Vega-Test

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Gerät für den Vega-Test
Neueres Gerät der Firma Wegamed

Durch den so genannten Vega-Test oder Vegatest (vegetativer Reflextest), einer von verschiedenen kommerziellen Varianten der Elektroakupunktur nach Voll (EAV), sollen tiefer liegende Ursachen einer Erkrankung herausfindbar sein, um diese dann anschließend meist homöopathitsch zu behandeln. Dabei übernimmt das Testgerät meist auch gleich der Repertorisierung, also die Auswahl eines homöopathischen Mittels. Gepriesen werden in der Werbung die "ganzheitlich diagnostischen Aussagen einer erfolgreichen und zuverlässigen Testmethode, einer Synthese von Jahrtausende alter, chinesischer Heillehre und modernster westlicher Technologie". Bei den "diagnostizierten" Krankheiten handelt es sich meist um Allergien, Unverträglichkeiten von Nahrungsmitteln, Empfindlichkeiten und Unverträglichkeiten gegenüber Umweltgiften, geopathologische Belastungen, Ursachen von Schmerzzuständen, "Organschwächen", Mangelerscheinungen an Vitaminen, chronische und nicht erkannte Entzündungsherde.

Funktionsweise

SI-Card

Beim Vega-Test wird, wie bei der EAV üblich, der Hautwiderstand des Patienten zwischen einer Handelektrode und einer stiftförmigen Elektrode gemessen, mit der der Behandler verschiedene Punkte an der anderen Hand abtastet. Zuvor können Ampullen mit verschiedenen Testsubstanzen (z.B. Pollen oder Toxine, aber auch herkömmliche Medikamente sind möglich) "in den Messkreislauf eingebracht" werden, wie es typischerweise heißt. Faktisch bedeutet dies lediglich, dass sich die Substanzen im Gerät oder in einer Halterung am Gerät befinden; eine sinnvolle elektrische oder anderweitige messtechnische Verbindung ist nicht gegeben. Bei der klassischen EAV nennt sich diese Prozedur "Resonanztest". Anhand einer behaupteten Reaktion des Hautwiderstandes auf verschiedene Substanzen sollen dann Rückschlüsse auf Organbelastungen, belastende Einflüsse aus dem Umfeld des Patienten und Verträglichkeit bzw. Unverträglichkeit bestimmter Stoffe für den Patienten möglich sein. Das Geheimnis beim Vega-Test ist geschwollene Formulierung des Messergebnisses. Ansonsten würde ein Vielfachmessgerät für weniger als 30 Euro den gleichen Dienst tun.[1]

Neuere Vegatest-Geräte haben diverse Zusatzfunktionen, etwa zur Mundstrommessung oder für einen esoterischen "Yin-Yang-Test", mit dem die Abweichung des Patienten von einem "harmonischen Gleichgewicht" festgestellt werden soll. Ferner kann das Gerät anhand der Diagnose angebliche "Therapieinformationen" auf eine mit Magnetstreifen versehene, SI-Card genannte Pappkarte übertragen. Die Karte ist vom Patienten als "therapiebegleitende Maßnahme" am Körper zu tragen.

Geschichte

Im Jahr 1976 wurde in einem Versuch die EAV im Beisein von Reinhold Voll selber als manipulierbare und unzuverlässige Methode in mehreren wissenschaftlichen Versuchsreihen beurteilt. Dies hinderte Voll und andere nicht daran, das Verfahren weiter zu vermarkten und ähnliche Therapiemethoden von diesem Denkmodell abzuleiten: Vega-Test, Bioelektronische Funktionsdiagnostik (BFD), Bioelektronischer Regulationstest, Impuls-Dermographie, Decoderdermographie (Segmentelektrogramm, SEG).[1] Auch die Bioresonanztherapie ist als eine Weiterentwicklung der EAV bzw. des Vega-Tests anzusehen.

Vegatest-Geräte wurden ursprünglich von der VEGA Grieshaber KG in 77761 Schiltach gefertigt, die seit 1997 auch Inhaberin der Wortmarke VEGATEST ist. Seit 2007 werden die Geräte von der Wegamed GmbH in Essen unter der Bezeichnung Test expert plus vermarktet. Im Lieferprogramm von Wegamed sind außerdem ähnliche pseudomedizinische Geräte, z.B. eine Apparatur mit dem Namen Check medical sport zur Decoderdermographie.

