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==Was ist der Inhalt von Morinda citrifolia (Noni-Saft)?==
 
==Was ist der Inhalt von Morinda citrifolia (Noni-Saft)?==
 
[[image:xeronin.jpg|Strukturformel des hypothetischen Xeronin (nach R. Heinicke)|260px|thumb]]
 
[[image:xeronin.jpg|Strukturformel des hypothetischen Xeronin (nach R. Heinicke)|260px|thumb]]
Der Saft von ''Morinda citrifolia'' enthält eine Substanz mit der Bezeichnung 'noni-ppt' (Hirazumi und Furusawa 1999), aber auch Anthraquinone (Hagendoorn et al. 1999<ref>Hagendoorn MJ, Jamar DC, van der Plas LH: Directing anthraquinone accumulation via manipulation of Morinda suspension cultures. Methods Mol Biol 111: 383-391, 1999</ref>) und hierbei u.a. Damnacanthal, das in den Wurzeln der Pflanze vorkommt (Hiramatsu et al. 1993). Natürlicherweise in Pflanzen vorkommende Anthraquinone, sog. 1,8-Dihydroxyanthraquinone (1,8-DHA), sind häufiger Bestandteil von Abführmitteln - sog. Laxantien. Im Tierversuch sind solche Substanzen möglicherweise krebserregend (Mueller und Stopper 1999). Pflanzensäfte, die als Abführmittel benutzt werden, aktivieren im Zellkulturversuch die Urokinaseproduktion von Darmzellen, was die Entartung dieser Zellen fördern kann (Schorkhuber et al. 1998). Eine tatsächliche krebserzeugende Wirkung von 1,8-DHA-reichen Abführmitteln wurde beim Menschen bisher weder bestätigt noch ausgeschlossen.
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Der Saft von ''Morinda citrifolia'' enthält eine Substanz mit der Bezeichnung 'noni-ppt' (Hirazumi und Furusawa 1999), aber auch Anthraquinone (Hagendoorn et al. 1999<ref>Hagendoorn MJ, Jamar DC, van der Plas LH: Directing anthraquinone accumulation via manipulation of Morinda suspension cultures. Methods Mol Biol 111: 383-391, 1999</ref>) und hierbei u.a. Damnacanthal, das in den Wurzeln der Pflanze vorkommt (Hiramatsu et al. 1993<ref>Hiramatsu T, Imoto M, Koyano T, Umezawa K: Induction of normal phenotypes in ras-transformed cells by damnacanthal from Morinda citrifolia. Cancer Lett 73: 161-166, 1993</ref>). Natürlicherweise in Pflanzen vorkommende Anthraquinone, sog. 1,8-Dihydroxyanthraquinone (1,8-DHA), sind häufiger Bestandteil von Abführmitteln - sog. Laxantien. Im Tierversuch sind solche Substanzen möglicherweise krebserregend (Mueller und Stopper 1999). Pflanzensäfte, die als Abführmittel benutzt werden, aktivieren im Zellkulturversuch die Urokinaseproduktion von Darmzellen, was die Entartung dieser Zellen fördern kann (Schorkhuber et al. 1998). Eine tatsächliche krebserzeugende Wirkung von 1,8-DHA-reichen Abführmitteln wurde beim Menschen bisher weder bestätigt noch ausgeschlossen.
    
Von den Anbietern des Nonisaftes wird immer wieder eine ominöse Substanz namens [[Xeronin]] ins Gespräch gebracht, die für Heilwirkungen verantwortlich sei. Bis heute ist aber nicht wissenschaftlich erwiesen, dass es diese Substanz überhaupt gibt.
 
Von den Anbietern des Nonisaftes wird immer wieder eine ominöse Substanz namens [[Xeronin]] ins Gespräch gebracht, die für Heilwirkungen verantwortlich sei. Bis heute ist aber nicht wissenschaftlich erwiesen, dass es diese Substanz überhaupt gibt.
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Behauptet wird von den Anbietern, dass der Saft gegen Krebs wirksam sei und im World Wide Web finden sich immer wieder Hinweise auf angeblich auf wundersame Weise geheilte Patienten, die sich allerdings bezeichnenderweise in Luft auflösen, wenn man um konkretere Informationen nachsucht.
 
