Viziv Technologies

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Sendeturm der Viziv bei Milford (Texas)
Sendeturm der Viziv Technologies (Hintergrund) im Jahre 2020
Turmbau, der die Größenverhältnisse aufzeigt
Satellitenbild von 2018 (Google Maps)
Zum Vergleich: der Wardenclyffe Tower von Nikola Tesla vor seiner Zerstörung

Viziv Technologies LLC (zuvor TEXZON) ist ein seit 2021 insolventes Unternehmen in der texanischen Ortschaft Waxahachie[1]. Viziv versucht, mit einem Experiment eine weitreichende drahtlose Energieversorgung mit "Zenneck Waves" zu realisieren und dazu Lizenzen zu verkaufen. Alles unter Berufung auf gescheiterte Experimente von Nikola Tesla. Behauptet wird eine Zusammenarbeit mit der Baylor University in Waco (Texas).[2] Nach unbestätigten Gerüchten soll Viziv Technologies planen eine Leistung von 1 Megawatt (elektrisch) von Texas nach Panama zu "senden". Falls dies gelingen sollte, soll zukünftig eine drahtlose "Übertragungsstrecke" bis zu 400 MW übertragen.

Eine drahtlose Übertragung von elektrischer Energie über einige Zentimenter hinausgehende Entfernungen ist nach heutigem Wissensstand mit einem hohen Wirkungsgrad nicht möglich, da der größte Teil der Energie bei der Umwandlung in elektromagnetische Strahlung, auf dem Übertragungsweg (Freifelddämpfung) und bei der Rückwandlung in Form von Verlustwärme verloren geht. Hinzu kämen bei hohen Feldstärken (hoher Leistung) mögliche Gefahren für Umwelt und Mensch. Daher gibt es auch weltweit keine erfolgreiche Anwendung. Einzige realisierbare Projekte waren experimentelle Energieübertragungen im kW-Bereich durch Mikrowellen und Laser über Entfernungen bis zu einem Kilometer. Wirkungsgrade überstiegen dabei 50% nur um Weniges, der Rest ging als Wärme verloren. Ein bereits längere Zeit (1970er Jahre) zurückliegender Vorschlag war die Installation sehr großer PV-Solarkollektoren im erdnahen Weltraum. Die gewonnene Energie hätte in Form gebündelter Mikrowellen zu Empfangsstationen auf der Erde gesendet werden können. Durch die Bündelung (durch Parabolantennen) hätten sich Verluste auf dem Übertragungsweg reduzieren lassen. Derartige Projekte wurde nie ernsthaft als realisierbar angesehen.

Zu unterscheiden ist eine utopische Energieübertragung durch elektromagnetische Wellen von der rein induktiven Energiekopplung, wie sie beispielsweise zum Laden von Zahnbürsten, Rasierern oder Mobiltelefonen in der Nahfeldkopplung verwendet und auch als mögliche Lösung zum Laden von Elektroautos im Straßenverkehr erwogen wird. Hierbei handelt es sich im Prinzip um einen Transformator, der ein magnetisches Wechselfeld zur Energieübertragung nutzt. Sender- und Empfängerseite (Primär- und Sekundärspule) müssen jedoch sehr nahe beieinander liegen. Bei größerer Entfernung (über Zentimeter hinaus) nehmen die Verluste sehr schnell zu. Einige Handelsketten wie Starbucks oder McDonald bieten die Nahfeldkopplung zum Laden von Mobiltelefonen. Ikea verkauft auch Möbel mit integrierten Spulen zum kontaktlosen Laden im Nahfeld.

Ein Konkurrenzunternehmen ist die Firma Primus Power, geleitet von Tom Stepien.

