Änderungen

Zur Navigation springen Zur Suche springen
keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 12: Zeile 12:  
Die '''Traditionelle Chinesische Medizin''' (TCM) bezeichnet verschiedene volksmedizinische Behandlungsmethoden und gymnastische Übungen, die in China vor über 2.000 Jahren begründet und über die Jahrhunderte hinweg weiterentwickelt wurden. Zu den therapeutischen Verfahren, die in dieser Medizin zur Anwendung kommen, gehören eine eigene TCM-Arzneitherapie, die [[Akupunktur]] und [[Moxibustion]] (Erwärmung von Akupunkturpunkten), eine eigene Massage (Tuina Anmo), eine am Wirkmechanismus der Arzneien orientierte Diätetik und gymnastische Bewegungsübungen wie [[Qigong]] und Taijiquan.
 
Die '''Traditionelle Chinesische Medizin''' (TCM) bezeichnet verschiedene volksmedizinische Behandlungsmethoden und gymnastische Übungen, die in China vor über 2.000 Jahren begründet und über die Jahrhunderte hinweg weiterentwickelt wurden. Zu den therapeutischen Verfahren, die in dieser Medizin zur Anwendung kommen, gehören eine eigene TCM-Arzneitherapie, die [[Akupunktur]] und [[Moxibustion]] (Erwärmung von Akupunkturpunkten), eine eigene Massage (Tuina Anmo), eine am Wirkmechanismus der Arzneien orientierte Diätetik und gymnastische Bewegungsübungen wie [[Qigong]] und Taijiquan.
   −
In China existieren zwei Medizinsysteme nebeneinander, die traditionell-chinesische und die westlich-hochschulmedizinische Richtung. Beide Arztgruppen orientieren sich an der medizinischen Erfahrung und die Patienten wählen sich jeweils jenen Arzt, dessen Fertigkeiten sie gerade benutzen wollen.
+
In China existieren zwei Medizinsysteme nebeneinander, die traditionell-chinesische und die westlich-hochschulmedizinische Richtung. Beide Arztgruppen orientieren sich an der medizinischen Erfahrung und die Patienten wählen sich jeweils jenen Arzt, dessen Fertigkeiten sie gerade nutzen wollen.
   −
Stark vereinfacht wird nach dem Krankheitsverständnis in der TCM die Fülle abgeleitet, Mangel ausgeglichen, Heißes gekühlt und Kaltes erwärmt.
+
Stark vereinfacht wird nach dem Krankheitsverständnis in der TCM Fülle abgeleitet, Mangel ausgeglichen, Heißes gekühlt und Kaltes erwärmt.
    
Die zusammenfassende Endbewertung der Stiftung Warentest für die "Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)" kommt zu folgendem Ergebnis: ''[...] Die Wirksamkeit der TCM ist außer für Kopfschmerzen für keine andere Erkrankung belegt. Die Risiken sind erheblich. Den diagnostischen Techniken der TCM konnte keine Zuverlässigkeit bestätigt werden. Eine Nutzen-Risiko-Abwägung fällt bei Kopfschmerzen aufgrund des schwachen Wirksamkeitsnachweises und der bestehenden Risiken eher negativ, für alle anderen Erkrankungen negativ aus. TCM ist zur Behandlung von Kopfschmerzen wenig geeignet, zur Diagnose oder Therapie bei allen anderen Erkrankungen nicht geeignet [...]''.<ref>Stiftung Warentest "Die andere Medizin" Alternative Heilmethoden für Sie bewertet</ref>
 
Die zusammenfassende Endbewertung der Stiftung Warentest für die "Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)" kommt zu folgendem Ergebnis: ''[...] Die Wirksamkeit der TCM ist außer für Kopfschmerzen für keine andere Erkrankung belegt. Die Risiken sind erheblich. Den diagnostischen Techniken der TCM konnte keine Zuverlässigkeit bestätigt werden. Eine Nutzen-Risiko-Abwägung fällt bei Kopfschmerzen aufgrund des schwachen Wirksamkeitsnachweises und der bestehenden Risiken eher negativ, für alle anderen Erkrankungen negativ aus. TCM ist zur Behandlung von Kopfschmerzen wenig geeignet, zur Diagnose oder Therapie bei allen anderen Erkrankungen nicht geeignet [...]''.<ref>Stiftung Warentest "Die andere Medizin" Alternative Heilmethoden für Sie bewertet</ref>
    
==Eine geraffte Geschichte der TCM==
 
==Eine geraffte Geschichte der TCM==
In der Frühzeit war die chinesische Medizin von einer Ahnenheilkunde geprägt, die in die Zeit der Shang-Dynastie (2.&nbsp;vorchristliches Jahrtausend) einzuordnen ist. Überlebt hat aus dieser Zeit noch ein Krankheitsverständnis, das einerseits durch Beziehungen zwischen den Lebenden und den Toten geprägt ist, andererseits aber auch durch Wissen über die natürliche Beeinflussung von Leben und Krankheit bestimmt ist.
+
In der Frühzeit war die chinesische Medizin von einer Ahnenheilkunde geprägt, die in die Zeit der Shang-Dynastie (2.&nbsp;vorchristliches Jahrtausend) einzuordnen ist. Überlebt hat aus dieser Zeit noch ein Krankheitsverständnis, das einerseits durch Beziehungen zwischen den Lebenden und den Toten geprägt, andererseits aber auch durch Wissen über die natürliche Beeinflussung von Leben und Krankheit bestimmt ist.
   −
Historisch folgte der Ahnenheilkunde in der sog. Chou-Zeit (1.&nbsp;vorchristliches Jahrtausend) die Dämonenheilkunde. Die Heilkunde war ein Netzwerk, welches von feindseligen, dämonischen Angriffen geprägt war. Dämonen waren böswillige Geister, die den Körper der Erkrankten heimsuchten. Folgerichtig musste man sich [[Magie|magischer]] Elemente bedienen und diese Dämonen aus- bzw. vertreiben. Es wurden Amulette/Talismane (Fu) oder Siegel (Yin) als Vertreiber eingesetzt. Daneben gab es Bannsprüche, Besprechungsformeln und auch Arzneimittel. Alles in allem war es eine Analogie zu dem auch bei uns heute noch in kirchlichen Kreisen leider gelegentlich betriebenen [[Exorzismus]].
+
Historisch folgte der Ahnenheilkunde die Dämonenheilkunde der sog. Chou-Zeit (1.&nbsp;vorchristliches Jahrtausend). Diese Heilkunde war ein Netzwerk, welches von feindseligen, dämonischen Angriffen geprägt war. Dämonen waren böswillige Geister, die den Körper der Erkrankten heimsuchten. Folgerichtig musste man sich [[Magie|magischer]] Elemente bedienen, um diese Dämonen aus- bzw. zu vertreiben. Hierzu setzte man Amulette/Talismane (Fu) oder Siegel (Yin) als Vertreiber ein. Daneben gab es Bannsprüche, Besprechungsformeln und auch Arzneimittel. Alles in allem war es eine Analogie zu dem auch bei uns betriebenen [[Exorzismus]].
    
