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Die '''Helsana-Studie''' war eine begleitende wissenschaftliche Studie aus der Schweiz zu ökonomischen Aspekten der [[Alternativmedizin]].
 
Die '''Helsana-Studie''' war eine begleitende wissenschaftliche Studie aus der Schweiz zu ökonomischen Aspekten der [[Alternativmedizin]].
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Es handelt sich bei dieser wissenschaftlichen Untersuchung um eine gesundheitsökonomische Analyse der Wirkungen des Einbezuges komplementärmedizinischer Leistungen in die Krankenversicherung. Sie hat in der Schweiz für erhebliches politisches Aufsehen gesorgt, da sie Mehrkosten komplementärer Verfahren nachweist, obgleich diese keine Verbesserung der Gesundheitslage erbringen. In Österreich und Deutschland blieb diese Studie, wohl auch wegen Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit der komplementären Szenen (v.a. [[Akupunktur]] und [[Homöopathie]]), nahezu unbeachtet.
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Es handelt sich bei dieser wissenschaftlichen Untersuchung um eine gesundheitsökonomische Analyse der Wirkungen des Einbezuges komplementärmedizinischer Leistungen in die Krankenversicherung. Sie sorgte in der Schweiz für erhebliches politisches Aufsehen, da sie Mehrkosten komplementärer Verfahren nachweist, obgleich diese keine Verbesserung der Gesundheitslage erbringen. In Österreich und Deutschland blieb diese Studie, wohl auch wegen Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit der komplementären Szenen (v.a. [[Akupunktur]] und [[Homöopathie]]), nahezu unbeachtet.
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Beginnend im Oktober 1993 erhielten 7.500 zufällig ausgewählte Versicherte der Schweizer Krankenkasse Helvetia während 3 Jahren kostenlos eine Zusatzversicherung für Alternativmedizin. Das Zusatzpaket umfasste eine Behandlung durch einen Arzt/Naturarzt, wobei Kosten für Behandlungen durch Akupunktur, Homöopathie, [[Neuraltherapie]], [[Phytotherapie]], [[anthroposophische Medizin]] und [[Osteopathie]] bis zu einem Betrag von 500 SF/Jahr (1993/94) bzw. bis 1.000 SF/Jahr (1995) übernommen wurden. Medikamentenkosten, die aufgrund von Verordnungen anfielen, wurden nur innerhalb des jeweiligen Maximalbetrages erstattet. Die normale Grundversicherung der Helvetia-Versicherten wurde also kostenlos um einen Alternativ-Grundsockel erweitert.
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Beginnend im Oktober 1993 erhielten 7.500 zufällig ausgewählte Versicherte der Schweizer Krankenkasse Helvetia während 3 Jahren kostenlos eine Zusatzversicherung für Alternativmedizin. Das Zusatzpaket umfasste eine Behandlung durch einen Arzt/Naturarzt, wobei Kosten für Behandlungen durch Akupunktur, Homöopathie, [[Neuraltherapie]], [[Phytotherapie]], [[anthroposophische Medizin]] und [[Osteopathie]] bis zu einem Betrag von 500 SF/Jahr (1993/94) bzw. bis 1.000 SF/Jahr (1995) übernommen wurden. Medikamentenkosten, die aufgrund von Verordnungen anfielen, wurden nur innerhalb des jeweiligen Maximalbetrages erstattet. Die reguläre Grundversicherung der Helvetia-Versicherten wurde also kostenlos um einen Alternativ-Grundsockel erweitert.
    
Zusätzlich wurde Teilnehmern auf freiwilliger Basis ein weiteres Extrapaket namens Helsana angeboten. Hierbei wurden Behandlungen durch einen Naturarzt bis zu 1.500 SF/Jahr oder einen Arzt bis zu 2.000 SF/Jahr übernommen. Heilanwendungen durch einen Arzt/Naturarzt waren bis zu 1.000 SF/Jahr gedeckt und es wurden auch stationäre Kosten bis zu 1.000 SF/Jahr übernommen, so dass im Maximalfall bis zu 4.000 SF/Jahr an Alternativmedizin erstattungsfähig war. Die erstattungsfähigen Verfahren entsprachen jenen in der oben genannten zusätzlichen Alternativ-Grundsockelversorgung.
 
Zusätzlich wurde Teilnehmern auf freiwilliger Basis ein weiteres Extrapaket namens Helsana angeboten. Hierbei wurden Behandlungen durch einen Naturarzt bis zu 1.500 SF/Jahr oder einen Arzt bis zu 2.000 SF/Jahr übernommen. Heilanwendungen durch einen Arzt/Naturarzt waren bis zu 1.000 SF/Jahr gedeckt und es wurden auch stationäre Kosten bis zu 1.000 SF/Jahr übernommen, so dass im Maximalfall bis zu 4.000 SF/Jahr an Alternativmedizin erstattungsfähig war. Die erstattungsfähigen Verfahren entsprachen jenen in der oben genannten zusätzlichen Alternativ-Grundsockelversorgung.
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Eine ausschließliche Inanspruchnahme alternativmedizinischer Behandlungsverfahren fand in der Experiment- und der Kontrollgruppe 1992 überhaupt nicht statt. Kein einziger Patient schien auf die alleinige Wirkung dieser Methoden zu vertrauen. 1995 war der Anteil nur geringgradig höher, nämlich 0,6% (Experimentgruppe) bzw. 0,4% (Kontrollgruppe), wobei in der Kontrollgruppe nicht erstattet wurde.
 
