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Spirulina platensis wird heutzutage in der Regel industriell hergestellt, um auf dem Gesundheitsmarkt angeboten zu werden. Während man in Afrika, Asien und Südamerika die Produktion in kleinen Mengen dezentral bewerkstelligt, wird z.B. in den USA der Weg beschritten, Spirulina-Stämme zu isolieren und als Reinzucht in isolierten Tanks zu vermehren. Die Endprodukte zeichnen sich unstrittig durch einen vergleichsweise hohen Gehalt an B-Vitaminen, Betakarotin, Mineralien (Kalzium, Eisen, Magnesium, Natrium, Zink) sowie Gammalinolensäure aus. Bis zu 70% der Trockenmasse besteht aus Protein <ref>Clement G: Production and characteristic constituents of the algae Spirulina platensis and maxima. Ann Nutr Aliment 29: 477-88, 1975</ref>. Der hohe Vitamin B12-Gehalt ist insofern bemerkenswert (und deutet auf den tierischen Ursprung des zur Photosynthese befähigten Einzellers hin), weil solche Mengen für gewöhnlich nur im Tierreich gefunden werden.
 
Spirulina platensis wird heutzutage in der Regel industriell hergestellt, um auf dem Gesundheitsmarkt angeboten zu werden. Während man in Afrika, Asien und Südamerika die Produktion in kleinen Mengen dezentral bewerkstelligt, wird z.B. in den USA der Weg beschritten, Spirulina-Stämme zu isolieren und als Reinzucht in isolierten Tanks zu vermehren. Die Endprodukte zeichnen sich unstrittig durch einen vergleichsweise hohen Gehalt an B-Vitaminen, Betakarotin, Mineralien (Kalzium, Eisen, Magnesium, Natrium, Zink) sowie Gammalinolensäure aus. Bis zu 70% der Trockenmasse besteht aus Protein <ref>Clement G: Production and characteristic constituents of the algae Spirulina platensis and maxima. Ann Nutr Aliment 29: 477-88, 1975</ref>. Der hohe Vitamin B12-Gehalt ist insofern bemerkenswert (und deutet auf den tierischen Ursprung des zur Photosynthese befähigten Einzellers hin), weil solche Mengen für gewöhnlich nur im Tierreich gefunden werden.
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Der Gehalt der Substanzen in Spirulina platensis bedeutet aber nicht, dass jene auch vollumfänglich in den menschlichen Organismus aufgenommen werden. So zeigte die Untersuchung von Dagnelie et al. (1991) vor mehr als 10 Jahren, dass das Vitamin B12 von Spirulina in einer Form vorliegt, die offensichtlich im Menschen nicht bioverfügbar ist. Dagnelie et al. (1991) stellten bei einem Kind mit Vitamin B12-Defizit fest, dass zwar die Serumspiegel nach Zufuhr von Spirulina anstiegen, dass aber das durchschnittliche korpuskuläre Volumen (MCV) der Erythrozyten sich weiter verringerte, was auf eine Unwirksamkeit der Zubereitung schließen lässt. Im Gegensatz dazu verbesserte sich das MCV, als auf fischreiche Kost umgestellt wurde. Nach Ansicht dieser Autoren ist es nicht gerechtfertigt, Algen oder andere Pflanzenprodukte als sichere Vitamin B12-Quelle zu bezeichnen, denn die tatsächliche Bioverfügbarkeit von Vitamin B12 aus diesen Ressourcen ist fraglich.
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Der Gehalt der Substanzen in Spirulina platensis bedeutet aber nicht, dass jene auch vollumfänglich in den menschlichen Organismus aufgenommen werden. So zeigte die Untersuchung von Dagnelie et al. <ref>Dagnelie PC, van Staveren WA, van den Berg H: Vitamin B-12 from algae appears not to be bioavailable. Am J Clin Nutr 53: 695-697, 1991 </ref>, dass das Vitamin B12 von Spirulina in einer Form vorliegt, die offensichtlich im Menschen nicht bioverfügbar ist. Dagnelie et al. (1991) stellten bei einem Kind mit Vitamin B12-Defizit fest, dass zwar die Serumspiegel nach Zufuhr von Spirulina anstiegen, dass aber das durchschnittliche korpuskuläre Volumen (MCV) der Erythrozyten sich weiter verringerte, was auf eine Unwirksamkeit der Zubereitung schließen lässt. Im Gegensatz dazu verbesserte sich das MCV, als auf fischreiche Kost umgestellt wurde. Nach Ansicht dieser Autoren ist es nicht gerechtfertigt, Algen oder andere Pflanzenprodukte als sichere Vitamin B12-Quelle zu bezeichnen, denn die tatsächliche Bioverfügbarkeit von Vitamin B12 aus diesen Ressourcen ist fraglich.
    