Unternehmen Viziv Technologies LLC

Geschäftsführer der Viziv ist der ehemalige Air-Force Offizier Michael W. Miller (vormals im Rang eines Generals). Viziv gibt an, im Besitz mehrerer Patente zu sein. Die Zahl der Mitarbeiter wird mit 30 angegeben. Die Hauptakteure der Firma scheinen die Brüder James und Kenneth Corum zu sein. Weitere genannte Firmenmitarbeiter sind PR-Mann Michael Taylor, Eletroingenieur Jerry Lomax (zuvor Chevron Corporation), Randall Jean (Ingenieur für Elektrotechnik und Chefentwickler von Viziv), Richard T. Devereaux (ehemaliger Pilot und General der US Air-Force), Mark Guetlich und Allen Page. Weitere Personen, die in der Vergangenheit für die Viziv oder die Texzon in leitenden Funktionen tätig waren sind: F. Basil Pinzone (Director), James F. Corum (Director), Kenneth L. Corum (Director und Bruder von James Corum), David R. Griffith (Director), Terry Knutson (Director), Keith S. Lennon (Director), Calvin E. Webb und Steve Wilson (Director).[3] Der "leitende Wissenschaftler" James Corum gab in der Vergangenheit an, dass das so genannte Philadelphia-Experiment von ihm bestätigt worden sei. Er behauptete auch, Gegenstände im Labor für Radarwellen unsichtbar gemacht zu haben.

Einige der genannten Namen stehen in Beziehung zur Tesla Society.[4]

Zur Finanzierung sollten ursprünglich mehr als 38 Millionen US-Dollar zur Verfügung stehen,[5] nach anderen Quellen sollen es 50 Millionen Dollar sein.

Vorgängerfirma war die Texzon Technologies in Red Oak (Texas) von Ken Corum.

Im 2021 wurde die Viziv Technologies LLC insolvent.[6][7]

Experiment

In der Ortschaft Milford (76670 Texas, zwischen Dallas und Waco) wurde ein Turmgebäude mit einer metallischen Halbkugel errichtet. Das Gebäude befindet sich in der Nähe des Highway Interstate 35E, nahe Dale Acres Rd. Die geographische Position ist 32°08'57.3" N 96°56'31.2" W. (Google Maps - Position) Der Turm geriet bald zu einem Diskussionsthema in der Umgebung und wurde in mehreren Artikeln der örtlichen Presse sowie im örtlichen Rundfunk thematisiert. In Verlautbarungen der Viziv, die unkommentiert in Presseberichten zitiert werden, will Viziv über sein Turmgebäude eine "Long-Distance Wireless Power Transmission" realisieren. Unmittelbare Anwohner sollen dabei aber nicht geschädigt werden, da nur niederfrequente Energie ausgestrahlt werde. Anwohner freuten sich demnach sogar über die Anlage und seien stolz, dass die USA auf diese Weise kostenlos Energie für Menschen in entfernten, armen Regionen zur Verfügung stelle.

Vorläuferunternehmen Texzon

Texzon beschäftigte teilweise den gleichen Personenkreis, der für Viziv Technologies genannt wird. Eine Firma NuPower Development bewarb sich für Texzon als Unternehmen zur drahtlosen Energieübertragung. Das Unternehmen versuchte eine Zeitlang,von Bahrain aus staatliche Aufträge zu erhalten.

Texzon stellte einen öffentlich einsehbaren Antrag bei der Aufsichtsbehörde FCC, von Januar 2018 bis Januar 2020 Experimente auf der Mittelwellenfrequenz 1800 kHz (1,8 MHz, 166 m Wellenlänge) bzw. im Bereich 1710-1900 kHz durchzuführen, bei einer maximalen Leistung von 50 kW. Die effektive Strahlungsleistung soll 1 kW betragen (Wirkungsgrad demnach 1/50, 2%).[8] Im Antrag wird angegeben, dass das 1800 kHz-Experiment dazu dienen soll, auf verbesserte Weise Rundfunksendungen auszustrahlen. Von Energieübertragung ist nicht die Rede. Bei dieser Frequenz im oberen Mittelwellenbereich kommt es neben der Ausbreitung parallel zur Erdoberfläche auch zur Abstrahlung als Raumwelle. Die dazu notwendigen Identifikations-Zeichen sind WJ2XGB und WL9XKQ. Genannt wird im Antrag auch ein Amateur-Rufzeichen KG5IUC von Michael Taylor. Im April 2019 wurde eine Erlaubnis für Funkübertragungen bei 18 KHz (VLF-Bereich, 17,4 bis 18,0 KHz) beantragt, und der Anfrage wurde stattgegeben. Auch ist die Rede von Experimenten bei 100 KHz (Langwelle/LORAN), 51 MHz (Amateurband) sowie 1710 KHz (Kurzwelle). Laut FCC-Dokumentation soll die Anlage über die Möglichkeit verfügen bei 18 KHz 500 KW Leistung abzugeben, bei einem EIRP-Wert (abgestrahlte Leistung) von nur noch 1,41 KW.[9]

Texzon behauptete in der Vergangenheit, Patente für einen "Ring Power Multiplier" zu besitzen. Das entsprechende U.S. Patent 8716890 ist jedoch auf die Firma CPG Technologies LLC eingetragen. Dabei sollte es sich um einen "Wechselstromspeicher" handeln.