Fast parallel zur Dämonenheilkunde entwickelte sich das durch die Lehren des Konfuzius (551-479 v.Chr.) beeinflusste Heilkonzept der systematischen Entsprechungen. Es handelte sich letztlich ebenso um eine magisch geprägte Medizin, die sich jedoch nicht mehr auf Personen (also Dämonen) konzentrierte, sondern auf natürliche Entsprechungselemente und aussagekräftigere Symbole abzielte. Ein typisches Beispiel für dieses Konzept ist die sog. Yin-Yang-Lehre. Dabei bedeutet Yin die Schattenseite des Hügels, Yang hingegen dessen Sonnenseite. Das System wurde erweitert und symbolisiert. So entsprach Yin der Dunkelheit, dem weiblichen Prinzip, Kälte, Regen und Feuchtigkeit. Yang wiederum stand für Sonnenschein, das männliche Prinzip, den Sommer oder die Hitze.
 
Fast parallel zur Dämonenheilkunde entwickelte sich das durch die Lehren des Konfuzius (551-479 v.Chr.) beeinflusste Heilkonzept der systematischen Entsprechungen. Es handelte sich letztlich ebenso um eine magisch geprägte Medizin, die sich jedoch nicht mehr auf Personen (also Dämonen) konzentrierte, sondern auf natürliche Entsprechungselemente und aussagekräftigere Symbole abzielte. Ein typisches Beispiel für dieses Konzept ist die sog. Yin-Yang-Lehre. Dabei bedeutet Yin die Schattenseite des Hügels, Yang hingegen dessen Sonnenseite. Das System wurde erweitert und symbolisiert. So entsprach Yin der Dunkelheit, dem weiblichen Prinzip, Kälte, Regen und Feuchtigkeit. Yang wiederum stand für Sonnenschein, das männliche Prinzip, den Sommer oder die Hitze.
   −
Etwa 300&nbsp;Jahre vor Chr. entstand eine weitere Lehre, die von Tsou Yen geschaffen wurde – die Fünfhandlungsphasen-Lehre. Dabei wurden konkrete Orientierungselemente in Form von Naturphänomenen (Wasser, Erde, Feuer, Holz, Metall) festgelegt, die in einem Geflecht von 16&nbsp;Wandlungs- bzw. Überwindungsbeziehungen standen. So überwand Erde angeblich Wasser, Wasser hingegen Feuer und Metall überwand Holz. Aus Feuer konnte Asche/Erde und aus Holz wiederum Feuer entstehen. Wie man erkennt, handelt es sich bei dieser Systematik um eine der [[Ayurveda]] ähnliche Denkweise. Dies ist kein Wunder, denn historisch bestanden jahrtausendelang Handels- und kulturelle Beziehungen zwischen Indien und China, die auch weiter in den Norden bis nach Griechenland und Rom reichten.
+
Etwa 300&nbsp;Jahre vor Chr. entstand eine weitere Lehre, die von Tsou Yen geschaffen wurde – die Fünfhandlungsphasen-Lehre. Dabei wurden konkrete Orientierungselemente in Form von Naturphänomenen (Wasser, Erde, Feuer, Holz, Metall) festgelegt, die in einem Geflecht von 16&nbsp;Wandlungs- bzw. Überwindungsbeziehungen standen. So überwand Erde angeblich Wasser, Wasser hingegen Feuer und Metall überwand Holz. Aus Feuer konnte Asche/Erde und aus Holz wiederum Feuer entstehen. Wie man erkennt, handelt es sich bei dieser Systematik um eine der [[Ayurveda]] ähnliche Denkweise. Dies ist kein Wunder, da historisch jahrtausendelang Handels- und kulturelle Beziehungen zwischen Indien und China bestanden, die auch weiter in den Norden bis nach Griechenland und Rom reichten.
    
Nicht unerwähnt bleiben darf der Taoismus, der in der Anfangsphase des Konfuzianismus quasi ein alternatives philosophisches Modell darstellte. Der religiöse Zweig des Taoismus stand mit dem philosophischen Bereich (Mystik, Quietismus, Körperübungen) und dem naturphilosophisch orientierten Bereich (Yin/ Yang, 5&nbsp;Elemente-Lehre, Wandlung Yi-Jing) in Beziehung. Der Taoismus war auf Langlebigkeit des Menschen ausgerichtet, was nicht nur zufällig an die ayurvedische Lehre vom langen Leben erinnert.
 
Nicht unerwähnt bleiben darf der Taoismus, der in der Anfangsphase des Konfuzianismus quasi ein alternatives philosophisches Modell darstellte. Der religiöse Zweig des Taoismus stand mit dem philosophischen Bereich (Mystik, Quietismus, Körperübungen) und dem naturphilosophisch orientierten Bereich (Yin/ Yang, 5&nbsp;Elemente-Lehre, Wandlung Yi-Jing) in Beziehung. Der Taoismus war auf Langlebigkeit des Menschen ausgerichtet, was nicht nur zufällig an die ayurvedische Lehre vom langen Leben erinnert.
   −
Auf die vermutlich ebenfalls in vorchristliche Zeit (nämlich das 5.&nbsp;vorchristliche Jahrhundert) zu datierende Lehre der Akupunktur soll hier nicht eingegangen werden. Es handelt sich um eine invasive Methode, die mit der Einnahme von ([[Phytotherapie|pflanzlichen]]) Arzneien nichts zu tun hat. Bemerkenswert ist jedoch noch die sog. Moxibustion, bei der Heilkräuter auf bestimmten Akupunkturpunkten verbrannt wurden. Die Einstichpunkte orientierten sich primär am Sitz vermuteter böser Geister – z.B. dem Dämonenherz, der Dämonenhalle, der Dämonenlage oder dem Dämonenweg.
+
Auf die vermutlich ebenfalls in vorchristliche Zeit (nämlich das 5.&nbsp;vorchristliche Jahrhundert) zu datierende Lehre der Akupunktur soll hier nicht eingegangen werden. Es handelt sich um eine invasive Methode, die mit der Einnahme von ([[Phytotherapie|pflanzlichen]]) Arzneien nichts zu tun hat. Bemerkenswert ist jedoch noch die so genannte Moxibustion, bei der Heilkräuter auf bestimmten Akupunkturpunkten verbrannt wurden. Die Einstichpunkte orientierten sich primär am Sitz vermuteter böser Geister – z.B. dem Dämonenherz, der Dämonenhalle, der Dämonenlage oder dem Dämonenweg.
    