Aktuelle Studien wie Pugh et al. (2001) deuten darauf hin, dass in Spirulina platensis-, Aphanizomenon Flos Aquae- und [[Chlorella]] pyrenoidosa-Zubereitungen im Zellkulturversuch immunmodulatorisch wirksame hochmolekulare Polysaccharide in einem Anteil von 0.5-2% enthalten sind. Diese führen in Zellkultur-Prüfmodellen zu einer Aktivierung menschlicher weißer Blutkörperchen (Monozyten, Makrophagen), die für die Immunabwehr zuständig sind. Daraus aber eine heilsame Wirkung beim Menschen abzuleiten, ist falsch. Alle möglichen, als Antigene wirkenden Substanzen (bis hin zu reinem Wasser), können je nach Versuchsaufbau eine Aktivitätserhöhung bestimmter Zellfraktionen auslösen. Dies deshalb, weil eine Änderung der Laborbedingungen immer einen Einfluss auf die kultivierten Zellen ausübt. Selbst wenn im Serum des Menschen ein analoger Effekt zu erzielen wäre, würde dies lediglich bedeuten, dass die Zufuhr dieser Polysaccharide (deren Aufnahme aus dem Darm in das Serum bis heute nicht nachgewiesen wurde) wie eine Antigenzufuhr wirkt. Ein besundheitlicher Benefit entsteht dadurch nicht automatisch.
 
Aktuelle Studien wie Pugh et al. (2001) deuten darauf hin, dass in Spirulina platensis-, Aphanizomenon Flos Aquae- und [[Chlorella]] pyrenoidosa-Zubereitungen im Zellkulturversuch immunmodulatorisch wirksame hochmolekulare Polysaccharide in einem Anteil von 0.5-2% enthalten sind. Diese führen in Zellkultur-Prüfmodellen zu einer Aktivierung menschlicher weißer Blutkörperchen (Monozyten, Makrophagen), die für die Immunabwehr zuständig sind. Daraus aber eine heilsame Wirkung beim Menschen abzuleiten, ist falsch. Alle möglichen, als Antigene wirkenden Substanzen (bis hin zu reinem Wasser), können je nach Versuchsaufbau eine Aktivitätserhöhung bestimmter Zellfraktionen auslösen. Dies deshalb, weil eine Änderung der Laborbedingungen immer einen Einfluss auf die kultivierten Zellen ausübt. Selbst wenn im Serum des Menschen ein analoger Effekt zu erzielen wäre, würde dies lediglich bedeuten, dass die Zufuhr dieser Polysaccharide (deren Aufnahme aus dem Darm in das Serum bis heute nicht nachgewiesen wurde) wie eine Antigenzufuhr wirkt. Ein besundheitlicher Benefit entsteht dadurch nicht automatisch.
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In der Behandlung des Übergewichts gibt es bis heute keine einzige Studie, die einen gewichtsreduzierenden Effekt auch nur untersucht hätte, geschweige denn glaubhaft einen Nutzen nachgewiesen hätte. Den einzigen angeblichen Nachweis bietet Becker et al. <ref>Becker EW, Jakober B, Luft D: Clinical and biochemical evaluations of the alga Spirulina with regard to its application in the treatment of obesity. A double-blind cross-over study. Nutr Rep Int 33: 565–574, 1986</ref> in einer aufgrund ihrer Fallzahl faktisch nicht aussagekräftigen placebokontrollierten Studie in einem Journal der Lebensmittelindustrie.
 