Behauptet wird von den Anbietern, dass der Saft gegen Krebs wirksam sei und im World Wide Web finden sich immer wieder Hinweise auf angeblich auf wundersame Weise geheilte Patienten, die sich allerdings bezeichnenderweise in Luft auflösen, wenn man um konkretere Informationen nachsucht.
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Allerdings bietet die medizinische Fachliteratur einige Hinweise auf Tierversuche, in denen ein Inhaltsprodukt des Saftes, nämlich noni-ppt (s.o.) untersucht wurde. Am Department of Pharmacology der Burns School of Medicine der University of Hawaii in Honolulu wurden von Hirazumi und Furasawa (1999) die Überlebenszeitspannen von tumortragenden Mäusen analysiert, die dieses Mittel erhalten hatten. Die Tiere hatten in ihr Bauchfell Lewis-Lungenzell-Karzinomzellen (LLC) injiziert erhalten. Im vorher durchgeführten Reagenzglasversuch hatte noni-ppt keinen Einfluss auf das Zellwachstum von LLC gehabt, aber im Mausmodell erschien eine gewisse Stimulation von Mediatoren wie Tumornekrosefaktor alpha (TNF-alpha), Interleukin-1 beta, IL10, IL-12 und Interferon-gamma zu erfolgen. Eine wirklich relevante Verbesserung der Überlebenszeit der Tiere ergab sich aber erst, wenn zusätzlich zum noni-ppt Chemotherapeutika wie Adriamycin, Cisplatin, 5-Fluorouracil und Vincristin appliziert wurden. Dieser Versuch demonstriert deutlich, dass noni-ppt keine sonderlich überragende Wirksamkeit gegen Krebszellen zu besitzen scheint.
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Allerdings bietet die medizinische Fachliteratur einige Hinweise auf Tierversuche, in denen ein Inhaltsprodukt des Saftes, nämlich noni-ppt (s.o.) untersucht wurde. Am Department of Pharmacology der Burns School of Medicine der University of Hawaii in Honolulu wurden von Hirazumi und Furasawa (1999) die Überlebenszeitspannen von tumortragenden Mäusen analysiert, die dieses Mittel erhalten hatten.<ref>Hirazumi A, Furusawa E: An immunomodulatory polysaccharide-rich substance from the fruit juice of Morinda citrifolia (noni) with antitumour activity. Phytother Res 13: 380-387, 1999</ref> Die Tiere hatten in ihr Bauchfell Lewis-Lungenzell-Karzinomzellen (LLC) injiziert erhalten. Im vorher durchgeführten Reagenzglasversuch hatte noni-ppt keinen Einfluss auf das Zellwachstum von LLC gehabt, aber im Mausmodell erschien eine gewisse Stimulation von Mediatoren wie Tumornekrosefaktor alpha (TNF-alpha), Interleukin-1 beta, IL10, IL-12 und Interferon-gamma zu erfolgen. Eine wirklich relevante Verbesserung der Überlebenszeit der Tiere ergab sich aber erst, wenn zusätzlich zum noni-ppt Chemotherapeutika wie Adriamycin, Cisplatin, 5-Fluorouracil und Vincristin appliziert wurden. Dieser Versuch demonstriert deutlich, dass noni-ppt keine sonderlich überragende Wirksamkeit gegen Krebszellen zu besitzen scheint.
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Die Substanz Damnacanthal, eines der 1,8-DHAs im Presssaft von Morinda citrifolia, wurde in der Abteilung für Biochemie der School of Medicine der Chiba Universität in Japan von Hiwasa et al. (1999) im Hinblick auf eine Anti-Tumor-Wirkung untersucht. Im Zellkulturversuch an menschlichen UV-Licht-resistenten fibroblastischen Tumorzellen der Haut konnte man den Zerstörungsgrad der Zellen steigern, wenn vor einer UV-Lichttherapie Damnacanthal appliziert wurde. Die Substanz alleine zeigte aber keine Wirkung gegen die Fibroblasten.
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Die Substanz Damnacanthal, eines der 1,8-DHAs im Presssaft von Morinda citrifolia, wurde in der Abteilung für Biochemie der School of Medicine der Chiba Universität in Japan von Hiwasa et al. (1999) im Hinblick auf eine Anti-Tumor-Wirkung untersucht.<ref>Hiwasa T, Arase Y, Chen Z, Kita K, Umezawa K, Ito H, Suzuki N: Stimulation of ultraviolet-induced apoptosis of human fibroblast UVr-1 cells by tyrosine kinase inhibitors. FEBS Lett 444: 173-176, 1999</ref> Im Zellkulturversuch an menschlichen UV-Licht-resistenten fibroblastischen Tumorzellen der Haut konnte man den Zerstörungsgrad der Zellen steigern, wenn vor einer UV-Lichttherapie Damnacanthal appliziert wurde. Die Substanz alleine zeigte aber keine Wirkung gegen die Fibroblasten.
    
