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==Daniele Ganser und NATO-Geheimarmeen==
 
==Daniele Ganser und NATO-Geheimarmeen==
Ausgehend von freigegebenen Dokumenten zur italienischen Stay-behind-Organisation „Gladio“ untersuchte Ganser verschiedene Geheimarmeen in Westeuropa, die im Falle einer sowjetischen Invasion einen Guerillakrieg führen sollten. Er versuchte den Nachweis zu führen, dass diese Geheimarmeen von zwei NATO-Ausschüssen koordiniert worden und einige an Staatsterrorismus beteiligt gewesen seien. Er verdächtigt zum Beispiel eine deutsche Gladio-Einheit, am Oktoberfestattentat 1980 in München beteiligt gewesen zu sein. Das Buch mit dieser These erschien 2008.  
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Ausgehend von freigegebenen Dokumenten zur italienischen Stay-behind-Organisation „Gladio“ untersuchte Ganser verschiedene Geheimarmeen in Westeuropa, die im Falle einer sowjetischen Invasion einen Guerillakrieg führen sollten. Er versuchte den Nachweis zu erbringen, dass diese Geheimarmeen von zwei NATO-Ausschüssen koordiniert worden und einige an Staatsterrorismus beteiligt gewesen seien. Er verdächtigt zum Beispiel eine deutsche Gladio-Einheit, in das Oktoberfestattentat 1980 in München involviert gewesen zu sein. Das Buch mit dieser These erschien 2008.  
    
Der dänische Historiker Peer Henrik Hansen<ref>[https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/peer-henrik-hansen-4177.html Peer Henrik Hansen: ''Fighting Communism in the North. The secret work of the Danish organization »The Firm«''] („Über den Autor“)</ref> kritisierte Gansers Arbeitsweise 2005 als journalistisch und teilweise verschwörungstheoretisch. Ganser behaupte eine Verschwörung der westlichen Regierungen und ihrer Geheimdienste, vor allem CIA und MI6, mit den NATO-Geheimarmeen. Deren Existenz sah Hansen durchaus als erwiesen an; fehlende Primärquellen dafür führte er u.a. auf die fortdauernde Geheimhaltung westlicher Staaten zurück. Hansen kritisierte aber Gansers Umgang mit Sekundärquellen: Er habe hauptsächlich Presseberichte und Politikeraussagen verwendet, ohne Desinformation auszuschließen und seine Methodik zu erläutern. Laut Zeugenaussagen hätten Geheimdienstvertreter in den NATO-Gremien kein Stimmrecht gehabt. Eine von Gansers Hauptquellen, ein angebliches US-Armeehandbuch, sei seit 1976 als Fälschung des KGB enttarnt. Viele Stay-Behind-Truppen seien aus Freiwilligenverbänden hervorgegangen und nicht von US-Geheimdiensten, sondern den späteren NATO-Mitgliedsstaaten gegründet worden. Trotz unbestreitbarer Verbrechen einzelner Geheimtruppen könne man sie nicht alle als Terroristen darstellen.<ref>Peer Henrik Hansen: ''Daniele Ganser. NATO’s Secret Armies: Operation Gladio and Terrorism in Western Europe.'' In: ''Journal of Intelligence History: Summer 2005.'' LIT, 2006, ISBN 3825806502, [http://books.google.de/books?id=A8nlL7bqywsC&pg=PA111 S. 111 f.]</ref> Der Historiker Gregor Schöllgen urteilte 2009, in Gansers Buch werde auf spärlicher Quellenbasis das tatsächliche Ausmaß der Stay-behind-Aktivitäten „grotesk überzeichnet“. Während Ganser von „geheimen deutschen Nazi-Stay-behind-Armeen“ in Divisionsstärke ausgehe, sprächen andere für die 1960er Jahre von weniger als 100 hauptamtlichen BND-Mitarbeitern und etwa 500 Helfern.<ref>Gregor Schöllgen: [http://www.faz.net/s/RubA330E54C3C12410780B68403A11F948B/Doc~EA6A3DCFCF4C64545A8C182B06B37C286~ATpl~Ecommon~Scontent.html ''Gladiatoren im Kalten Krieg. „Stay behind“-Truppen gegen kommunistische Invasoren.''] In: ''Frankfurter Allgemeine.'' 25. April 2009.</ref> Philipp Gessler urteilte in der ''taz'', Ganser bewege sich mit seiner These, Gladio stecke auch hinter dem Oktoberfestattentat von 1980, auf „dünnem Eis“.<ref>Philipp Gessler: [http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/viele-offenen-fragen/ ''Viele offene Fragen.''] In: ''taz'' vom 7. August 2009.</ref>
 
