht. Die Sehkraft sollte aus dem Feuer hervorgegangen sein, das Gehör aus dem Vakuum, der Geruchssinn aus der Erde, der Geschmack aus dem Wasser und der Tastsinn aus der Luft.
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Zum Teil erscheinen diese anatomischen Herleitungen auf den ersten Blick durchaus logisch, da man ohne genauere Kenntnis des Gewebeaufbaues (z.B. der Brustdrüse) in der Tat verleitet sein kann, Röhren im Organismus oder ein rekursierendes "Prana" anzunehmen. Jedoch werden auch noch heute auf der Basis dieses explizit falschen anatomischen, physiologischen und biochemischen Wissens therapeutische Entscheidungen getroffen, die aus heutiger Sicht für den Patienten nicht positiv sein müssen.
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Die Sinne des Menschen wurden in der Ayurveda mit den [[Fünf-Elemente-Lehre|fünf Grundelementen]] in Zusammenhang gebracht. Die Sehkraft sollte aus dem Feuer hervorgegangen sein, das Gehör aus dem Vakuum, der Geruchssinn aus der Erde, der Geschmack aus dem Wasser und der Tastsinn aus der Luft.
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==Physiologie und Erkrankungsursachen in der Ayurveda==
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Zum Teil erscheinen diese anatomischen Herleitungen auf den ersten Blick durchaus logisch, da man ohne genauere Kenntnis des Gewebeaufbaues (z.B. der Brustdrüse) in der Tat verleitet sein kann, Röhren im Organismus oder ein rekursierendes "Prana" anzunehmen. Jedoch werden auch noch heute auf der Basis dieses explizit falschen anatomischen, physiologischen und biochemischen Wissens therapeutische Entscheidungen getroffen, die aus heutiger Sicht und für den Patienten nicht positiv sein müssen.
Um zu sehen, wie die indische Medizin Erkrankungen erklärt, sollen zunächst die physiologischen Grundlagen als Bezug für die Krankheitsdefinition erläutert werden.
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==Physiologie und Pathologie in der Ayurveda==
 
Die klassischen Sammlungen der Ayurveda geben die Ansicht wieder, dass sich die Elemente des Universums (Erde = prthivi; Wasser = ap; Feuer = tejas; Luft = vagu; Vakuum = asaka) im menschlichen Körper widerspiegeln würden. Durch die Zusammensetzung dieser fünf Elemente sollen im Körper sieben organische Substanzen, dhatu genannt, entstehen. Diese dhatus waren Chylus (rasa), Blut (rakta), Fleisch (mamsa), Fett (medas), Knochen (asthi), Knochenmark (majja) und Sperma (sukra).
 
Die klassischen Sammlungen der Ayurveda geben die Ansicht wieder, dass sich die Elemente des Universums (Erde = prthivi; Wasser = ap; Feuer = tejas; Luft = vagu; Vakuum = asaka) im menschlichen Körper widerspiegeln würden. Durch die Zusammensetzung dieser fünf Elemente sollen im Körper sieben organische Substanzen, dhatu genannt, entstehen. Diese dhatus waren Chylus (rasa), Blut (rakta), Fleisch (mamsa), Fett (medas), Knochen (asthi), Knochenmark (majja) und Sperma (sukra).
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Die Medikamente wurden in diversesten Zubereitungsformen verabreicht. Es gab Puder, Säfte, Pasten, Aufgüsse, Infusionen, Einlagen, Extrakte, Pillen, teigförmige Arzneien, Einreibemittel und vieles mehr. Als Lösungsmittel wurden Wasser, Milch, Öl, Honig oder zerlassene Butter verwendet. Manche Mittel wurden durch die Nasenlöcher eingegeben, andere mittels Klistier oder als Zäpfchen. Ätzende oder rauchende Heilmittel wurden durch Heilbäder oder durch äußeres Auflegen verabreicht. Besonderen Wert legte man aber auf Aufputschmittel (rasayana) und Liebestränke (vajikarana).
 