Dass der Pflanzensaft der ''Morinda citrifolia'' eine gewisse Wirkung gegen Bakterien und Pilze haben könnte, geht aus einer Studie über den in Indonesien verbreiteten Pflanzenmischsaft 'Jamu Gedong' hervor. Limyati und Junair (1998) von der Widya Mandala Catholic University im indonesischen Surabaya fanden bei der Untersuchung des Bakterien- und Schimmelpilzbefalls verschiedener Früchte - u.a. auch von Morinda citrifolia - eine etwas geringere Verunreinigung durch diese Erreger. Allerdings ist der dafür möglicherweise verantwortliche Wirkstoff nicht bekannt und auch die Stärke des Schutzes der Pflanzen vor Bakterien und Schimmelpilzen ist noch nicht untersucht worden.
 
Dass der Pflanzensaft der ''Morinda citrifolia'' eine gewisse Wirkung gegen Bakterien und Pilze haben könnte, geht aus einer Studie über den in Indonesien verbreiteten Pflanzenmischsaft 'Jamu Gedong' hervor. Limyati und Junair (1998) von der Widya Mandala Catholic University im indonesischen Surabaya fanden bei der Untersuchung des Bakterien- und Schimmelpilzbefalls verschiedener Früchte - u.a. auch von Morinda citrifolia - eine etwas geringere Verunreinigung durch diese Erreger. Allerdings ist der dafür möglicherweise verantwortliche Wirkstoff nicht bekannt und auch die Stärke des Schutzes der Pflanzen vor Bakterien und Schimmelpilzen ist noch nicht untersucht worden.
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==Werbung mit fragwürdigen Aussagen ist üblich==
 
==Werbung mit fragwürdigen Aussagen ist üblich==
 
[[image:Heinicke.jpg|Ralph Heinicke|thumb]]
 
[[image:Heinicke.jpg|Ralph Heinicke|thumb]]
Als Beispiel sei eine mittlerweile nicht mehr im Netz befindliche Homepage des Freyunger Karl Wurm genannt, der Noni-Saft verkaufte. Er behauptete, dass "Dr.&nbsp;Ralph Heinicke, er ist ein führender Biochemiker in den USA" eine entscheidende Entdeckung gemacht haben soll. So soll R.&nbsp;M. Heinicke nach dem Studium von Enzymen in der Ananas ein Alkaloid gefunden haben, das er Xeronine genannt habe und welches lebenswichtig für die Funktion des Körpers sei.
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Als Beispiel sei eine mittlerweile nicht mehr im Netz befindliche Homepage des Freyunger Karl Wurm genannt, der Noni-Saft verkaufte. Er behauptete, dass "Dr.&nbsp;Ralph Heinicke, er ist ein führender Biochemiker in den USA" eine entscheidende Entdeckung gemacht haben soll. So soll R.&nbsp;M. Heinicke nach dem Studium von Enzymen in der Ananas ein Alkaloid gefunden haben, das er [[Xeronin]]e genannt habe und welches lebenswichtig für die Funktion des Körpers sei.
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Blättert man in der medizinischen Fachliteratur, erhält man von diesem führenden Biochemiker Heinicke gerade mal drei kurze Beiträge aus den späten 1960er und frühen 1970er Jahren, in denen er über die Wirkung von [[Bromelain]] bei Ananas berichtete (Heinicke et al. 1967, 1971 und 1972).
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Blättert man in der medizinischen Fachliteratur, erhält man von diesem führenden Biochemiker Heinicke gerade mal drei kurze Beiträge aus den späten 1960er und frühen 1970er Jahren, in denen er über die Wirkung von [[Bromelain]] bei Ananas berichtete (Heinicke et al. 1967, 1971 und 1972).<ref>Heinicke RM, Levand O, Sugai R, Larson C: Supplementary proteases and gastric digestion. Exp Med Surg, 25, 156-168, 1967</ref><ref>Heinicke RM, Ito T, McCarthy L, Yokoyama M: Effect of bromelain on clinical laboratory tests after oral administration. Jpn Heart J 12: 517-527, 1971</ref><ref>Heinicke RM, Wal L van der, Yokoyama M: Effect of bromelain (Ananase) on human platelet aggregation. Experientia 28: 844-845, 1972</ref>
    
Bromelain ist ein proteolytisches Enzym, das sich in den Stämmen und Früchten der Ananas findet. Wie das Papain, dem es strukturell ähnelt, gehört es zu den sog. Thiolproteasen und ist ein pflanzliches Verdauungsenzym. Papain wiederum ist ein Enzym, das Peptidbindungen spalten kann und bevorzugt Lysin und Arginin angreift. In der Laboranalyse wird Papain bevorzugt zum vorsichtigen Aufspalten von Immunglobulinen benutzt. Der Ananas wurden in den letzten Jahren vor allem als Gebärmuttertonikum Wirkungen nachgesagt, die sich aber in der Realität so nicht bewahrheitet haben.
 
