Änderungen

Zur Navigation springen Zur Suche springen
K
keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 1: Zeile 1: −
Das '''Simonton-Training''' (auch ''Gesundheitsimmuntraining nach Simonton, Simontonmethode, Psychotherapie nach Simonton, Simonton-Arbeit'' usw) ist ein [[pseudomedizin]]isches psychotherapeutisches Verfahren zur Steigerung der Lebensqualität. Nach Aussage seiner Befürworter dient es auch der Erhöhung der Überlebenswahrscheinlichkeit bei eingetretenen Krebserkrankungen.
+
Das '''Simonton-Training''' (auch ''Gesundheitsimmuntraining nach Simonton, Simontonmethode, Psychotherapie nach Simonton, Simonton-Arbeit'' usw) ist ein [[pseudomedizin]]isches psychotherapeutisches Verfahren zur Steigerung der Lebensqualität. Nach Aussage seiner Befürworter dient es auch der Erhöhung der Überlebenswahrscheinlichkeit bei eingetretenen Krebserkrankungen.
    
Mit dem Slogan [[Selbstheilungskraft|'Selbstheilungskräfte]] bei Krebs aktivieren' warb 1998 die Habichtswald-Klinik in Kassel für ein Seminar mit O. Carl Simonton. Durch Überwindung von Ängsten und durch Umgang mit Schmerzen sollte das Leben mit Krebs erfolgreicher gestaltet werden. Mit einer Technik, die sich "Visualisierung nach Simonton" nennt (bezogen auf [[Visualisieren]]), sollten Krebskranke und ihre Angehörigen geschult und zu mehr Selbstständigkeit und Sicherheit im Umgang mit dem Leiden bzw. leidenden Angehörigen gebracht werden.
 
Mit dem Slogan [[Selbstheilungskraft|'Selbstheilungskräfte]] bei Krebs aktivieren' warb 1998 die Habichtswald-Klinik in Kassel für ein Seminar mit O. Carl Simonton. Durch Überwindung von Ängsten und durch Umgang mit Schmerzen sollte das Leben mit Krebs erfolgreicher gestaltet werden. Mit einer Technik, die sich "Visualisierung nach Simonton" nennt (bezogen auf [[Visualisieren]]), sollten Krebskranke und ihre Angehörigen geschult und zu mehr Selbstständigkeit und Sicherheit im Umgang mit dem Leiden bzw. leidenden Angehörigen gebracht werden.
Zeile 5: Zeile 5:  
==Was ist das Simonton'sche Training?==
 
==Was ist das Simonton'sche Training?==
 
[[image:simonton2.jpg|[[Oscar Carl Simonton]]|thumb]]
 
[[image:simonton2.jpg|[[Oscar Carl Simonton]]|thumb]]
Der Radiologe [[Oscar Carl Simonton]] (1942-2009) entwickelte gemeinsam mit seiner Ehefrau Stephanie, einer Psychotherapeutin, Anfang der 1970er Jahre ein [[Ganzheitlichkeit|ganzheitliches]] Konzept zur Behandlung von Krebs, um dem Erkrankten sein körperliches, geistiges und emotionales Gleichgewicht zurückzugeben.
+
Der Radiologe [[Oscar Carl Simonton]] (1942-2009) entwickelte gemeinsam mit seiner Ehefrau Stephanie, einer Psychotherapeutin, Anfang der 1970er Jahre ein [[Ganzheitlichkeit|ganzheitliches]] Konzept zur Behandlung von Krebs, um dem Erkrankten sein körperliches, geistiges und emotionales Gleichgewicht zurückzugeben. Dadurch sollte es Krebskranken ermöglicht werden, den Krebs erfolgreich zu bekämpfen. Entspannung und geführte Imagination waren Kernelemente dieses Trainings.
Dadurch sollte es Krebskranken ermöglicht werden, den Krebs erfolgreich zu bekämpfen. Entspannung und geführte Imagination waren Kernelemente dieses Trainings.
     −
Nach einer einleitenden Entspannungsperiode sollten sich die Patienten ihren Tumor als schwach, unorganisiert und weich vorstellen. Die konventionellen Therapiemaßnahmen sollten als kraftvolle und effektive Gegenmaßnahme imaginiert werden, mit deren Hilfe sich das aggressive Immunsystem des Patienten gegen den Tumor zur Wehr setzt. Die weißen Blutkörperchen sollte man sich als eine riesige Abwehrarmee vorstellen, die kraftvoll die Tumorzellen überwältigen und vernichten. Dabei sollte sich der Patient selbst als kraftvoll und energiegeladen empfinden. In diese Vorstellungswelt sollte man sich nach Empfehlung von O. C. Simonton dreimal täglich begeben.
+
Nach einer einleitenden Entspannungsperiode sollten sich die Patienten ihren Tumor als schwach, unorganisiert und weich vorstellen. Die konventionellen Therapiemaßnahmen sollten als kraftvolle und effektive Gegenmaßnahme imaginiert werden, mit deren Hilfe sich das aggressive Immunsystem des Patienten gegen den Tumor zur Wehr setzt. Die weißen Blutkörperchen sollte man sich als eine riesige Abwehrarmee vorstellen, die kraftvoll die Tumorzellen überwältigt und vernichtet. Dabei sollte sich der Patient selbst als kraftvoll und energiegeladen empfinden. In diese Vorstellungswelt sollte man sich nach Empfehlung von O. C. Simonton dreimal täglich begeben.
    
