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Es gibt allerdings Studien wie jene von Mishima et&nbsp;al., die das Polysaccharid Kalzium-Spirulan aus Spirulina platensis-Zubereitungen isolierten und im Zellkulturversuch als Hemmstoff in Zelllinien ausgewählter Melanom-, Kolonkarzinom- und Fibrosarkom-Linien anwendeten. Sie spritzten die Substanz in den Zellsud und stellten fest, dass die Polysaccharide eines von verschiedenen Anheftungsenzymen blockierten, die diese Tumorzellen benötigen, um sich während des Metastasierungsprozesses in gesunden Geweben festzusetzen. Dieser Effekt wurde aber bisher nicht am lebenden Tier oder gar am Menschen untersucht. Es wurden auch keine Fallbeschreibungen über heilende Wirkungen bei diesen Tumorarten veröffentlicht. Ebenso steht der Beweis aus, dass eine direkte, spezifisch die Tumorzellen eliminierende Wirkung des Kalzium-Spirulan existiert. Wenn überhaupt, kann es höchstens einen Teil der Anheftungskapazität bestimmter Tumorzellen bremsen und damit eine Metastasierung verlangsamen.<ref>Mishima T, Murata J, Toyoshima M, Fujii H, Nakajima M, Hayashi T, Kato T, Saiki I: Inhibition of tumor invasion and metastasis by calcium spirulan (Ca-SP), a novel sulfated polysaccharide derived from a blue-green alga, Spirulina platensis. Clin Exp Metastasis 16: 541-50, 1998</ref>
 
Es gibt allerdings Studien wie jene von Mishima et&nbsp;al., die das Polysaccharid Kalzium-Spirulan aus Spirulina platensis-Zubereitungen isolierten und im Zellkulturversuch als Hemmstoff in Zelllinien ausgewählter Melanom-, Kolonkarzinom- und Fibrosarkom-Linien anwendeten. Sie spritzten die Substanz in den Zellsud und stellten fest, dass die Polysaccharide eines von verschiedenen Anheftungsenzymen blockierten, die diese Tumorzellen benötigen, um sich während des Metastasierungsprozesses in gesunden Geweben festzusetzen. Dieser Effekt wurde aber bisher nicht am lebenden Tier oder gar am Menschen untersucht. Es wurden auch keine Fallbeschreibungen über heilende Wirkungen bei diesen Tumorarten veröffentlicht. Ebenso steht der Beweis aus, dass eine direkte, spezifisch die Tumorzellen eliminierende Wirkung des Kalzium-Spirulan existiert. Wenn überhaupt, kann es höchstens einen Teil der Anheftungskapazität bestimmter Tumorzellen bremsen und damit eine Metastasierung verlangsamen.<ref>Mishima T, Murata J, Toyoshima M, Fujii H, Nakajima M, Hayashi T, Kato T, Saiki I: Inhibition of tumor invasion and metastasis by calcium spirulan (Ca-SP), a novel sulfated polysaccharide derived from a blue-green alga, Spirulina platensis. Clin Exp Metastasis 16: 541-50, 1998</ref>
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Die einzige Studie, die bisher im Fachschrifttum publiziert wurde und sich mit der Spirulinabehandlung bei Kranken befasst, ist jene von Mathew et&nbsp;al. von der medizinischen Universität Kerala (Indien). Die Autoren untersuchten Veränderungen des Schleimhautepithels der Mundhöhle von Tabak kauenden Arbeitern. Es sollte untersucht werden, ob die zwölfmonatige Einnahme von 1&nbsp;Gramm Spirulina platensis täglich einen Einfluss auf die Neigung zu Verhornungsstörungen (Leukoplakie) bei diesen Patienten hatte. 20&nbsp;von 44&nbsp;Patienten unter Spirulinagabe und nur&nbsp;3 von&nbsp;43 placebobehandelten Patienten zeigten eine Rückbildung der Leukoplakie im Mundhöhlenbereich. Eine Veränderung der Serumwerte von Retinol oder Betakarotin unter Spirulina-Einnahme wurde nicht festgestellt. Da es sich bei der Leukoplakie nicht um eine Krebserkrankung, sondern eine eventuell zu einem Mundhöhlenkarzinom führende Gewebsveränderung handelt, zeigt diese Studie, dass eine Wirkung bei Krebs nicht untersucht worden ist und offenbar das carotinoidreiche Spirulina keinen Einfluss auf den Vitaminspiegel im Serum hat.<ref>Mathew B, Sankaranarayanan R, Nair PP, Varghese C, Somanathan T, Amma BP, Amma NS, Nair MK: Evaluation of chemoprevention of oral cancer with Spirulina fusiformis. Nutr Cancer 24: 197-202, 1995</ref> Dies stützt die Beschreibung von Dagnelie et&nbsp;al. (1991), die ebenfalls keine Resorption von Vitaminen (hier: Vit.&nbsp;B12) feststellen konnten.
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Die einzige Studie, die bisher im Fachschrifttum publiziert wurde und sich mit der Spirulinabehandlung bei Kranken befasst, ist jene von Mathew et&nbsp;al. von der medizinischen Universität Kerala (Indien). Die Autoren untersuchten Veränderungen des Schleimhautepithels der Mundhöhle von Tabak kauenden Arbeitern. Es sollte untersucht werden, ob die zwölfmonatige Einnahme von 1&nbsp;Gramm Spirulina platensis täglich einen Einfluss auf die Neigung zu Verhornungsstörungen (Leukoplakie) bei diesen Patienten hatte. 20&nbsp;von 44&nbsp;Patienten unter Spirulinagabe und nur&nbsp;3 von&nbsp;43 placebobehandelten Patienten zeigten eine Rückbildung der Leukoplakie im Mundhöhlenbereich. Eine Veränderung der Serumwerte von Retinol oder Betakarotin unter Spirulina-Einnahme wurde nicht festgestellt. Da es sich bei der Leukoplakie nicht um eine Krebserkrankung, sondern eine eventuell zu einem Mundhöhlenkarzinom führende Gewebsveränderung handelt, zeigt diese Studie, dass eine Wirkung bei Krebs nicht untersucht worden ist und offenbar das carotinoidreiche Spirulina keinen Einfluss auf den Vitaminspiegel im Serum hat.<ref>Mathew B, Sankaranarayanan R, Nair PP, Varghese C, Somanathan T, Amma BP, Amma NS, Nair MK: Evaluation of chemoprevention of oral cancer with Spirulina fusiformis. Nutr Cancer 24: 197-202, 1995</ref> Dies stützt die Beschreibung von Dagnelie et&nbsp;al., die ebenfalls keine Resorption von Vitaminen (hier: Vit.&nbsp;B12) feststellen konnten.<ref>Dagnelie PC, van Staveren WA, van den Berg H: Vitamin B-12 from algae appears not to be bioavailable. Am J Clin Nutr 53: 695-697, 1991</ref>
    