Eine ausschließliche Inanspruchnahme alternativmedizinischer Behandlungsverfahren fand in der Experiment- und der Kontrollgruppe 1992 überhaupt nicht statt. Kein einziger Patient schien auf die alleinige Wirkung dieser Methoden zu vertrauen. 1995 war der Anteil nur geringgradig höher, nämlich 0,6% (Experimentgruppe) bzw. 0,4% (Kontrollgruppe), wobei in der Kontrollgruppe nicht erstattet wurde.
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Schul- und Alternativmedizin kombiniert wurden 1992 von 0,6% (Experimentgruppe) bzw. 0,5% (Kontrollgruppe) der Versicherten benutzt, während 1995 die Anteile bei 6% (Experimentgruppe) bzw. 4,4% (Kontrollgruppe) lagen. In der Helsana-Gruppe (also bis zu 4.000 SF/Jahr Erstattung alternativer Verfahren), lag der Anteil ausschließlicher Nutzung dieser Verfahren bei 0,5% (1992) und stieg auf 2,1% (1995) an. Eine Kombination lag 1992 bei 8,4% und 1995 schon bei 28,5% vor.
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Eine Kombination von Schul- und Alternativmedizin nutzten 1992 von 0,6% (Experimentgruppe) bzw. 0,5% (Kontrollgruppe) der Versicherten, während 1995 die Anteile bei 6% (Experimentgruppe) bzw. 4,4% (Kontrollgruppe) lagen. In der Helsana-Gruppe (also bis zu 4.000 SF/Jahr Erstattung alternativer Verfahren) lag der Anteil ausschließlicher Nutzung dieser Verfahren bei 0,5% (1992) und stieg auf 2,1% (1995) an. Eine Kombination lag 1992 bei 8,4% und 1995 schon bei 28,5% vor.
    
Die oben tabellarisch beschriebenen Zahlen der Jahre 1992-1995 spiegeln nur einen relativ geringen Kostennachteil der alternativen Verfahren im Vergleich zur Hochschulmedizin wieder. Deutlicher wird der Unterschied, wenn die Patienten verglichen werden, die sich mit Helsana-Zusatzversicherung versahen und deren Kostenverhalten den Patienten ohne Helsana-Zusatzversicherung (also normale Hochschulmedizin plus ggf. kostenlosem Alternativ-Sockel) gegenübergestellt wird.
 
Die oben tabellarisch beschriebenen Zahlen der Jahre 1992-1995 spiegeln nur einen relativ geringen Kostennachteil der alternativen Verfahren im Vergleich zur Hochschulmedizin wieder. Deutlicher wird der Unterschied, wenn die Patienten verglichen werden, die sich mit Helsana-Zusatzversicherung versahen und deren Kostenverhalten den Patienten ohne Helsana-Zusatzversicherung (also normale Hochschulmedizin plus ggf. kostenlosem Alternativ-Sockel) gegenübergestellt wird.
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Zu betonen ist, dass die Helsana-Zusatzversicherten in der Regel deutlich jünger waren als die kostenlos Zusatzversicherten und somit auch einen besseren Gesundheitsgrad aufwiesen. Trotzdem ergab sich 1995 am Ende des Versuches, dass Helsana-Patienten insgesamt mit 2.154 SF erheblich mehr Kosten verursachten als die gemischte Kontrollgruppe aus hochschulmedizinisch und/oder mit Alternativ-Grundsockel ausgestatteten Versicherten (1.719 SF). Der Unterschied betrug fast 20%, wobei die Helsana-Versicherten trotz besseren SF-Indexes und niedrigeren Alters sowohl höhere schulmedizinische (1.956 SF) als auch alternativmedizinische (197 SF) Kosten verursachten als die Vergleichsgruppe (1.701 SF respektive 18 SF).
 