==Verwechslungen aus Unkenntnis==
 
==Verwechslungen aus Unkenntnis==
Im Westen wird die TCM gerne mit der Akupunktur oder Qigong in einen Topf geworfen, aber dies ist Trugschluss. Die TCM gliedert sich in verschiedene Bereiche, wobei die Akupunktur oder gymnastische Übungen eher untergeordnete Gebiete darstellen. Es dominiert vielmehr eine Kräuter- und Heilmittelmedizin in der TCM, die mit einem althergebrachten Diagnosesystem kombiniert ist. Viele Missverständnisse, Fehleinschätzungen und Vorurteile, die im Westen gegenüber der TCM bestehen, basieren darauf, dass man in China nach der politischen Öffnung begonnen hat, Ausländern für harte Devisen die chinesische Medizin quasi wie einen Exportartikel anzudienen. Angebliches oder tatsächliches authentisches Wissen der TCM wird schlicht und ergreifend vermarktet.
+
Im Westen wird die TCM häufig mit Akupunktur oder Qigong gleichgesetzt, aber dies ist Trugschluss. Die TCM gliedert sich in verschiedene Bereiche, wobei die Akupunktur oder gymnastische Übungen eher untergeordnete Gebiete darstellen. In der TCM dominiert vielmehr eine Kräuter- und Heilmittelmedizin, die mit einem althergebrachten Diagnosesystem kombiniert ist. Viele Missverständnisse, Fehleinschätzungen und Vorurteile, die im Westen gegenüber der TCM bestehen, basieren darauf, dass man in China nach der politischen Öffnung begonnen hat, Ausländern für harte Devisen die chinesische Medizin quasi wie einen Exportartikel anzudienen. Angebliches oder tatsächlich authentisches Wissen der TCM wird vermarktet.
   −
Die Ausbildung der ärztlichen Therapeuten in China beträgt je nach Universität 5-8&nbsp;Jahre und beinhaltet entweder die TCM- oder die hochschulmedizinische Ausrichtung. In jedem Fall wird jeweils ein Ausbildungsjahr im anderen Sektor verbracht. So kommt es zu einer gesunden Vermischung beider Sektoren und dies ist auch die Ursache, dass aus der chinesischen Volksmedizin stammende Heilmittel innerhalb Chinas nach entsprechender klinischer Prüfung ihren Weg in die Hochschulmedizin gefunden haben (vgl. Rotes Reismehl).
+
Die Ausbildung der ärztlichen Therapeuten in China beträgt je nach Universität 5-8&nbsp;Jahre und beinhaltet entweder die TCM- oder die hochschulmedizinische Ausrichtung. In jedem Fall wird jeweils ein Ausbildungsjahr im anderen Sektor verbracht. So kommt es zu einer Vermischung beider Sektoren, die dazu führte, dass aus der chinesischen Volksmedizin stammende Heilmittel innerhalb Chinas nach entsprechender klinischer Prüfung ihren Weg in die Hochschulmedizin gefunden haben (vgl. Rotes Reismehl).
    
==Ein unterschiedlicher Denkansatz?==
 
==Ein unterschiedlicher Denkansatz?==
Immer wieder entsteht im Westen der Eindruck, die TCM sei ein gänzlich anderes System der Diagnose und Therapie des Menschen. Sie wird gern mit dem Modebegriff '[[Ganzheitlichkeit|ganzheitlich]]' geschmückt, was aber nicht der Realität entspricht. Die TCM ist eine praktische Medizin, deren Ursprung von einem großen Manko geprägt war: die chinesischen Vorstellungen über das Innere des menschlichen Organismus wurden anfänglich nicht durch Sektionen von Leichen, also dem Erwerb anatomischer Kenntnisse, gebildet. Grund dafür war ein viele Jahrhunderte geltendes Verbot zur Leichenöffnung. Es war vielen Ärzten also gar nicht möglich, Anatomie zu betreiben. Man war auf Übermittlungen dieses Wissens aus Indien und dem arabischen Raum angewiesen.
+
Immer wieder entsteht im Westen der Eindruck, die TCM sei ein gänzlich anderes System der Diagnose und Therapie des Menschen. Sie wird gern mit dem Modebegriff '[[Ganzheitlichkeit|ganzheitlich]]' ausgestattet, was aber nicht der Realität entspricht. Die TCM ist eine praktische Medizin, deren Ursprung durch ein großes Manko geprägt war: die chinesischen Vorstellungen über das Innere des menschlichen Organismus wurden anfänglich nicht durch Sektion von Leichen, also dem Erwerb anatomischer Kenntnisse, erworben. Grund dafür war ein viele Jahrhunderte geltendes Verbot der Leichenöffnung. Es war vielen Ärzten also gar nicht möglich, Anatomie zu betreiben. Man war auf Übermittlungen dieses Wissens aus Indien und dem arabischen Raum angewiesen.
   −
Durch die äußere Beobachtung des Menschen versuchte man, diese Lücken auszugleichen. Wie aber bereits bei der Ayurveda beschrieben, kann selbst die genaueste Beobachtung des Verhaltens oder der Äußerlichkeiten des Menschen wie auch die Analyse von Körpersäften wie Blut, Speichel, Schweiß, Sekreten, Auswurf, Urin und Stuhl beim besten Willen keine umfängliche Bewertung des Inneren ermöglichen. Man mag zwar eine ganze Reihe von halbwegs korrekten Analogieschlüssen ziehen, aber wirkliche Sicherheit gewinnt man nicht.
+
Durch die äußere Beobachtung des Menschen versuchte man, diese Lücken auszugleichen. Wie aber bereits bei der Ayurveda beschrieben, kann selbst die genaueste Beobachtung des Verhaltens oder der Äußerlichkeiten des Menschen wie auch die Analyse von Körpersäften wie Blut, Speichel, Schweiß, Sekreten, Auswurf, Urin und Stuhl keine umfängliche Bewertung des Inneren ermöglichen. Man mag zwar eine ganze Reihe von halbwegs korrekten Analogieschlüssen ziehen, aber wirkliche Sicherheit gewinnt man nicht.
    
