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[[image:Baphomet.png|Baphomet, Abbildung aus ''Dogma und Ritual der Hohen Magie'', 1856|links|thumb]]
 
[[image:Baphomet.png|Baphomet, Abbildung aus ''Dogma und Ritual der Hohen Magie'', 1856|links|thumb]]
Constant wendete sich nun zunehmend der [[Mystik]], der [[Theosophie]] und allgemein dem [[Okkultismus|okkulten Wissen]] zu. Dies hatte bereits während seines Aufenthalts in Solesmes (1838-1839) begonnen und setzte sich fort mit der Swedenborg-Lektüre als Strafgefangener (1841), den Kontakten zum Rosenkreuzer-Orden (1843) und dem Studium der ''Kabbala denudata'' [http://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Knorr_von_Rosenroth Rosenroths] (1850/51). Er legte sich den Namen Éliphas Lévi Zahed bei, den ihm die Rosenkreuzer gegeben hatten und der eine Übersetzung seines Namens ins Hebräische darstellen sollte.<ref>Das ist allerdings eine sehr fragwürdige "Übersetzung". Der Name Alphonse stammt aus dem Germanischen, auch wenn sein Ursprung nicht vollständig geklärt ist.</ref> In dieser Zeit begann er auch mit der Abfassung seines späteren Hauptwerks ''Dogme et rituel de la haute magie''.
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Constant wendete sich nun zunehmend der [[Mystik]], der [[Theosophie]] und allgemein dem [[Okkultismus|okkulten Wissen]] zu. Dies hatte bereits während seines Aufenthalts in Solesmes (1838-1839) begonnen und setzte sich fort mit der Swedenborg-Lektüre als Strafgefangener (1841), den Kontakten zum Rosenkreuzer-Orden (1843) und dem Studium der ''Kabbala denudata'' [http://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Knorr_von_Rosenroth Rosenroths] (1850/51). Er begann, den Namen Éliphas Lévi Zahed zu führen, den ihm die Rosenkreuzer gegeben hatten und der eine Übersetzung seines Namens ins Hebräische darstellen sollte.<ref>Das ist allerdings eine sehr fragwürdige "Übersetzung". Der Name Alphonse stammt aus dem Germanischen, auch wenn sein Ursprung nicht vollständig geklärt ist.</ref> In dieser Zeit begann er auch mit der Abfassung seines späteren Hauptwerks ''Dogme et rituel de la haute magie''.
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Im Frühjahr 1854 reiste Lévi nach London, wo er die Bekanntschaft mit dem zu Lebzeiten europaweit berühmten Schriftsteller Edward Bulwer-Lytton machte. Über ihr gemeinsames Interesse am Okkulten<ref>Bulwer-Lytton traf mit seinen fiktionalen Werken den Hang seiner Zeit zum Magischen und Übersinnlichen ebenso wie das Interesse an archäologischen Entdeckungen. Beides wusste er in spannende Geschichten zu verpacken, die ihn in den Bürgerhäusern zu einem vor allem von Frauen viel gelesenen Autor machten. Sein Spätwerk, ''The Coming Race'', inspiriert noch heute die Anhänger der [[Reichsflugscheibe]]n-Theorie.</ref> wurden sie Freunde. Durch Bulwer-Lytton kam er erneut in Kontakt mit Rosenkreuzer-Kreisen, in denen ihm eine Reihe von angeblich erfolgreichen Geisterbeschwörungen gelang, darunter eine des [http://de.wikipedia.org/wiki/Apollonios_von_Tyana Apollonios von Tyana]. In die Londoner Zeit fiel auch die Regelung seiner privaten Angelegenheiten: Die junge Frau, die er in Choisy-le-Roi verlassen hatte, verzieh ihm und er erkannte das uneheliche Kind als seines an. Gleichzeitig erfolgte mit Hilfe eines Freundes die endgültige, räumliche Trennung von seiner Frau.