Ähnliche Projekte

  • Konstantin Meyl behauptet seit vielen Jahren, elektrische Energie drahtlos übertragen zu können. Er beruft sich dabei ebenfalls auf Tesla, aber auch auf so genannte Skalarwellen. Skalarwellen sind jedoch im freien Raum theoretisch nicht möglich und wurden bislang nie nachgewiesen. Um seine Energieübertragung plausibel erscheinen zu lassen, verkauft Meyl Experimetierbausätze, bei denen ein leistungsschwacher Hochfrequenzgenerator unter Energieverlust in einem Empfänger eine kleine LED-Lampe zum Leuchten bringt. Bei genauerer Betrachtung stellt sich jedoch heraus, dass die Schaltung in Wirklichkeit eine durch Spulen verkürzte Antenne darstellt, die direkt an den Generator gekoppelt ist. Die LED erhält darüber hinaus nur einen Bruchteil der zugeführten elektrischen Energie.
    Meyl behauptete 2018, mit der Schweizer SBB an einem Plan zu arbeiten, herkömmliche Eisenbahnzüge auf der Strecke von Olten nach Sissach (Hauenstein Streckenabschnitt) drahtlos mit Skalarwellen zu versorgen.
  • Sowohl in Brasilien als auch in Russland existieren Projekte zur Übertragung von Energie durch Hochfrequenz. Zu beiden Projekten liegen keine Erfolgsberichte vor.

Bezüge zu Nikola Tesla

  • Wardenclyffe Tower von Nikola Tesla. Anfang 1900 wollte Tesla mit Geldmitteln (150.000 Dollar) des Bankiers J.P. Morgan hochfrequente elektrische Energie über die Ionospäre (und nicht über leitendem Erdboden) über große Entfernung drahtlos übertragen. Als Aussendestandort wählte er Long Island bei New York. Dort begann der Bau einer 57 m hohen Sendeantenne, der Wardenclyffe-Tower, der an den Turm der Viziv Technologies erinnert. Beide Türme weisen oben eine Art Halbkugel auf. Die Anlage in Long Island wurde jedoch nie fertiggestellt, angeblich aus Geldmangel, wahrscheinlich aber, weil Morgan sich hintergangen fühlte, da Tesla nicht die vereinbarte Rundfunkstation baute, von der er zuvor sprach. Während des Ersten Weltkrieges wurde der Wardenclyffe-Tower 1917 abgerissen.
    Etwa zwanzig Jahre vor Tesla hatten andere Erfinder bereits die Idee gehabt, elektrische Energie über große Entfernung über die Ionosphäre zu leiten.
  • Zu Tesla kursiert auch die Anekdote des Tesla Car. Demnach habe Tesla im Jahre 1931 ein elektrisch angetriebenes Auto der Marke Pierce-Arrow gehabt. Ein schwarzer Kasten im Handschuhfach mit 12 Elektronenröhren soll als "power receiver" fungiert haben und sei an eine etwa 3 Meter lange Antenne angeschlossen gewesen. Der Wagen soll dann der Legende nach innerhalb von acht Tagen 50 Meilen weit gefahren sein, mit Geschwindigkeiten bis zu 90 Meilen/Std. Seine Behauptungen stießen jedoch auf Unglauben in Zeitungsberichten. Belege für diese Behauptung gibt es nicht; ein angeblicher Neffe von Tesla, Peter Savo, war nur Zeuge aus zweiter Hand und ist tatsächlich kein Neffe von Tesla.