In der Behandlung des Übergewichts gibt es bis heute keine einzige Studie, die einen gewichtsreduzierenden Effekt auch nur untersucht hätte, geschweige denn glaubhaft einen Nutzen nachgewiesen hätte. Den einzigen angeblichen Nachweis bietet Becker et al. <ref>Becker EW, Jakober B, Luft D: Clinical and biochemical evaluations of the alga Spirulina with regard to its application in the treatment of obesity. A double-blind cross-over study. Nutr Rep Int 33: 565–574, 1986</ref> in einer aufgrund ihrer Fallzahl faktisch nicht aussagekräftigen placebokontrollierten Studie in einem Journal der Lebensmittelindustrie.
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Die Behauptung, dass Spirulina gegen Krebs vorbeugend schützen würde, ist bis heute nicht belegt. Zwar gibt es einige Zellkulturversuche, in denen wiederum immunmodulatorische Wirkungen von Spirulinaextrakten beschrieben wurden (Hirahashi et al. 2002), aber diese Versuche wurden nur bei gesunden Freiwilligen durchgeführt und zeigen den üblichen Anstieg der Natural Killer (NK)-Zellen im Serum bei der Zufuhr von oral resorbierbaren Antigenen. Einen Anti-Tumor-Effekt daraus ableiten zu wollen, wäre falsch, da NK-Zellen nur immunologisch markierte Zellen angreifen und vernichten. Selbst wenn ihre Zahl im Serum drastisch erhöht würde, die Tumorzelle sich aber nicht als körpereigen darstellt (z.B. bei Adenokarzinom-Zellen), nutzt der Effekt einer NK-Stimulation dem Krebskranken überhaupt nichts. Eine spezielle Markierung oder Veränderung der Oberflächenstruktur von Tumorzellen durch die wässrigen Spirulina-Extrakte ist bis heute nicht nachgewiesen worden. Insofern sind solche Versuche immunologische Augenwischerei.
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Die Behauptung, dass Spirulina gegen Krebs vorbeugend schützen würde, ist bis heute nicht belegt. Zwar gibt es einige Zellkulturversuche, in denen wiederum immunmodulatorische Wirkungen von Spirulinaextrakten beschrieben wurden <ref>Hirahashi T, Matsumoto M, Hazeki K, Saeki Y, Ui M, Seya T: Activation of the human innate immune system by Spirulina: augmentation of interferon production and NK cytotoxicity by oral administration of hot water extract of Spirulina platensis. Int Immunopharmacol 2: 423-34, 2002</ref>, aber diese Versuche wurden nur bei gesunden Freiwilligen durchgeführt und zeigen den üblichen Anstieg der Natural Killer (NK)-Zellen im Serum bei der Zufuhr von oral resorbierbaren Antigenen. Einen Anti-Tumor-Effekt daraus ableiten zu wollen, wäre falsch, da NK-Zellen nur immunologisch markierte Zellen angreifen und vernichten. Selbst wenn ihre Zahl im Serum drastisch erhöht würde, die Tumorzelle sich aber nicht als körpereigen darstellt (z.B. bei Adenokarzinom-Zellen), nutzt der Effekt einer NK-Stimulation dem Krebskranken überhaupt nichts. Eine spezielle Markierung oder Veränderung der Oberflächenstruktur von Tumorzellen durch die wässrigen Spirulina-Extrakte ist bis heute nicht nachgewiesen worden. Insofern sind solche Versuche immunologische Augenwischerei.
    