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Im Frühjahr 1854 reiste Lévi nach London, wo er die Bekanntschaft mit dem zu Lebzeiten europaweit berühmten Schriftsteller Edward Bulwer-Lytton machte. Über ihr gemeinsames Interesse am Okkulten<ref>Bulwer-Lytton traf mit seinen fiktionalen Werken den Hang seiner Zeit zum Magischen und Übersinnlichen ebenso wie das Interesse an archäologischen Entdeckungen. Beides wusste er in spannende Geschichten zu verpacken, die ihn in den Bürgerhäusern zu einem vor allem von Frauen viel gelesenen Autor machten. Sein Spätwerk, ''The Coming Race'', inspiriert noch heute die Anhänger der [[Reichsflugscheibe]]n-Theorie.</ref> wurden sie Freunde. Durch Bulwer-Lytton kam er erneut in Kontakt mit Rosenkreuzer-Kreisen, in denen ihm eine Reihe angeblich erfolgreicher Geisterbeschwörungen gelang, darunter eine des [http://de.wikipedia.org/wiki/Apollonios_von_Tyana Apollonios von Tyana]. In die Londoner Zeit fiel auch die Regelung seiner privaten Angelegenheiten: Die junge Frau, die er in Choisy-le-Roi verlassen hatte, verzieh ihm und er erkannte das uneheliche Kind als seines an. Gleichzeitig erfolgte mit Hilfe eines Freundes die endgültige, räumliche Trennung von seiner Frau.
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Wieder zurück in Paris, veröffentlichte er gegen Ende 1854 den ersten Band von ''Dogme et rituel de la haute magie''. Seine intensive Beschäftigung mit der [[Kabbala]] fand ihren Ausdruck in einer Reihe von Aufsätzen, die er in der ''Revue philosophique et religieuse'' veröffentlichte, einer Zeitschrift, die er 1855 zusammen mit dem belgischen Schriftsteller [http://fr.wikipedia.org/wiki/Camille_Lemonnier Camille Lemonnier]<ref>Die deutsche Wikipedia enthält keinen Artikel zu Lemonnier. Das englische Pendant findet sich [http://en.wikipedia.org/wiki/Camille_Lemonnier hier].</ref> und dem Philosophen [http://fr.wikipedia.org/wiki/Charles_Fauvety Charles Fauvety] gründete und über die drei Jahre ihres Erscheinens betrieb. Daneben schrieb er eine Reihe von Chansons und verglich in einem davon den mittlerweile als Kaiser herrschenden Napoléon III. mit Caligula, was ihm einen weiteren Gefängnisaufenthalt einbrachte.
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Wieder zurück in Paris, veröffentlichte er gegen Ende 1854 den ersten Band von ''Dogme et rituel de la haute magie''. Seine intensive Beschäftigung mit der [[Kabbala]] fand ihren Ausdruck in einer Aufsatzreihe, die er in der ''Revue philosophique et religieuse'' veröffentlichte, einer Zeitschrift, die er 1855 zusammen mit dem belgischen Schriftsteller [http://fr.wikipedia.org/wiki/Camille_Lemonnier Camille Lemonnier]<ref>Die deutsche Wikipedia enthält keinen Artikel zu Lemonnier. Das englische Pendant findet sich [http://en.wikipedia.org/wiki/Camille_Lemonnier hier].</ref> und dem Philosophen [http://fr.wikipedia.org/wiki/Charles_Fauvety Charles Fauvety] gründete und über die drei Jahre ihres Erscheinens betrieb. Daneben schrieb er eine Reihe von Chansons und verglich in einem davon den mittlerweile als Kaiser herrschenden Napoléon III. mit Caligula, was ihm einen weiteren Gefängnisaufenthalt einbrachte.
