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Marie Joseph Gabriel Antoine Jogand-Pagès (Pseudonym Léo Taxil) wird in Marseille am 21. März 1854 als Sohn eines Angestellten in eine streng katholische und monarchistische Familie geboren und wurde zum Schulbesuch auf eine Jesuitenschule in Marseille geschickt. Als Jugendlicher interessiert er sich 1868 für die revolutionären Gedanken eines Henri Rochefort und will ihn mit einem Schulfreund und seinem älteren Bruder in Belgien besuchen und bricht dazu von zu Haus aus. Nach vier Tagen wird er nach einer Suche durch seinen Vater an der italienischen Grenze aufgegriffen. Sein Vater schickt ihn sodann zu einer Strafanstalt namens ''colonie pénitentiaire agricole'' bei Tours, wo er 65 Tage in einer Zelle verbringen muss. In Marseille wird er Mitglied mehrerer politischer Bewegungen (u.a. ''jeune légion urbaine''), die ihn auch in Kontakt mit Giuseppe Garibaldi bringen, der ihn als eine jungen Schriftsteller bewundert haben soll. Beim Marseiller Republikanerblatt ''Midi républicain de Marseille'' wird er unter dem Pseudonym Léo Taxil tätig, um, wie er sagt, seiner Familie nicht zu schaden. Dabei beruft er sich auf den antiken Spartaner Leonidas und einen indischen König namens Taxil. Später beteiligt sich Taxil an der Pariser Kommune und betätigt sich als Autor einer satirischen Zeitschrift. Später wurde er polemisch-satirischer Autor von antiklerikalen und antikatholischen Werken. Er machte auch einen eigenen Buchladen auf, in dem er antikirchliche Schriften und eigene Werke anbot. 1879 führte seine Veröffentlichung ''À bas la Calotte'' (''Runter mit der Hose'') zu einem Strafverfahren gegen ihn wegen ''Beleidigung einer Religion'', das jedoch in einem Freispruch endet.
 
Marie Joseph Gabriel Antoine Jogand-Pagès (Pseudonym Léo Taxil) wird in Marseille am 21. März 1854 als Sohn eines Angestellten in eine streng katholische und monarchistische Familie geboren und wurde zum Schulbesuch auf eine Jesuitenschule in Marseille geschickt. Als Jugendlicher interessiert er sich 1868 für die revolutionären Gedanken eines Henri Rochefort und will ihn mit einem Schulfreund und seinem älteren Bruder in Belgien besuchen und bricht dazu von zu Haus aus. Nach vier Tagen wird er nach einer Suche durch seinen Vater an der italienischen Grenze aufgegriffen. Sein Vater schickt ihn sodann zu einer Strafanstalt namens ''colonie pénitentiaire agricole'' bei Tours, wo er 65 Tage in einer Zelle verbringen muss. In Marseille wird er Mitglied mehrerer politischer Bewegungen (u.a. ''jeune légion urbaine''), die ihn auch in Kontakt mit Giuseppe Garibaldi bringen, der ihn als eine jungen Schriftsteller bewundert haben soll. Beim Marseiller Republikanerblatt ''Midi républicain de Marseille'' wird er unter dem Pseudonym Léo Taxil tätig, um, wie er sagt, seiner Familie nicht zu schaden. Dabei beruft er sich auf den antiken Spartaner Leonidas und einen indischen König namens Taxil. Später beteiligt sich Taxil an der Pariser Kommune und betätigt sich als Autor einer satirischen Zeitschrift. Später wurde er polemisch-satirischer Autor von antiklerikalen und antikatholischen Werken. Er machte auch einen eigenen Buchladen auf, in dem er antikirchliche Schriften und eigene Werke anbot. 1879 führte seine Veröffentlichung ''À bas la Calotte'' (''Runter mit der Hose'') zu einem Strafverfahren gegen ihn wegen ''Beleidigung einer Religion'', das jedoch in einem Freispruch endet.
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Am 21. Februar 1881 wird Taxil Mitglied im Pariser Freimaurerzirkel ''Le Temple des amis de l’honneur français'' (rue Cadet 16). Dort ist der Linke Taxil jedoch von Beginn an umstritten. Der inzwischen versierte Journalist Taxil entdeckt auf einer Schrifttafel im Tempel einen Rechtschreibfehler. Ohne zu zögern und zu fragen schreibt er während seiner Einführungszeremonie mit einem Stift seinen Kommentar dazu auf einen Schädel, der ihm gezeigt wurde: ''Der große Architekt des Universums wird gebeten, den orthographischen Fehler auf dem 31. Schild von links zu korrigieren''. In der Folge wird er auch nur dreimal bei den Freimaurern auftauchen und somit vereinbarten Versammlungen fernbleiben. Ein weiterer Ärger ergibt sich, als Taxil in Narbonne für ein politisches Amt kandidiert, und ein Logenbruder Gegenkandidat ist, der vom ''Grand Orient'' gestützt wird. Ihm wird von der Loge verboten, Vorträge bei Versammlungen zu halten und schließlich werfen ihm andere Logenbrüder vor, ein Plagiat begangen zu haben. Am 17. Oktober 1881 wird er endgültig ausgeschlossen.
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Am 21. Februar 1881 wird Taxil Mitglied in der Pariser Freimaurerloge ''Le Temple des amis de l’honneur français'' (rue Cadet 16). Dort ist der Linke Taxil jedoch von Beginn an umstritten. Der inzwischen versierte Journalist Taxil entdeckt auf einer Schrifttafel im Tempel einen Rechtschreibfehler. Ohne zu zögern und zu fragen schreibt er während seiner Einführungszeremonie mit einem Stift seinen Kommentar dazu auf einen Schädel, der ihm gezeigt wurde: ''Der große Architekt des Universums wird gebeten, den orthographischen Fehler auf dem 31. Schild von links zu korrigieren''. In der Folge wird er auch nur dreimal bei den Freimaurern auftauchen und somit vereinbarten Versammlungen fernbleiben. Ein weiterer Ärger ergibt sich, als Taxil in Narbonne für ein politisches Amt kandidiert, und ein Logenbruder Gegenkandidat ist, der vom ''Grand Orient'' gestützt wird. Ihm wird von der Loge verboten, Vorträge bei Versammlungen zu halten und schließlich werfen ihm andere Logenbrüder vor, ein Plagiat begangen zu haben. Am 17. Oktober 1881 wird er endgültig ausgeschlossen.
 
