Teddybär

Aus Psiram
Version vom 27. Juni 2013, 22:39 Uhr von Abrax (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Artikel bei Raum & Zeit

Teddybär ist laut einer pseudowissenschaftlichen Verschwörungstheorie der Berliner Buchautoren Fosar und Bludorf die Codebezeichnung für eine angebliche geheime US-amerikanische militärische Längstwellen-Sendeanlage unterhalb des inzwischen geschlossenen Flughafens Tempelhof in Berlin.[1] Diese Anlage soll nach Meinung ihrer Erfinder mit dem Einverständnis deutscher Behörden die Gesundheit der Einwohner Berlins als angebliche "Versuchspersonen" gefährden. Insbesondere wird behauptet, dass die erfundene Sendeanlage das CFIDS (chronisches Müdigkeitssyndrom) auslöse und mit dem Brummton-Phänomen in Verbindung stehe.

Verbreitet wird diese Verschwörungstheorie auch von Infokrieg.tv und dem Heilpraktiker Andreas Bunkahle.[2] Die Esoterikzeitschrift Raum & Zeit widmete der erfundenen Geschichte sogar zwei Artikel.[3] Raum & Zeit attestierte Fosar und Bludorf: "Die beiden Autoren haben sauber und exakt recherchiert. Was herauskam, sollte die Berliner auf die Barrikaden treiben."

Eine völlig unkritische Erwähnung findet sich auch bei "ZeitGeist-online"[4], einer Zeitschrift, die im Eigenverständnis behauptet: "Das Magazin, das dort Fragen stellt, wo andere aufhören nachzudenken".

Beweise für die Existenz einer solchen Anlage existieren jedoch nicht und werden von den Erfindern der Theorie auch nicht ansatzweise vorgebracht. Von keiner unabhängigen Seite wurden je Beobachtungen zu dieser erfundenen Anlage gemacht oder veröffentlicht. Diese Verschwörungstheorie ist in Zusammenhang mit der Elektrosmog-Diskussion zu sehen. Sie soll offenbar den Buchabsatz der Urheber ankurbeln, denn sie knüpft auch an ein bereits vorher veröffentliches Buch[5] der Autoren an, das sich mit einer angeblichen Längstwellenantenne einer amerikanischen Kurzwellenanlage in Alaska namens HAARP befasst. Eine Längstwellensendeanlage gibt es im Zusammenhang mit HAARP aber nicht.

Urheber

Franz Bludorf
Grazyna Fosar

Urheber dieser Verschwörungstheorie sind zwei Berliner Buchautoren pseudowissenschaftlicher und verschwörungstheoretischer Werke, Grazyna Fosar und Franz Bludorf, die sich die Geschichte um die angebliche ELF-Anlage im Jahre 2000 ausdachten. Franz Bludorf ist Chefredakteur des Magazins Matrix 3000, Grazyna Fosar leitet bei der gleichen Zeitschrift das Wissenschaftsressort.

Fosar und Bludorf machten bereits mehrfach durch abwegige und belustigende Verschwörungstheorien auf sich aufmerksam. So erklärten sie einen von RTL-TV (Günther Jauch) gefaketen, so genannten Kornkreis als mit Sicherheit nicht von Menschenhand gemacht und unterstellten einen Besuch Außerirdischer auf der Erde.

Die Teddybär-Geschichte

(Bild: Bundeswehr)
Radarantenne AN/FPF-117 (normalerweise unter Radarschutzkuppel verborgen. Bild: Bundeswehr)

In den 1980er Jahren wurde am Flughafen Tempelhof in Berlin das dortige Flughafenradar renoviert und ein markanter Radarturm neu gebaut.