Es gibt allerdings Studien wie jene von Mishima et al. (1998), die das Polysaccharid Kalzium-Spirulan aus Spirulina platensis-Zubereitungen isolierten und im Zellkulturversuch als Hemmstoff in Zelllinien ausgewählter Melanom-, Kolonkarzinom- und Fibrosarkom-Linien anwendeten. Sie spritzen die Substanz in den Zellsud und stellten fest, dass die Polysaccharide eins von verschiedenen Anheftungsenzymen, die diese Tumorzellen benötigen, um während des Metastasierungsprozesses sich in gesunden Geweben festzusetzen, blockiert wurde. Dieser Effekt wurde aber bisher am lebenden Tier oder gar am Menschen nicht untersucht, es wurden auch keine Fallbeschreibungen über heilende Wirkungen dieser Tumorarten veröffentlicht. Es steht auch der Beweis aus, dass eine direkte, spezifisch die Tumorzellen eliminierende Wirkung des Kalzium-Spirulan existiert. Wenn überhaupt, kann es höchstens einen Teil der Anheftungskapazität bestimmter Tumorzellen bremsen und damit eine Metastasierung verlangsamen.
 
Es gibt allerdings Studien wie jene von Mishima et al. (1998), die das Polysaccharid Kalzium-Spirulan aus Spirulina platensis-Zubereitungen isolierten und im Zellkulturversuch als Hemmstoff in Zelllinien ausgewählter Melanom-, Kolonkarzinom- und Fibrosarkom-Linien anwendeten. Sie spritzen die Substanz in den Zellsud und stellten fest, dass die Polysaccharide eins von verschiedenen Anheftungsenzymen, die diese Tumorzellen benötigen, um während des Metastasierungsprozesses sich in gesunden Geweben festzusetzen, blockiert wurde. Dieser Effekt wurde aber bisher am lebenden Tier oder gar am Menschen nicht untersucht, es wurden auch keine Fallbeschreibungen über heilende Wirkungen dieser Tumorarten veröffentlicht. Es steht auch der Beweis aus, dass eine direkte, spezifisch die Tumorzellen eliminierende Wirkung des Kalzium-Spirulan existiert. Wenn überhaupt, kann es höchstens einen Teil der Anheftungskapazität bestimmter Tumorzellen bremsen und damit eine Metastasierung verlangsamen.
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==Quellennachweise==
 
==Quellennachweise==
 
<references/>
 
<references/>
* Dagnelie PC, van Staveren WA, van den Berg H: Vitamin B-12 from algae appears not to be bioavailable. Am J Clin Nutr 53: 695-697, 1991
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* Hirahashi T, Matsumoto M, Hazeki K, Saeki Y, Ui M, Seya T: Activation of the human innate immune system by Spirulina: augmentation of interferon production and NK cytotoxicity by oral administration of hot water extract of Spirulina platensis. Int Immunopharmacol 2: 423-34, 2002
   
* Johnson PE, Shubert LE: Accumulation of mercury and other elements by Spirulina (Cyanophyceae). Nutr Rep Int 34: 1063–1070, 1986
 
* Johnson PE, Shubert LE: Accumulation of mercury and other elements by Spirulina (Cyanophyceae). Nutr Rep Int 34: 1063–1070, 1986
 
* Mathew B, Sankaranarayanan R, Nair PP, Varghese C, Somanathan T, Amma BP, Amma NS, Nair MK: Evaluation of chemoprevention of oral cancer with Spirulina fusiformis. Nutr Cancer 24: 197-202, 1995
 
* Mathew B, Sankaranarayanan R, Nair PP, Varghese C, Somanathan T, Amma BP, Amma NS, Nair MK: Evaluation of chemoprevention of oral cancer with Spirulina fusiformis. Nutr Cancer 24: 197-202, 1995
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