Studienlage

In einer Studie aus dem Jahr 2001 wurde die Zuverlässigkeit von mittels Vegatest gewonnenen Diagnosen untersucht. 15 Freiwillige, von denen bekannt war, dass sie unter einer Hausstaubmilbenallergie oder einer Katzenhaarallergie litten und 15 beschwerdefreie, in seriösen Skin Prick Test negative, Freiwillige ließen sich von 3 Vega-Testern in je 3 Sitzungen auf 6 Substanzen unter Standardbedingungen testen. Bei allen 3 Vega-Testern gelang keinerlei Unterscheidung zwischen Allergikern und Nichtallergikern. Kein einziger Patient erhielt eine korrekte Diagnose. Das Ergebnis überrascht nicht. Ähnliche seriöse Untersuchungen waren seit Einführung der Methode bis heute mehrfach zum selben Ergebnis gekommen.[2]

In einer ähnlichen Veröffentlichung wurden die Ergebnisse einer Doppelblindstudie von Prof. M. H. Schöni und Mitarbeitern aus der Alpinen Kinderklinik Davos publiziert. Sie untersuchten während eines stationären Behandlungsaufenthaltes in Davos 32 Kinder mit atopischer Dermatitis (AD), entsprechend Alter, Geschlecht und Schweregrad der AD (Scoring nach Costa) randomisiert, mit einer doppelblind-aktiven (A) oder Plazebobehandlung (P) mit Bioresonanz (Bicom-Gerät). Unter den Bedingungen der gewählten randomisierten Doppelblindstudie (randomized paired double-blind study) ließ sich kein Effekt der Bioresonanz statistisch sichern. Die Autoren schließen daraus, dass in Anbetracht der hohen Behandlungskosten und der falschen Versprechungen der Befürworter dieser Therapie, diese Art von (Schein-)Behandlung nicht bei Kindern mit AD eingesetzt werden sollte.[3]

Literatur

  1. George T Lewith, Julian N Kenyon, Jackie Broomfield, Philip Prescott, Jonathan Goddard, and Stephen T Holgate: Is electrodermal testing as effective as skin prick tests for diagnosing allergies? A double blind, randomised block design study. BMJ 2001; 322: 131-134 (http://www.bmj.com/cgi/content/full/322/7279/131)
  2. Stellungnahme der Fachkommission der Schweizerischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (SGAI) zu den Bioresonanz- und Elektroakupunkturgeräten zur Diagnostik und Therapie von (vermeintlichen) Allergien, Schweizerische Ärztezeitung 2006;87: 2, 50 (http://www.ssai-sgai.ch/uploads/media/2006-02-1346-DE.pdf)
  3. Kofler H, Ulmer H, Mechtler E, Falk M, Fritsch PO: Bioresonanz bei Pollinose. Allergologie 1996; 19: 114–122
  4. Die Hintergründe warum Studien, die für den Vegatest sprechen, nicht aussagekräftig sind (http://www.bmj.com/cgi/content/full/322/7279/131/DC1)
  5. Bergold, O., Der sog. Medikamententest in der Elektroakupunktur, Zeitschrift für Allgemeinmedizin, 52, 312-322, 1976
  6. Kleine-Tebbe, Priv.-Doz. Dr. med. Jörg: Spezifische Immuntherapie bei IgE-vermittelten allergischen Atemwegserkrankungen: Schlusswort, Deutsches Ärzteblatt 100, Ausgabe 24 vom 13.06.2003, Seite A-1688 (http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=37363)
  7. Schoni-MH; Nikolaizik-WH; Schoni-Affolter-F: Efficacy trial of bioresonance in children with atopic dermatitis. AD: Alpine Children's Hospital Davos, Switzerland. Int-Arch-Allergy-Immunol. 1997 Mar; 112(3): 238-46 ISSN: 1018-2438
  8. Kleine-Tebbe, Jörg; Lepp, Ute; Niggemann, Bodo; Werfel, Thomas: Nahrungsmittelallergie und -unverträglichkeit: Bewährte statt nicht evaluierte Diagnostik. Deutsches Ärzteblatt 102, Ausgabe 27 vom 08.07.2005, Seite A-1965 (http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=47571)
  9. Schweizer Mediziner verurteilen die Bioresonanz (http://www.medizinauskunft.de/artikel/diagnose/alternativ/06_04_bioresonanz.php)
  10. B. Wüthrich: Bioresonanz - diagnostischer und therapeutischer Unsinn. Akt Dermatol. 2006; 32: 73-77 (http://www.thieme-connect.com/ejournals/abstract/derma/doi/10.1055/s-2006-925055)
  11. infomed-screen, Bioresonanz bei Dermatitis wirkungslos (http://www.infomed.org/screen/1997/s72.html)
  12. Stephen Barrett: Quack "Electrodiagnostic" Devices (http://www.quackwatch.org/01QuackeryRelatedTopics/electro.html)
  13. Spezifische Immuntherapie bei IgE-vermittelten allergischen Atemwegserkrankungen: Schlusswort Deutsches Ärzteblatt 100, Ausgabe 24 vom 13.06.2003, Seite A-1688 MEDIZIN: Diskussion (http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=37363)

Quellenverzeichnis

  1. 1,0 1,1 http://www.neuro24.de/show_glossar.php?id=1741
  2. George T Lewith, Julian N Kenyon, Jackie Broomfield, Philip Prescott, Jonathan Goddard, and Stephen T Holgate: Is electrodermal testing as effective as skin prick tests for diagnosing allergies? A double blind, randomised block design study. BMJ 2001; 322: 131-134 (http://www.bmj.com/cgi/content/full/322/7279/131)
  3. B. Wüthrich, Zürich, Dr. Karl Feistle / Allergologie, Jg. 20 (1997), Nr. 6, S. 314