Die Medikamente wurden in diversesten Zubereitungsformen verabreicht. Es gab Puder, Säfte, Pasten, Aufgüsse, Infusionen, Einlagen, Extrakte, Pillen, teigförmige Arzneien, Einreibemittel und vieles mehr. Als Lösungsmittel wurden Wasser, Milch, Öl, Honig oder zerlassene Butter verwendet. Manche Mittel wurden durch die Nasenlöcher eingegeben, andere mittels Klistier oder als Zäpfchen. Ätzende oder rauchende Heilmittel wurden durch Heilbäder oder durch äußeres Auflegen verabreicht. Besonderen Wert legte man aber auf Aufputschmittel (rasayana) und Liebestränke (vajikarana).
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Auch in Deutschland werden zahlreiche Ayurvedapräparate über das Internet verkauft. Die Mittel sind meist als Nahrungsergänzung oder Vitaminpräparat deklariert und fallen somit nicht unter die Arzneimittelkontrollen.
 
Auch in Deutschland werden zahlreiche Ayurvedapräparate über das Internet verkauft. Die Mittel sind meist als Nahrungsergänzung oder Vitaminpräparat deklariert und fallen somit nicht unter die Arzneimittelkontrollen.
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Zwar war die chirurgische Therapie in der Ayurveda auf hohem Niveau - man kannte über 120&nbsp;Instrumente und verschiedene chirurgische Operationsverfahren - aber die Nahttechniken erscheinen heute eigenwillig. Hatte man beispielsweise eine Darmnaht zu verschließen, ließ man die Wundränder von großen schwarzen Ameisen zubeißen, denen man danach den Körper abtrennte. Daraufhin blieben die abgetrennten Ameisenköpfe in der Wunde und dienten als Klammern. Die oberflächliche Hautnaht wurde dann konventionell mit gewöhnlichen Fäden angelegt. Aus hygienischer Sicht eine heute schockierende Operationsmethode.
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Zwar war die chirurgische Therapie in der Ayurveda auf hohem Niveau - man kannte über 120&nbsp;Instrumente und verschiedene chirurgische Operationsverfahren - aber die Nahttechniken erscheinen heute eigenwillig. Hatte man beispielsweise eine Darmnaht zu verschließen, ließ man die Wundränder von großen schwarzen Ameisen zubeißen, denen man danach den Körper abtrennte. Daraufhin blieben die abgetrennten Ameisenköpfe in der Wunde und dienten als Klammern. Die oberflächliche Hautnaht wurde dann konventionell mit gewöhnlichen Fäden angelegt. Aus hygienischer Sicht ist das eine heute völlig unzulässige Operationsmethode.
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==Schadstoffbelastete Medikamente==
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==Kritik==
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===Schadstoffbelastete Medikamente===
 
[[image:Bleivergiftung.jpg|Vergiftungen durch Ayurveda|500px|thumb]]
 