Taxil stirbt am 31. März 1907 in Sceaux.
 
Taxil stirbt am 31. März 1907 in Sceaux.
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Nach seiner angeblichen Konvertierung zum katholischen Glauben veröffentliche Taxil zunächst ein vierbändiges Werk mit dem Titel ''Les frères Trois-Points (1885)'', das vorgab, die Geschichte des Freimaurertums darzustellen. Zu lesen waren erfundene Zeugenaussagen zu einer fiktiven Praxis satanischer Riten bei den Freimaurern.
 
Nach seiner angeblichen Konvertierung zum katholischen Glauben veröffentliche Taxil zunächst ein vierbändiges Werk mit dem Titel ''Les frères Trois-Points (1885)'', das vorgab, die Geschichte des Freimaurertums darzustellen. Zu lesen waren erfundene Zeugenaussagen zu einer fiktiven Praxis satanischer Riten bei den Freimaurern.
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Mit dem erfundenen Koautor ''docteur Charles Hacks'' veröffentlichte Taxil unter dem Pseudonym ''Docteur Bataille'' ein Werk mit dem Titel ''Le diable au XIXème siècle''. Wieder werden Freimaurer beschuldigt, einem Dämon zu huldigen. Taxil führt dabei eine fiktive Person namens Diana Vaughan in sein Werk ein. Diana Vaughan sollte amerikanische Nachfahrin des [[Rosenkreuzer]]tum-[[Alchemie|Alchemisten]] Thomas Vaughan sein, und mit ''inkarnierten Dämonen'' in einer Erscheinungsform als Krokodil kultmäßig (''palladisme'') auf satanischen Orgien verkehre. Sie solle 1874 geboren und Tochter des ''Teufels Bitru'' gewesen sein. Mit zehn Jahren sei sie Satan geweiht und in eine amerikanische Palladistenloge aufgenommen worden. In seinem Erfindungsgeist lässt Taxil in Vaughan eine Verehrung für Jeanne D'Arc entstehen, die dem dämonischen Spuk dann ein Ende setzt. Die Konvertierung der Vaughan wird dabei zu einem zentralen Element des Taxil-Schwindels und geradezu begierig von katholischen Autoren der Zeit zumeist kritiklos weiter kolportiert.
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Mit dem erfundenen Koautor ''docteur Charles Hacks'' veröffentlichte Taxil unter dem Pseudonym ''Docteur Bataille'' ein Werk mit dem Titel ''Le diable au XIXème siècle''. Wieder werden Freimaurer beschuldigt, einem Dämon zu huldigen. Taxil führt dabei eine fiktive Person namens Diana Vaughan in sein Werk ein. Diana Vaughan sollte amerikanische Nachfahrin des [[Rosenkreuzer]]tum-[[Alchemie|Alchemisten]] Thomas Vaughan sein, und mit ''inkarnierten Dämonen'' in einer Erscheinungsform als Krokodil kultmäßig (''palladisme'') auf satanischen Orgien verkehre. Sie solle 1874 geboren und Tochter des ''Teufels Bitru'' gewesen sein. Mit zehn Jahren sei sie Satan geweiht und in eine amerikanische Palladistenloge aufgenommen worden. In seinem Erfindungsgeist lässt Taxil in Vaughan eine Verehrung für die katholische Jeanne D'Arc entstehen, die dem dämonischen Spuk dann ein jähes Ende setzt. Die Konvertierung der Vaughan wird dabei zu einem zentralen Element des Taxil-Schwindels und geradezu begierig von katholischen Autoren der Zeit zumeist kritiklos weiter kolportiert.