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Im Jahr 1859 erlebte er mit 49 Jahren den wirtschaftlichen Durchbruch: Die Veröffentlichung seiner ''Geschichte der Magie'' brachte ihm 1.000 Francs ein, umgerechnet und nach heutiger Kaufkraft über 30.000 Euro. Aber nicht nur wirtschaftlich war ''l'Histoire de la magie'' ein Erfolg, sondern das Buch trug ihm auch die Anerkennung weiter esoterischer Kreise in Frankreich ein, darunter der auch als Medium und Hellseher auftretende Arzt Fernand Rozier, der sein Schüler wurde. Im März 1861 erfolte Lévis Aufnahme in die Freimaurerloge ''La Rose du parfait silence'', die ihm bald darauf den Grad eines Meisters verlieh. Im selben Jahr erschien ''La Clef des grands mystères'', der letzte Teil der Trilogie, die mit ''Histoire de la magie'' beginnt und als deren zweiter Band ''Dogme et rituel de la haute magie'' konzipiert war. [[file:levi_seal_solomon.jpg|Titelblatt zu ''Le Grand Arcane'', Ausgabe von 1910|links|thumb]]
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Im Jahr 1859 erlebte er mit 49 Jahren den wirtschaftlichen Durchbruch: Die Veröffentlichung seiner ''Geschichte der Magie'' brachte ihm 1.000 Francs ein, nach heutiger Kaufkraft über 30.000 Euro. Aber nicht nur wirtschaftlich war ''l'Histoire de la magie'' ein Erfolg, sondern das Buch trug ihm auch die Anerkennung weiter esoterischer Kreise in Frankreich ein, darunter der auch als Medium und Hellseher auftretende Arzt Fernand Rozier, der sein Schüler wurde. Im März 1861 erfolgte Lévis Aufnahme in die Freimaurerloge ''La Rose du parfait silence'', die ihm bald darauf den Grad eines Meisters verlieh. Im selben Jahr erschien ''La Clef des grands mystères'', der letzte Teil der Trilogie, die mit ''Histoire de la magie'' beginnt und als deren zweiter Band ''Dogme et rituel de la haute magie'' konzipiert war. [[file:levi_seal_solomon.jpg|Titelblatt zu ''Le Grand Arcane'', Ausgabe von 1910|links|thumb]]
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Lévi arbeitet jetzt viel, hauptsächlich als Lehrer der Hocharistokratie, und für sein fachliches Ansehen spricht auch, dass er sogar dem neuen Bischof von Évreux<ref>Wenn die Jahreszahl stimmt, dann war das [http://fr.wikipedia.org/wiki/Jean-Sébastien_Devoucoux Jean-Sébastien Devoucoux], der seit 1858 die Diözese Évreux leitete. Eine vollständige Liste der Bischöfe findet sich hier: http://fr.wikipedia.org/wiki/Liste_des_évêques_d'Évreux</ref> Unterricht in Kabbalistik erteilt. Materiell geht es ihm gut, Überschüsse investiert er in seine Bibliothek. Im selben Jahr tritt er in Briefkontakt mit einem italienischen Baron Spedalieri, von dem nichts weiter überliefert ist, als dass er zu Lévis wichtigstem Mäzen wurde und von Lévi einen über 1.000 Briefe umfassenden Kursus zur Kabbala erhielt. Der Briefwechsel erstreckte sich über beinahe 13 Jahre.
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Lévi arbeitete jetzt viel, hauptsächlich als Lehrer der Hocharistokratie, und für sein fachliches Ansehen spricht auch, dass er sogar dem neuen Bischof von Évreux<ref>Wenn die Jahreszahl stimmt, dann war das [http://fr.wikipedia.org/wiki/Jean-Sébastien_Devoucoux Jean-Sébastien Devoucoux], der seit 1858 die Diözese Évreux leitete. Eine vollständige Liste der Bischöfe findet sich hier: http://fr.wikipedia.org/wiki/Liste_des_évêques_d'Évreux</ref> Unterricht in Kabbalistik erteilte. Materiell gung es ihm gut, Überschüsse investierte er in seine Bibliothek. Im selben Jahr trat er in Briefkontakt mit einem italienischen Baron Spedalieri, von dem nichts weiter überliefert ist, als dass er zu Lévis wichtigstem Mäzen wurde und von Lévi einen über 1.000 Briefe umfassenden Kursus zur Kabbala erhielt. Der Briefwechsel erstreckte sich über beinahe 13 Jahre.
