Dass die Welt irgendwann, spätestens, wenn die Sonne kollabiert, untergehen wird, gilt als gesichertes Wissen. Der zu Lebzeiten drohende Weltuntergang als angstmachendes Druckmittel aber ist aus vielen esoterischen Lehren als Hauptzutat der Proselytengewinnung nicht wegzudenken. Hier ist eine Liste, was wir schon alles verpasst haben:

Weltuntergangsszenarien werden z.B. von Vertretern des Katastrophismus propagiert oder im Maya-Kalender und von den Zeugen Jehovas vorausgesagt. Nach deren Gründer Russell sollte die Welt erstmals 1874 untergehen, am Ende dieses Jahres verlegte er den Weltuntergang auf das Jahr 1914. Dies deshalb, weil im Buch Daniel des Alten Testaments von sieben Zeitaltern die Rede ist. Wenn man ein Zeitalter zu je 360 Tagen rechnen würde, ergäbe diese eine Zahl von 2520 Tagen, die er aber als Jahre sah. Nach diesem Rechenfehler wurde der Weltuntergang auf das Jahr 1925 verschoben. Wenig überraschend verlegte man danach das Ende der Geschichte auf 1975, das sich aber auch nicht recht einstellen sollte. Einige Zeugen nannten nun das Jahr 2000, die offizielle Größen dieser Sekte lehnen aber lernfähig weitere detaillierte Nennungen eines bevorstehenden Endes ab.

Seit der Antike gibt es in vielen Religionen Überlieferungen diverser Weltuntergangsszenarien, z.B. das Jüngste Gericht, das gleichermaßen bei Judentum, Christentum und Islam Teil der Überlieferung ist. Auch zahlreiche Sekten propagieren diverse Weltuntergangsvorstellungen ("Weltuntergangssekte"), die in einigen Fällen zu Massensuiziden unter Sektenmitgliedern geführt haben. Beispiele sind im Jahr 2000 die Sekte "Wiederherstellung der zehn Gebote Gottes" in Uganda (etwa 1000 Todesopfer) [1], 1993 die Davidianer-Sekte in Texas (82 Todesopfer) [2] und 1978 die Volkstemplersekte in der Siedlung Jonestown im Dschungel Guyanas, Südamerika (923 Todesopfer)[3]

Charakteristisch ist die allen gemeinsame Vorstellung, dass Anhänger des eigenen Glaubens, die sich während ihres irdischen Lebens gemäß den jeweils geltenden Regeln entsprechend fromm benommen haben oder anderweitig als "erleuchtet" oder "auserwählt" gelten, eine Art Paradies, Erlösung o.ä. zuteil wird, während alle anderen der Verdammnis anheim fallen. Die Vorstellung einiger Sektenideologien ist auch die Rettung der jeweiligen Mitglieder durch Außerirdische, während der Rest der Menschheit auf der untergehenden Erde verbleiben muss. Die Propagierung dieser Ideen dient allerdings eher der Disziplinierung der Gläubigen als der Sorgen um deren Seelenheil.

Jüdisch/christliche Hintergründe

Übersicht: Es soll dargestellt werden, dass das westliche, christlich bestimmte Geschichtsverständnis zielgerichtet ist: Gott wird im Jüngsten Gericht über Gut und Böse richten. Nicht nur dieses Gericht ist bereits festgelegt, sondern auch der Sieg des Guten über das Böse, womit das Reich Gottes verwirklicht wird. Diese Vorstellungen entstammen im Kern dem jüdischen Alten Testament, das diese Ideen vor allem aus altpersischen, indischen, mesopotamischen Mythen übernommen hat.

Im babylonischen Exil (598 - 539 v.) der Juden entstand unter anderem das Buch „Deutero-Jesaja“ des Alten Testaments, dessen Botschaft insofern neu war, als die babylonischen Götter als Götzen dargestellt und als einziger Gott Jahwe installiert wurde.