Im Westen wurde durch die anatomischen Lehren, die vor allem im 19.&nbsp;Jahrhundert durch die in Europa stattfindende mikroskopische Entwicklung stark befördert wurden, hingegen im Rahmen der Hochschulmedizin die Basis für die Diagnostik. Diese Stütze fehlte der TCM vollständig und dies machte sie auf den ersten Blick scheinbar minderwertig.
 
Im Westen wurde durch die anatomischen Lehren, die vor allem im 19.&nbsp;Jahrhundert durch die in Europa stattfindende mikroskopische Entwicklung stark befördert wurden, hingegen im Rahmen der Hochschulmedizin die Basis für die Diagnostik. Diese Stütze fehlte der TCM vollständig und dies machte sie auf den ersten Blick scheinbar minderwertig.
   −
So gibt es in der TCM keinen Diagnose, die eine Hypercholesterinämie definiert. Man beschreibt jedoch klinisch korrekt körperliche Symptome, die auch ein Hypercholesterinämie-Patient zeigt. Dies kann von Kurzatmigkeit über schnelle Ermüdbarkeit bis zu Herzschmerzen reichen. Man interpretiert dann diese Symptome, ordnet sie in das TCM-Raster ein und behandelt sie. Interessanterweise werden dann durchaus immer wieder korrekte Arzneimittel verwendet, die entweder die Symptome oder sogar das zugrunde liegende Leiden gezielt behandeln können. Es bleibt aber immer die Gefahr, dass ein TCM-Therapeut und ein Hochschulmediziner bei der Diagnose aneinander vorbei reden. Der erste betreibt eine an groben, äußerlichen Befunden orientierte Diagnostik und Therapie, der zweite eine möglichst zielgenaue, apparativ gestützte Therapie. Aus diesem Grund ist es zwangsläufig, dass beide Herangehensweisen auch unterschiedliche Krankheitsklassifikationen verwenden müssen. Wer hier nicht die möglichen Überschneidungen zu erkennen vermag, verliert leicht den Überblick und begeht den Fehler, potentiell wirksame TCM-Produkte abzuwerten. Das Gegenteil ist ebenso möglich - es wird nicht selten ein in Wirklichkeit unwirksames oder sogar gefährliches TCM-Produkt zu einem Wundermittel hochgejubelt. Man erkennt dies z.B. bei [[Mahuang]].
+
So gibt es in der TCM keinen Diagnose, die eine Hypercholesterinämie definiert. Man beschreibt jedoch klinisch korrekt körperliche Symptome, die ein Hypercholesterinämie-Patient zeigt. Dies kann von Kurzatmigkeit über schnelle Ermüdbarkeit bis zu Herzschmerzen reichen. Man interpretiert dann diese Symptome, ordnet sie in das TCM-Raster ein und behandelt sie. Interessanterweise werden durchaus häufig korrekte Arzneimittel verwendet, die entweder die Symptome oder sogar das zugrunde liegende Leiden gezielt behandeln können. Es bleibt aber immer die Gefahr, dass ein TCM-Therapeut und ein Hochschulmediziner bei der Diagnose aneinander vorbei reden. Der erste betreibt eine an groben, äußerlichen Befunden orientierte Diagnostik und Therapie, der zweite eine möglichst zielgenaue, apparativ gestützte Therapie. Aus diesem Grund ist es zwangsläufig, dass beide Herangehensweisen auch unterschiedliche Krankheitsklassifikationen verwenden müssen. Wer hier nicht die möglichen Überschneidungen zu erkennen vermag, verliert leicht den Überblick und begeht den Fehler, potentiell wirksame TCM-Produkte abzuwerten. Das Gegenteil ist ebenso möglich - es wird nicht selten ein in Wirklichkeit unwirksames oder sogar gefährliches TCM-Produkt zu einem Wundermittel stilisiert. Man erkennt dies z.B. bei [[Mahuang]].
    
==Die Fünf Wandlungsphasen-Lehre und ihr Einfluss in der TCM==
 
==Die Fünf Wandlungsphasen-Lehre und ihr Einfluss in der TCM==
Neben der Polarität zwischen Yin und Yang haben [[Fünf-Elemente-Lehre|fünf Wandlungsphasen]] eine grundlegende Bedeutung in der TCM. Holz wird als das kleine Yang bezeichnet und der Leber zugeordnet. Feuer ist das große Yang und wird dem Herzen zugeschrieben. Metall ist das kleine Yin und steht für die Lunge, Wasser ist das große Yin und steht natürlich für die Niere. Die Erde wird mit Milz und Magen in Verbindung gebracht, was auch ein naheliegender (wenn auch falscher) Analogieschluss ist. Ist man aufnahmefreudig, voll guten Willens und Ideen, aber trotzdem wenig durchsetzungsfreudig, so schätzt man dies in der TCM als eine Diskrepanz zwischen starker Leber und schwachem Herzen ein, wobei dabei nicht die tatsächlichen Organe gemeint sind!
+
Neben der Polarität zwischen Yin und Yang haben [[Fünf-Elemente-Lehre|fünf Wandlungsphasen]] eine grundlegende Bedeutung in der TCM. Holz wird als das kleine Yang bezeichnet und der Leber zugeordnet. Feuer ist das große Yang und wird dem Herzen zugeschrieben. Metall ist das kleine Yin und steht für die Lunge, Wasser ist das große Yin und steht natürlich für die Niere. Die Erde wird mit Milz und Magen in Verbindung gebracht, was ein naheliegender (wenn auch falscher) Analogieschluss ist. Ist man aufnahmefreudig, voll guten Willens und Ideen, aber trotzdem wenig durchsetzungsfreudig, so schätzt man dies in der TCM als eine Diskrepanz zwischen starker Leber und schwachem Herzen ein, wobei dabei nicht die tatsächlichen Organe gemeint sind!
   −
Es gehört zu den typischen Missverständnissen in Europa, dass diesen Begriffen bzw. ihren Organzuordnungen die tatsächlichen anatomischen Strukturen zugeordnet werden. Dem ist in der TCM nicht der Fall. Wenn man vom kleinen Yang spricht, bedeutet das nicht automatisch die tatsächliche Leber, sondern lediglich den Bereich des Organismus, der in der TCM dem Funktionskreis Leber zugeordnet wird.
+
Es gehört zu den typischen Missverständnissen in Europa, dass diesen Begriffen bzw. ihren Organzuordnungen die tatsächlichen anatomischen Strukturen zugeordnet werden. Das ist in der TCM nicht der Fall. Wenn man vom kleinen Yang spricht, bedeutet das nicht automatisch die tatsächliche Leber, sondern lediglich den Bereich des Organismus, der in der TCM dem Funktionskreis Leber zugeordnet wird.
   −
Zusätzlich werden noch verschiedene Funktionsabläufe in der TCM beschrieben, die man als Energieflüsse beschreibt. Im Westen versteht man dies als Ch'i und kommt dann schnell zum falschen Schluss, dies mit Karma oder irgendwelchen mutmaßlichen, angeblich realen Energiefeldern (z.B. [[Bioenergetik]]) in einen Topf zu werfen. Dabei ist dies grob falsch, denn die Energieflüsse sind nur Umschreibungen von äußerlich erkennbaren Verhaltensweisen. Die Bedeutung mag an folgenden Ausführungen deutlich werden.
+
Zusätzlich werden noch verschiedene Funktionsabläufe in der TCM beschrieben, die man als Energieflüsse beschreibt. Im Westen versteht man dies als Ch'i und kommt dann schnell zum falschen Schluss, dies mit Karma oder mutmaßlichen, angeblich realen Energiefeldern (z.B. [[Bioenergetik]]) zu vermengen. Dabei ist dies grob falsch, da die Energieflüsse nur Umschreibungen von äußerlich erkennbaren Verhaltensweisen sind. Die Bedeutung mag an folgenden Ausführungen deutlich werden.
    