[[image:Bleivergiftung.jpg|Vergiftungen durch Ayurveda|500px|thumb]]
Präparate aus der ayurvedischen Medizin enthalten oft sehr hohe Konzentrationen an Schadstoffen wie Blei, Quecksilber und Arsen, die sogar zu Fällen akuter Vergiftungen führten.<ref>Lynch E, Braithwaite R. "A review of the clinical and toxicological aspects of 'traditional' (herbal) medicines adulterated with heavy metals.", Expert Opin Drug Saf. 2005 Jul;4(4):769-78.</ref><ref>Garnier R, Poupon J., [Lead poisoning from traditional Indian medicines]. Presse Med. 2006 Jul-Aug;35(7-8):1177-80</ref> Über Beimengungen von toxischen Substanzen in Heilmitteln der traditionellen indischen Medizin berichtet ein Fachartikel aus dem Jahr 2002.<ref>Ernst E. "Heavy metals in traditional Indian remedies.", Eur J Clin Pharmacol. 2002 Feb;57(12):891-6.</ref> In aktuelleren Artikeln wird von Schwermetallbeimengungen vor allem in online gehandelten Produkte berichtet. Dies wird in Artikeln der JAMA in den Jahren 2004<ref>Saper RB, Kales SN, Paquin J, Burns MJ, Eisenberg DM, Davis RB, Phillips RS. "Heavy metal content of ayurvedic herbal medicine products.", JAMA. Dazember 2004, 292(23):2868-73.</ref> und 2008 berichtet.<ref>Robert B. Saper; Russell S. Phillips; Anusha Sehgal; Nadia Khouri; Roger B. Davis; Janet Paquin; Venkatesh Thuppil; Stefanos N. Kales (2008): Lead, Mercury, and Arsenic in US- and Indian-Manufactured Ayurvedic Medicines Sold via the Internet. J Am med Soc 300(8):915-923</ref><ref>http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=33483</ref> Auch 2005 hatten Forscher unter der Leitung von Robert Saper von der Universität Boston über gefährliche Mengen an Blei, Quecksilber und Arsen in Ayurveda-Produkten wie etwa Tabletten berichtet.<ref>Kales SN, Christophi CA, Saper RB: Hematopoietic toxicity from lead-containing Ayurvedic medications. Med Sci Monit. 2007 Jul;13(7):CR295-8</ref><ref>Centers for Disease Control and Prevention CDC (2004): Lead Poisoning Associated with Ayurvedic Medications &nbdash; Five States, 2000–2003. Morbidity and Mortality Weekly Report MMWR Vol. 53 No. 26, July 9, 2004, 582-584. Online: http://www.cdc.gov/mmwr/PDF/wk/mm5326.pdf</ref> Viele traditionelle Tabletten werden absichtlich mit Schwermetallen verarbeitet, da dies eine besondere Wirkung ergeben soll.
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Präparate aus der ayurvedischen Medizin enthalten oft sehr hohe Konzentrationen an Schadstoffen wie Blei, Quecksilber und Arsen, die sogar zu Fällen akuter Vergiftungen führten.<ref>Lynch E, Braithwaite R. "A review of the clinical and toxicological aspects of 'traditional' (herbal) medicines adulterated with heavy metals.", Expert Opin Drug Saf. 2005 Jul;4(4):769-78.</ref><ref>Garnier R, Poupon J., [Lead poisoning from traditional Indian medicines]. Presse Med. 2006 Jul-Aug;35(7-8):1177-80</ref> Über Beimengungen von toxischen Substanzen in Heilmitteln der traditionellen indischen Medizin berichtet ein Fachartikel aus dem Jahr 2002.<ref>Ernst E. "Heavy metals in traditional Indian remedies.", Eur J Clin Pharmacol. 2002 Feb;57(12):891-6.</ref> In aktuelleren Artikeln wird von Schwermetallbeimengungen vor allem in online gehandelten Produkte berichtet. Dies wird in Artikeln der JAMA in den Jahren 2004<ref>Saper RB, Kales SN, Paquin J, Burns MJ, Eisenberg DM, Davis RB, Phillips RS. "Heavy metal content of ayurvedic herbal medicine products.", JAMA. Dezember 2004, 292(23):2868-73.</ref> und 2008 berichtet.<ref>Robert B. Saper; Russell S. Phillips; Anusha Sehgal; Nadia Khouri; Roger B. Davis; Janet Paquin; Venkatesh Thuppil; Stefanos N. Kales (2008): Lead, Mercury, and Arsenic in US- and Indian-Manufactured Ayurvedic Medicines Sold via the Internet. J Am med Soc 300(8):915-923</ref><ref>http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=33483</ref> Auch 2005 hatten Forscher unter der Leitung von Robert Saper von der Universität Boston über gefährliche Mengen an Blei, Quecksilber und Arsen in Ayurveda-Produkten wie etwa Tabletten berichtet.<ref>Kales SN, Christophi CA, Saper RB: Hematopoietic toxicity from lead-containing Ayurvedic medications. Med Sci Monit. 2007 Jul;13(7):CR295-8</ref><ref>Centers for Disease Control and Prevention CDC (2004): Lead Poisoning Associated with Ayurvedic Medications &nbdash; Five States, 2000–2003. Morbidity and Mortality Weekly Report MMWR Vol. 53 No. 26, July 9, 2004, 582-584. Online: http://www.cdc.gov/mmwr/PDF/wk/mm5326.pdf</ref> Viele traditionelle Tabletten werden absichtlich mit Schwermetallen verarbeitet, da dies eine besondere Wirkung ergeben soll.
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==Die Entwicklung der Ayurveda==
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===Missbrauch durch Psychosekten===
Nachdem die ayurvedischen Lehren festgelegt und die Interpretation des Körperbaus, der Lebensfunktion und der Krankheiten beschrieben war, änderte sich im Verlauf der Jahrhunderte an der Lehre kaum etwas (Mazars 1990). Lediglich im Bereich der Diagnostik und Therapie wurden Neuerungen eingeführt. Am wichtigsten war die Einführung des Opium in die Arzneimittellehre. Im Mittelalter kamen alchimistische Präparate hinzu, die oftmals auf der Basis von Quecksilber hergestellt wurden. Quecksilber sollte neben Unsterblichkeit und ewiger Jugend auch noch die Fähigkeit zum Fliegen verleihen sowie minderwertige Metalle in Silber und Gold verwandeln. Während der britischen Kolonialherrschaft über Indien wurde dort die Weiterentwicklung der Ayurveda systematisch unterdrückt (Lindner 1997).<ref>Lindner M: Komplementärmedizin. in: Hentschel, Chr. (Hrsg.): Naturheilverfahren, Homöopathie und Komplementärmedizin. Chapman & Hall, Weinheim, S.340-342, 1997</ref> Dies mag ein Grund dafür sein, dass die Ayurveda in ihren medizinischen Grundlagen ausgesprochen rückwärtsgewandt und einseitig geblieben ist.
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Die Psychosekte der so genannten [[Transzendentale Meditation|Transzendentalen Meditation]] (TM) des indischen Gurus Maharishi Mahesh Yogi verquickte bereits in den 1960er Jahren ayurvedische Inhalte mit Weltbotschaften.
 