Nach Fosar und Bludorf befinde sich unterhalb des Flughafengeländes eine geheime, großräumige Antennenkonstruktion als Ringantenne zur Abstrahlung von Längstwellen, die in irgendeiner Weise mit dem Flughafenradar verbunden und von der US-Armee (7350 Air Base Group/LGC) installiert worden sei. Sie werde intensiv bewacht und sei für Außenstehende unzugänglich. Die Betriebsfrequenz der Anlage sei 80 Hz und ihr Codename Teddybär. Nach dem Abzug der Amerikaner sei die Anlage an die Bundeswehr übergeben worden und inzwischen Teil der deutschen Radar-Luftraumüberwachung. Im Gegensatz zu früher sei die Anlage heute nicht mehr geheim. Beim Radar mit der internen Kurzbezeichnung Teddybär handle es sich um ein Radargerät vom Typ AN/FPF-117 mit einer Reichweite von etwa 400 km.

Da den Erfindern der Geschichte klar wurde, dass eine Gefährdung angeblicher Versuchspersonen ausgerechnet bei eigenen Militärangehörigen und Flugplatzmitarbeitern unplausibel erscheint, schoben sie später eine zusätzliche Hilfshypothese nach: Nach eigener Spekulation verfüge die NATO inzwischen über elektronische Geräte im Taschenformat, mit deren Hilfe man sich gegen "Teddybär-Strahlungen" schützen könne. Näheres dazu könne man zwar nicht verraten, vermute jedoch, dass es sich dabei um "Feedback-Killer" handele, die möglicherweise nach dem Prinzip der Bioresonanz funktionierten, meinten die Autoren.

Der Beweisführungsversuch von Fosar/Bludorf

Scharping-Schreiben

Als Beleg für die Existenz führen die Buchautoren einen einzigen anonymen angeblichen Zeugen (M) an, der in der Vergangenheit am Flughafen als Mitglied einer Wachschutzfirma beschäftigt gewesen und an CFS erkrankt sei und sich mit den Autoren in Verbindung gesetzt habe. Der unbekannte M. will am Flughafen Hohlleiter und Kabel gesehen haben, deren Verwendungszweck er sich nicht erklären konnte. Spekulativ unterstellte Zeuge M., dass sich am Flughafen eine ELF-Sendestation befinde, die dazu diene, Flugbewegungen jenseits des Ural zu überwachen. Die überirdisch erkennbare Radaranlage diene dabei merkwürdigerweise als Sende- und Empfangsanlage für die unterirdische ELF-Antenne.

Daraufhin führten die Autoren mit unbekannten Messgeräten Messungen am Flughafen durch, wobei sie jedoch angeblich stets von Flughafenbewachern beobachtet worden seien. Zitat Fosar/Bludorf: "Die Autoren haben in der näheren Umgebung der Anlage physikalische Messungen durchgeführt. Die Auswertung dieser Messungen, die auch Tonband- und Videoaufzeichnungen umfaßt, beweist, daß die Anlage elektromagnetische Wellen ausstrahlt, die aufgrund ihrer Frequenz und Modulation als gesundheitsschädlich gelten und in Amerika für neuartige Soundwaffensysteme eingesetzt werden."

Ihre Messungen wollen die Buchautoren insbesondere ausgerechnet mit einem handelsüblichen Kassettenrekorder gemacht haben, und die Aufzeichnungen unterzogen sie dabei einer Spektralanalyse (Tiefpassfilter: 100 Hz) ohne Vergleich zu einer Leeraufnahme. Dabei wollen sie auch einen "hohen Piepton" auf der Tonspur eines Videos (das nie gezeigt wurde) wahrgenommen haben. Möglicherweise handelt es sich dabei um eine Direkteinstrahlung in unmittelbarer Nähe der Radaranlage ohne Bezug zu dem postulierten ELF-Signal von angeblich 80 Hz.

Ein nichtssagendes Schreiben aus dem Verteidigungsministerium[6], in dem davon die Rede ist, dass an Flughäfen zahlreiche elektrische Geräte und Maschinen in Betrieb sind, die elektromagnetische Felder erzeugen können, wurde von Fosar und Bludorf triumphierend als offizielles Eingeständnis bewertet, "dass vom Flughafen Tempelhof tatsächlich eine ELF-Wellenemission ausgeht".

Quellennachweise