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Die Jahre ab 1861 sind auch für seine Autorenschaft die fruchtbarsten. Nach ''Le Sorcier de Meudon'' (1861) folgt ein Jahr später ''Fables et symboles'' mit umfangreichen Analysen der Symboliken des Pythagoras, der Evangelien, des Talmud und anderer Quellen. 1865 erscheint die ''Science des esprits'', und von [http://de.wikipedia.org/wiki/Pierre_Larousse Pierre Larousse] ergeht die Bitte, Artikel über die Kabbala zu dessen großem Lexikon beizusteuern. Zur selben Zeit beginnt er mit der Monographie über den [http://de.wikipedia.org/wiki/Zohar Zohar], die allerdings erst nach seinem Tod erscheinen wird.<ref>Eine [http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k56839792/f107.image Quelle] von 1880 behauptet, er sei zu dieser Zeit auch "Chef" einer Gesellschaft von "Groß-Magiern" gewesen. Es handelt sich dabei allerdings um ein Dokument zur nachträglichen Verteidigung der [[Marienerscheinung]] von [http://de.wikipedia.org/wiki/La_Salette La Salette] im Jahr 1846. Die Objektivität der Aussage kann bezweifelt werden.</ref>
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Die Jahre ab 1861 sind für seine Autorenschaft die fruchtbarsten. Nach ''Le Sorcier de Meudon'' (1861) folgt ein Jahr später ''Fables et symboles'' mit umfangreichen Analysen der Symboliken des Pythagoras, der Evangelien, des Talmud und anderer Quellen. 1865 erschien die ''Science des esprits'', und von [http://de.wikipedia.org/wiki/Pierre_Larousse Pierre Larousse] erging die Bitte, zu dessen großem Lexikon Artikel über die Kabbala beizusteuern. Zur selben Zeit begann er mit der Monographie über den [http://de.wikipedia.org/wiki/Zohar Zohar], die allerdings erst nach seinem Tod erschien.<ref>Eine [http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k56839792/f107.image Quelle] von 1880 behauptet, er sei zu dieser Zeit auch "Chef" einer Gesellschaft von "Groß-Magiern" gewesen. Es handelt sich dabei allerdings um ein Dokument zur nachträglichen Verteidigung der [[Marienerscheinung]] von [http://de.wikipedia.org/wiki/La_Salette La Salette] im Jahr 1846, so dass die Objektivität der Aussage kann bezweifelt werden kann.</ref>
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Die Belagerung von Paris 1870 schneidet Levi von den Zuwendungen durch seine Schüler ab, und der Dienst bei der Nationalgarde bringt ein Herzleiden zum Ausbruch. Als dann Ende Mai 1871 auch die Episode der Commune vorbei ist, sieht sich Lévi wieder einmal am Ende seiner materiellen Ressourcen. [[image:Eliphas_Levi_sul_letto_di_morte.jpg|Éliphas Lévi auf dem Totenbett, 1875|thumb]]
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Die Belagerung von Paris 1870 schnitt Levi von den Zuwendungen durch seine Schüler ab, und der Dienst bei der Nationalgarde brachte ein Herzleiden zum Ausbruch. Als Ende Mai 1871 auch die Episode der Commune endete, sah sich Lévi erneut am Ende seiner materiellen Ressourcen. [[image:Eliphas_Levi_sul_letto_di_morte.jpg|Éliphas Lévi auf dem Totenbett, 1875|thumb]]
    
[[image:Eliphas_Levi_1872_Photo_Originale.jpg|Portraitfoto von 1872|links|thumb]]
 
[[image:Eliphas_Levi_1872_Photo_Originale.jpg|Portraitfoto von 1872|links|thumb]]
Zwar arbeitet er weiter (bereits im Dezember 1871 beendet er das ''Grimoire franco-latomorum'' über die Riten der französischen Freimaurerei), aber sein gesundheitlicher Zustand verschlechtert sich zusehends. 1873 entsteht ''L'Évangile de la science'', der ''Catéchisme de la paix'' im Januar 1875 ist sein letztes Werk. Am 31. Mai 1875 stirbt Éliphas Lévi im Alter von 65 Jahren.
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Zwar arbeitete er weiter (bereits im Dezember 1871 beendete er das ''Grimoire franco-latomorum'' über die Riten der französischen Freimaurerei), aber sein gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich zusehends. 1873 entstand ''L'Évangile de la science''; der ''Catéchisme de la paix'' vom Januar 1875 war sein letztes Werk. Am 31. Mai 1875 starb Éliphas Lévi im Alter von 65 Jahren.
    
== Wirkung ==
 
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