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine medizinische Wirksamkeit wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden konnte.
 
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine medizinische Wirksamkeit wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden konnte.
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Durch schwermetallbelastete Produkte wie auch durch Spirulinaprodukte, die (möglicherweise durch Beimengungen microcystinproduzierender Cyanobakterien anderer Gattungen) Microcystine enthalten, besteht eine mögliche Gesundheitsgefährdung. Microcystine sind stark hepatotoxisch (giftig für die Leber) und gelten als Tumorpromotoren.<ref>DFG - Senatskommission zur Beurteilung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Lebensmitteln: [http://www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/reden_stellungnahmen/2006/sklm_microcystine_28092005.pdf Microcystine in Algenprodukten zur Nahrungsergänzung] Endfassung vom 28. September 2005</ref>
 
Durch schwermetallbelastete Produkte wie auch durch Spirulinaprodukte, die (möglicherweise durch Beimengungen microcystinproduzierender Cyanobakterien anderer Gattungen) Microcystine enthalten, besteht eine mögliche Gesundheitsgefährdung. Microcystine sind stark hepatotoxisch (giftig für die Leber) und gelten als Tumorpromotoren.<ref>DFG - Senatskommission zur Beurteilung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Lebensmitteln: [http://www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/reden_stellungnahmen/2006/sklm_microcystine_28092005.pdf Microcystine in Algenprodukten zur Nahrungsergänzung] Endfassung vom 28. September 2005</ref>
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In der Spirulina-Szene wird häufig die Legende verbreitet, dass die Produkte seien hochqualitativ, gerade weil sie im industriellen Maßstab unter Reinbedingungen erzeugt würden. Dass die resultierenden Produkte im Einzelfall alles andere als hochqualitativ sind, zeigte vor mehr als 15&nbsp;Jahren die Studie von Johnson und Shubert (1986), die ergab, dass Schwermetalle aus verschmutztem Zuchtwasser zu einer Anreicherung von Blei, Kadmium und Quecksilber in den Endprodukten führen können.<ref>Johnson PE, Shubert LE: Accumulation of mercury and other elements by Spirulina (Cyanophyceae). Nutr Rep Int 34: 1063–1070, 1986</ref> Bei späteren Untersuchungen von Spirulina-Endprodukten fanden Nakashima et&nbsp;al. (1989) Beimengungen von Tierhaaren und Insektenfragmenten.<ref>Nakashima MJ, Angold S, Beavin BB, Bradicich RB, Decker SJ, Dzidowski GR, Levesque E, Locatelli RG, Mably M, Paredes A: Extraction of light filth from spirulina powders and tablets: collaborative study. J Assoc Off Anal Chem 72: 451-453, 1989</ref> Zusätzlich waren die Produkte teilweise mit Mineralöl oder Reinigungsölen belastet. Dies deutet auf miserable Produktionsbedingungen einzelner Anbieter hin.
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In der Spirulina-Szene wird häufig die Legende verbreitet, die Produkte seien hochqualitativ, gerade weil sie im industriellen Maßstab unter Reinbedingungen erzeugt würden. Dass die resultierenden Produkte im Einzelfall alles andere als hochqualitativ sind, zeigte vor mehr als 15&nbsp;Jahren die Studie von Johnson und Shubert, die ergab, dass Schwermetalle aus verschmutztem Zuchtwasser zu einer Anreicherung von Blei, Kadmium und Quecksilber in den Endprodukten führen können.<ref>Johnson PE, Shubert LE: Accumulation of mercury and other elements by Spirulina (Cyanophyceae). Nutr Rep Int 34: 1063–1070, 1986</ref> Bei späteren Untersuchungen von Spirulina-Endprodukten fanden Nakashima et&nbsp;al. Beimengungen von Tierhaaren und Insektenfragmenten.<ref>Nakashima MJ, Angold S, Beavin BB, Bradicich RB, Decker SJ, Dzidowski GR, Levesque E, Locatelli RG, Mably M, Paredes A: Extraction of light filth from spirulina powders and tablets: collaborative study. J Assoc Off Anal Chem 72: 451-453, 1989</ref> Zusätzlich waren die Produkte teilweise mit Mineralöl oder Reinigungsölen belastet. Dies deutet auf miserable Produktionsbedingungen einzelner Anbieter hin.
    