Zenneck-Wellen und Norton-Wellen

Im deutschen Sprachraum ist der Begriff "Zenneck-Wellen" (nach dem deutschen Physiker und Funk-Pionier Jonathan Zenneck, 1871-1959) eher ungewöhnlich. Gemeint sind Oberflächenwellen. Unterschieden werden muss zwischen mechanischen Wellen und elektromagnetischen Feldern/Wellen. In der Funktechnik ist der Begriff einer Grundwelle gebräuchlich, die durch das Phänomen der Beugung bei entsprechend niedrigen Frequenzen der Oberfläche der Erde folgt. Im englischen Sprachraum wird für diese Wellen auch der Begriff Norton Surface Wave genutzt. Die englischsprachige Wikipedia definiert die gemeinten Zenneck-Wellen wie folgt:

"The Zenneck wave, Zenneck surface wave or Sommerfeld-Zenneck surface wave is an inhomogeneous or non-uniform electromagnetic plane wave incident at the complex Brewster angle onto a planar or spherical boundary interface between two homogeneous media having different dielectric constants.
The Zenneck wave propagates parallel to the interface and decays exponentially vertical to it, a property known as evanescence. It exists under the condition that the permittivity of one of the materials forming the interface is negative, while the other one is positive, as for example the interface between air and a lossy conducting medium such as the terrestrial transmission line, below the plasma frequency. Arising from original analysis by Arnold Sommerfeld and Jonathan Zenneck of the problem of wave propagation over a lossy earth, it exists as an exact solution to Maxwell's equations."

Jörg Fricke von der Fachhochschule Münster veröffentlichte 2015 eine eigene Beschreibung beider Felder[10]:

"...both waves are solutions of the Maxwell equations.
Zenneck waves are inhomogeneous plane or cylindrical waves on a plane surface which are ideally not accompanied by radiation. Therefore, the power flow density of the cylindrical wave decreases with increasing distance r from the center proportionally to 1/r. As a consequence, the E field and the H field decrease proportionally to 1/sqrt(r). Since the field strength decreases but slowly with increasing height over the surface, a true Zenneck wave has to be radiated by a source of infinite height. If radiated by an antenna of finite height the Zenneck wave detoriates with increasing r into a partial Zenneck wave of decreasing height and a radiation field.
A Norton wave is per definition the surface wave part of the radiation field of an antenna placed on or above a surface. The field geometry as seen directly on the surface can be quite similar to a Zenneck wave with the exception that E and H decrease faster than 1/sqrt(r). Since the Zenneck is an idealization, virtually all real cases can be modeled as Norton waves.
So far the official part. But I wonder: If we had an antenna of finite height, and would place it between parallel plates which act as mirrors, the antenna plus its images in the mirrors would look like being infinite. Only problem: The parallel plates form a waveguide whose impedance decreases with increasing r. That would cause reflection. So we had to reduce the area of the plates by introducing holes, and that would decrease the mirror effect. But at least we should get fields which decrease slower than 1/r.
Postscript: While Zenneck waves in the strict sense are generated and propagate without involvement of any radiation, there is a series of papers by Janice Turner nee Hendry who succeeded in simulating a source whose field splits into a radiation part and a surface wave propagating on a corrugated surface. The gist here is that after splitting, both parts propagate spatially isolated; so, beyond a certain distance from the source the surface wave behaves like a true Zenneck wave:
http://www.armms.org/media/uploads/1259319847.pdf
http://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download?doi=10.1.1.651.4359&rep=rep1&type=pdf
http://www.ee.ucl.ac.uk/lcs/previous/LCS2011/LCS1137.pdf"
.

Nach Angaben von Zenneck nimmt die Feldstärke elektromagnetischer Felder, die sich längs elektrisch leitender Flächen (Wasseroberflächen, leitender Erdboden) ausbreiten, exponentiell mit der Entfernung ab. Unter Vernachlässigung weiterer dämpfender Verlustfaktoren soll sich aber durch eine bevorzugte Ausbreitung in Richtung der leitenden Schichten ein Vorteil gegenüber einer gleichförmigen Abstrahlung in alle Richtungen ergeben, da die Energien sich nicht in Richtung Weltraum oder in Richtung Erdmittelpunkt verteile (zweidimensionale Energieverteilung gegenüber einer dreidimensionalen Verteilung).

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