Der dänische Historiker Peer Henrik Hansen<ref>[https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/peer-henrik-hansen-4177.html Peer Henrik Hansen: ''Fighting Communism in the North. The secret work of the Danish organization »The Firm«''] („Über den Autor“)</ref> kritisierte Gansers Arbeitsweise 2005 als journalistisch und teilweise verschwörungstheoretisch. Ganser behaupte eine Verschwörung der westlichen Regierungen und ihrer Geheimdienste, vor allem CIA und MI6, mit den NATO-Geheimarmeen. Deren Existenz sah Hansen durchaus als erwiesen an; fehlende Primärquellen dafür führte er u.a. auf die fortdauernde Geheimhaltung westlicher Staaten zurück. Hansen kritisierte aber Gansers Umgang mit Sekundärquellen: Er habe hauptsächlich Presseberichte und Politikeraussagen verwendet, ohne Desinformation auszuschließen und seine Methodik zu erläutern. Laut Zeugenaussagen hätten Geheimdienstvertreter in den NATO-Gremien kein Stimmrecht gehabt. Eine von Gansers Hauptquellen, ein angebliches US-Armeehandbuch, sei seit 1976 als Fälschung des KGB enttarnt. Viele Stay-Behind-Truppen seien aus Freiwilligenverbänden hervorgegangen und nicht von US-Geheimdiensten, sondern den späteren NATO-Mitgliedsstaaten gegründet worden. Trotz unbestreitbarer Verbrechen einzelner Geheimtruppen könne man sie nicht alle als Terroristen darstellen.<ref>Peer Henrik Hansen: ''Daniele Ganser. NATO’s Secret Armies: Operation Gladio and Terrorism in Western Europe.'' In: ''Journal of Intelligence History: Summer 2005.'' LIT, 2006, ISBN 3825806502, [http://books.google.de/books?id=A8nlL7bqywsC&pg=PA111 S. 111 f.]</ref> Der Historiker Gregor Schöllgen urteilte 2009, in Gansers Buch werde auf spärlicher Quellenbasis das tatsächliche Ausmaß der Stay-behind-Aktivitäten „grotesk überzeichnet“. Während Ganser von „geheimen deutschen Nazi-Stay-behind-Armeen“ in Divisionsstärke ausgehe, sprächen andere für die 1960er Jahre von weniger als 100 hauptamtlichen BND-Mitarbeitern und etwa 500 Helfern.<ref>Gregor Schöllgen: [http://www.faz.net/s/RubA330E54C3C12410780B68403A11F948B/Doc~EA6A3DCFCF4C64545A8C182B06B37C286~ATpl~Ecommon~Scontent.html ''Gladiatoren im Kalten Krieg. „Stay behind“-Truppen gegen kommunistische Invasoren.''] In: ''Frankfurter Allgemeine.'' 25. April 2009.</ref> Philipp Gessler urteilte in der ''taz'', Ganser bewege sich mit seiner These, Gladio stecke auch hinter dem Oktoberfestattentat von 1980, auf „dünnem Eis“.<ref>Philipp Gessler: [http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/viele-offenen-fragen/ ''Viele offene Fragen.''] In: ''taz'' vom 7. August 2009.</ref>
    
Der Historiker Tobias Hof meint, Ganser spekuliere trotz seiner fehlenden Einsicht in relevante Aktenbestände über die Beteiligung der NATO-Einheiten an Terroranschlägen. Dabei stütze er sich unkritisch auf unzuverlässige Quellen (Presse, Zeugenaussagen, umstrittene Untersuchungsberichte). Ihm unterliefen immer wieder historische Falschangaben. Im Fall des entführten und ermordeten italienischen Politikers Aldo Moro verfolge er durch aktuelle Forschung widerlegte Verschwörungsthesen. Er unterstelle eine Beteiligung von ''Gladio'' an rechtsterroristischen Bombenattentaten zwischen 1969 und 1980 in Italien. Dabei berücksichtige er nicht, dass sich die italienische Geheimdienstpolitik nach 1972 von der bis dahin verfolgten Strategie der Spannung abgewandt habe. Seiner Arbeit fehle ein umfassendes Quellen- und Literaturverzeichnis. Er halte die Gliederung nach Ländern nicht ein, so dass sich Wiederholungen einschlichen. Für seine These, die Nato-Geheimarmeen seien „Quelle des Terrors“ gewesen, bedürfe es weitergehender Forschung.<ref>[http://www.sehepunkte.de/2009/04/14558.html Tobias Hof: ''Daniele Ganser: Nato-Geheimarmeen in Europa''. In: ''Sehepunkte. Rezensionsjournal für die Geschichtswissenschaft'' 9 (2009), Nr. 4]</ref>
 