Um seinem Antifreimaurer- und Antikatholizismus-Hoax glaubwürdiger erscheinen zu lassen, vermischte Taxil Angaben zu tatsächlichen Freimaurerriten mit eigenen Einfällen und Erfindungen. Dazu setzte er insbesondere Kupferstiche in seinen Werken ein, die selbst heute noch im Umlauf sind. Die Bilder beschaffte sich Taxil aus Veröffentlichungen des 18.&nbsp;Jahrhunderts zu einem ''schottischen Ritus'' der Freimaurer, und ersetzte das christliche Lamm durch einen Baphomet-Ziegenbock.&nbsp;<ref>Irène Manguy: ''De la symbolique des chapitres en franc-maçonnerie. Dervy, 2005. Seite 471 ISBN 2-84454-363-4</ref> Die Baphomet-Figur war dabei von dem französischen [[Okkultismus|Okkultisten]] Eliphas Levi entliehen.
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Um seinem Antifreimaurer- und Antikatholizismus-Hoax glaubwürdiger erscheinen zu lassen, vermischte Taxil Angaben zu tatsächlichen Freimaurerriten mit eigenen Einfällen und Erfindungen. Dazu setzte er insbesondere Kupferstiche in seinen Werken ein, die selbst heute noch im Umlauf sind. Die Bilder beschaffte sich Taxil aus Veröffentlichungen des 18.&nbsp;Jahrhunderts zu einem ''schottischen Ritus'' der Freimaurer, und ersetzte das christliche Lamm durch einen Baphomet-Ziegenbock.&nbsp;<ref>Irène Manguy: ''De la symbolique des chapitres en franc-maçonnerie. Dervy, 2005. Seite 471 ISBN 2-84454-363-4</ref> Die Baphomet-Figur war dabei von dem französischen [[Okkultismus|Okkultisten]] Eliphas Levi (Alphonse Louis Constant, 1810 - 1875) entliehen.
 
Taxil machte aber auch zu Albert Pike, einem hochrangigen amerikanischen Rechtsanwalt und Freimaurer und ''Souveräner Großkommandeur des Obersten Rates der Südlichen Jurisdiktion des Alten und Angenommenen Schottischen Ritus von Nordamerika'' detaillierte und frei erfundene Angaben. Nach Taxil würde sich Pike als ''luziferanischer Papst'' jeden Freitag um drei Uhr mit dem Satan treffen. Der Bischof von Charleston (South Carolina/USA) begab sich eigens nach Rom, um den Papst zu überzeugen, dass in seiner Stadt keine Satansstatue in einem Freimaurertempel anzutreffen sei. Papst Leo&nbsp;XIII ließ sich jedoch mehr von Taxils Hoax beeindrucken.
 
Taxil machte aber auch zu Albert Pike, einem hochrangigen amerikanischen Rechtsanwalt und Freimaurer und ''Souveräner Großkommandeur des Obersten Rates der Südlichen Jurisdiktion des Alten und Angenommenen Schottischen Ritus von Nordamerika'' detaillierte und frei erfundene Angaben. Nach Taxil würde sich Pike als ''luziferanischer Papst'' jeden Freitag um drei Uhr mit dem Satan treffen. Der Bischof von Charleston (South Carolina/USA) begab sich eigens nach Rom, um den Papst zu überzeugen, dass in seiner Stadt keine Satansstatue in einem Freimaurertempel anzutreffen sei. Papst Leo&nbsp;XIII ließ sich jedoch mehr von Taxils Hoax beeindrucken.
 
Taxil hielt auch einen Schriftverkehr seiner erfundenen Diana Vaughan aufrecht. Dieses Buch wurde in katholischen Kreisen zu einem damaligen Renner, obwohl die Person Diana Vaughan nie selbst in der Öffentlichkeit auftrat.
 
Taxil hielt auch einen Schriftverkehr seiner erfundenen Diana Vaughan aufrecht. Dieses Buch wurde in katholischen Kreisen zu einem damaligen Renner, obwohl die Person Diana Vaughan nie selbst in der Öffentlichkeit auftrat.
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