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Befürworter alternativer Methoden behaupten, dass in Indien die Ayurveda besonders häufig praktiziert werde. So meint Lindner (1997): ''Heute werden ca. zweidrittel der Einwohner Indiens medizinisch primär über ayurvedisch tätige Ärzte versorgt''.<ref>Lindner M: Komplementärmedizin. in: Hentschel, Chr. (Hrsg.): Naturheilverfahren, Homöopathie und Komplementärmedizin. Chapman & Hall, Weinheim, S.340-342, 1997</ref> Dies entspricht jedoch nicht den Tatsachen. Die Realität beschreibt ein Bericht des indischen Arztes Durgawale (1998).<ref>Durgawale PM: Practice of self medication among slum-dwellers. Ind J Publ Health 42 (Nr.2): 53-55, 1998</ref> Das Urban Health Training Centre (UHTC) startete in den Slums von Karad im Bezirk Satara im westlichen Teil des Distrikts Maharashtra eine Umfrage unter 650&nbsp;Slumbewohnern. 34,5% der befragten Bewohner therapierten sich selbst und zwar primär bei Schmerzen&nbsp;(84%), Husten&nbsp;(78%) und Fieber&nbsp;(78%). Bei Durchfall lag die Eigentherapierate bei&nbsp;31% und bei Atembeschwerden betrug sie&nbsp;26%. Von der Mehrzahl der Slumbewohner wurden konventionelle hochschulmedizinische Präparate&nbsp;(78%) eingenommen. Andere Medikamente wie ayurvedische Mittel&nbsp;(4%) oder traditionelle Arzneimittel&nbsp;(4%) spielten nur eine untergeordnete Rolle. [[Homöopathie|Homöopathika]] wurden übrigens überhaupt nicht verwendet. Die Medikamente wurden in Taschen&nbsp;(68%), Töpfen&nbsp;(7%) oder ungesichert in der Behausung&nbsp;(23%) aufbewahrt. Kinder schienen die Medikamente nicht versehentlich zu benutzen, da kein einziger Fall eines Kindes zu ermitteln war, das die Medikamente eingenommen hatte (Smarties-Effekt). Der Grund, warum sich Die Befragten behandelten sich primär aus wirtschaftlichen Gründen selbst&nbsp;(60%), weil kein Geld für die Behandlung durch einen Arzt vorhanden war. Für die Eigenbehandlung gaben&nbsp;47% der Befragten zwischen&nbsp;1-5% ihres Einkommens aus. 28%&nbsp; gaben zwischen&nbsp;6-10%, 21%&nbsp;gaben zwischen&nbsp;11-15% und der Rest bis zu&nbsp;25% ihres Einkommens für die Arzneimittel aus.
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In Deutschland scheinen sich aufgrund von Presseberichen und TV-Beiträgen ayurvedische Therapiezentren steigender Beliebtheit zu erfreuen. Wie hoch unter Ärzten der Nutzungsgrad ayurvedischer Therapieformen bei Erwachsenen wirklich liegt, ist derzeit unbekannt, da keine repräsentativen Umfragestudien existieren. Allerdings zeigt eine aktuelle, repräsentative Umfragestudie unter 252&nbsp;Kinderärzten, dass Pädiater Ayurveda nicht bei ihren kindlichen Patienten anwenden. Keiner der befragten Kinderärzte behandelte nach dieser Methode (Molz et al. 2000).<ref>Molz G, Küstermann W, König R: Konventionelle Therapien dominieren. Umfrage: komplementärmedizinische Verfahren in der Pädiatrie. Kinderärztliche Praxis Nr.5: 296-301, 2000</ref>
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==Auch Sekten spielen in der Ayurveda eine Rolle==
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==Wirksamkeit==
Die Psychosekte der so genannten [[Transzendentale Meditation|Transzendentalen Meditation]] (TM) des indischen Gurus Maharishi Mahesh Yogi verquickte bereits in den 1960er Jahren ayurvedische Inhalte mit Weltbotschaften.
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Die Lehren der Ayurveda entstammen einem veralteten medizinischen Konzept und sind somit nicht auf dem aktuellen Stand der Wissenschaften. Daher besteht immer das Risiko einer falschen Diagnose und darauf fußend, einer falschen Behandlung. Obwohl es Hinweise auf eine therapeutische Wirksamkeit einzelner Behandlungsformen der Ayurveda gibt, so fehlen für das Gesamtkonzept wissenschaftliche Nachweise über die Zuverlässigkeit und Wirksamkeit. Ayurvedische Mittel sind in Deutschland keine zugelassenen Arzneimittel. Ihre pharmazeutische Qualität wird deshalb nicht regelmäßig überprüft.<ref>[http://www.test.de/Ayurveda-Praeparate-Arsen-Blei-Quecksilber-1262433-0/ Stiftung Warenrest 06/2005]</ref>
    