Der Historiker Tobias Hof meint, Ganser spekuliere trotz seiner fehlenden Einsicht in relevante Aktenbestände über die Beteiligung der NATO-Einheiten an Terroranschlägen. Dabei stütze er sich unkritisch auf unzuverlässige Quellen (Presse, Zeugenaussagen, umstrittene Untersuchungsberichte). Ihm unterliefen immer wieder historische Falschangaben. Im Fall des entführten und ermordeten italienischen Politikers Aldo Moro verfolge er durch aktuelle Forschung widerlegte Verschwörungsthesen. Er unterstelle eine Beteiligung von ''Gladio'' an rechtsterroristischen Bombenattentaten zwischen 1969 und 1980 in Italien. Dabei berücksichtige er nicht, dass sich die italienische Geheimdienstpolitik nach 1972 von der bis dahin verfolgten Strategie der Spannung abgewandt habe. Seiner Arbeit fehle ein umfassendes Quellen- und Literaturverzeichnis. Er halte die Gliederung nach Ländern nicht ein, so dass sich Wiederholungen einschlichen. Für seine These, die Nato-Geheimarmeen seien „Quelle des Terrors“ gewesen, bedürfe es weitergehender Forschung.<ref>[http://www.sehepunkte.de/2009/04/14558.html Tobias Hof: ''Daniele Ganser: Nato-Geheimarmeen in Europa''. In: ''Sehepunkte. Rezensionsjournal für die Geschichtswissenschaft'' 9 (2009), Nr. 4]</ref>
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Olaf Riste, renommierter Forscher <ref>https://de.wikipedia.org/wiki/Olav_Riste</ref> auf dem Gebiet der internationalen und der nationalen Sicherheit und der Militärgeschichte, kam 2014 im Journal of Cold War Studies der MIT Press Journals zu einem eindeutigen Urteil über Gansers Darstellungen (in deutscher Übesetzung):
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''Die Veröffentlichung ehemals geheimer Informationen über diese Einheiten in zahlreichen Ländern in den letzten zwei Jahrzehnten hat die sensationsgierigen Behauptungen des Schweizer Historikers Daniele Ganser unterminiert, der in einem 2005 veröffentlichten Buch behauptete, dass Stay Behind eine Kreation der U.S. Central Intelligence Agency (CIA) und des British Special Intelligence Service (SIS) sei und den westeuropäischen Ländern aufgezwungen wurde. Ganser behauptete weiter, dass die"Stay Behind"-Netzwerke wiederholt in die inneren Angelegenheiten der westeuropäischen Länder eingriffen und in rechtsextreme Terroranschläge verwickelt seien. Riste zeigt, dass Gansers Darstellung in allen Aspekten vorrangig von seiner Phantasie bestimmt ist. Weit davon entfernt, Kreationen der CIA und SIS zu sein, wurden die Stay Behind-Einheiten von einheimischen Akteuren gebildet, die aus Angst vor einer expansionistischen Bedrohung durch die Sowjetarmee in den späten 1940er und frühen 1950er Jahren agierten. Freiwillige schlossen sich diesen Einheiten aus patriotischen Motiven an, nicht weil sie von finsteren äußeren Mächten angeworben worden waren. Gansers konspirative Darstellung des Stay Behind als "NATO-Geheimarmee" wird darüber hinaus durch Erkenntnisse aus der Sichtung von Archiven aus mehr als einem Dutzend europäischer Länder widerlegt. <ref>https://www.mitpressjournals.org/doi/pdf/10.1162/JCWS_e_00513</ref>
    
==Ganser und Verschwörungstheorien zum 11. September 2001==
 
==Ganser und Verschwörungstheorien zum 11. September 2001==
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