Diflu-Therapie

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Die Diflu-Therapie ist ein experimentelles unkonventionelles Behandlungsschema gegen Krebs, bei dem Salizylsäure-Derivate zum Einsatz kommen. Die von einigen wenigen Ärzten in Deutschland eingesetzte Methode wird weder in Leitlinien der Onkologie thematisiert, noch wurde sie bislang von Fachgesellschaften bewertet. Die Anwender setzen die Methode daher im Rahmen des gesetzlich in Deutschland zugelassenen individuellen Heilversuchs (Compassionate_Use) ein (in diesem Falle als Off label use, also eine Verwendung eines Medikaments, das eigentlich für einen anderen Zweck zugelassen wurde). Befürworter sehen in der Methode eine (Zitat) "Chance, Krebszellen von Tumoren und Metastasen zu bekämpfen", ohne dabei Nebenwirkungen befürchten zu müssen. Dabei wird vom Befürworterkreis auf ein obligat extra-zelluläres saures Milieu von Krebszellen verwiesen (Zitat: "Sie basiert auf der etablierten Kenntnis, dass Tumore und Metastasen ein extra-zelluläres saures Milieu aufweisen." Siehe auch: Warburg-Hypothese). Die Therapiemethode wurde von Prof. Dr. Werner Kreutz und seiner Arbeitsgruppe am Institut für Biophysik und Strahlenbiologie der Universität Freiburg entwickelt. Kreutz betreibt die Webseite OncoAdvance.com.

Die Methode

Bei der Diflu-Therapie kommen mehrere Derivate der Salizylsäure zum Einsatz. Salizylsäure ist allgemein durch das Medikament Aspirin (Bayer) bekannt. Hauptsächlich wird auf den Wirkstoff Diflunisal (Diflunisal (5-(2,4-difluorophenyl)-Salizylsäure) gesetzt, ein entzündungshemmendes und schmerzlinderndes Medikament, das bereits 1971 von Merck Sharp & Dohme (Handelsname: Dolobid) entwickelt wurde. Es zählt wie Aspirin zu den nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR).

Nach Angaben privater Webseiten setzt die Methode auf eine Kombination von drei Mitteln, für die nach Ansicht der Anwender ein Synergismus bestehen soll. Es handelt sich dabei um einen Off-Label-Gebrauch, die Wirkstoffe sind nicht für die Behandlung von Krebs zugelassen (von der rein symptomatischen Linderung von Schmerzen abgesehen):

Durch Diflunisal soll es zu einer pH-abhängigen Apoptose (Zelltod) in "Laktat-transportierenden Zellen" kommen. Des weiteren soll es zu einer pH-Wert abhängigen so genannten Porenbildung selektiv nur in Krebszellen kommen.[1] Nach Angaben des Erfinders der Methode handele es sich bei der Diflu-Therapie um eine "universelle Krebstherapie", die auf "alle solide Tumore und Metastasen" wirke. Sie schädige ausschließlich Krebszellen und sei "frei von Nebenwirkungen". Im Ergebnis komme es zu Zelltod (Apoptose bei Krebszellen) und Porenbildung in der Krebszellmembran, ohne dass es zu einer Resistenzbildung käme.[2]

Anwender

Die experimentelle Diflu-Therapie wird in Deutschland von einem privaten Unifontis Tumorzentrum[3] in Köln eingesetzt, das angibt, auch konventionelle Therapien einzusetzen.

Ungesetzliche Heilmittelwerbung im Internet

Screenshot von Unifontis-Webseite vom 1. Dezember 2011

Die Diflu-Therapie wird im Internet von Unifontis Praxis mit gesetzlich vom Heilmittelwerbegesetz nicht erlaubten Patientenzitaten beworben[4]. Ob die positiven Patientenstimmen von tatsächlichen ehemaligen Patienten stammen, kann vom Leser nicht nachgeprüft werden. Verschlimmernd kommt hinzu, dass die Webseitenbetreiber der Unifontis keine ausreichende Anonymisierung ihrer "Patientenstimmen" vorgenommen haben: Schon mit geringen Computerkenntnissen ist es möglich, die tatsächlichen Namen zu erkennen (aus Gründen des Datenschutzes gibt EsoWatch hier keine Hinweise, wie die Namen erkannt werden können).

Fachliteratur

Eine Suche bei PubMed nach "Diflunisal cancer" führte im Dezember 2011 zu 15 Treffern. Weitere Treffer finden sich mit einer Suche bei Google Scholar. Neben Studien, die Diflunisal als Mittel zur Linderung bei Tumorschmerzen zum Thema haben, finden sich einige Arbeiten, die die in vitro Aktivität von Diflunisal gegen Krebszellen untersuchten.[5][6][7] Klinische Studien am Menschen, bei denen Diflunisal zur kurativen Therapie von Krebs eingesetzt wurde, finden sich nicht.

Patente

Die Diflu-Therapie wurde von Kreutz unter seiner Privatadresse zum Patent angemeldet. Bis November 2011 waren allerdings noch keine Patente erteilt:

  • DE 10338090 A1: Diflunisal zur Behandlung von Krebs. Anmeldedatum: 19.08.2003. Anmelder: Kreutz, Werner, Prof. Dr.
  • EP 1656147 A1: Diflunisal zur Behandlung von Krebs. Anmeldedatum: 18.08.2004. Anmelder: Kreutz, Werner, Prof. Dr.

Weblinks

Quellennachweise

  1. http://www.patent-de.com/20050324/DE10338090A1.html
  2. http://oncoadvance.com/Allgemeine%20Information1.htm
  3. Unifontis Tumorzentrum, Praxisleitung Prof. Dr. med Drevs, Custodisstraße 3-17, 50679 Köln
  4. http://www.unifontis.net/cms/index.php?option=com_content&view=article&id=37&Itemid=35
  5. Zhong GX, Chen LL, Li HB, Liu FJ, Hu JQ, Hu WX (2009): Synthesis and biological evaluation of amide derivatives of diflunisal as potential anti-tumor agents. (Zhejiang University of Technology, Hangzhou PR China). Med Chem Lett. 19(15):4399-402
  6. Cannell GR, Vesey DA, Dickinson RG (2001) (Centre for Studies in Drug Disposition, Department of Medicine, The University of Queensland at Royal Brisbane Hospital, Australia): Inhibition of proliferation of HT-29 colon adenocarcinoma cells by carboxylate NSAIDs and their acyl glucuronides. Life Sci. 70(1):37-48
  7. Teicher BA, Korbut TT, Menon K, Holden SA, Ara G (1994): Cyclooxygenase and lipoxygenase inhibitors as modulators of cancer therapies. Cancer Chemother Pharmacol. 33(6):515-22