* Die Mitte (orbis lienalis) erfüllt die Aufgabengebiete der Aufnahme und Interaktion mit der Außenwelt.
 
* Die Mitte (orbis lienalis) erfüllt die Aufgabengebiete der Aufnahme und Interaktion mit der Außenwelt.
Zeile 58: Zeile 58:  
* Die Niere (orbis renalis) ist Sitz der angeborenen Konstitution und verliert im Laufe des Lebens ihre Kraft.
 
* Die Niere (orbis renalis) ist Sitz der angeborenen Konstitution und verliert im Laufe des Lebens ihre Kraft.
   −
Dies zeigt, dass die Organbezeichnungen in der TCM mit der anatomischen Entsprechung im Westen nichts zu tun haben. Wer sich jedoch in die dianostische Welt eines der Sektion nicht mächtigen TCM-Therapeuten einzufühlen versucht, wird langsam verstehen, wie man auf solche Denkansätze kommt. Es bleibt einem nämlich gar nichts anderes übrig, wenn man therapeutisch handeln will.
+
Dies zeigt, dass die Organbezeichnungen in der TCM mit der anatomischen Entsprechung im Westen nichts zu tun haben. Wer sich jedoch in die diagnostische Welt eines der Sektion nicht mächtigen TCM-Therapeuten einzufühlen versucht, wird langsam verstehen, wie man auf solche Denkansätze kommt.  
    
==Befindlichkeit ist wichtig in der TCM==
 
==Befindlichkeit ist wichtig in der TCM==
Zeile 68: Zeile 68:     
==Das Konzept der 'Winde'==
 
==Das Konzept der 'Winde'==
Die TCM betont, dass der Organismus nur durch die Assimilation äußerer Einflüsse lebensfähig ist. Dies bezieht sich auf einen naheliegenden Analogieschluss, denn ohne die Zufuhr von Wasser, Luft und Nahrung ist ein Mensch nicht lange lebensfähig. Die TCM ist aber ebenso der Ansicht, dass der Mensch diesen Einflüssen nicht schutzlos ausgeliefert ist, denn sein Organisationsprinzip würde ihm helfen, Einflüsse zuzulassen oder auszugrenzen. Im Analogiemodell stehen bestimmte Faktoren für die Einflüsse von außen. Sie werden als Winde, Kälte, Feuchtigkeit oder als Verbindung verschiedener dieser Einflüsse bezeichnet. Je nach Reaktion des Organismus (z.B. durch hohes Fieber, Frösteln, geöffnete Hautporen beim Schwitzen) interpretiert dies die TCM als Aktivierung des wei qi, mit dem das Eindringen der Störung verhindert wird. Die Heilmaßnahmen der TCM zielen folgerichtig verstärkt darauf, das wei qi zu stärken.
+
Die TCM betont, dass der Organismus nur durch die Assimilation äußerer Einflüsse lebensfähig ist. Dies bezieht sich auf einen naheliegenden Analogieschluss, da ein Mensch ohne die Zufuhr von Wasser, Luft und Nahrung nicht lange lebensfähig ist. Die TCM ist aber ebenso der Ansicht, dass der Mensch diesen Einflüssen nicht schutzlos ausgeliefert ist, denn sein Organisationsprinzip helfe ihm, Einflüsse zuzulassen oder auszugrenzen. Im Analogiemodell stehen bestimmte Faktoren für die Einflüsse von außen. Sie werden als Winde, Kälte, Feuchtigkeit oder als Verbindung verschiedener dieser Einflüsse bezeichnet. Je nach Reaktion des Organismus (z.B. durch hohes Fieber, Frösteln, geöffnete Hautporen beim Schwitzen) interpretiert die TCM dies als Aktivierung des wei qi, mit dem das Eindringen der Störung verhindert wird. Die Heilmaßnahmen der TCM zielen folgerichtig verstärkt darauf, das wei qi zu stärken.
   −
Beeinflusst ein äußerer Wind den Patienten, kann dieser aber auch verinnerlicht werden, wenn er nicht ausreichend abgewehrt werden kann. Diesen Zustand nennt die TCM dann inneren Wind und mit symptomorientierten Mitteln wird dieser Wind dann bekämpft.
+
Beeinflusst ein äußerer Wind den Patienten, kann dieser aber auch verinnerlicht werden, wenn er nicht ausreichend abgewehrt werden kann. Diesen Zustand nennt die TCM dann inneren Wind und bekämpft diesen mit symptomorientierten Mitteln.
   −
Allgemein gesprochen zielt die TCM auf die Unterstützung der postulierten Regulationsmöglichkeiten des Menschen: auf die Ausscheidung von Schweiß, Urin, Stuhl, Blut, auf die Erweichung, Umwandlung und Ableitung von Schleim, aif die Kräftigung oder Verfügbarmachung von Synthese- und Wachstumsleistungen oder die Zerstreuung und Ableitung scheinbarer pathologischer Produkte.
+
Allgemein gesprochen zielt die TCM auf die Unterstützung der postulierten Regulationsmöglichkeiten des Menschen: auf die Ausscheidung von Schweiß, Urin, Stuhl, Blut, auf die Erweichung, Umwandlung und Ableitung von Schleim, auf die Kräftigung oder Verfügbarmachung von Synthese- und Wachstumsleistungen oder die Zerstreuung und Ableitung scheinbarer pathologischer Produkte.
    