Bromelain ist ein proteolytisches Enzym, das sich in den Stämmen und Früchten der Ananas findet. Wie das Papain, dem es strukturell ähnelt, gehört es zu den sog. Thiolproteasen und ist ein pflanzliches Verdauungsenzym. Papain wiederum ist ein Enzym, das Peptidbindungen spalten kann und bevorzugt Lysin und Arginin angreift. In der Laboranalyse wird Papain bevorzugt zum vorsichtigen Aufspalten von Immunglobulinen benutzt. Der Ananas wurden in den letzten Jahren vor allem als Gebärmuttertonikum Wirkungen nachgesagt, die sich aber in der Realität so nicht bewahrheitet haben.
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Dr. Ralph Heinicke trat nach den frühen 1970er Jahren in der medizinischen Fachliteratur nicht mehr in Erscheinung. Von einem 'führenden Biochemiker' kann keinesfalls Rede sein. Lediglich im Jahre 1997 wurden von ihm auf http://www.halfpricenoni.com/magicfruit.html, einer Noni-Marketing-Website, ungenaue und reichlich dürftige Informationen zu den angeblich von ihm gefundenen 'Xeroninen' veröffentlicht.
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Ralph Heinicke trat nach den frühen 1970er Jahren in der medizinischen Fachliteratur nicht mehr in Erscheinung. Von einem 'führenden Biochemiker' kann keinesfalls Rede sein. Lediglich im Jahre 1997 wurden von ihm auf http://www.halfpricenoni.com/magicfruit.html, einer Noni-Marketing-Website, ungenaue und reichlich dürftige Informationen zu den angeblich von ihm gefundenen 'Xeroninen' veröffentlicht.
    
Auf der gleichen Website wird (allerdings nicht von Heinicke selbst) die Behauptung erhoben "A report from Cancer Letters claims that Noni turned cancer cells back into normal cells!". Auf deutsch: die US-Fachzeitschrift Cancer Letters hätte behauptet, Noni sei in der Lage, Krebszellen in normale Zellen zurückzuverwandeln. Solch einen Bericht hat es nie gegeben, was sich in der Fachliteratur auch leicht nachprüfen lässt.
 
Auf der gleichen Website wird (allerdings nicht von Heinicke selbst) die Behauptung erhoben "A report from Cancer Letters claims that Noni turned cancer cells back into normal cells!". Auf deutsch: die US-Fachzeitschrift Cancer Letters hätte behauptet, Noni sei in der Lage, Krebszellen in normale Zellen zurückzuverwandeln. Solch einen Bericht hat es nie gegeben, was sich in der Fachliteratur auch leicht nachprüfen lässt.
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* Heinicke RM, Levand O, Sugai R, Larson C: Supplementary proteases and gastric digestion. Exp Med Surg, 25, 156-168, 1967
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* Heinicke RM, Ito T, McCarthy L, Yokoyama M: Effect of bromelain on clinical laboratory tests after oral administration. Jpn Heart J 12: 517-527, 1971
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* Heinicke RM, Wal L van der, Yokoyama M: Effect of bromelain (Ananase) on human platelet aggregation. Experientia 28: 844-845, 1972
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* Hiramatsu T, Imoto M, Koyano T, Umezawa K: Induction of normal phenotypes in ras-transformed cells by damnacanthal from Morinda citrifolia. Cancer Lett 73: 161-166, 1993
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* Hirazumi A, Furusawa E: An immunomodulatory polysaccharide-rich substance from the fruit juice of Morinda citrifolia (noni) with antitumour activity. Phytother Res 13: 380-387, 1999
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* Hiwasa T, Arase Y, Chen Z, Kita K, Umezawa K, Ito H, Suzuki N: Stimulation of ultraviolet-induced apoptosis of human fibroblast UVr-1 cells by tyrosine kinase inhibitors. FEBS Lett 444: 173-176, 1999
   
* Limyati DA, Juniar BL: Jamu Gedong, a kind of traditional medicine in Indonesia: the microbial contamination of its raw materials and endproduct. J Ethnopharmacol 63: 201-208, 1998
 
* Limyati DA, Juniar BL: Jamu Gedong, a kind of traditional medicine in Indonesia: the microbial contamination of its raw materials and endproduct. J Ethnopharmacol 63: 201-208, 1998
 
* Meyer R: Noni-Zubereitungen gegen Krebs u.a.? Arznei-Telegramm, Ausgabe Februar 2000
 
* Meyer R: Noni-Zubereitungen gegen Krebs u.a.? Arznei-Telegramm, Ausgabe Februar 2000
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