Zunächst wurde dieses System von den Autoren als Begleitbehandlung für Krebspatienten propagiert, aber relativ schnell wurde kolportiert, dass das Training selbst einen Anti-Tumor-Effekt habe. Dies mag dazu beigetragen haben, dass das Buch "Getting Well Again", welches das Ehepaar herausgab, in erheblichem Umfang gekauft wurde.
 
Zunächst wurde dieses System von den Autoren als Begleitbehandlung für Krebspatienten propagiert, aber relativ schnell wurde kolportiert, dass das Training selbst einen Anti-Tumor-Effekt habe. Dies mag dazu beigetragen haben, dass das Buch "Getting Well Again", welches das Ehepaar herausgab, in erheblichem Umfang gekauft wurde.
   −
==Länger leben dank Simonton-Training==
+
==Länger leben dank Simonton-Training?==
Angeblich belegt wurde der Erfolg des Simonton'schen Trainings vom Ehepaar Simonton durch eine 1981 veröffentlichte Studie (Simonton und Simonton-Matthews 1981)<ref>Simonton OC, Matthews-Simonton S: Cancer and stress: counselling the cancer patient. Med J Aust, 1, 679 und 682-683, 1981</ref>. In dieser Pilotstudie wurden während der Jahre 1974 bis 1978 insgesamt 193&nbsp;Patienten mit diagnostizierten Tumorleiden beobachtet und die medianen Überlebenszeiten von 71&nbsp;Mammakarzinompatientinnen (38,5&nbsp;Monate), 28&nbsp;Darmtumorpatienten (22,5&nbsp;Monate) und 24&nbsp;Lungenkarzinompatienten (14,5&nbsp;Monate) ermittelt. Deren berichtete Überlebenszeiten waren nach Angaben des Autorenehepaars angeblich deutlich länger als jene Zeitspannen, die seinerzeit in der medizinischen Vergleichsliteratur genannt wurden. Deshalb sei das Simonton-Training empfehlenswert und lebenszeitverlängernd.
+
Angeblich belegt wurde der Erfolg des Simonton'schen Trainings vom Ehepaar Simonton durch eine 1981 veröffentlichte Studie (Simonton und Simonton-Matthews 1981).<ref>Simonton OC, Matthews-Simonton S: Cancer and stress: counselling the cancer patient. Med J Aust, 1, 679 und 682-683, 1981</ref> In dieser Pilotstudie wurden während der Jahre 1974 bis 1978 insgesamt 193&nbsp;Patienten mit diagnostizierten Tumorleiden beobachtet und die medianen Überlebenszeiten von 71&nbsp;Mammakarzinompatientinnen (38,5&nbsp;Monate), 28&nbsp;Darmtumorpatienten (22,5&nbsp;Monate) und 24&nbsp;Lungenkarzinompatienten (14,5&nbsp;Monate) ermittelt. Deren berichtete Überlebenszeiten waren nach Angaben des Autorenehepaars angeblich deutlich länger als jene Zeitspannen, die seinerzeit in der medizinischen Vergleichsliteratur genannt wurden. Deshalb sei das Simonton-Training empfehlenswert und lebenszeitverlängernd.
    