==TCM Heilmittel==
 
==TCM Heilmittel==
 
[[image:TCM3.jpg|thumb]]
 
[[image:TCM3.jpg|thumb]]
Die therapeutischen Ziele werden mit ganz unterschiedlichen Arzneimitteln verfolgt. Dabei kennt die TCM eine mehrere tausend Jahre alte Tradition, diese Mittel in Arzneimittelbüchern aufzuschreiben und der Nachwelt weiterzureichen. Der Begriff 'Bücher' ist dabei untertrieben, denn es handelt sich häufig um vielbändige Enzyklopädien, die viele tausend Substanzen beschreiben. Eines der bekanntesten, aber auch jüngsten ist das 'Buch der Heilenden Kräuter' aus dem 16. Jahrhundert.
+
Die therapeutischen Ziele werden mit sehr unterschiedlichen Arzneimitteln verfolgt. Dabei kennt die TCM eine mehrere tausend Jahre alte Tradition, diese Präparate in Arzneimittelbüchern aufzuschreiben und der Nachwelt weiterzureichen. Häufig handelt es sich um vielbändige Enzyklopädien, die viele tausend Substanzen beschreiben. Eines der bekanntesten, aber auch jüngsten ist das 'Buch der Heilenden Kräuter' aus dem 16. Jahrhundert.
   −
Die Arzneimittel sind pflanzlicher, tierischer und mineralischer Herkunft; es werden aber auch Fermentationsprodukte (vgl. Rotes Reismehl) benutzt. Die pflanzlichen Produkte dominieren mit etwa 90%. Es werden Wurzeln, Wurzelstöcke, Rinden, Hölzer, Blätter, Zweige, Blüten, Früchte oder Samen benutzt - je nach Pflanze und Anwendungsziel.
+
Die Arzneimittel sind pflanzlicher, tierischer und mineralischer Herkunft; es werden aber auch Fermentationsprodukte (vgl. Rotes Reismehl) benutzt. Die pflanzlichen Produkte dominieren mit etwa 90%. Es werden je nach Pflanze und Anwendungszielt Wurzeln, Wurzelstöcke, Rinden, Hölzer, Blätter, Zweige, Blüten, Früchte oder Samen benutzt.
   −
Die ursprünglichste Anwendungsform war der Sud (Dekokt). Die gesamte Rezeptur wird in einer entsprechenden Flüssigkeit eingeweicht, erhitzt und etwa 20&nbsp;Minuten gekocht, danach abgekühlt und gefiltert. Daneben finden auch Pulver, Salben, Wachse und wachsartige Zubereitungen, Pasten und Flüssigkeiten ihre Verwendung.
+
Die ursprüngliche Anwendungsform war der Sud (Dekokt). Die gesamte Rezeptur wird in einer entsprechenden Flüssigkeit eingeweicht, erhitzt und etwa 20&nbsp;Minuten gekocht, danach abgekühlt und gefiltert. Daneben finden auch Pulver, Salben, Wachse und wachsartige Zubereitungen, Pasten und Flüssigkeiten Verwendung.
    
2011 berichtete die "Times of India" darüber, dass bestimmte Mittel der traditionellen chinesischen Medizin, die in China hergestellt werden, Plazentagewebe menschlicher Herkunft (siehe auch: [[Plazentophagie]]) enthalten sollen.<ref>http://timesofindia.indiatimes.com/world/china/China-probes-nutrition-pills-made-from-organs-of-dead-infants/articleshow/9553715.cms</ref>
 
2011 berichtete die "Times of India" darüber, dass bestimmte Mittel der traditionellen chinesischen Medizin, die in China hergestellt werden, Plazentagewebe menschlicher Herkunft (siehe auch: [[Plazentophagie]]) enthalten sollen.<ref>http://timesofindia.indiatimes.com/world/china/China-probes-nutrition-pills-made-from-organs-of-dead-infants/articleshow/9553715.cms</ref>
Zeile 87: Zeile 87:  
Wer in Deutschland TCM anwenden will, stößt schnell auf massive Probleme. Hauptgrund ist der Umstand, dass es sich bei TCM-Arzneimitteln häufig um Pflanzengemische oder sonstige, nicht standardisierte Zubereitungen handelt. Diese können als Fertigarznei aus formalen Gründen nicht angemeldet werden. Es bleibt hier überwiegend nur der Weg gemäß §&nbsp;21&nbsp;AMG. Der Arzt verordnet eine Zubereitung, der Patient geht damit zum Apotheker, dieser beschafft die Rohware(n) und produziert die Arznei.
 