Gleichzeitig wird ein theologisches Konzept vorgestellt, das die historischen Ereignisse, die Israel trafen (Eroberung Jerusalems, Zerstörung des Königreiches Juda, Exilierung der Oberschicht nach Babylon), als Strafe Gottes für das sündhafte Verhalten sieht.

Diese Strafe wurde im Rahmen eines Gottesgerichtes verhängt. Durch die Leiden des Exils wurde das Volk mit Jahwe aber wieder versöhnt, worauf ein neue, ewige, paradiesische Ära anbrechen sollte.

Eingestreut im Buch Jesaja wird in den 'Gottesknechtsliedern' die deportierte jüdische Elite im „Knecht Jahwes“ personifiziert. Die Leiden der Eliten werden als Buße der Sünden des gesamten Volkes betrachtet. Der Knecht Jahwes hatte alle Drangsal auf sich genommen. Hier erkennen wir erstmals die gleiche Struktur wie später bei Jesus im Neuen Testament.

Nach ihrer Rückkehr nach Jerusalem erwarteten die Gläubigen das ersehnte eschatologische Zeitalter, doch das Eschaton ließ auf sich warten, bis man schließlich die Hoffnung aufgegeben hatte.

Nachdem sich diese erste Eschatologie nicht bewahrheitet hatte, tauchten die nächsten Weltuntergangsszenarien (apokalyptischen Schriften) bei Daniel (164 v.) und im Buch Henoch bei den Frommen (chasidim) auf. Auch hier finden wir ähnliche Strukturen wie in der ersten Eschatologie.

Das Endgericht wird von Daniel in der Gegenwart eines „Hochbetagten“ beschrieben, der in einem Kleid, weiß wie Schnee auf einem Flammenthron sitzt. Die Abtrünnigen stürzen in den Abgrund voller Feuer. Die Tugendhaften gelangen hingegen in das Paradies der Seligkeit. Gleichzeitig mit dem Hochbetagten erscheint ein Wesen vom Himmel ("Menschensohn", ein Titel, den sich später auch Jesus geben wird), das zum Hochbetagten geführt wird. Diesem "Menschensohn" wird Macht, Herrlichkeit und Königsherrschaft gegeben. Die neue Welt werde von Jahwe (Gott) selbst regiert werden oder zumindest von einer durch Gott eingesetzten Person aus dem Hause David, der Gesalbte (meschiach = Messias), der in diesem Paradies gerecht herrschen werde. Meist aber ist dieser Messias ein normal sterblicher Mensch (etwa in den Psalmen Salomons, die im 1. Jh. v. entstanden sind), wiewohl auch andere Varianten vorkommen. Manchmal wird schon im Alten Testament gemeint, der Messias werde auf einem Esel reitend in Jersualem einziehen. Auch die Vorstellung, mit dem großen Gericht "am Ende der Welt" würden die Toten auferstehen, wird hier - aus dem persischen Kulturkreis - eingebaut. Besonders die Pharisäer haben sie zur Zeit Jesus vehement verkündet.

Die für das Christentum fundamentale Satanskonzeption, wie wir sie kennen, gibt es in diesen Mythen noch nicht. Das Üble ist allein auf das fehlerhafte Verhalten der Menschen zurückzuführen. Doch schon in der apokalyptischen Literatur bahnt sich - ausgehend vom iranischen dualistischen Denken - eine Wende an. Die Kräfte des Bösen werden in der Gestalt eines Satans personifiziert, der zum Gegenspieler Gottes aufgebaut wird. Parallel mit der Entstehung des Satans erfindet man in der Theologie zwei Reiche (zwei Welten): das diesseitige und das jenseitige Reich. Im diesseitigen Reich werde Satan triumphieren. So bezeichnete Paulus den Satan als "Gott dieser Welt" (2 Kor 4,4). Im eschatologischen Kampf (Weltuntergang) werde aber Gott den Teufel besiegen und damit das Übel ausrotten und damit sei Leben, Freude und Frieden für immer gesichert. Diese Vorstellungen meinen nicht ein gedankliches Himmelreich, sondern die physische, irdische Welt.