==Die Realität==
 
==Die Realität==
Zeile 24: Zeile 23:     
==Was ist vom Simonton'schen Training zu halten?==
 
==Was ist vom Simonton'schen Training zu halten?==
Krebspatienten sind neben HIV-Patienten am stärksten geneigt, sich fragwürdigen Therapieverfahren hinzugeben. Da sie unter erheblichem psychischen Stress leiden - verstärkt bei Tumoren, die schnell wachsen und besonders bösartig sind - liegt es nahe, dass diese Betroffenen versuchen, sich Verfahren zuzuwenden, die versprechen, ein wenig Dampf abzulassen. Hier bietet sich natürlich das Simonton'sche Training an, denn in der Tat arbeitet es mit wirksamen Entspannungstechniken und einer modifizierten [[Visualisieren|Visualisationstechnik]]. Leider hat das Training einen Nachteil - es wirkt nunmal offensichtlich nicht gegen Krebs!
+
Krebspatienten sind neben HIV-Patienten am stärksten geneigt, sich fragwürdigen Therapieverfahren hinzugeben. Da sie unter erheblichem psychischen Stress leiden - verstärkt bei Tumoren, die schnell wachsen und besonders bösartig sind -, liegt es nahe, dass diese Betroffenen versuchen, sich Verfahren zuzuwenden, die versprechen, ein wenig Dampf abzulassen. Hier bietet sich natürlich das Simonton'sche Training an, denn in der Tat arbeitet es mit wirksamen Entspannungstechniken und einer modifizierten [[Visualisieren|Visualisationstechnik]]. Leider hat das Training einen Nachteil - es wirkt offensichtlich nicht gegen Krebs!
   −
Da O.&nbsp;C.&nbsp;Simonton in den letzten 30&nbsp;Jahren keine überzeugenden Belege für seine Behauptung beigebracht hat, dass seine Therapie wirklich eine Lebenszeitverlängerung bewirken würde, muss man davon ausgehen, dass die Methode körperlich harmlos ist, aber eben auch keine Anti-Tumor-Wirkung besitzt. Leider besteht aber Gefahren für den Patienten - und zwar in Abhängigkeit von der (Un-)Fähigkeit des Anbieters Simonton'scher Trainingsseminare: Der Patient bezahlt für ein simples Entspannungsseminar, das man bei den meisten Tumor-Kliniken schon während der operativen Nachsorgeperiode kostenlos erhält. Auch ist es denkbar, dass sich manche Tumorpatienten aufgrund des Simonton'schen Trainings einreden, an der weiteren Ausbreitung des Tumors selbst schuld zu sein, weil sie nur nicht angemessen trainieren würden.
+
Da O.&nbsp;C.&nbsp;Simonton in den letzten 30&nbsp;Jahren keine überzeugenden Belege für seine Behauptung beigebracht hat, dass seine Therapie wirklich eine Lebenszeitverlängerung bewirke, muss man davon ausgehen, dass die Methode körperlich harmlos ist, aber eben auch keine Anti-Tumor-Wirkung besitzt. Leider bestehen aber Gefahren für den Patienten - und zwar in Abhängigkeit von der (Un-)Fähigkeit des Anbieters Simonton'scher Trainingsseminare: Der Patient bezahlt für ein simples Entspannungsseminar, das man bei den meisten Tumor-Kliniken schon während der operativen Nachsorgeperiode kostenlos erhält. Auch ist es denkbar, dass sich manche Tumorpatienten aufgrund des Simonton'schen Trainings einreden, an der weiteren Ausbreitung des Tumors selbst schuld zu sein, weil sie nicht angemessen trainierten.
    
Die Simontons mögen ihr angebliches Training anfänglich sicherlich in guter Absicht entwickelt haben. Das ursprüngliche Training wäre wohl höchstwahrscheinlich mit den Jahren einfach in der Versenkung verschwunden, wenn man es nicht unseriös als Wundertherapie gegen Krebs propagiert hätte.
 
Die Simontons mögen ihr angebliches Training anfänglich sicherlich in guter Absicht entwickelt haben. Das ursprüngliche Training wäre wohl höchstwahrscheinlich mit den Jahren einfach in der Versenkung verschwunden, wenn man es nicht unseriös als Wundertherapie gegen Krebs propagiert hätte.
8.396

Bearbeitungen

Navigationsmenü