Zu betonen ist, dass die Helsana-Zusatzversicherten in der Regel deutlich jünger waren als die kostenlos Zusatzversicherten und somit auch einen besseren Gesundheitsgrad aufwiesen. Trotzdem ergab sich 1995 am Ende des Versuches, dass Helsana-Patienten insgesamt mit 2.154 SF erheblich mehr Kosten verursachten als die gemischte Kontrollgruppe aus hochschulmedizinisch und/oder mit Alternativ-Grundsockel ausgestatteten Versicherten (1.719 SF). Der Unterschied betrug fast 20%, wobei die Helsana-Versicherten trotz besseren SF-Indexes und niedrigeren Alters sowohl höhere schulmedizinische (1.956 SF) als auch alternativmedizinische (197 SF) Kosten verursachten als die Vergleichsgruppe (1.701 SF respektive 18 SF).
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Hinzuzufügen ist, dass vor Beginn der Studie die Versicherten in der Experimental- und der Helsana-Gruppe bezüglich ihrer Befürwortung alternativer Verfahren befragt wurden. In der Experimentalgruppe befürworteten diese Verfahren 17% und in der Helsana-Gruppe 40%. Alternativ- und Hochschulmedizin wurden in 37% (Experimentalgruppe) bzw. 41% (Helsana) befürwortet.
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Hinzuzufügen ist, dass die Versicherten in der Experimental- und der Helsana-Gruppe vor Beginn der Studie bezüglich ihrer Befürwortung alternativer Verfahren befragt wurden. In der Experimentalgruppe befürworteten diese Verfahren 17% und in der Helsana-Gruppe 40%. Alternativ- und Hochschulmedizin wurden zu 37% (Experimentalgruppe) bzw. 41% (Helsana) befürwortet.
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Die Studie kommt insgesamt zu dem Resultat, dass diejenigen Personen, die alternative Methoden von der Krankenkasse vergütet erhielten, unabhängig vom Geschlecht, dem Alter, der schweizerischen Sprachregion und dem Gesundheitsstatus, deutlich höhere durchschnittliche Kosten aufwiesen als jene Versicherten, die keine kostenpflichtige alternativmedizinische Zusatzversicherung (oder gar keine alternative Therapie) angeboten erhalten hatten.
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Die Studie kommt insgesamt zu dem Resultat, dass diejenigen Personen, denen alternative Methoden von der Krankenkasse vergütet wurden, unabhängig vom Geschlecht, dem Alter, der schweizerischen Sprachregion und dem Gesundheitsstatus, deutlich höhere durchschnittliche Kosten aufwiesen als jene Versicherten, die keine kostenpflichtige alternativmedizinische Zusatzversicherung (oder gar keine alternative Therapie) angeboten erhalten hatten.
    
Ein bemerkenswertes Zusatzresultat der Studie ergab die Auswertung der SF-36-Fragebogenresultate. Personen, die hochschulmedizinische Leistungen in Anspruch nahmen, wiesen unabhängig von den kontrollierten soziodemographischen Variablen und der Höhe der Heilkosten einen schlechteren Gesundheitsstatus auf als Versicherte, die keine schulmedizinischen Leistungen in Anspruch nahmen. Patienten, die demnach ärztliche Hilfe suchten, waren deutlich kranker als jene, die keine ärztliche Hilfe benötigten - ein auf der Hand liegender Effekt. Bedeutsam ist jedoch, dass bei denjenigen Patienten, die Alternativmedizin in Anspruch nahmen, der Unterschied zu jenen, die diese Verfahren nicht verwendeten, ausgesprochen gering war. Dies deutet darauf hin, dass Personen, die Alternativmedizin nutzten, im Vergleich zu denjenigen, die schulmedizinische Leistungen abriefen, einen deutlich besseren Gesundheitszustand aufwiesen. Auch lässt sich aus der Untersuchung folgern, dass die Inanspruchnahme von Alternativmedizin in einem deutlich weniger starken Zusammenhang mit gesundheitlichen Problemen steht als bei denjenigen, die schulmedizinische Leistungen abrufen.
 
Ein bemerkenswertes Zusatzresultat der Studie ergab die Auswertung der SF-36-Fragebogenresultate. Personen, die hochschulmedizinische Leistungen in Anspruch nahmen, wiesen unabhängig von den kontrollierten soziodemographischen Variablen und der Höhe der Heilkosten einen schlechteren Gesundheitsstatus auf als Versicherte, die keine schulmedizinischen Leistungen in Anspruch nahmen. Patienten, die demnach ärztliche Hilfe suchten, waren deutlich kranker als jene, die keine ärztliche Hilfe benötigten - ein auf der Hand liegender Effekt. Bedeutsam ist jedoch, dass bei denjenigen Patienten, die Alternativmedizin in Anspruch nahmen, der Unterschied zu jenen, die diese Verfahren nicht verwendeten, ausgesprochen gering war. Dies deutet darauf hin, dass Personen, die Alternativmedizin nutzten, im Vergleich zu denjenigen, die schulmedizinische Leistungen abriefen, einen deutlich besseren Gesundheitszustand aufwiesen. Auch lässt sich aus der Untersuchung folgern, dass die Inanspruchnahme von Alternativmedizin in einem deutlich weniger starken Zusammenhang mit gesundheitlichen Problemen steht als bei denjenigen, die schulmedizinische Leistungen abrufen.
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