Gemeinsamkeiten

Wir finden in beiden Formen der biblischen Weltuntergangsszenarien die folgenden Motive:

  • Befreiung Israels vom Joch
  • der Weltuntergang als einzig noch verbleibende Hoffnung
  • Schaffung paradiesischer Zustände mit Wohlstand und Frieden, womit das Ende der Geschichte erreicht sei
  • Errichtung der Gottesherrschaft oder eines messianischen Reiches
  • Bekehrung aller Völker
  • der Anbruch des neuen Zeitalters steht unmittelbar bevor.

Begleitet werden diese Weltuntergänge von uralten mythischen Voraussagen, wie Himmel und Erde werden erschüttert, kosmische Katastrophen, die Sonne wird nachts scheinen, der Mond am Tage, die Sterne werden ihre Bahnen verlassen, von den Bäumen wird Blut tropfen, die Steine werden zu schreien beginnen usw. Schließlich aber werde Gott ein neue, paradiesische Welt schaffen.

Ein Gutteil der hier dargelegten alttestamentlichen Gedanken sind nichtjüdischen Ursprungs, besonders iranische und indische Vorstellungen finden wir etwa in der Vorstellung des Endgerichts bei Daniel. Aber auch Elemente der steinzeitlichen Pflanzer sind zu finden.[4]

Fortgesetzt werden diese Ideen im Neuen Testament und damit im Christentum in Form des Jüngsten Gerichtes. Auch Jesus steht nahtlos in diesem Kontext, er selbst prophezeite fälschlich, dass dieser Weltuntergang unmittelbar bevorstünde. Eine Abkehr von Judentum nimmt Kirchengründer Paulus vor, in dem er postulierte, Jesu Wirken habe mit der eschatologischen Hoffnung des Volkes Israel nichts zu tun, sondern beziehe sich auf den Einzelnen, jeder Mensch könne somit das ewige Leben erreichen. In etwa 60 Jahre nach der Hinrichtung des Jesu erschien das sog. Evangelium des Johannes, der Verfasser selbst ist unbekannt. Der Autor dieser Schriften bezieht sich auf die Eschatologie des Daniel. Nach dieser Version würde der Messias 1000 Jahre lang herrschen und am Ende dieser Epoche würde dann das Jüngste Gericht abgehalten. In diesem Gericht kommt es zum letzten Kampf zwischen Gut und Böse. Nun folgt die "Neue Erde", das "Neue Jerusalem", also das Reich Gottes.

Generell ist nach Eliade zu Weltuntergangsszenarien auch außerhalb des jüdisch/christlichen Kulturkreises zu sagen, dass sie die Abwehrkraft einer Gemeinschaft gegen die Schrecken des Alltags unterstützen, weil die Eingeweihten in den jeweiligen Katastrophen ein ermutigendes Vorzeichen erkennen. Es handelt sich nicht um einen Zweckoptimismus oder eine Flucht vor der Geschichte, sondern wird von Träumen, Visionen und ekstatischen Visionen gespeist. Diese apokalyptischen Geschichtskonzeptionen des Alten Testaments bestimmten nicht nur wesentlich das neue Testament und damit das Christentum, sondern auch das Denken der Europäer bis in die frühe Neuzeit. Erst mit dem Aufkommen der Naturwissenschaften konnte eine offene Idee der Zukunft gedacht werden und der Fortschrittsgedanke in der Geistesgeschichte Europas Eingang finden.[5], [6]

Literatur

  • Mircea Eliade: Geschichte der religiösen Ideen, 4 Bände, Herder 2002; ISBN 978-3451052743

Weblinks

Quellenverzeichnis