Wer in Deutschland TCM anwenden will, stößt schnell auf massive Probleme. Hauptgrund ist der Umstand, dass es sich bei TCM-Arzneimitteln häufig um Pflanzengemische oder sonstige, nicht standardisierte Zubereitungen handelt. Diese können als Fertigarznei aus formalen Gründen nicht angemeldet werden. Es bleibt hier überwiegend nur der Weg gemäß §&nbsp;21&nbsp;AMG. Der Arzt verordnet eine Zubereitung, der Patient geht damit zum Apotheker, dieser beschafft die Rohware(n) und produziert die Arznei.
   −
Dieser Weg bedarf keiner Arzneimittelregistrierung, wenn der Apotheker nicht mehr als 99&nbsp;Packungen der gleichen Arznei täglich abgibt. Er darf sie aber nicht versenden (weil in Deutschland immer noch ein Versandverbot für Arzneimittel per Post vom Apotheker an den Endkunden herrscht), sondern nur an seine Endkunden im Einzugsbereich abgeben. Da nur wenige Apotheker die notwendige Sachkunde und Ausstattung zur Beschaffung und Qualitätskontrolle der TCM-Arneimittel besitzen und immer weniger Apotheker über eigene Labore und Verkapselungs- bzw. Zubereitungsmaschinen verfügen, hat es die TCM sehr schwer, in Deutschland Fuß zu fassen.
+
Dieser Weg bedarf keiner Arzneimittelregistrierung, wenn der Apotheker nicht mehr als 99&nbsp;Packungen der gleichen Arznei täglich abgibt. Er darf sie aber nicht versenden (in Deutschland herrscht immer noch ein Versandverbot für Arzneimittel per Post vom Apotheker an den Endkunden), sondern nur an seine Endkunden im Einzugsbereich abgeben. Da nur wenige Apotheker die notwendige Sachkunde und Ausstattung zur Beschaffung und Qualitätskontrolle der TCM-Arneimittel besitzen und immer weniger Apotheker über eigene Labore und Verkapselungs- bzw. Zubereitungsmaschinen verfügen, hat es die TCM sehr schwer, in Deutschland Fuß zu fassen.
   −
Dabei gibt es viele Zubereitungen und Gemische, die in China als Fertigarznei direkt im Verkehr sind. Leider kann man diese nicht immer direkt gemäß §&nbsp;73 Abs.&nbsp;3&nbsp;AMG importierten, weil deren Herstellung in China nicht standardisiert ist. Bei einigen Pflanzen fehlen auch die Monographien im Westen, was eine Qualitätskontrolle erschwert. Dies liegt daran, dass eine Reihe von TCM-Heilpflanzen in Europa einfach nicht heimisch sind und importiert werden müssen. Erschwert wird das ganze durch unseriöse Anbieter aus dem Fernen Osten, die keine Probleme damit haben, schwermetall- oder pestizidbelastete Rohware auf den internationalen Markt zu werfen.
+
Dabei gibt es viele Zubereitungen und Gemische, die in China als Fertigarznei direkt im Verkehr sind. Leider kann man diese nicht immer direkt gemäß §&nbsp;73 Abs.&nbsp;3&nbsp;AMG importierten, weil deren Herstellung in China nicht standardisiert ist. Bei einigen Pflanzen fehlen auch die Monographien im Westen, was eine Qualitätskontrolle erschwert. Dies liegt daran, dass eine Reihe von TCM-Heilpflanzen in Europa einfach nicht heimisch sind und importiert werden müssen. Erschwert wird das ganze durch unseriöse Anbieter aus dem Fernen Osten, die z.B. auch schwermetall- oder pestizidbelastete Rohware auf den internationalen Markt zu bringen.
   −
Anbieter von TCM-Produkten haben nur die Möglichkeit zu versuchen, ihr Produkt als Nahrungsergänzung in den Markt zu bringen. Diese dürfen aber mit Heilaussagen nicht beworben werden und zwar weder bei Ärzten/Apothekern noch beim Patienten selbst. Das führt zur abstrusen Situation, dass wirksame Produkte in einem Graumarkt vertrieben werden müssen, der unlautere und lautere Anbieter kennt und in dem seriös auftretende Anbieter von heilmittelrechtswidrig operierenden Scharlatanen übertönt werden. Letztendlich wird der Verbraucher verunsichert, weil er nur schwer zwischen seriösen und unseriösen Produkten unterscheiden kann. Nicht selten sind auch die Ärzte und Apotheker hier überfordert.
+
Anbieter von TCM-Produkten haben nur die Möglichkeit zu versuchen, ihr Produkt als Nahrungsergänzung in den Markt zu bringen. Diese dürfen aber nicht mit Heilaussagen beworben werden und zwar weder bei Ärzten/Apothekern noch beim Patienten selbst. Das führt zur abstrusen Situation, dass wirksame Produkte in einem Graumarkt vertrieben werden müssen, der unlautere und lautere Anbieter aufweist. Letztendlich wird der Verbraucher verunsichert, weil er nur schwer zwischen seriösen und unseriösen Produkten unterscheiden kann. Nicht selten sind auch Ärzte und Apotheker hier überfordert.
    
==Ein Ausweg mit Hindernissen==
 
==Ein Ausweg mit Hindernissen==
Der Patient sollte sich in Absprache mit seinem ärztlichen Therapeuten und dem Apotheker über TCM-Produkte informieren. Sofern der Produktenanbieter, der meist erst auf Anfrage aus Fachkreisen die Informationen seines Produktes übersenden darf, seriös ist, gelingt eine kooperative Zusammenarbeit. Es gilt jedoch immer, dass nur jene Produkte benutzt werden sollten, die einen Wirksamkeitsnachweis besitzen oder zumindest ihre gute Verträglichkeit und Sicherheit zeigen können.
+
Der Patient sollte sich in Absprache mit seinem ärztlichen Therapeuten und dem Apotheker über TCM-Produkte informieren. Sofern der Produktanbieter, der meist erst auf Anfrage aus Fachkreisen die Informationen seines Produktes übersenden darf, seriös ist, gelingt eine kooperative Zusammenarbeit. Es gilt jedoch immer, dass nur jene Produkte benutzt werden sollten, die einen Wirksamkeitsnachweis besitzen oder zumindest ihre gute Verträglichkeit und Sicherheit zeigen können.
    
==Gefahren==
 
==Gefahren==
Durch die Verwendung von exotischen Pflanzen, die unbekannte Mengen an verschiedenen, teils ungetesteten Inhaltsstoffen enthalten sowie den möglichen Gehalt der Mittel an Schadstoffen kann es zu teilweise schwerwiegenden Nebenwirkungen kommen. Beispielsweise wurden in Deutschland, aufgrund eines Stufenplanverfahrens  (vom 3.&nbsp;Juni 1981), alle „Aristolochiasäure-haltigen Human- und Tierarzneimittel, einschließlich phytotherapeutischer und homöopathischer Arzneimittel, die unter Verwendung Aristolochiasäure-haltiger Pflanzen hergestellt werden“, verboten. Neben den karzinogenen (krebserregenden) Eigenschaften sind Aristolochiasäuren stark nephrotoxisch (nierenschädigend).<ref>http://www.bfs-ev.de/index.php?menuid=27&reporeid=1205</ref>
+
Durch die Verwendung exotischer Pflanzen, die unbekannte Mengen an verschiedenen, teils ungetesteten Inhaltsstoffen enthalten sowie den möglichen Schadstoffgehalt der Mittel kann es zu teilweise schwerwiegenden Nebenwirkungen kommen. Beispielsweise wurden in Deutschland, aufgrund eines Stufenplanverfahrens  (vom 3.&nbsp;Juni 1981), alle „Aristolochiasäure-haltigen Human- und Tierarzneimittel, einschließlich phytotherapeutischer und homöopathischer Arzneimittel, die unter Verwendung Aristolochiasäure-haltiger Pflanzen hergestellt werden“, verboten. Neben den karzinogenen (krebserregenden) Eigenschaften sind Aristolochiasäuren stark nephrotoxisch (nierenschädigend).<ref>http://www.bfs-ev.de/index.php?menuid=27&reporeid=1205</ref>
    
Doch auch nach dem Verbot taucht Aristolochiasäure, begünstigt durch den Vertrieb über das Internet, immer wieder in Naturheilmitteln auf, so 1992 in Belgien in dem Schlankheitsmittel „Fang Ji“. Damals hatten die Hersteller aufgrund eines Übersetzungsfehlers statt „Han Fang Ji“ (''Stephania tetrandra'') „Guang Fang Ji“ (''Aristolochia fangchi'') in die Präparate gemischt. Etliche Anwenderinnen wurden dialysepflichtig, einige entwickelten später Karzinome in den ableitenden Harnwegen.<ref>http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=30886</ref> 39&nbsp;Frauen mussten die Nieren prophylaktisch entfernen lassen, weil sie Schlankheitstees mit Aristolochiasäure zum Abnehmen getrunken hatten.<ref>http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10841870</ref>
 