==Literatur==
 
==Literatur==
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==Weblinks==
 
==Weblinks==
 
*[http://www.gwup.org/component/content/article/77-komplementaer-und-alternativmedizin-cam/888-ayurveda Ayurveda] GWUP Die Skeptiker 30.06.2009
 
*[http://www.gwup.org/component/content/article/77-komplementaer-und-alternativmedizin-cam/888-ayurveda Ayurveda] GWUP Die Skeptiker 30.06.2009
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*Stephen Barret auf [http://www.quackwatch.com/04ComsumerEducation/chopra.html Quackwatch zu Ayurveda]
 
*[http://www.news.com.au/breaking-news/medicine-gives-man-lead-poisoning/story-e6frfku0-1225901159509 Medicine gives man lead poisoning] Bericht aus Australien über eine Bleivergiftung bei einem Ayurveda-Patienten 04.08.2010
 
*[http://www.news.com.au/breaking-news/medicine-gives-man-lead-poisoning/story-e6frfku0-1225901159509 Medicine gives man lead poisoning] Bericht aus Australien über eine Bleivergiftung bei einem Ayurveda-Patienten 04.08.2010
 
*[http://www.sueddeutsche.de/wissen/teil-ayurveda-das-wissen-um-ein-langes-leben-1.864842 Colin Goldner: Ayurveda. Das "Wissen um ein langes Leben"] SZ Wissen 20.05.2010
 
*[http://www.sueddeutsche.de/wissen/teil-ayurveda-das-wissen-um-ein-langes-leben-1.864842 Colin Goldner: Ayurveda. Das "Wissen um ein langes Leben"] SZ Wissen 20.05.2010
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[[category:Pseudomedizin]]
 
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