Spirulina platensis selbst enthält keine Microcystine. Jedoch werden oft andere Cyanobakterien, die zur Microcystinproduktion befähigt und mit Spirulina häufig vergesellschaftet sind, in angebliche Reinzuchtbecken eingeschleppt, die dann im Herstellungsprozess nicht abgetrennt werden. Je nach Seriosität und Zuverlässigkeit des Herstellers besteht dann die Gefahr, dass ein microcystinhaltiges Endprodukt in den Handel gelangt. So wurden bereits einzelne Spirulina-Produkte bekannt, die nachweislich Microcystine in Mengen bis zu 77&nbsp;parts per billion (ppb) enthielten.
 
Spirulina platensis selbst enthält keine Microcystine. Jedoch werden oft andere Cyanobakterien, die zur Microcystinproduktion befähigt und mit Spirulina häufig vergesellschaftet sind, in angebliche Reinzuchtbecken eingeschleppt, die dann im Herstellungsprozess nicht abgetrennt werden. Je nach Seriosität und Zuverlässigkeit des Herstellers besteht dann die Gefahr, dass ein microcystinhaltiges Endprodukt in den Handel gelangt. So wurden bereits einzelne Spirulina-Produkte bekannt, die nachweislich Microcystine in Mengen bis zu 77&nbsp;parts per billion (ppb) enthielten.
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Bereits ab Belastungen von 30&nbsp;ppb konnte eine Krebsgefahr (Leberkarzinom) nachgewiesen wurde<ref>Yu SZ: Primary prevention of hepatocellular carcinoma. J Gastroenterol Hepatol 10: 674-682, 1995</ref><ref>Yu SZ, Chen G: Blue-green algae toxins and liver cancer. Chin J Cancer Res 6: 9-17, 1994</ref> und im Versuch bei trächtigen Ratten schon ab einer Applikation von 4&nbsp;ppb Microcystinen ins Bauchfell mikroskopisch erkennbare Organschäden der Rattenfeten gezeigt werden konnten<ref>Zhang Z, Lian M, Liu Y, Wei G, Yu S, Kang S, Zhang Y, Chen C: Teratosis and damage of viscera induced by microcystin in SD rat fetuses. Zhonghua Yi Xue Za Zhi 82: 345-347, 2002</ref>, sind die gültigen Grenzwerte offenbar überdenkenswürdig.
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Bereits ab Belastungen von 30&nbsp;ppb konnte eine Krebsgefahr (Leberkarzinom) nachgewiesen werden<ref>Yu SZ: Primary prevention of hepatocellular carcinoma. J Gastroenterol Hepatol 10: 674-682, 1995</ref><ref>Yu SZ, Chen G: Blue-green algae toxins and liver cancer. Chin J Cancer Res 6: 9-17, 1994</ref>, und da im Versuch bei trächtigen Ratten schon ab einer Applikation von 4&nbsp;ppb Microcystinen ins Bauchfell mikroskopisch erkennbare Organschäden der Rattenfeten gezeigt werden konnten<ref>Zhang Z, Lian M, Liu Y, Wei G, Yu S, Kang S, Zhang Y, Chen C: Teratosis and damage of viscera induced by microcystin in SD rat fetuses. Zhonghua Yi Xue Za Zhi 82: 345-347, 2002</ref>, sind die gültigen Grenzwerte offenbar überdenkenswürdig.
    
==Rechtliche Situation==
 
==Rechtliche Situation==
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