Doch auch nach dem Verbot taucht Aristolochiasäure, begünstigt durch den Vertrieb über das Internet, immer wieder in Naturheilmitteln auf, so 1992 in Belgien in dem Schlankheitsmittel „Fang Ji“. Damals hatten die Hersteller aufgrund eines Übersetzungsfehlers statt „Han Fang Ji“ (''Stephania tetrandra'') „Guang Fang Ji“ (''Aristolochia fangchi'') in die Präparate gemischt. Etliche Anwenderinnen wurden dialysepflichtig, einige entwickelten später Karzinome in den ableitenden Harnwegen.<ref>http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=30886</ref> 39&nbsp;Frauen mussten die Nieren prophylaktisch entfernen lassen, weil sie Schlankheitstees mit Aristolochiasäure zum Abnehmen getrunken hatten.<ref>http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10841870</ref>
Zeile 108: Zeile 108:  
Weitere Beispiele für die Gefährdung von Tierarten durch die TCM sind der massenhafte Fang von Seepferdchen<ref>http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=25604186&top=SPIEGEL</ref><ref>http://www.bio.tamu.edu/USERS/ajones/pubs_files/news/ROESSIGER_Seepferdchen.pdf</ref> oder Haien (Haiknorpel<ref>http://www.greenpeace-magazin.de/index.php?id=4796</ref>) zu "medizinischen" Zwecken, wodurch einige dieser Arten bereits vom Aussterben bedroht sind.
 
Weitere Beispiele für die Gefährdung von Tierarten durch die TCM sind der massenhafte Fang von Seepferdchen<ref>http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=25604186&top=SPIEGEL</ref><ref>http://www.bio.tamu.edu/USERS/ajones/pubs_files/news/ROESSIGER_Seepferdchen.pdf</ref> oder Haien (Haiknorpel<ref>http://www.greenpeace-magazin.de/index.php?id=4796</ref>) zu "medizinischen" Zwecken, wodurch einige dieser Arten bereits vom Aussterben bedroht sind.
   −
[[Ursodeoxycholsäure]], ein weiteres Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin, das in der Galle des Asiatischen Schwarzbären vorkommt, bringt bei deren Gewinnung in sog. Bärenfarmen unvorstellbare Tierquälerei für circa 10.000 Asiatische Schwarzbären mit sich.<ref>http://www.geo.de/GEO/natur/tiere/3599.html</ref>
+
[[Ursodeoxycholsäure]], ein weiteres Mittel der Traditionellen Chinesischen Medizin, das in der Galle des Asiatischen Schwarzbären vorkommt, bringt bei deren Gewinnung in so genannten Bärenfarmen unvorstellbare Tierquälerei für circa 10.000 Asiatische Schwarzbären mit sich.<ref>http://www.geo.de/GEO/natur/tiere/3599.html</ref>
   −
Auch dutzende Primatenarten sind in bestimmten traditionellen Heilmethoden und für magische Rituale begehrt und werden in diesem Zusammenhang zur Rohstoffgewinnung bejagt. 47 Primatenspezies werden aufgrund angeblich heilender Wirkung, 34 aufgrund ihrer "magischen Kräfte" und 20 wegen beider Gründe regelmäßig gejagt und getötet. So soll beispielsweise das Fleisch des Schwarzgesichtklammeraffen (Ateles chamek) und des Haubenkapuziners (Cebus aplella) sechs verschiedene Erkrankungen heilen. In Bolivien werden Klammeraffen gegen Schlangen- und Spinnenbisse, Fieber, Erkältungen, Husten, Schulterschmerzen, Schlafprobleme und Leishmaniose gegessen. In Indien soll das Blut von Makaken gegen Asthma helfen. In Sierra Leone bekommen Kinder kleine Knochen von Schimpansen um den Bauch oder um das Handgelenk gebunden, da es den Aberglauben gibt, dies würde sie stärker machen.<ref>Rômulo R. N. ALVES, Wedson M. S. SOUTO, Raynner R. D. BARBOZA: ''Primates in traditional folk medicine: a world overview'', Mammal Review, Volume 40 Issue 2, Seiten 155 - 180. 9.3.2010</ref><ref>http://derstandard.at/1269448635345/Dutzende-Primatenspezies-Opfer-von-traditioneller-Medizin-und-Magie</ref>
+
Auch dutzende Primatenarten sind bei bestimmten traditionellen Heilmethoden und für magische Rituale begehrt und werden in diesem Zusammenhang zur Rohstoffgewinnung bejagt. 47 Primatenspezies werden aufgrund angeblich heilender Wirkung, 34 aufgrund ihrer "magischen Kräfte" und 20 wegen beider Gründe regelmäßig gejagt und getötet. So soll beispielsweise das Fleisch des Schwarzgesichtklammeraffen (Ateles chamek) und des Haubenkapuziners (Cebus aplella) sechs verschiedene Erkrankungen heilen. In Bolivien werden Klammeraffen gegen Schlangen- und Spinnenbisse, Fieber, Erkältungen, Husten, Schulterschmerzen, Schlafprobleme und Leishmaniose gegessen. In Indien soll das Blut von Makaken gegen Asthma helfen. In Sierra Leone werden kleine Knochen von Schimpansen Kindern um den Bauch oder um das Handgelenk gebunden, da es den Aberglauben gibt, dies würde sie stärker machen.<ref>Rômulo R. N. ALVES, Wedson M. S. SOUTO, Raynner R. D. BARBOZA: ''Primates in traditional folk medicine: a world overview'', Mammal Review, Volume 40 Issue 2, Seiten 155 - 180. 9.3.2010</ref><ref>http://derstandard.at/1269448635345/Dutzende-Primatenspezies-Opfer-von-traditioneller-Medizin-und-Magie</ref>
    
Auch Pflanzenarten werden durch die Nutzung in der TCM aufgrund der massenhaften Entnahme aus der Natur in ihrem Bestand gefährdet. Ein Beispiel dafür ist der Asiatische [[Ginseng]] (''Panax ginseng''), der als Wildpflanze vom Aussterben bedroht ist.
 
Auch Pflanzenarten werden durch die Nutzung in der TCM aufgrund der massenhaften Entnahme aus der Natur in ihrem Bestand gefährdet. Ein Beispiel dafür ist der Asiatische [[Ginseng]] (''Panax ginseng''), der als Wildpflanze vom Aussterben bedroht ist.
8.396

Bearbeitungen

Navigationsmenü